Vinzent Rudtsch Methodik zur Bewertung von Produktionssystemen in der frühen Entwicklungsphase Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar  Heinz Nixdorf Institut, Universität Paderborn – Paderborn – 2016 Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der Herausgeber und des Verfassers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigung, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz und Gestaltung: Vinzent Rudtsch Hersteller: Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat OHG Druck · Buch · Verlag Münster Printed in Germany Geleitwort Das Heinz Nixdorf Institut der Universität Paderborn ist ein interdisziplinäres Forschungszentrum für Informatik und Technik. Das übergeordnete Ziel des von mir vertretenen Fachgebiets ist die Steigerung der Innovationskraft von Industrieunternehmen des Maschinenbaus und verwandter Branchen. Ein wesentlicher Erfolgsgarant und Schwerpunkt meines Fachgebiets ist das Systems Engineering für multidisziplinäre Systeme. Die Entwicklung und Produktion mechatronischer Erzeugnisse ist durch einen zunehmenden Grad an Interdisziplinarität und Komplexität geprägt. Für Unternehmen kommt es darauf an, die an der Produktentstehung beteiligten Fachdisziplinen bestmöglich zu verzahnen und einen frühzeitigen Austausch zu ermöglichen. Die Grundlage hierfür wird bereits in der Konzipierungsphase gelegt. Mit Hilfe geeigneter Systemmodelle können die entscheidenden Schnittstellen zwischen den Entwicklern gezielt identifiziert werden. Erste Analysen auf Basis des Systemmodells lassen bereits Rückschlüsse auf die resultierenden Entwicklungsaufwände in der Ausarbeitung zu. Eine frühzeitige Bewertung ist daher unerlässlich, um die Zeit bis zum Markteintritt zu verkürzen. Vor diesem Hintergrund adressiert die Arbeit von Herrn Rudtsch das Spannungsfeld zwischen verfügbarer Datenbasis und Entscheidung unter Unsicherheit in der Produktionssystementwicklung. Die von ihm entwickelte Methodik ordnet sich dabei in die Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme ein und strukturiert auf Basis eines Vorgehensmodells den Bewertungsprozess in der frühen Phase anhand definierter Reifegrade. Das zugehörige Analysemodell umfasst die in jeder Bewertungsphase relevanten Methoden und die dargestellte Spezifikationstechnik ermöglicht die Automatisierung von Teilprozessen zur Unterstützung der Anwender. Durch die Zuordnung der in der jeweiligen Bewertungsphase geeigneten Kriterien und Modelle erfolgt eine kontinuierliche Annäherung an die wirtschaftlich vorteilhafteste Handlungsoption. Die von Herrn Rudtsch erarbeitete Methodik weist insbesondere im Kontext von Industrie 4.0 eine hohe Relevanz auf. Mit der Umsetzung Cyber-Physischer Produktionssysteme in die Praxis ergeben sich völlig neue Freiheitsgrade bei der Planung und Gestaltung zukünftiger Wertschöpfungsnetzwerke. Die vorliegende Bewertungsmethodik leistet einen Beitrag zur strukturierten Analyse des in der frühen Phase der Produkt- und Produktionssystemkonzipierung großen Lösungsraumes. Sie unterstützt den Anwender methodisch, berücksichtigt aber auch Erfahrungswissen und Intuition der beteiligten Experten. Somit kann mit Hilfe der Methodik eine fundierte Entscheidungsbasis für die weitere Ausarbeitung im Entwicklungsprozess geschaffen werden. Paderborn, im September 2016 Prof. Dr.-Ing. J. Gausemeier Methodik zur Bewertung von Produktionssystemen in der frühen Entwicklungsphase zur Erlangung des akademischen Grades eines DOKTORS DER INGENIEURWISSENSCHAFTEN(Dr.-Ing.) der Fakultät Maschinenbau der Universität Paderborn genehmigte DISSERTATION von Dipl.-Ing. oec Vinzent Rudtsch aus Bad Muskau Tag des Kolloquiums: Referent: 1. Korreferent: 2. Korreferent: 1. Juni 2016 Prof. Dr.-Ing. Jürgen Gausemeier Prof. Dr.-Ing. habil. Ansgar Trächtler Prof. Dr. Leena Suhl Vorwort Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als Stipendiat der International Graduate School Dynamic Intelligent Systems und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strategische Produktplanung und Systems Engineering. Die erarbeitete Methodik baut auf den Erkenntnissen der in dieser Zeit von mir wissenschaftlich begleiteten Forschungs- und Industrieprojekte auf. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Gausemeier für die Betreuung meiner Arbeit, sowie die stets konstruktiven Gespräche und fachlichen Diskussionen. Auch aus der Vermittlung aller über die reine Fachebene hinausgehenden Erfahrungen und Kompetenzen habe ich stets äußerst wertvolle Impulse ziehen können. Die Tätigkeit am Lehrstuhl war somit für mich nicht nur in wissenschaftlicher, sondern auch in persönlicher Hinsicht eine absolute Bereicherung meines beruflichen Werdeganges. Ebenfalls herzlich danken möchte ich Herrn Professor Trächtler sowie Frau Professor Suhl für die Begutachtung der Arbeit sowie ihre Anregungen im Rahmen von Zwischenpräsentation und-prüfung. Herrn Professor Kenig danke ich für die Übernahme des Vorsitzes der Promotionskommission. Ermöglicht wurde meine Forschungstätigkeit durch die finanzielle und organisatorische Unterstützung der International Graduate School Dynamic Intelligent Systems. In Person danke ich vor allem Herrn Professor Steffen und Frau Canisius, die nicht nur den fachlichen Austausch zwischen den Doktoranden professionell organisiert haben, sondern auch bei den zahlreichen Herausforderungen der universitären Organisation immer mit Rat und Tat zur Seite standen. Bei den Kollegen des Lehrstuhls für Strategische Produktplanung und Systems Engineering möchte ich mich für die angenehme und produktive Arbeitsatmosphäre bedanken. Besonders hervorzuheben ist das Team Integrative Produktionssystemplanung mit Daniel Köchling, Marcus Petersen, Tobias Mittag, Marcel Schneider, Gerald Rehage, Rinje Brandis, Frank Bauer, Jan Brökelmann, Daniel Nordsiek und Jörg Schaffrath. Alle haben auf ihre individuelle Art und Weise dazu beigetragen, dass ich die Zeit am Lehrstuhl gerne in Erinnerung behalte und auf zahlreiche besondere Momente zurückblicke. Schlussendlich gilt mein besonderer Dank meinen Eltern Petra und Steffen Rudtsch sowie meiner Frau Aniko und unserem Sohn Linus. Sie haben mich nicht nur stets in meinem Vorhaben bestärkt, sondern mir auch immer vor Augen geführt, worauf es wirklich ankommt. Auf euch konnte ich mich immer verlassen und eure Unterstützung bedeutet mir mehr als alles andere! Paderborn, im September 2016 Vinzent Rudtsch Liste der veröffentlichten Teilergebnisse [GRT12] G AUSEMEIER , J.; R UDTSCH , V.; T SCHIRNER , C.: A New Systems Engineering Approach as Enabler for Early Sustainability Analysis. In: Proceedings of the GCSM 2012 10th Global Conference on Sustainable Manufacturing, Istanbul, Turkey, November, 2012 [RGP13] R UDTSCH , V.; G AUSEMEIER , J.; P ETERSEN , M.: Multikriterielle Entscheidungsunterstützung für die Synthese von Herstellprozessen zur Fertigung funktional gradierter Bauteile. In: Dangelmaier, Wilhelm; Laroque, Christoph; Klaas, Alexander(Hrsg.) Simulation in Produktion und Logistik 2013- Entscheidungsunterstützung von der Planung bis zur Steuerung, ASIM-Fachtagung Simulation in Produktion und Logistik, Nr. 316, S. 469-480, ISBN: 978-3-942647-35-9, 9.- 11. Okt. 2013 ASIM, Verlagsschriftenreihe des Heinz Nixdorf Instituts, Paderborn, 2013 [RBG13] R UDTSCH , V.; B AUER , F.; G AUSEMEIER , J.: Approach for the Conceptual Design Validation of Production Systems using Automated Simulation-Model Generation. Procedia Computer Science, Volume 16, S. 69-78, 2013 [PRG13] P ETERSEN , M.; R UDTSCH , V.; G AUSEMEIER , J.: Multi-Criteria Decision-Support for Manufacturing Process Chain Selection in the Context of Functionally Graded Components. In: Zäh, Michael(Hrsg.) Enabling Manufacturing Competitiveness and Economic Sustainability, International Conference on Changeable, Agile, Reconfigurable and Virtual Production (CARV), Nr. 5, S. 377-382, ISBN: 978-3-319020-53-2, 6.- 9. Okt. 2013(CIRP) Center for international research in production, Springer Cham Heidelberg New York Dordrecht London, 2013 [BGR13] B AUER , F.; G AUSEMEIER , J.; R UDTSCH , V.: Automatisierte Generierung von Materialflusssimulationsmodellen zur frühzeitigen Absicherung von Produktionssystemen. In: 11. Paderborner Workshop"Augmented& Virtual Reality in der Produktentstehung, Band 311, Apr. 2013 Heinz Nixdorf Institut, Verlagsschriftenreihe des Heinz Nixdorf Instituts, Paderborn, 2013 [RGR14] R UDTSCH , V.; G AUSEMEIER , J.; R EHAGE , G.: Assessment of Production System Alternatives During Early Development Phase. Procedia Computer Science, Volume 28, S. 34-43, 2014 [RGG+14] R UDTSCH , V.; G AUSEMEIER , J.; G ESING , J.; M ITTAG , T.; P ETER , S.: Pattern-based Business Model Development for Cyber-Physical Production Systems. In: Disruptive Innovation in Manufacturing Engineering towards the 4th Industrial Revoulution, 26.- 28. Mrz. 2014, Fraunhofer IRB Verlag, 2014 Zusammenfassung Digitalisierung und Globalisierung führen für produzierende Unternehmen zu einer stetigen Verkürzung der Produktlebenszyklen und zunehmend intensiven Wettbewerb. Um diesen Herausforderungen gerecht werden zu können, müssen Produkt und zugehöriges Produktionssystem bereits in der Konzipierungsphase aufeinander abgestimmt werden. Obwohl in der Konzipierung die entscheidende Weichenstellung für die weitere Ausarbeitung erfolgt, unterstützen bestehende Bewertungsmethoden für Produktionssysteme die integrative Entwicklung nicht adäquat. Gegenstand der Arbeit ist daher eine Methodik zur Bewertung von Produktionssystemkonzepten in der frühen Entwicklungsphase. Die Methodik umfasst dazu ein Vorgehensmodell, das die Anwender durch den Bewertungsprozess führt, sowie ein Analysemodell, das die notwendigen Methoden und Berechnungsvorschriften enthält. Ergänzt wird die Methodik durch eine Erweiterung der Spezifikationstechnik zur Beschreibung und rechnerinternen Repräsentation von Produkt- und Produktionssystemkonzepten in Hinblick auf die Behandlung der relevanten Bewertungsparameter. Die Validierung der praktischen Einsatzfähigkeit erfolgt anhand eines durchgängigen Anwendungsbeispiels zur Produktion eines tretkraftunterstützenden Elektrofahrrades. Summary Digitalization as well as globalization lead to a tremendous reduction of product life cycle times and an increasingly intensive competition among producing companies. To cope with these challenges product and according production system have to be aligned with each other already in the conceptual design phase. Although many crucial constraints for the subsequent system elaboration are already determined during conceptual design, current methods for the evaluation of production systems cannot adequately support the necessary integrative development. This contribution comprises a methodology for an early evaluation of production system concepts within the product engineering process. The methodology consists of a process model, that leads the user through the evaluation procedure as well as an analysis model, which comprises all necessary methods and calculation rules. An extension to the specification technique for the description and computer-internal representation of product and production system concepts complements the methodology with respect to the application of relevant evaluation parameters. A validation of the practical usability is conducted by means of a continuous application example for the production of a pedal electric cycle. Inhaltsverzeichnis Seite I Methodik zur Bewertung von Produktionssystemen in der frühen Entwicklungsphase Inhaltsverzeichnis Seite 1 Einleitung....................................................................................................... 1 1.1 Problematik............................................................................................. 1 1.2 Zielsetzung............................................................................................. 2 1.3 Vorgehensweise..................................................................................... 3 2 Problemanalyse............................................................................................. 5 2.1 Produktentstehungsprozess................................................................... 5 2.2 Integrative Produkt- und Produktionssystemkonzipierung...................... 9 2.2.1 Entwicklungsmethodik mechatronischer Systeme....................... 9 2.2.1.1 Allgemeiner Problemlösungszyklus auf Mikroebene................................................................ 10 2.2.1.2 V-Modell auf Makroebene......................................... 10 2.2.1.3 Vordefinierte Prozessbausteine zur Bearbeitung wiederkehrender Arbeitsschritte............................... 11 2.2.2 Vorgehen bei der integrativen Produktionssystemkonzipierung................................................ 12 2.2.3 Spezifikation von Produktionssystemmodellen.......................... 15 2.2.3.1 Systems Modelling Language(SysML)..................... 15 2.2.3.2 CONSENS (Conceptual Design Specification Technique for the Engineering of Complex Systems)...................... 16 2.3 Planung und Ausarbeitung von Produktionssystemen......................... 21 2.3.1 Arbeitsplanung........................................................................... 22 2.3.1.1 Arbeitsablaufplanung................................................. 22 2.3.1.2 Arbeitsmittelplanung.................................................. 23 2.3.1.3 Arbeitsstättenplanung................................................ 23 2.3.1.4 Materialflussplanung.................................................. 24 2.3.2 Fabrikplanung............................................................................ 25 2.3.2.1 Idealplanung.............................................................. 28 2.3.2.2 Realplanung.............................................................. 29 2.3.2.3 Feinplanung............................................................... 30 Seite II Inhaltsverzeichnis 2.4 Bewertungsdimensionen von Produktionssystemen............................ 32 2.4.1 Bewertung der Leistungsfähigkeit.............................................. 32 2.4.1.1 Produktionstechnologien und-verfahren................... 33 2.4.1.2 Betriebsmittel............................................................. 34 2.4.1.3 Struktur und Layout................................................... 36 2.4.1.4 Durchlaufzeit und Bestände....................................... 37 2.4.1.5 Produktivität............................................................... 38 2.4.1.6 Flexibilität und Wandlungsfähigkeit........................... 39 2.4.2 Bewertung von Kosten und Wirtschaftlichkeit............................ 41 2.4.2.1 Produktionsstückkosten............................................. 41 2.4.2.2 Lebenszykluskosten.................................................. 42 2.4.2.3 Wirtschaftlichkeit........................................................ 44 2.5 Anforderungen an die Methodik............................................................ 46 3 Stand der Technik........................................................................................ 49 3.1 Reifegradmanagement für Produktionssysteme................................... 49 3.1.1 Software Process Improvement and Capability Determination (SPICE)..................................................................................... 49 3.1.2 Systematik zur Reifegradbewertung nach B ENSIEK ................... 51 3.1.3 Reifegradmodell nach A NKELE ET AL . und B AUMGÄRTNER ........... 52 3.1.4 IAO-Reifegradmodell nach K ORGE ............................................. 54 3.2 Anwendungsspezifische Bewertung von Produktionssystemen........... 55 3.2.1 Monetäre Bewertungsmethoden................................................ 56 3.2.1.1 Methodik zur Herstellkostenbewertung nach L ANZA ET AL ....................................................... 56 3.2.1.2 Methodik zum Life-Cycle-Controlling nach N IEMANN ............................................................ 57 3.2.1.3 Bewertung vernetzter Produktionsstandorte nach K REBS ................................................................ 59 3.2.2 Adaptivitätsorientierte Bewertungsmethoden............................ 59 3.2.2.1 Bewertungssystem der Wandlungsfähigkeit nach W IENDAHL ET . AL ................................................ 59 3.2.2.2 Bewertung wandlungsfähiger Produktionssysteme nach M ÖLLER ............................................................. 61 3.2.2.3 Methodik zur Flexibilitätsbewertung nach R OGALSKI .. 63 3.2.2.4 Kennzahlensystem zur Flexibilitätsbewertung nach S CHUH ET AL ...................................................... 64 3.2.3 Industriespezifische Bewertungsmethoden............................... 65 3.2.3.1 Bewertung der Energieeffizienz nach W EINERT ......... 65 3.2.3.2 Risikobewertung nach K ÖNIG ..................................... 66 Inhaltsverzeichnis Seite III 3.3 Multikriterielle Bewertung von Produktionssystemen............................ 67 3.3.1 Basismethoden der multikriteriellen Entscheidungsunterstützung..................................................... 68 3.3.1.1 Nutzwertanalyse........................................................ 68 3.3.1.2 Analytic Hierarchy Process/ 3.3.1.3 3.3.1.4 Analytic Network Process.......................................... 69 PROMETHEE............................................................ 70 TOPSIS..................................................................... 71 3.3.2 Methoden der entwicklungsbegleitenden Bewertung von Produktionssystemen................................................................ 73 3.3.2.1 Methodik zur Generierung und Bewertung von Fertigungsfolgen nach T ROMMER ............................... 73 3.3.2.2 Entwicklungs- und planungsbegleitende Bewertung 3.3.2.3 3.3.2.4 von Produktionsalternativen nach M ÜLLER ................ 74 Strategische Planung von Technologieketten nach S CHINDLER ......................................................... 75 Lebenszyklusorientierte Adaption und Bewertung 3.3.2.5 von Produktionsstrukturen nach P OHL ....................... 76 Modell zur ganzheitlichen Bewertung von Produktionsalternativen nach G ISSLER und W ARNECKE ................................................................. 77 3.4 Handlungsbedarf.................................................................................. 78 4 Methodik zur Bewertung von Produktionssystemen in der frühen Entwicklungsphase...................................................................................... 83 4.1 Einordnung und Grundansatz der Methodik......................................... 83 4.2 Bestandteile der Methodik.................................................................... 85 5 Anwendung der Methodik............................................................................ 87 5.1 Einführung in das Anwendungsbeispiel................................................ 87 5.2 Ermittlung von Bewertungskriterien...................................................... 89 5.2.1 Reifegradanalyse der Produktionssystemaspekte..................... 90 5.2.1.1 Initialisierungsphase.................................................. 90 5.2.1.2 Konfigurationsphase.................................................. 93 5.2.1.3 Kombinationsphase................................................... 96 5.2.1.4 Optimierungsphase................................................... 99 5.2.2 Bildung des konzeptspezifischen Gesamt-Reifegrads............. 104 5.2.3 Ableitung reifegradspezifischer Bewertungskriterien............... 105 5.2.4 Anwendungsbeispiel Reifegradanalyse................................... 106 5.2.4.1 Bestimmung des Prozessreifegrades...................... 106 5.2.4.2 Bestimmung des Ressourcen-Reifegrades............. 108 5.2.4.3 Bestimmung des Gestalt-Reifegrades..................... 110 Seite IV Inhaltsverzeichnis 5.2.4.4 5.2.4.5 5.2.4.6 Bestimmung des Verhalten-Reifegrads................... 111 Dokumentation des konzeptspezifischen Reifegrades............................................................. 113 Ermittlung reifegradspezifischer Kriterien................ 114 5.3 Leistungsbewertung von Produktionssystemalternativen................... 115 5.3.1 Gewichtung der Bewertungskriterien....................................... 118 5.3.2 Ermittlung des Erfüllungsgrads................................................ 120 5.3.3 Berechnung der konsolidierten Leistungskennzahl................. 122 5.3.4 Anwendungsbeispiel Leistungsbewertung............................... 124 5.4 Kostenbewertung von Produktionssystemalternativen....................... 125 5.4.1 Kosten für Technologiekompetenzen...................................... 126 5.4.2 Kosten für Ressourcen............................................................ 128 5.4.3 Kosten für Infrastruktur............................................................ 131 5.4.4 Konsolidierung der Kosten- und Leistungsbewertung............. 134 5.4.5 Anwendungsbeispiel Kostenbewertung................................... 135 5.5 Wirtschaftlichkeitsbewertung von Produktionssystemalternativen...... 136 5.5.1 Bestimmung der statischen Produktionsstückkosten............... 137 5.5.2 Berechnung des Kapitalwerts.................................................. 147 5.5.3 Berücksichtigung strategischer Vorteile................................... 149 5.5.4 Anwendungsbeispiel Wirtschaftlichkeitsbewertung................. 151 5.6 Bewertung der Methodik anhand der Anforderungen......................... 152 6 Zusammenfassung und Ausblick............................................................... 155 7 Abkürzungsverzeichnis.............................................................................. 157 8 Literaturverzeichnis.................................................................................... 159 Anhang A1 Ergänzungen zum Produktkonzept des Pedelecs...............................A-1 A2 Ableitung reifegradspezifischer Kriterien............................................A-4 Einleitung Seite 1 1 Einleitung Diese Arbeit entstand im Rahmen der International Graduate School Dynamic Intelligent Systems, die durch das Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen unterstützt wird. Gegenstand der Forschungsarbeit war die möglichst frühzeitige Bewertung von Produktionssystemkonzepten im Zuge der Produktentstehung unter Berücksichtigung von Informationsdefiziten und-unsicherheiten. Die vorliegende Methodik zur Bewertung von Produktionssystemen gliedert sich in die Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme ein und ermöglicht eine entwicklungsbegleitende Bewertung alternativer Produktionssystemkonzepte[VDI2206, S. 26ff.],[Nor12, S. 96ff.]. Die Methodik leistet so einen Beitrag zur Reduzierung von Entwicklungsaufwänden und eine damit einhergehende Verkürzung der Zeit bis zum Markteintritt. 1.1 Problematik Produzierende Unternehmen sehen sich insbesondere bei der Entwicklung und Herstellung moderner mechatronischer Produkte mit zwei grundsätzlichen Trends konfrontiert. Zum einen führt eine umfassende Digitalisierung in allen Branchen zu einem erheblichen Anstieg der Produktkomplexität sowie der damit einhergehenden Dienstleistungen. Demgegenüber verkürzen sich bedingt durch die Globalisierung und dem daraus resultierenden globalen Wettbewerb die Produktlebenszyklen; neue Produkte und neue Technologien müssen immer schneller entwickelt und produziert werden[AR11, S. 34]. Produktkomplexität zulasten der Entwicklungsdauer ist genauso wenig eine Option, wie kurze Entwicklungszyklen ohne Produkt- und Technologieinnovationen. Die integrative Entwicklung von Produkt und Produktionssystem bildet eine wesentliche Maßnahme zur Beherrschung der Komplexität im Produktentstehungsprozess [VDI2206, S. 41]. Durch die frühzeitige Identifikation von Abhängigkeiten der Produktund Produktionssystementwicklung werden inkonsistente Entwicklungspfade schnell entdeckt, und redundante oder konträre Tätigkeiten können vermieden werden [ELP+05, S. 21]. Gerade da in der Konzipierung noch zahlreiche Freiheitsgrade in der Produkt- und Produktionssystemgestaltung bestehen, ist eine schnelle und zielgerichtete Reduzierung des Lösungsraumes Voraussetzung für einen effizienten Entwicklungsprozess. Bestehende Bewertungsmethoden für Produktionssysteme können die integrative Entwicklung von Produkt und Produktionssystem bisher nicht adäquat unterstützen. Charakteristisch für diese frühe Phase ist eine noch unvollständige Datenbasis, die auf einer Reihe von Annahmen und Vereinfachungen beruht. Klassische Bewertungsansätze für Produktionssysteme adressieren jedoch überwiegend die Bewertung bereits bestehender Produktionssysteme in Hinblick auf eine gesuchte Zielgröße, beispielsweise Wirtschaftlichkeit oder Wandlungsfähigkeit[LBP12, S. 154],[WNK+05, S. 84]. Ande- Seite 2 Kapitel 1 re Bewertungsverfahren, die eine entwicklungsbegleitende Bewertung auf Basis unsicherer Informationen ermöglichen, fokussieren dahingegen lediglich bestimmte Einzelaspekte wie beispielsweise Technologie- oder Prozessbewertung[Tro01, S. 44],[Sch14, S. 82]. Es fehlt somit ein Modell zur ganzheitlichen Bewertung aller in der frühen Phase der integrativen Entwicklung maßgeblichen Produktionssystemaspekte. 1.2 Zielsetzung Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine Methodik zur Bewertung und Auswahl von Produktionssystemkonzepten, die den Prozess der integrativen Entwicklung von Produkt und Produktionssystem in der frühen Phase der Produktentstehung unterstützt. Dazu soll sich die Methodik in das bestehende Vorgehen zur Konzipierung mechatronischer Systeme und der zugehörigen Produktionssysteme eingliedern. Mit dem Fokus auf der frühen Phase der Produktionssystementwicklung soll die Methodik auch die Durchgängigkeit der Bewertung im Rahmen der Entwicklung ermöglichen. Dabei sind die steigenden Reifegrade der Systemmodelle im Laufe der Entwicklung zu berücksichtigen, die eine kontinuierliche Anpassung der zugrundeliegenden Kriterien und Methoden erforderlich machen. Dem Anspruch einer ganzheitlichen Bewertung kann darüber hinaus nur dann entsprochen werden, wenn neben den technischen Aspekten des Produktionssystems auch leistungsbezogene bzw. wirtschaftliche Kenngrößen mit berücksichtigt werden. Für die Anwendung der Methodik ist eine möglichst hohe Automatisierbarkeit von Bewertungsschritten eine entscheidende Voraussetzung. Der durch die entwicklungsbegleitende Bewertung erzielte Nutzen darf nicht durch einen entsprechenden Zuwachs des Bewertungsaufwandes überkompensiert werden. Daher basiert die Leistungsbewertung grundsätzlich auf den im Rahmen der Konzipierung erarbeiteten Aspekten des Produktionssystems, die rechnerintern in Form von Partialmodellen repräsentiert sind. Ergänzt wird die Methodik um die Bewertung qualitativer Aspekte, indem die Anwender methodisch in der Abfrage ihrer Präferenzen unterstützt werden. Die Methodik gliedert sich in die drei Bereiche Vorgehensmodell, Analysemodell und Spezifikationstechnik. Das Vorgehensmodell beschreibt dabei den grundlegenden Ablauf, der für einen Bewertungszyklus mit mehreren Systemalternativen zu durchlaufen ist, in Form von Phasen und Meilensteinen. Das Analysemodell beinhaltet die im Vorgehensmodell angeordneten Methoden und Prozesse zur Bewertung von Reifegraden, Leistung, Kosten und Wirtschaftlichkeit. Die Spezifikationstechnik gibt die Struktur der zu bewertenden Alternativen vor, um einen möglichst hohen Anteil an automatisierten Bewertungen realisieren zu können. Einleitung Seite 3 1.3 Vorgehensweise Im an die Einleitung anschließenden Kapitel 2 folgt zunächst eine detaillierte Problemanalyse der mit der Zielsetzung verbundenen Herausforderungen. Dazu werden die notwendigen Grundbegriffe definiert und voneinander abgegrenzt. Ausgehend vom Produktentstehungsprozess wird zunächst die Notwendigkeit sowie das Vorgehen der integrativen Produkt- und Produktionssystementwicklung näher betrachtet. Anschließend werden die Phasen der Arbeitsplanung sowie der Fabrikplanung detailliert untersucht und abgegrenzt, um den Begriff der frühen Phase zu konkretisieren. Abgeschlossen wird die Problemanalyse mit der Betrachtung der verschiedenen Bewertungsdimensionen von Produktionssystemen sowie ihrer zentralen Begriffe. Neben den technischen Aspekten werden dabei auch Leistungsaspekte sowie ökonomische Aspekte untersucht und anschließend die Anforderungen an die Methodik formuliert. Der Schwerpunkt im Kapitel 3 liegt auf der Untersuchung des Standes der Technik in Hinblick auf das Ziel sowie die definierten Anforderungen der Methodik. Dazu werden zunächst Modelle des Reifegradmanagements für Produktionssysteme untersucht, um einen Bezugsrahmen für eine strukturierte und kontinuierliche Bewertung von Produktionssystemkonzepten zu schaffen. Anschließend werden Methoden für die anwendungsbezogene Bewertung von Produktionssystemkonzepten analysiert, die zur Bewertung in Hinblick auf eine vorher spezifisch definierte Zielgröße dienen. In Abgrenzung dazu erfolgt die Betrachtung multikriterieller Bewertungsmethoden, die eine Vielzahl verschiedener Kriterien und Kennzahlen aus unterschiedlichen Bereichen zu einer dimensionslosen Leistungskennzahl zusammenfassen. Abschließend werden die untersuchten Ansätze des Standes der Technik den definierten Anforderungen an die Methodik gegenüber gestellt, um den Handlungsbedarf abzuleiten. Im Kapitel 4 wird die Methodik zur Produktionssystembewertung mit ihren Bestandteilen vorgestellt. Dazu erfolgt zunächst eine Einordnung der Methodik in den Produktentstehungsprozess sowie die Vorstellung des Grundansatzes. Anschließend werden die Bestandteile Vorgehensmodell, Analysemodell und Spezifikationstechnik erläutert. Im Kapitel 5 wird die erarbeitete Methodik anhand eines Anwendungsbeispiels demonstriert. Für das Beispiel erfolgt eine Reifegradanalyse und Bewertung mehrerer alternativer Produktionssystemkonzepte hinsichtlich Leistung, Kosten und Wirtschaftlichkeit. Neben der Veranschaulichung der theoretischen Methodik dient das Kapitel somit auch als Leitfaden, um die Praxistauglichkeit der Methodik herauszustellen. Das Kapitel 6 schließt die Arbeit mit einer Zusammenfassung sowie einem Ausblick auf zukünftige Forschungsherausforderungen ab. Ergänzt wird die Arbeit im Anhang mit weiterführenden Informationen zu den Einzelkapiteln. Problemanalyse Seite 5 2 Problemanalyse In der folgenden Problemanalyse wird der Handlungsrahmen analysiert, der den Ausgangspunkt für die frühzeitige Bewertung von Produktionssystemkonzepten darstellt. Dazu wird zunächst der allgemeine Produktentstehungsprozess mechatronischer Systeme untersucht und die besonderen Herausforderungen bei der integrativen Konzipierung von Produkt und Produktionssystem dargestellt. Auf dieser Basis werden dann die Anforderungen an eine Methodik zur frühzeitigen Bewertung von Produktionssystemkonzepten abgeleitet, welche die Grundlage für den im nächsten Kapitel untersuchten Stand der Technik bilden. 2.1 Produktentstehungsprozess Der Produktentstehungsprozess bildet den Ausgangspunkt für die weitere Untersuchung des Gesamtsystems aus Produkt und Produktionssystem. Nach F ELDHUSEN und G ROTE umfasst dieser die Gesamtheit aller Prozessschritte von der Produktidee bis zum fertigen Produkt, deren Inhalte genau festgelegt und deren Schnittstellen untereinander genau beschrieben sein müssen[FG13, S. 11]. Nach S PUR und K RAUSE lässt sich der Produktentstehungsprozess grob in die Phasen Produktplanung, Entwicklung und Fertigungsplanung unterteilen. Ziel der strategischen Produktplanung ist dabei der Markterfolg des Produkts, während die operative Produktplanung die Produktfindung konkretisiert. Die anschließende Entwicklung besteht aus der Konstruktion und Erprobung des Produkts. Mit der Fertigungsplanung wird die Herstellbarkeit des Produkts sichergestellt[SK97, S. 4f.]. Wie in Bild 2-1 dargestellt, grenzen G AUSEMEIER und W IENDAHL die eigentliche Produktentstehung im Lebenszyklus von den Phasen der Fertigung, Distribution, Nutzung und Rücknahme ab. Der Produktentstehungsprozess besteht somit aus den drei Phasen Strategische Produktplanung, Produktentwicklung und Produktionssystementwicklung, die sich von der Geschäftsidee bis zum Serienanlauf erstrecken[GW11, S. 14]. Seite 6 Kapitel 2 Produktentwicklung von der Geschäftsidee Strategische ProduktionsProduktplanung systementwicklung Produktlebenszyklus zum Serienanlauf Rücknahme Fertigung Nutzung Distribution Bild 2-1: Die Phasen des Produktentstehungsprozesses im Lebenszyklus[GW11, S. 14] Das in Bild 2-2 dargestellte 3-Zyklen-Modell nach G AUSEMEIER baut auf dieser Eingrenzung des Produktentstehungsprozesses auf und präzisiert sie. Demnach besteht der Produktentstehungsprozess nicht aus einer stringenten Abfolge von Phasen und Meilensteinen, sondern aus einem Wechselspiel miteinander verwobener Aufgaben. Diese werden in drei Zyklen gegliedert und teilweise parallel durchlaufen, um ein iteratives Vorgehen zu ermöglichen[GP14, S. 26]. Problemanalyse Seite 7 Bild 2-2: 3-Zyklen-Modell nach G AUSEMEIER und P LASS [GP14, S. 26] Seite 8 Kapitel 2 Die Strategische Produktplanung umfasst als erster Zyklus die Aufgaben Potentialfindung, Produktfindung, Geschäftsplanung sowie Produktkonzipierung. Ziel der Potentialfindung ist die Erkennung der Erfolgspotentiale der Zukunft sowie die Ermittlung entsprechender Handlungsoptionen. Auf Basis der erkannten Erfolgspotentiale werden im Rahmen der Produktfindung neue Produkt- und Dienstleistungsideen zu deren Erschließung gesucht und mit Hilfe von Anforderungen konkretisiert. Für ein erstes Produktkonzept wird in der Geschäftsplanung anschließend ermittelt, auf welche Weise das Produkt erfolgversprechend im Markt positioniert werden kann. Die Strategische Produktplanung mündet in einen Geschäftsplan, der für das Produkt bzw. eine neue Produktoption den Nachweis der Wirtschaftlichkeit erbringt[GLL12, S. 14f.]. Die Produktentwicklung umfasst als zweiter Zyklus die Produktkonzipierung, den domänenspezifischen Entwurf und die Ausarbeitung sowie die abschließende Integration zu einer konsistenten Gesamtlösung. Die Produktkonzipierung bildet dabei die Schnittstelle zwischen Strategischer Produktplanung und eigentlicher Produktentwicklung. Aus der Produktkonzipierung resultiert die Prinziplösung, die als gemeinsame Basis für Entwurf und Ausarbeitung in den beteiligten Fachdisziplinen Mechanik, Regelungstechnik, Elektronik und Softwaretechnik dient. Abschließend sind die erarbeiteten Teilergebnisse in einer Gesamtlösung zu integrieren[GP14, S. 26]. In der Produktionssystementwicklung als drittem Zyklus sind die Produktionssystemkonzipierung, die Arbeitsplanung sowie die Produktionssystemintegration zu durchlaufen. Zunächst wird auf Basis der Prinziplösung des Produkts eine strategiekonforme, ganzheitliche Produktionssystemkonzeption erarbeitet. Diese wird anschließend im Rahmen der Arbeitsplanung hinsichtlich der Aspekte Arbeitsablaufplanung, Arbeitsstättenplanung, Materialflussplanung und Arbeitsmittelplanung konkretisiert. Analog zur Produktentwicklung werden die Teilergebnisse abschließend zu einem verifizierten Gesamtsystem integriert.[GP14, S. 26]. Im 3-Zyklen-Modell sind Produktentwicklung und Produktionssystementwicklung integrativ und parallel vorgesehen, was durch die beiden zentralen Pfeile zum Ausdruck gebracht wird. Durch einen gemeinsamen Austausch im Rahmen der Konzipierung können Abhängigkeiten zwischen Produkt und Produktionssystem frühzeitig erkannt und die beiden Phasen im engen Wechselspiel miteinander vorangetrieben werden. So können beispielsweise bestimmte Produktmerkmale wie Materialauswahl oder geometrische Eigenschaften die Neuentwicklung bestimmter Fertigungstechnologien erforderlich machen. Umgekehrt resultieren aus bestehenden Fertigungstechnologien bestimmte Restriktionen für die Produktentwicklung. Einordnung der Arbeit: Das 3-Zyklen-Modell dient im Folgenden als Grundlage für die Beschreibung und Strukturierung des Produktentstehungsprozesses. Der Fokus der Bewertungsmethodik liegt dabei auf dem dritten Zyklus, da die entwicklungsbegleitende Bewertung einen iterativen Entwicklungsprozess des Produktionssystems unterstützt. Problemanalyse Seite 9 2.2 Integrative Produkt- und Produktionssystemkonzipierung Im folgenden Unterabschnitt wird die integrative Konzipierung von Produkt- und Produktionssystem näher untersucht. Ausgehend vom allgemeinen Vorgehen bei der Entwicklung mechatronischer Systeme gemäß der Grundlagen des Systems Engineering bzw. der VDI 2206 wird das Vorgehensmodell zur integrativen Produktionssystemkonzipierung nach N ORDSIEK analysiert. Anschließend erfolgt die Beurteilung von Modellierungssprachen zur Spezifikation von Produktionssystemkonzepten. 2.2.1 Entwicklungsmethodik mechatronischer Systeme Die Entwicklung moderner Produkte des Maschinenbaus ist durch das Zusammenwirken verschiedener Fachdisziplinen bestimmt. Das historisch abgeleitete Kunstwort der Mechatronik setzt sich aus den beiden Begriffen Mechanik sowie Elektronik zusammen und wird gemäß der VDI-Richtlinie 2206 folgendermaßen definiert: „ Mechatronik bezeichnet das synergetische Zusammenwirken der Fachdisziplinen Maschinenbau, Elektrotechnik und Informationstechnik beim Entwurf und der Herstellung industrieller Erzeugnisse sowie bei der Prozessgestaltung“ [VDI2206, S. 14]. Die Entwicklung komplexer mechatronischer Systeme ist nur durch das enge Zusammenwirken aller beteiligten Fachdisziplinen möglich. Der interdisziplinäre Ansatz des Systems Engineering greift die Forderung nach einer ganzheitlichen Betrachtung des Produktentstehungsprozesses für mechatronische Systeme auf und stellt entsprechende Methoden und Vorgehensweise zur Beherrschung der resultierenden Komplexität bereit. Gemäß der Definition des International Council on Systems Engineering(INCOSE) umfasst das Systems Engineering folgende Aspekte: “ Systems Engineering(SE) is an interdisciplinary approach and means to enable the realization of successful systems. It focuses on holistically and concurrently understanding stakeholder needs; exploring opportunities; documenting requirements; and synthesizing, verifying, validating, and evolving solutions while considering the complete problem, from system concept exploration through system disposal. ” [BKC15-ol, S. 9f.]. Ein strukturiertes Vorgehen gemäß dieser Prinzipien wird durch die Entwicklungsmethodik nach VDI-Richtlinie 2206 repräsentiert, die auf drei Grundelementen basiert [VDI2206, S. 26]:  Allgemeiner Problemlösungszyklus auf der Mikroebene  V-Modell auf der Makroebene  Vordefinierte Prozessbausteine zur Bearbeitung wiederkehrender Arbeitsschritte Seite 10 Kapitel 2 Diese drei Grundelemente unterstützen den Entwicklungsprozess aus methodischer Sicht und bilden die Grundlage einer interdisziplinären Systementwicklung. 2.2.1.1 Allgemeiner Problemlösungszyklus auf Mikroebene Der Problemlösungszyklus auf Mikroebene basiert auf den Ansätzen des Systems Engineering und repräsentiert das allgemeine Vorgehensmodell zur Definition und Bearbeitung von Teilaufgaben in jeder Phase des Entwicklungsprozesses(vgl.[HdF+12, S. 73ff.]). Der Problemlösungszyklus beginnt mit der Situationsanalyse auf Basis bestehender Strukturen und anschließender Zielformulierung oder alternativ zunächst mit der Zielübernahme und nachfolgender Situationsanalyse. Darauf aufbauend besteht die anschließende Phase aus einer alternierenden Abfolge von Synthese- und Analyseschritten, um alternative Lösungsvarianten zu erarbeiten und zu prüfen. Mit einer detaillierten Analyse und Bewertung kann dann die Zielerfüllung der erarbeiteten alternativen Lösungen in Bezug auf die in der ersten Phase definierten Anforderungen geprüft werden. Ergebnis der Phase ist eine Empfehlung für eine oder mehrere Lösungsalternativen als Vorbereitung der Entscheidungsfindung. Die eigentliche Entscheidung als vorletzte Phase im Mikrozyklus wird auf Basis der Ergebnisgüte des bisherigen Verlaufs der Lösungsfindung getroffen. Sofern die Ergebnisse nicht zufriedenstellend waren, muss ggf. die Zielformulierung angepasst bzw. die Situationsanalyse verbessert werden. Sobald die Ergebnisgüte ausreicht, können die Ergebnisse in nachfolgende Problemlösungszyklen überführt werden. In jedem Fall sollten Ergebnisse und Prozessablauf kritisch hinterfragt und dokumentiert werden, um zukünftige Prozessabläufe zu optimieren. [VDI2206, S. 28f.] 2.2.1.2 V-Modell auf Makroebene Das in Bild 2-3 dargestellte V-Modell steht für einen Makrozyklus innerhalb der Systementwicklung. Ausgangspunkt sind stets die an das System gestellten Anforderungen, die üblicherweise aus einem Entwicklungsauftrag resultieren. Charakteristisch für das V-Modell ist die logische Unterteilung der Aufgaben in einen linken Ast, den Systementwurf sowie einen rechten Ast, die Systemintegration, welche den Domänenspezifischen Entwurf einrahmen[VDI2206, S. 29]. Problemanalyse Seite 11 Bild 2-3: V-Modell als Makrozyklus[VDI2206, S. 29] Im Systementwurf als erstem Schritt wird ein domänenübergreifendes Lösungskonzept erarbeitet, welches die wesentlichen Wirkungsweisen des Systems beschreibt. Dazu wird eine Unterteilung der Aufgaben in Teilfunktionen vorgenommen. Im anschließenden domänenspezifischen Entwurf dient der erarbeitete Gesamtsystementwurf als gemeinsame Kommunikationsgrundlage für die beteiligten Disziplinen. In der Systemintegration werden die erarbeiteten Teillösungen der Fachdomänen in eine widerspruchsfreie Gesamtlösung überführt, indem ein fortlaufender Abgleich der erzielten Eigenschaften mit den definierten Systemanforderungen vorgenommen wird. Rechnergestützte Modellbildung und Analyse sind dabei entwicklungsbegleitend einzusetzen, um bei eventuellen Inkonsistenzen wirksame Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Das resultierende Produkt muss dabei nicht zwangsläufig das Endprodukt sein, sondern kann auch in Form eines konkretisierten Modells als Ausgangspunkt für einen neuen Makrozyklus dienen[VDI2206, 29f.]. 2.2.1.3 Vordefinierte Prozessbausteine zur Bearbeitung wiederkehrender Arbeitsschritte In der durch die VDI-Richtlinie 2206 definierten Entwicklungsmethodik werden Prozessbausteine für wiederkehrende Arbeitsschritte definiert, um das mit dem V-Modell empfohlene Vorgehen zu konkretisieren. Für die Phasen Systementwurf, Modellbildung und-analyse, Domänenspezifischer Entwurf, Systemintegration und Eigenschaftsabsicherung wurden jeweils ein phasenspezifisches Vorgehensmodell sowie geeignete Methoden spezifiziert. In Bild 2-4 ist beispielhaft das Vorgehensmodell für die Phase Systementwurf dargestellt. Seite 12 Kapitel 2 Bild 2-4: Vordefinierter Prozessbaustein für die Phase Systementwurf[VDI2206, S. 32] Im Zusammenspiel mit dem V-Modell auf Makroebene sowie dem Mikrozyklus auf Mikroebene beschreiben die Prozessbausteine eine generelle Vorgehensweise für den Entwurf mechatronischer Systeme. Im Folgenden wird das Prinzip der Entwicklungsmethodik auf die Konzipierung von Produktionssystemen übertragen, um eine integrative Konkretisierung im Rahmen der Produktentwicklung zu ermöglichen. 2.2.2 Vorgehen bei der integrativen Produktionssystemkonzipierung Die im Rahmen des 3-Zyklen-Modells geforderte frühzeitig-integrative Entwicklung von Produkt und Produktionssystem widerspricht der historisch gewachsenen, sequentiellen Abfolge der beiden Entwicklungszyklen. Gemäß des klassischen Vorgehens wird zunächst das Produkt im Wesentlichen vollständig entwickelt und erst anschließend mit der Produktionssystementwicklung begonnen. Die integrative Entwicklung stellt hingegen aufgrund der hohen Komplexität besondere Anforderungen an den Entwicklungsprozess, die mit domänenspezifischen Vorgehensmodellen nicht erfüllt werden können [GLL12, S. 18]. Das in Bild 2-5 dargestellte Modell nach N ORDSIEK fügt sich dabei in die durch die VDI Richtlinie 2206 vorgegebene Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme ein und konkretisiert diese hinsichtlich der Abhängigkeiten zwischen Produkt- und Produktionssystemkonzipierung[Nor12, S. 35]. Problemanalyse Seite 13 Bild 2-5: Vorgehensmodell zur integrativen Konzipierung von Produkt und Produktionssystem[Nor12, S. 99] Seite 14 Kapitel 2 Die in Bild 2-5 blau dargestellten Phasen der Produktkonzipierung entsprechen im Wesentlichen den durch das V-Modell vorgegebenen Prozessschritten(vgl. Bild 2-3). Die in orange dargestellten Phasen repräsentieren die Prozessschritte der Produktionssystemkonzipierung und beginnen mit einer ersten Prinziplösung auf Systemebene für das Produkt. Auf dieser Basis sind Fertigungsanforderungen abzuleiten sowie das Produktmodell in eine fertigungsorientierte Baustruktur zu überführen. Während der nachfolgenden Konzipierungsphasen auf Prozess- sowie Ressourcenebene des Produktionssystems sind dann stets die Wechselwirkungen zum Produktmodell auf Gesamtsystem- und Modulebene zu berücksichtigen, um Inkonsistenzen zu vermeiden. Mit einer widerspruchsfreien Prinziplösung für das Prozess- und Ressourcenmodell des Produktionssystems ist die Konzipierung nach N ORDSIEK abgeschlossen[Nor12, S. 137]. Sowohl in der VDI Richtlinie 2206 als auch beim Vorgehen nach N ORDSIEK wird der iterative Charakter von Entwurfs- und Konzipierungsphase hervorgehoben, um die Komplexität zu beherrschen[VDI2206, S. 24],[Nor12, S. 35]. In Bild 2-6 sind beispielhaft drei Iterationszyklen dargestellt, in denen der Reifegrad der Prinziplösung schrittweise auf Basis des V-Modells erhöht wird. Bild 2-6: Iteratives Vorgehen beim Produktionssystementwurf[VDI2206, S. 44] Problemanalyse Seite 15 Die in Bild 2-6 dargestellte Vorgehensweise beinhaltet die Phasen Vorbereitung, Konzipierung sowie Detail- und Ausführungsplanung. Eine Konkretisierung des Systementwurfs findet dabei sowohl entlang eines Makrozyklus als auch über die Phasen hinweg statt. Eine festgelegte Unterteilung oder die genaue Anzahl der notwendigen Konkretisierungsphasen kann nicht allgemein festgelegt werden. Diese hängen stark von der vorliegenden Entwicklungsaufgabe bzw.-komplexität ab[VDI2206, S. 44]. 2.2.3 Spezifikation von Produktionssystemmodellen Das in der Konzipierung entwickelte Systemmodell dient den an der Entwicklung beteiligten Fachdisziplinen als Kommunikationsbasis zur Sicherung eines gemeinsamen Verständnisses. Das Systemmodell ist somit domänenübergreifend zu spezifizieren, während gleichzeitig alle relevanten Wechselwirkungen zwischen den Entwicklungsdomänen abgebildet werden müssen. Die beiden im Folgenden vorgestellten Spezifikationstechniken SysML und CONSENS greifen diese Anforderungen auf und bündeln sie in modellbasierten Sprachen zur Beschreibung komplexer mechatronischer Systeme. 2.2.3.1 Systems Modelling Language(SysML) Die Systems Modelling Language(SysML) hat sich aus der in der Softwaretechnik etablierten Universal Modelling Language(UML) abgeleitet. Sie versteht sich in Abgrenzung zur rein software-orientierten Entwicklungssprache als ganzheitliche Beschreibungssprache für komplexe technische Systeme. Die Struktur der SysML basiert auf Diagrammen, in denen das zu beschreibende technische System aus verschiedenen Sichten dargestellt wird. Die wichtigsten in der SysML verwendeten Diagrammtypen sind in Bild 2-7 abgebildet. Verhalten Zustände Anforderungen Aktivitäten Sequenzen Anwendungsfälle Struktur Parameter Blockdefinitionsdiagramme Interne Blockdiagramme Bild 2-7: Diagrammtypen der SysML nach[FMS12, S. 30] Package Seite 16 Kapitel 2 Grundsätzlich wird in der SysML zwischen Verhaltens-, Anforderungs-, Struktur-, Parameter- sowie Package-Diagrammen unterschieden:  Strukturdiagramme repräsentieren die grundlegenden Strukturelemente(Blöcke), aus denen sich ein System zusammensetzt sowie deren Zusammenwirken. Während im Blockdefinitionsdiagramm die übergeordnete Hierarchie und Klassifikation der Blöcke beschrieben wird, können im Internen Blockdiagramm die Verbindungen und Schnittstellen zwischen den Blöcken spezifiziert werden. [FMS12, S. 30]  Verhaltensdiagramme bilden das Verhalten eines Systems in Bezug auf interne und externe Prozesse ab. Das Aktivitätendiagramm stellt dieses Verhalten durch eine Reihenfolge von Aktionen in Abhängigkeit von Eingaben, Ausgaben und Steuerbefehlen zur Verarbeitung der Aktionen dar. Im Gegensatz dazu basiert das Zustandsdiagramm auf definierten Zuständen, die durch Transitionen verlassen und eingeleitet werden können. Das Sequenzdiagramm dient zur Darstellung des Nachrichtenaustauschs von Systemkomponenten und das Anwendungsfalldiagramm zur Spezifikation des Systemverhaltens aus Sicht der Systemanwender.[FMS12, S. 30]  Anforderungsdiagramme spezifizieren textbasierte Anforderungen an das System sowie deren Abhängigkeiten untereinander. Durch Anforderungsdiagramme können die Anforderungen darüber hinaus auch Systemkomponenten zugeordnet werden, die für die Erfüllung der Anforderungen maßgeblich sind.[FMS12, S. 30]  Parameterdiagramme ermöglichen zusätzlich zu den aus der UML übernommenen Diagrammen die Darstellung mathematischer Zusammenhänge zwischen den im Modell definierten Zustandsgrößen.[FMS12, S. 30]  Package-Diagramme strukturieren die Organisation des SysML-Modells mit Hilfe von Paketen, die Modellelemente enthalten.[FMS12, S. 30] 2.2.3.2 CONSENS(Conceptual Design Specification Technique for the Engineering of Complex Systems) Die Spezifikationstechnik CONSENS dient der ganzheitlichen und fachdisziplinübergreifenden Beschreibung der Prinziplösung mechatronischer Produkte sowie deren zugehörigem Produktionssystem. Sie basiert auf einer festgelegten Menge von Sichtweisen auf die Konzipierung, die für das Produkt die Aspekte Anwendungsszenarien, Umfeld, Funktionen, Wirkstruktur, Verhalten, Anforderungen und Gestalt umfassen [GFD+09, S. 209f.]. Das Produktionssystemkonzept umfasst die Konzipierungsaspekte Prozesse, Ressourcen, Anforderungen und Gestalt[GBD+12, S. 90]. Eine Übersicht der Konzipierungsaspekte von CONSENS ist in Bild 2-8 dargestellt. Problemanalyse Seite 17 Die durch CONSENS vorgegebenen Aspekte werden rechnerintern durch Partialmodelle repräsentiert. Diese beinhalten neben der eigentlichen Modellbeschreibung auch die Definition von Wechselwirkungen zwischen den Aspekten. So muss beispielsweise jede Teilfunktion auf unterster Ebene im Funktionsdiagramm durch mindestens ein Element in der Wirkstruktur ausgeführt werden. Eine in CONSENS spezifizierte Prinziplösung von Produkt und zugehörigem Produktionssystem besteht somit aus einem kohärenten System von Partialmodellen[GBD+12, S. 89ff.]. Im Unterschied zu der zuvor beschriebenen reinen Modellierungssprache SysML beinhaltet die Spezifikationstechnik CONSENS auch ein Vorgehensmodell für die Systemspezifikation. Zwar müssen die vorgegebenen Entwicklungsaspekte nicht zwingend in einer festen Reihenfolge erarbeitet werden, allerdings dient das Vorgehensmodell zur Strukturierung und Vereinfachung der Konzipierungsphase. So wird zunächst das externe Umfeld des Systems analysiert sowie mögliche Anwendungsszenarien und die entsprechenden Anforderungen spezifiziert. Auf dieser Basis kann dann eine Funktionshierarchie entworfen und die zur Ausführung notwendigen Systemkomponenten in der Wirkstruktur abgeleitet werden. Anschließend wird das dynamische Verhalten des Systems sowie seiner Komponenten im Verhaltensdiagramm beschrieben und den Systemelementen im Gestaltdiagramm eine äußere Form zugeordnet. Parallel dazu wird auf Basis von Wirkstruktur und Gestaltdiagramm ein erster Entwurf des Prozessdiagramms zur Produktion des Systems angefertigt. Die zur Ausführung der Prozesse notwendigen Mittel werden anschließend im Ressourcendiagramm spezifiziert und im Gestaltdiagramm räumlich beschrieben. Die aus den Produktanforderungen relevanten Anforderungen für das Produktionssystem werden dabei im Anforderungsdiagramm gesondert ausgewiesen.[GBD+12, S. 89ff.] Seite 18 Kapitel 2 Bild 2-8: Aspekte der Systemspezifikation in CONSENS[GBD+12, S. 90] Problemanalyse Seite 19 Unabhängig davon, ob diese Reihenfolge eingehalten wird oder nicht, müssen die Aspekte in enger Abstimmung untereinander ausgearbeitet und der Prozess ggf. mehrfach iterativ durchlaufen werden. Grundsätzlich sind in der Konzipierung folgende Partialmodelle des Produkts zu konkretisieren:  Umfeld Im Umfeldmodell werden alle relevanten externen Einflüsse spezifiziert, mit denen das System interagiert. Das System wird dafür zunächst als Blackbox dargestellt, das über Informations-, Energie- oder Stoffflüsse mit der Umwelt in Verbindung steht. Dies können beispielsweise Befehlseingaben eines Nutzers, Verbindungen mit dem Stromnetz oder Störeinflüsse durch Luftverschmutzung sein [GFD+09, S. 210],[GBD+12, S. 91f.].  Anwendungsszenarien Mit Hilfe von Anwendungsszenarien wird das Verhalten des Systems in bestimmten Betriebssituationen dargestellt. Im Unterschied zum reinen Verhaltensdiagramm werden dabei lediglich die für das System aus Anwendungssicht maßgeblichen Szenarien abgebildet. Anwendungsszenarien dienen somit als wesentliche Grundlage zur Systemauslegung und Ableitung von Anforderungen an das System[GFD+09, S. 210f.],[GBD+12, S. 92f.].  Anforderungen Mit Hilfe der Anwendungsszenarien und relevanten Interaktionen mit dem Umfeld werden Anforderungen definiert, denen das zu entwickelnde System genügen muss oder sollte(Fest- oder Wunschanforderungen). Anforderungen können sowohl textbasiert beschrieben(qualitativ), als auch numerisch dargestellt werden(quantitativ). Die Strukturierung von Anforderungen in Listenform ermöglicht eine Unterteilung in Hauptanforderungen, die durch davon abgeleitete Unteranforderungen konkretisiert werden[GFD+09, S. 211f.],[GBD+12, S. 94].  Funktionen Auf Basis der spezifizierten Anforderungen und Anwendungsszenarien werden Funktionen ermittelt, die das System zur Erfüllung seines Einsatzzweckes ausführt. Eine Funktion beschreibt dabei verbal den Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsgrößen. Durch die Strukturierung in Form einer Funktionshierarchie können systematisch Teilfunktionen aus übergeordneten Hauptfunktionen abgeleitet werden[GFD+09, S. 212f.],[GBD+12, S. 94f.].  Wirkstruktur In der Wirkstruktur wird der innere Aufbau des Systems in Form von miteinander interagierenden Systemelementen dargestellt. Basis sind die in der Funktionshierarchie identifizierten Teilfunktionen. Diese werden solange untergliedert, bis eine technische Lösung zu deren Realisierung gefunden wurde. Anschließend wird in der Wirkstruktur die genaue Art der Interaktion zwischen den Sys- Seite 20 Kapitel 2 temelementen spezifiziert, um ein erstes Konzept der Systemstruktur zu erhalten [GFD+09, S. 213f.],[GBD+12, S. 95ff.].  Verhalten Das Verhaltensdiagramm spezifiziert die dynamischen Abläufe des Systems zur Erfüllung des Einsatzzwecks. Das Systemverhalten wird dabei über die beiden Diagramme Verhalten-Aktivitäten und Verhalten-Zustände dargestellt. Analog zu den Diagrammen der SysML wird im Aktivitätendiagramm eine Reihe von dynamischen Aktivitäten in Abhängigkeit vom Wert bestimmter Systemvariablen dargestellt. Im Unterschied dazu wird das Verhalten im Zustandsdiagramm aus Sicht statischer Zustände spezifiziert und die Bedingungen für den Zustandsübergang festgelegt[GFD+09, S. 213f.],[GBD+12, S. 98f.].  Gestalt Die Spezifikation einer Gestalt für das Produkt umfasst die Definition der äußeren Form des Systems, d.h. Wirkflächen und-orte sowie Stützstrukturen und Hüllflächen. Mithilfe von CAD-Systemen werden diese Informationen rechnerintern abgebildet. Dabei besteht ein enger Zusammenhang mit der Wirkstruktur, da alle gestaltbehafteten Systemelemente widerspruchsfrei in das Gesamtsystem integriert werden müssen[GFD+09, S. 213],[GBD+12, S. 96ff.]. In der Konzipierung sind folgende Partialmodelle des Produktionssystems zu konkretisieren:  Anforderungen Neben den produktbezogenen werden zusätzlich fertigungsrelevante Anforderungen in Bezug auf das Produktionssystem festgelegt. Diese Anforderungen beschreiben keine Vorgaben für das Produkt selbst, sondern für die Art der Produktion. Die formale Darstellung der Anforderungen erfolgt analog zu den produktbezogenen Anforderungen in Form von Fest- und Wunschanforderungen sowohl qualitativ als auch quantitativ in Listenform[GBD+12, S. 94.].  Prozesse Die Überführung des funktionsorientierten Gestaltdiagramms in eine produktionsorientierte Baustruktur bildet die Grundlage zur Ableitung der Produktionsprozesse. Diese werden im Prozessdiagramm lösungsneutral, d.h. ohne Berücksichtigung der sie ausführenden Ressourcen dargestellt. Dazu werden allen Systemelementen der Baustruktur Herstellprozesse zugeordnet und entlang der Systemhierarchie durch Montageprozesse verbunden. Alle Systemelemente, die außerhalb der Systemgrenzen des Produktionsprozesses liegen, bilden als internes oder externes Zukaufteil den Anfang der Prozesskette. Im weiteren Verlauf der Konzipierung werden die notwendigen Technologien zur Fertigung und Montage iterativ konkretisiert[GBD+12, S. 100ff.]. Problemanalyse Seite 21  Ressourcen Jeder im Prozessdiagramm spezifizierte Produktionsprozess muss im vollständigen Produktionssystem durch eine Ressource ausgeführt werden. Das Zusammenwirken dieser Ressourcen durch einen Materialfluss zur Realisierung der Prozessfolge wird im Ressourcendiagramm spezifiziert. Dabei kann eine Ressource mehrere Prozesse ausführen und umgekehrt kann ein Prozess alternativ auf mehreren Ressourcen ausgeführt werden[GBD+12, S. 102f.].  Gestalt Die Gestalt des Produktionssystems umfasst primär die räumliche Anordnung der Ressourcen im Layout. Somit wird zum einen die benötigte Grundfläche des Produktionssystems festgelegt. Die Anordnung der Ressourcen bestimmt zum anderen auch die resultierenden Transportwege des Materialflusses. Diese sind möglichst kurz zu halten, um nichtwertschöpfende Aktivitäten im Produktionsablauf zu vermeiden.[GBD+12, S. 103]. Einordnung der Arbeit: Die Methodik zur Bewertung von Produktionssystemkonzepten ordnet sich in das Vorgehen nach N ORDSIEK ein, indem sich die Bewertung kontinuierlich entlang der definierten Konzipierungsphasen orientiert. Die wesentliche Herausforderung besteht dabei darin, dass die Produktionssystemkonzepte noch unvollständig definiert sind, aber der Lösungsraum für die weitere Ausarbeitung eingegrenzt werden muss. Zur Strukturierung des Bewertungsprozesses sind dabei Reifegrade gemäß des durch die VDI 2206 entworfenen Vorgehens zu definieren. Die Methodik basiert dabei auf einer kontinuierlichen Beschreibung der zu bewertenden Produktionssystemkonzepte durch die Spezifikationstechnik CONSENS. Das grundlegende Prinzip der Bewertung soll aber auch auf andere semiformale 1 Beschreibungssprachen wie SysML übertragbar sein. 2.3 Planung und Ausarbeitung von Produktionssystemen An die im vorherigen Abschnitt dargestellte Konzipierung schließt sich gemäß des 3Zyklen-Modells die Planung und Ausarbeitung des Produktionssystems an, d.h. die Arbeitsplanung[GP14, S. 26]. Während der Begriff der Fabrikplanung häufig synonym zur Arbeitsplanung verwendet wird, ist der Fokus der Fabrikplanung im Grundsatz strategischer ausgerichtet als die Arbeitsplanung. Sie beschäftigt sich nach A GGTELEKY „mit der Auswahl der Produktionsmittel und der Gestaltung von Fertigungsstätten“ [Agg87, S. 26]. Für die Fabrikplanung steht somit häufiger die komplette organisatorische und räumliche Neugestaltung langfristig angelegter Infrastrukturen im Vordergrund, während sich die Arbeitsplanung vor allem auf die Erfüllung einer konkret defi1 Semiformale Sprachen weisen im Vergleich zu formalen Sprachen trotz definierter Syntax nur eine unvollständig definierte Semantik hinsichtlich der verwendeten Zeichen auf[Vom03, S 67]. Seite 22 Kapitel 2 nierten Produktionsaufgabe bezieht[Wie14, S. 194]. Beide Planungsansätze werden in den beiden folgenden Abschnitten näher beschrieben. 2.3.1 Arbeitsplanung Die Arbeitsplanung umfasst die Ausarbeitung der Produktionssystemkonzeption in Bezug auf die definierten Aspekte Prozesse, Ressourcen, Verhalten und Gestalt. Dies erfolgt in den entsprechenden Aufgabenbereichen Arbeitsablaufplanung, Arbeitsstättenplanung, Arbeitsmittelplanung und Materialflussplanung[GP14, S. 31]. 2.3.1.1 Arbeitsablaufplanung Hauptziel der Arbeitsablaufplanung ist die Beschreibung aller Arbeitsschritte zur Fertigung eines Produkts in einem Arbeitsplan[GP14, S. 360]. In der Arbeitsablaufplanung werden somit die Art sowie die Reihenfolge der durchzuführenden Prozesse bestimmt. Nach E VERSHEIM kann die Arbeitsablaufplanung in vier parallele Stränge gegliedert werden, die in Bild 2-9 dargestellt sind[Eve97, S. 18]. Legende Informationsaustausch und Abstimmung Bild 2-9: Zeitlicher Ablauf der Tätigkeiten in der Arbeitsablaufplanung[Eve97, S. 18] In der Planungsvorbereitung werden die Eingangsinformationen aus den vorherigen Entwicklungsphasen zusammengetragen und geprüft. Die Stücklistenverarbeitung strukturiert die Eingangsinformationen in Bezug auf die Produktinformationen und bildet die Grundlage für die konkrete Fertigungs- und Montageplanung. Dazu ist zum einen die allgemeine Prozessplanung zur Bestimmung von Arbeitsvorgängen für die Fertigung zu durchlaufen, die durch eine Operationsplanung detailliert und konkretisiert wird. Paral- Problemanalyse Seite 23 lel dazu erfolgt außerdem die Montageplanung zur Ermittlung der notwendigen Montageoperationen. Die Ergebnisse aus diesen Phasen münden in der NC/RCProgrammierung, indem die Planungsergebnisse in entsprechende Steuerprogramme für Werkzeugmaschinen und Roboter umgesetzt werden. Flankiert werden die Phasen der Arbeitsablaufplanung durch die planungsbegleitende Kostenplanung/Kalkulation sowie Prüfplanung bzw. Fertigungs- und Prüfmittelplanung als Schnittstelle zum Werkzeugbau.[Eve97, S. 20ff.] 2.3.1.2 Arbeitsmittelplanung Auf Basis der ermittelten Fertigungs- und Montageverfahren erfolgt in der Arbeitsmittelplanung die Ausgestaltung der erforderlichen Produktionsressourcen. Dazu sind die Merkmale des zu produzierenden Teilespektrums, wie z.B. Maße und Gewichte den entsprechenden Kriterien zur Ressourcenauswahl zuzuweisen, z.B. Arbeitsraumabmessungen oder Art der Teilezufuhr. Neben der qualitativen Gestaltung der Arbeitsmittel ist auch eine quantitative Dimensionierung der Betriebsmittel durchzuführen, d.h. die Bestimmung der Anzahl und Leistungsfähigkeit. Maßgeblich dafür sind die technischen Betriebsparameter wie z.B. Bearbeitungs- und Nebenzeiten sowie zu erwartende Häufigkeit und Dauer von Störungen [Eve97, S. 100]. Aus der Festlegung von Art und Dimensionierung der Ressourcen sowie den daraus resultierenden Transportbewegungen folgt die Identifikation eines geeigneten Fertigungsprinzips, z.B. Werkstattfertigung, Fertigungsinsel oder Fließfertigung. Das Fertigungsprinzip bildet somit auch den Übergang zur Arbeitsstättenplanung. Da die Entscheidungen in der Arbeitsmittelplanung in hohem Maße abhängig von den vor- und nachgelagerten Planungsphasen sind, können die Phasen nicht streng sequenziell durchlaufen werden. Vielmehr ist in Analogie zur Konzipierung gemäß des 3-Zyklen-Modells eine integrativ-iterative Planung erforderlich(vgl.[GP14, S. 26f.]). Dies gilt neben der Arbeitsablaufplanung auch für die sich an die Arbeitsmittelplanung anschließende Arbeitsstättenplanung. Aufgrund der zahlreichen Wechselwirkungen zwischen der Arbeitsmitteldimensionierung, Fertigungsprinzipauswahl und räumlicher Anordnungsplanung sind Rekursionen zwischen den Planungsphasen unerlässlich. 2.3.1.3 Arbeitsstättenplanung In der Arbeitsstättenplanung wird die bauliche Struktur des Betriebs auf das Produktionssystem und den daraus resultierenden Materialfluss abgestimmt. Dazu sind die folgenden Hauptaufgaben in zunehmendem Konkretisierungsgrad zu durchlaufen[GP14, S. 364]:  In der Bebauungs- und Anordnungsplanung wird ein geeignetes FabrikLayout entwickelt, das die definierten Anforderungen in Hinblick auf Funktio- Seite 24 Kapitel 2 nalität und Wirtschaftlichkeit erfüllt. Der Bebauungsplan spezifiziert dabei die Gebäudestruktur auf dem Grundstück sowie die funktionalen und baulichen Organisationsprinzipien, während der Anordnungsplan die innerbetrieblichen Strukturen sowie die Beziehungen zwischen den Funktionsbereichen des Produktionssystems konkretisiert[GP14, S. 364],[WRN09, S. 317ff.].  Die Planung von Produktionslinien erfolgt auf Basis der in der Anordnungsplanung vorgegebenen innerbetrieblichen Strukturen bzw. Produktionsbereiche. Ziel der Planung ist eine möglichst effiziente Anordnung und Dimensionierung der notwendigen Anlagen, Transport- und Puffereinrichtungen sowie sonstigen Arbeitsplätzen innerhalb der Produktionsbereiche[GP14, S. 364][Gru06, S. 65ff.],.  Aufgabe der Arbeitsplatzgestaltung ist die detaillierte Ausarbeitung der in den vorherigen Planungsphasen definierten und dimensionierten Arbeitsplätze. Dies umfasst neben der Festlegung von Arbeitsräumen, Betriebsmittelzuweisung etc. auch die Versorgung mit Medien und die Sicherstellung geeigneter Umgebungsbedingungen. Somit sind insbesondere in dieser Planungsphase ergonomische Aspekte(z.B. Griffhöhen, Temperaturen, Sichtverhältnisse etc.) sowie die Arbeitssicherheit für das Personal zu berücksichtigen[GP14, S. 365],[WRN09, S. 237]. 2.3.1.4 Materialflussplanung In Anlehnung an die VDI-Richtlinie 3300 bezeichnet der Materialfluss „[…] die räumliche, zeitliche und organisatorische Verkettung aller Vorgänge bei der Gewinnung, Bearbeitung und Verteilung von Gütern innerhalb festgelegter Bereiche“ [Mar14, S. 22]. Demnach sind für innerbetriebliche Materialflusssysteme die drei grundlegenden Bestandteile Transportsystem, Handhabungssystem und Lagersystem zu differenzieren und auszugestalten[Mar14, S. 22].  Das Transportsystem erfüllt die Kernaufgabe des Materialflusses. Allgemein wird der Materialfluss in vier Stufen unterteilt, vom Transport innerhalb der Branchenwertschöpfungskette(z.B. Lieferant-Produzent-Kunde) über den Transport zwischen den Funktionsbereichen(z.B. Wareneingang-ProduktionWarenausgang) und den Transport zwischen und innerhalb der Betriebsbereiche (z.B. Fräszentrum-Handarbeitsplatz-Lager) bis hin zu den Materialbewegungen an einzelnen Arbeitsplätzen(z.B. Puffer-Bearbeitungsfläche-Bereitstellstreifen). Im Rahmen der Produktentstehung ist das Transportsystem insbesondere mit Fokus auf die drei letztgenannten Stufen des Materialflusses zu gestalten[GP14, S. 32f.],[Dan99, S. 47]. Problemanalyse Seite 25  Das Handhabungssystem verknüpft die Fertigungs-, Transport- und Lagerprozesse und wird durch die Art der erforderlichen Bewegungsvorgänge beschrieben. Gemäß der VDI Richtlinie 3300 sind für das Handhabungssystem zum einen die eigentlichen Handhabungsaufgaben zu klassifizieren(z.B. Ordnen, Weitergeben, Spannen) als auch die entsprechenden Handhabungsmittel zu bestimmen(z.B. Bunker, Magazine)[GP14, S. 33].  Das Lagersystem, bzw. Zwischenlager/Puffer, synchronisiert die Prozessschritte im Produktionssystem, die sich verfahrensbedingt nicht zeitlich zueinander anpassen lassen. Lagersysteme können neben der Lagerfunktion auch durch die Art des Lagergutes sowie dem zugrundeliegenden Lagerprinzip unterteilt werden[GP14, S. 33],[Dan99, S. 698]. 2.3.2 Fabrikplanung Ähnlich zur Arbeitsplanung besteht das Ziel der Fabrikplanung in der Ausarbeitung von Fabrikstrukturen zur Erfüllung definierter Produktionsaufgaben. In der VDI-Richtlinie 5200 ist die Fabrikplanung folgendermaßen definiert: „Fabrikplanung ist der systematische, zielorientierte, in aufeinander aufbauende Phasen strukturierte und unter Zuhilfenahme von Methoden und Werkzeugen durchgeführte Prozess zur Planung einer Fabrik von der Zielfestlegung bis zum Hochlauf der Produktion “ [VDI5200, S. 3]. Während die Arbeitsplanung bzw. Arbeitsstättenplanung im Allgemeinen aus der Produktentwicklung angestoßen wird und primär von der Produktion eines einzelnen Produkts ausgeht, orientiert sich die Fabrikplanung eher an einem Produktionsprogramm bzw. Produktspektrum. Nach B RACHT ET AL . unterteilt sich das Vorgehen bei der Fabrikplanung dabei in sieben grundsätzliche Phasen, die in Bild 2-10 dargestellt sind [BGW11, S. 28]. Seite 26 Kapitel 2 Idealplanung Phase/Meilenstein/Tätigkeiten Zielplanung/ Vorplanung • Initiierung • Konzipierung 1 Funktionsbestimmung • Produktionsprogrammanalyse • Festlegung Funktionseinheiten 2 Dimensionierung • Ermittlung Bedarfe (Betriebsmittel, Flächen, Personal, Medien, Investitionen) 3 Strukturierung • Materialflussanalyse • Strukturentwurf • Strukturoptimierung 4 Gestaltung • Entwurf Lösungsvarianten • Auswahl Vorzugsvarianten 5 Detailplanung • Detailplanung Vorzugsvariante 6 Ausführungsplanung/ Ausführung • Realisierung 7 Resultat Aufgabenstellung, Pre-Feasibility Funktionsschema Dimensionierungsgrößen Ideallayout Reallayout Ausführungsprojekt Ausführungsunterlagen, realisiertes Projekt Realplanung Feinplanung Bild 2-10: Phasen des Fabrikplanungsprozesses nach B RACHT ET AL .[BGW11, S. 28] in Anlehnung an G RUNDIG und K ETTNER ET AL .(vgl.[G RU 06],[KSG84]) Problemanalyse Seite 27 Grundsätzlich wird die Fabrikplanung im engeren Sinne in die Abschnitte Idealplanung, Realplanung und Feinplanung unterteilt, wobei Ideal- und Realplanung zusammen häufig auch als Grobplanung bezeichnet werden[Gru06, S. 65ff.]. Vorangestellt ist diesen die Phase Zielplanung bzw. Vorplanung, die Ziele und Rahmenbedingungen des Fabrikplanungsprozesses auf einer Meta-Ebene beschreibt und in die konkrete Aufgabenstellung mündet. Abgeschlossen wird die Fabrikplanung mit dem Übergang in die Phase Ausführungsplanung bzw. Realisierung der Fabrik durch Ausführungsunterlagen sowie deren Umsetzung. Die für den Fabrikplanungsprozess maßgeblichen Phasen werden in der Literatur teilweise unterschiedlich definiert, lassen sich jedoch grundsätzlich in diese Struktur einordnen. Die im Einzelnen zu durchlaufenden Phasen hängen maßgeblich von der Art des vorliegenden Planungsfalls ab. In der Literatur werden für die Fabrikplanung im Allgemeinen folgende fünf Grundfälle unterschieden:  Neuplanung: Die komplette Neuplanung einer Fabrik bildet den Idealfall der Fabrikplanung, da grundsätzlich alle Planungsphasen durchlaufen werden müssen und keine Restriktionen 2 durch bestehende Anlagen existieren. Bei dieser sog. Grüne-Wiese-Planung( “G reen Field “ ) resultieren die Anforderungen insbesondere aus dem geplanten Produktionsprogramm sowie den Charakteristika der zur Auswahl stehenden Standorte.[Gru06, S. 14]  Re-Engineering: Das Re-Engineering umfasst im Allgemeinen die Umgestaltung eines Teils der Fabrik bis hin zur kompletten Strukturerneuerung. Maßgeblich sind dabei jedoch die aus dem bisherigen Fabriksystem resultierenden Restriktionen. So steht das zu erfüllende Produktionsprogramm meist genau fest und auch durch den konkreten Standort ergeben sich Einschränkungen beispielsweise hinsichtlich der Gebäudestruktur( „Brown Field“ ). Das Re-Engineering bildet in der Praxis den häufigsten Grundfall der Fabrikplanung.[Gru06, S. 15]  Erweiterung: Eine Fabrikerweiterung muss durchgeführt werden, wenn die bestehende Fabrik das geplante Produktionsprogramm dauerhaft nicht realisieren kann. Dabei werden die Fabrikstrukturen im Wesentlichen beibehalten, jedoch die Engpassressourcen erweitert und die Flächen- und Raumnutzung ggf. intensiviert. Außerdem ist zu prüfen, ob zusätzlich bzw. alternativ zur Erweiterung eine Neuplanung in Frage kommt.[Gru06, S. 15]  Rückbau: Der Rückbau erfolgt als Gegenstück zur Erweiterung, wenn die Kapazität der Fabrik dauerhaft nicht genügend ausgelastet ist. Neben einer strukturellen Absenkung der Fabrikkapazität ist auch die Umwidmung von Ressourcen 2 In der Praxis resultieren auch bei der Neuplanung häufig Restriktionen durch im Unternehmen festgelegte Anbieter, Technologien und interne Vorgaben. Dies schränken die Freiheitsgrade ggü. dem Idealmodell ggf. ein. Seite 28 Kapitel 2 zur Produktion alternativer Produkte, d.h. eine Anpassung des Produktionsprogramms zu prüfen.[Gru06, S. 15f.]  Revitalisierung: Eine Revitalisierung von stillgelegten Industriebetrieben stellt eine Mischform aus Brown Field und Green Field Planung dar. Auf der einen Seite ermöglicht die Standort-Sanierung eine radikale Restrukturierung, da keine laufenden Prozesse berücksichtigt werden müssen. Andererseits folgen aus den bestehenden Strukturen und eventuellen Altlasten des Standortes zahlreiche Restriktionen hinsichtlich der möglichen Bebauung. Die Revitalisierung bezeichnet dabei den spezifischen Umgestaltungsprozess.[Gru06, S. 16] Die im Einzelnen zu durchlaufenden Aufgaben des vollständigen Fabrikplanungsprozesses im Sinne der Neuplanung werden im Folgenden näher beschrieben. Für die übrigen vier Planungsfälle muss lediglich eine projektspezifische Teilmenge der Aufgaben des Fabrikplanungsprozesses erfüllt werden. 2.3.2.1 Idealplanung In der Idealplanung wird zunächst das der Fabrikplanung zugrundeliegende Produktspektrum identifiziert und die zu dessen Produktion erforderlichen Funktionsbereiche abgeleitet(Phase Funktionsbestimmung). Die Produktionsprogrammanalyse und Produktstrukturanalyse als initiale Aufgabe der Funktionsbestimmung werden von einigen Autoren auch der Vorplanung zugeordnet[Gru06, S. 45ff.]. Nach S CHENK und W IRTH folgen als weitere Aufgaben innerhalb der Funktionsbestimmung die Auswahl von Fertigungsprinzip und Fertigungsverfahren, Entwicklung von Fertigungsprozess und Ablaufschema, Ableitung des Funktionsschemas und Auswahl der notwendigen Betriebsmittel[SW04, S. 242ff.]. Anschließend wird für die definierten Funktionsbereiche jeweils bestimmt, in welcher Größenordnung die Teilaspekte zur Funktionserfüllung zu dimensionieren sind. Grundsätzlich kann diese Planung dynamisch durchgeführt werden, d.h. mit über die Zeit veränderlichen Parametern, oder statisch, d.h. unter Annahme von mit der Zeit konstanten Parametern. S CHENK und W IRTH differenzieren die zu konkretisierenden Teilaspekte für beide Fälle hinsichtlich der Menge an Betriebsmitteln, Anzahl Personal, Verbrauch von Flächen sowie Höhe der Kosten(Phase Dimensionierung)[SW04, S. 248ff.]. Die aus der Dimensionierung resultierenden Flussbeziehungen der Flusssystemelemente (z.B. Materialflüsse, Energieflüsse, Informationsflüsse) werden anschließend hinsichtlich ihrer zeitlichen(Ablaufplanung) und räumlichen(Aufbauplanung) Anordnung optimiert und in einem Ideallayout abgebildet(Phase Strukturierung). In diesem Zusammenhang werden beispielsweise die grundlegenden Fertigungsstrukturen(z.B. Punktstruktur, Linienstruktur, Netzstruktur) und Fertigungsprinzipien(z.B. Werkstattprinzip oder Fertigungsinselprinzip) abgeleitet[SW04, S. 260ff.]. Problemanalyse Seite 29 2.3.2.2 Realplanung Auf Basis der Idealplanung werden in der Realplanung alternative Lösungsvarianten für das Fabriklayout entworfen. Hierbei sind insbesondere die spezifischen Rahmenbedingungen und externen Restriktionen hinsichtlich Gebäudestandorten, Gesetzgebung, Arbeits- und Gesundheitsschutz etc. zu berücksichtigen(Phase Gestaltung). Grundsätzlich sind drei Aufgaben innerhalb der Realplanung zu durchlaufen: 1) Spezifizieren der Restriktionen: Um Planungsfehler zu vermeiden, sind die planungsrelevanten Restriktionen zunächst zu identifizieren und zu dokumentieren. Nach S CHENK und W IRTH können externe Restriktionen, die sich auf die Anordnung der Strukturelemente beziehen, den beiden Gruppen behördliche Restriktionen sowie betriebliche/bauliche Restriktionen zugeordnet werden. Während erstere uneingeschränkt eingehalten werden müssen(z.B. Abstand zu Grundstücksgrenzen), können letztere ggf. durch den Einsatz hoher finanzieller Aufwände umgangen werden(z.B. Tragfähigkeit des Bodens). Weiterhin sind interne Restriktionen zwischen den Systemelementen zu berücksichtigen, die sich aus der Planung selbst ergeben. So können direkte Wechselwirkungen zwischen zwei Elementen positive Synergien hinsichtlich Bautechnik, Betriebstechnik, Organisation und Betriebsbedingungen ausweisen oder negativ hinsichtlich gegenseitiger Gefährdung, unverträglicher Emissionen oder räumlicher Behinderungen wirken. Weiterhin können indirekte Wechselwirkungen beispielsweise über materielle personelle oder informationelle Anbindungen nach außen wirken(z.B. Fördertechnik) oder eine gemeinsame Abschirmung hinsichtlich Lärm oder anderen Umweltbedingungen ermöglichen[SW04, S. 285]. 2) Entwerfen von Reallayoutvarianten: Zur Ermittlung eines optimierten Reallayouts ist der Lösungsraum möglichst vollständig mit Hilfe mehrerer alternativer Layoutvarianten zu erfassen. Differenzierungsmerkmale sind dabei beispielsweise folgende Merkmale:  Materialfluss-, Informationsfluss- und Energieflusssysteme  Fertigungssystem(Prozess, Organisation, Ressourcen, Fertigungsbedingungen, Arbeitsgestaltung)  Flächen- und Raumaufteilung(Grundstück- und Gebäudestruktur, Bautechnik) Die Varianten sind jeweils so zu entwerfen, dass eine Differenzierung nicht nur im Detail erfolgt, sondern echte Lösungsalternativen resultieren. Der genaue Grad der Differenzierung hängt dabei stark von den konkreten Planungszielen und Restriktionen ab. In der Reallayoutplanung ist im Vergleich zur Ideallayoutplanung besonders die gegenseitige Beeinflussung von Systemelementen von hoher Relevanz für die Planung[SW04, S. 286]. Seite 30 Kapitel 2 3) Bewertung der Alternativen und Auswahl der Vorzugsvariante: Die in der Reallayoutplanung entworfenen Alternativen sind vor der weiteren Ausplanung zu bewerten und miteinander zu vergleichen, um eine Vorzugsvariante zu identifizieren. Maßgeblich für die Bewertung sind die in der initialen Zielplanung festgelegten Rahmenbedingungen des Fabrikplanungsprozesses. Zu den quantitativ bewertbaren Kriterien zählen neben den Flächenbedarfen und daraus resultierenden Kosten insbesondere die Umsetzungsaufwände zur Realisierung des Gesamtsystems. Diese umfassen neben infrastrukturellen und technischen Aufwänden auch die Opportunitätskosten für die durch die Umsetzung gebundenen Mitarbeiter sowie ggf. Kosten für das Unterbrechen einer bereits an anderer Stelle laufenden Produktion. Weiterhin dienen zur quantitativen Bewertung alternativer Reallayoutvarianten auch die Transportaufwände in Form von Transportzeiten und-intensitäten[SW04, S. 288]. Qualitativ bewertbare Kriterien sind bei der Auswahl einer oder mehrerer Vorzugsvarianten nicht zu vernachlässigen. Hierzu zählen beispielsweise die Störanfälligkeit, Arbeitssicherheit und vor allem Flexibilität bzw. Wandlungsfähigkeit des Gesamtsystems. Da für diese Größen keine unmittelbar quantitativ erfassbare Metrik vorliegt, ist zur Bewertung auf Ersatzgrößen zurückzugreifen. Eine qualitative Einschätzung von 1 bis 10 oder von 0% bis 100% kann beispielsweise als Metrik für die Bewertung von„gut“ bis„schlecht“ dienen [SW04, S. 288]. Mit Auswahl einer oder mehrerer Vorzugsvarianten ist die Phase der Gestaltung im Sinne der Realplanung abgeschlossen. Die favorisierte Variante ist anschließend in der Feinplanung auszuarbeiten. 2.3.2.3 Feinplanung In der Detailplanung wird die gewählte Vorzugsvariante detailliert ausgearbeitet und somit in die Umsetzungsreife überführt(Phase Detailplanung). Die wesentlichen Arbeitskomplexe der Feinplanung sind nach G RUNDIG :  Feinanordnung der Bearbeitungs-, Förder- und Lagertechniken: Festgelegt wird zum einen die Anordnung der Maschinen innerhalb der Raumstrukturen in Bezug auf die Transportwege, z.B. parallel, rechtwinklig oder mehrreihig. Weiterhin werden für die Förder- und Lagertechniken u.a. die Transportwegbreiten festgelegt sowie Förder- und Lagerprozesse organisiert.[Gru06, S. 182f.]  Abstände und Fundamentierung von Ausrüstungen und Objekten: Bei den Abstandsmaßen zwischen den erforderlichen Ressourcen sind sowohl technische (z.B. Wartungszugänglichkeit) als auch rechtliche(z.B. menschliche Mindestplatzbedarfe) Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Dazu wurden in der Fachliteratur Tabellen entwickelt, die auf Basis definierter Objektgruppen die erforderlichen Abstandsmaße spezifizieren. Analog dazu existieren verschiedene Metho- Problemanalyse Seite 31 den zur Bestimmung der erforderlichen Fundamentierung in Abhängigkeit von den statischen und dynamischen Grundlasten sowie dem Grad der geforderten Mobilität der Ausrüstungen und Objekte.[Gru06, S. 183f.]  Versorgungs- und Entsorgungstechnik: Auf Basis der erarbeiteten Anordnungskonzepte der technischen Ressourcen sind die notwendigen Netze zur Verund Entsorgung aller Prozessmedien auszulegen. Dies sind beispielsweise Strom, Wärme, Gase, Druckluft oder Wasser. Eine Sonderfunktion nimmt dabei die Gestaltung der Lüftungs- und Klimatechnik ein, da sie gleichzeitig die Versorgung mit Luft als auch mit Wärme/Kühlung gewährleistet. Für die Entsorgung sind insbesondere Abwasser, Gefahrstoffe oder Metallspäne zu berücksichtigen.[Gru06, S. 185f]  Arbeitsplatzgestaltung: Die einzelnen Arbeitsplätze sind in Bezug auf ergonomische und soziale Kriterien ganzheitlich zu gestalten, um den rechtlichen und leistungsbezogenen Anforderungen zu entsprechen. Maßnahmen sind beispielsweise räumliche und sicherheitstechnische Feingestaltung des Arbeitsplatzes sowie Organisation und Ausstattung der Arbeitsbereiche.[Gru06, S. 186]  Informations- und Kommunikationstechnik: Auf Basis der eingesetzten Software- und Kommunikationssysteme sind die erforderlichen Infrastrukturen für den Systembetrieb auszuarbeiten. Entsprechende Installationsnetze sind beispielsweise erforderlich für Leitstände und Rechnerräume sowie Kommunikations- und Erfassungssysteme für die Betriebsdatenerfassung.[Gru06, S. 186]  Projektspezifische Aufgabenkomplexe: Neben den für jedes Fabrikplanungsprojekt universellen Aufgabenstellungen ergeben sich häufig zusätzliche spezifische Anforderungen, die projektindividuell identifiziert werden müssen. Diese können beispielsweise durch Sonderkonstruktionen, besonders komplexe Roboterprozesse oder neue bzw. selbstentwickelte Technologien erforderlich werden. Ist in diesen Fällen ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob die zur Feinplanung erforderliche Kompetenz extern eingekauft werden muss oder intern vorhanden ist bzw. aufgebaut werden sollte.[Gru06, S. 186f.] Nach erfolgreichem Abschluss der Feinplanung erfolgt die Ausführungsplanung bzw. Realisierung des Fabrikprojekts. Gemäß der erarbeiteten Planungsinhalte erfolgen Bau-, Montage-, Installations-, Umzugs- und Einrichtungsplanung bzw.-aktivitäten. Anschließend wird eine Übergabe der neuen Fabrik an den Auftraggeber vorgenommen, die eine Abnahme der entsprechenden rechtlichen Instanzen voraussetzt(z.B. Bauamt oder Feuerwehr). Die danach eingeleitete Phase der Inbetriebnahme schließt den Fabrikplanungsprozess ab. Mit Erreichen von definierten Zielgrößen, bspw. einer Produktionskammlinie, ist der Übergang von der Fabrikplanung in den Serienbetrieb vollzogen. [Gru06, S. 191f.] Seite 32 Kapitel 2 Einordnung der Arbeit: Die Methodik zur entwicklungsbegleitenden Bewertung fokussiert primär auf die Produktionssystemkonzipierung. Da jedoch keine einheitliche Definition und somit auch keine einheitliche inhaltliche Abgrenzung der Konzipierung von der Planung und Ausarbeitung existiert, umfasst die vorliegende Planungsmethodik auch den Übergangsbereich. Die Konzipierung wird im Folgenden zusammen mit dem Übergangsbereich zur Planung und Ausarbeitung allgemein als frühe Phase bezeichnet. Damit wird den unterschiedlichen Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Konzipierung sowie der nachfolgenden Phasen in Abhängigkeit vom konkreten Planungsfall Rechnung getragen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dabei auf der Neuplanung und dem Re-Engineering eines Produktions- bzw. Fabriksystems. 2.4 Bewertungsdimensionen von Produktionssystemen Aus der Analyse der integrativen Konzipierung von Produkt und Produktionssystem im vorherigen Abschnitt wird deutlich, wie das Produktionssystem im Verlauf der Entwicklung zunehmend konkretisiert wird. Ausgehend von der Bestimmung geeigneter Prozesse werden passende Produktionsressourcen zugeordnet und anschließend räumlich angeordnet. Den jeweiligen Aspekten der Produktionssystemkonzipierung sind daher äquivalente Bewertungsdimensionen zuzuordnen. In diesem Abschnitt werden dazu die im Rahmen der frühen Phase relevanten Bewertungsdimensionen untersucht. Die Bewertungsdimensionen unterteilen sich dabei grundsätzlich in die beiden Bereiche Leistung und Wirtschaftlichkeit. Bei der reinen Leistungsbewertung werden monetäre Folgen oder Voraussetzungen für das Produktionssystem nicht berücksichtigt. Die Bewertung erfolgt anhand technischer oder organisatorischer Kennwerte. Die technische Seite umfasst dabei analog zu den im Rahmen der Spezifikationstechnik CONSENS dargestellten Partialmodelle sowohl Bewertungsmethoden für Fertigungsprozesse bzw.-technologien als auch für Produktionsressourcen sowie Gestalt- bzw. Strukturmerkmale. Die organisatorische Seite der Leistungsbewertung abstrahiert von der Bewertung einzelner Technologien hin zu einer Bewertung der nicht-monetären Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems. Diese umfasst neben der Bewertung der Durchlaufzeit und Bestände einzelner Produkte auch die Produktivität sowie die Flexibilität und Wandelbarkeit des Produktionssystems in Hinblick auf externe Einflüsse. Die Kosten- und Wirtschaftlichkeitsbewertung umfasst Bewertungsmethoden zur Quantifizierung der Aufwände und Erträge in Form monetärer Größen. Dies kann über den Vergleich der erwarteten Kosten oder Zahlungsströme als auch durch eine monetäre Bewertung über den Lebenszyklus von Produktionssystemen erfolgen. 2.4.1 Bewertung der Leistungsfähigkeit Grundlage für die Bewertung der Leistungsfähigkeit von Produktionssystemen ist die Bewertung technischer Aspekte, die sich unmittelbar auf die konkret ausgeprägte Form Problemanalyse Seite 33 der Prozesse, Ressourcen und Strukturen beziehen. Die Bewertung erfolgt dabei z.T. auf einer sehr detaillierten Ebene, wobei der Einfluss der Aspekte auf das übergeordnete Produktionssystem nicht notwendigerweise bekannt sein muss. Ansätze für die Bewertung von Produktionstechnologien, Betriebsmittel sowie Struktur und Layout werden dafür im Folgenden vorgestellt. Bei der Bewertung von Leistungsaspekten eines Produktionssystems wird von der konkreten technischen Basis abstrahiert und die Leistung des Gesamtsystems beurteilt. Die alternativen Produktionssystemkonzepte werden als Black Box betrachtet und lediglich hinsichtlich konsolidierter Leistungsparameter verglichen. Im Folgenden wird dazu die Bewertung hinsichtlich Durchlaufzeit und Beständen, Gesamtanlageneffektivität sowie Flexibilität und Wandlungsfähigkeit analysiert. 2.4.1.1 Produktionstechnologien und-verfahren Gemäß der VDI-Richtlinie 3780 umfasst die Technologiebewertung ein planmäßiges, systematisches und organisiertes Vorgehen, dass  den Stand einer Technologie und ihre Entwicklungsmöglichkeiten analysiert,  unmittelbare und mittelbare technische, wirtschaftliche, gesundheitliche, ökologische, humane, soziale und andere Folgen einer Technologie und möglicher Alternativen abschätzt,  aufgrund definierter Ziele und Werte diese Folgen beurteilt oder auch weitere wünschenswerte Entwicklungen fordert,  Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten daraus herleitet und ausarbeitet, so dass begründete Entscheidungen ermöglicht und gegebenenfalls durch geeignete Maßnahmen getroffen und verwirklicht werden können(vgl.[VDI3780]). Nach E VERSHEIM und S CHUH ist für die Bewertung von Produktionstechnologien bzw. -verfahren zunächst das Kriterium der technischen Machbarkeit in Bezug auf eine konkrete Produktionsaufgabe entscheidend[ES99, S. 10-44]. Erst wenn durch Anwendung eines bestimmten Verfahrens das Produkt mit der geforderten Qualität reproduzierbar hergestellt werden kann, ist die marktorientierte Eignung des Verfahrens im Vergleich zu anderen Alternativen einzuordnen. Somit sind nach E VERSHEIM und S CHUH zur Bewertung die vier Kategorien Technologie, Geometrie, Auftragsdaten und Zeitwerte zu berücksichtigen[ES99, S. 11-5]. Die technologische Bewertung bezieht sich auf die Erfüllung der definierten Anforderungen an das Produktionsverfahren, z.B. durch die Vorgabe bestimmter Werkstoffe oder der geforderten Oberflächenrauheiten. So kann die technische Eignung von Produktionstechnologien für eine Produktionsaufgabe beispielsweise über Kataloge wie von A SHBY bewertet werden[Ash07, S. 210]. Seite 34 Kapitel 2 Die geometrische Bewertung von Produktionsverfahren erfolgt über die aus der Bauteilgestalt vorgegebenen Randbedingungen. So eignen sich umformende Verfahren beispielsweise für dickwandige, gedrungene Bauteile, während flächige Blechformen eher trennende Verfahren erfordern[ES99, S. 11-6]. Ansätze für die Bewertung von Technologien anhand der Produktgeometrie wurden beispielsweise von N IEBEL veröffentlicht (vgl.[Nie70]). Die auftragsdatenbezogene Bewertung von Produktionsverfahren ermöglicht eine erste Einschätzung über die Wirtschaftlichkeit einzelner Verfahren innerhalb der Technologiekette. Sofern die prinzipielle Eignung der Verfahren für die Produktionsaufgabe festgestellt wurde, kann anhand von Anforderungen wie der geforderten jährlichen Produktionsmenge oder bestimmter Losgrößen die marktorientierte Eignung der Verfahren verglichen werden[ES99, S. 11-5ff.]. Die zeitwertbezogene Bewertung von Produktionstechnologien bezieht sich insbesondere auf prozesszeitkritische Produktionsaufgaben. In diesem Fall werden neben der eigentlichen Bearbeitungszeit auch Werkzeugstandzeiten, Umrüstzeiten oder Vorbereitungszeiten berücksichtigt, um alternative Verfahren zu bewerten. Da nach E VERSHEIM und S CHUH die zeitwertbezogenen Parameter stark von der konkreten Technologiekette abhängen, ergeben sich erfahrungsgemäß viele verschiedene Bewertungsalternativen. Somit wird die Notwendigkeit einer frühzeitigen Reduzierung der betrachteten Verfahrensalternativen betont[ES99, S. 11-6]. 2.4.1.2 Betriebsmittel Nach G RUNDIG umfassen Betriebsmittel allgemein Ausrüstungen(Maschinen), Anlagen, Vorrichtungen, Messmittel, Werkzeuge und andere technische Ausrüstung. Demnach wird bei der Auswahl von Betriebsmitteln für einen Prozess zum einen der Erfüllungsgrad der Prozessanforderungen(qualitative Kapazität) sowie die erforderliche Dimensionierung der Betriebsmittel(quantitative Kapazität) bewertet[Gru06, S. 73f.]. S TEVEN unterscheidet neben den von G RUNDIG erwähnten abnutzbaren Betriebsmitteln auch nicht abnutzbare Betriebsmittel wie z.B. Grundstücke und Katalysatoren. Diese stehen nach ihrer Beteiligung am Produktionsprozess unverändert für die weitere Nutzung zur Verfügung[Ste98, S. 4]. S CHENK UND W IRTH definieren zehn Kriterien zur qualitativen Kapazitätsanalyse von Betriebsmitteln, die je nach Prozessanforderungen individuell zu gewichten sind: Oberflächengüte, Genauigkeit, Abmessungsbereich, Leistungsbedarf, Flächenbedarf, Recyclingfähigkeit, Wasserverbrauch, Energieverbrauch, Maschinenstundensatz und Investitionskosten[SW04, S. 247]. B RECHER ET AL . leiten die qualitative Kapazitätsanalyse direkt aus den zu fertigenden Bauteilfeatures ab, die in diesem Fall die Fertigungsanforderungen repräsentieren. Diese umfassen neben den rein geometrischen Parametern der Features auch weitere techni- Problemanalyse Seite 35 sche Parameter wie beispielsweise Fertigungstoleranzen oder Rauhigkeitswerte. Wie in Bild 2-11 dargestellt werden dazu die Anforderungen aller Features dem Eigenschaftsprofil der in Frage kommenden Betriebsmittel zugeordnet. Mit diesem Vorgehen können technisch ungeeignete Betriebsmittel aus dem weiteren Bewertungsprozess ausgeschlossen werden[BKW+05, S. 212f.]. Bild 2-11: Bauteilspezifische Bewertung von Produktionsmitteln nach B RECHER ET AL . [BKW+05, S. 212f.] Die in Bild 2-11 dargestellte Vorgehensweise ermöglicht noch keine endgültige Auswahl einer optimalen Kombination aus Fertigungsverfahren und Betriebsmittel. Es wird lediglich die prinzipielle technische Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Fertigungsanforderungen bewertet. Daraus resultieren mehrere alternative Betriebsmittel zur Ausführung eines Prozessschritts. Auf Basis des Erfüllungsgrades werden dann mögliche Prozessfolgen zur Fertigung des vollständigen Produkts abgeleitet, wie in Bild 2-12 dargestellt. Dazu werden konsistente Ketten aus Prozessschritt-/BetriebsmittelKombinationen gebildet[BKW+05, S. 213]. Seite 36 Kapitel 2 Bild 2-12: Bildung alternativer Fertigungsfolgen auf Basis bauteilspezifischer Bewertungen nach B RECHER ET AL .[BKW+05, S. 213f.] Die nach dem in Bild 2-12 dargestellten Verfahren ermittelten Fertigungsfolgen bilden anschließend die Grundlage zur Ausarbeitung und Bewertung von Fertigungsstruktur und Layout. 2.4.1.3 Struktur und Layout Mit der Auswahl einer Menge geeigneter Betriebsmittel bzw. technischer Ressourcen für mögliche Fertigungsfolgen wird der Lösungsraum in der Konzipierungsphase weiter konkretisiert. Die Bewertung von Struktur und Layout der verbliebenen Alternativen bezieht sich nach G RUNDIG dabei auf die Funktionsbestimmung und Dimensionierung der ermittelten technischen Ressourcen in ihrer räumlichen Anordnung im Prozessablauf. Die Bewertung des Layouts bildet dabei eine Teilaufgabe innerhalb der Strukturplanung und-bewertung. Während die Fertigungsstruktur eine Bewertung der flächenbezogenen strukturierten Darstellung einer idealisierten Lösungsalternative umfasst, bezieht sich die eigentliche Layout-Bewertung auf die an die realen Umfeldbedingungen angepasste Ideallösung[Gru06, S. 97]. Die Materialflussprozesse bilden aufgrund deren Dominanz an den Produktionsselbstkosten den Primärfaktor in der Struktur- bzw. Layout-Bewertung[Gru06, S. 98]. Der Materialfluss wird dabei nach VDI-Richtlinie 3300 definiert als „Verkettung aller Vorgänge beim Gewinnen, Be - und Verarbeiten sowie bei der der Verteilung von stofflichen Gütern innerhalb festgelegter Bereiche. “ [VDI3300] Die Materialflussanalyse als Grundlage für die Layout-Bewertung erfasst somit zum einen die räumliche Komponente des Materialflusses, d.h. die räumliche Anordnung der durch den Materialfluss anzulaufenden technischen Ressourcen. Zum anderen sind die aus der jeweils abgeleiteten Fertigungsfolge resultierenden Materialflussbeziehungen zu berücksichtigen. Diese Materialflussbeziehungen unterteilen sich einerseits in technologisch bedingte, qualitative Merkmale(Fluss vorhanden/nicht vorhanden, Flussrichtung) sowie durch das geplante Produktionsvolumen bestimmte quantitative Merkmale(Mate- Problemanalyse Seite 37 rialflussmenge pro Zeitraum, Materialflussintensität zwischen Ressourcen)[Gru06, S. 103]. 2.4.1.4 Durchlaufzeit und Bestände N YHUIS und W IENDAHL differenziert für die Durchlaufzeit zwischen Produktionsaufträgen sowie einzelnen Arbeitsvorgängen. Produktionsvorgänge bestehen demnach aus mehreren sequenziellen Teilaufträgen, z.B. Fertigung- und Montageaufträge. Jeder Auftrag besteht wiederum aus einzelnen Arbeitsvorgängen. Die Durchlaufzeit für einen Produktionsauftrag ergibt sich somit aus der Zeitdifferenz zwischen Beginn der Bearbeitung des ersten Arbeitsvorgangs bis zum Abschluss des letzten Arbeitsvorgangs [NW10, S. 21]. Die Durchlaufzeit eines einzelnen Arbeitsvorgangs definieren N YHUIS und W IENDAHL als: „Zeitspanne[…], die ein Auftrag von der Beendigung des vorhergehenden Arbeitsvorganges bzw. vom Einstoßzeitpunkt des Auftrages (beim ersten Arbeitsvorgang) bis zum Bearbeitungsende des betrachteten Arbeitsvorganges selbst benötigt .“ [NW10, S. 21] Diese Zusammensetzung der Durchlaufzeit ist in Bild 2-13 beispielhaft dargestellt. a) Produktionsauftrag ba))APrrboedituskvtoiorngsaanugftrag Legende TBEV TRA TBE Bearbeitungsende Vorgänger Rüstanfang Bearbeitungsende ZDL ZUE ZDF Durchlaufzeit Übergangszeit Durchführungszeit Bild 2-13: Bestandteile der Durchlaufzeit für Produktionsaufträge(a) sowie Arbeitsvorgänge(b)[NW10, S. 22] Seite 38 Kapitel 2 Aus der Definition und Darstellung in Bild 2-13 folgt nach N YHUIS und W IENDAHL , dass Transport- und Liegezeiten dem betrachteten Arbeitsvorgang zugeordnet werden. Für Arbeitsvorgang 3(AVG 3) ergibt sich die Durchlaufzeit ZDL somit zum einen aus den vorgelagerten Transport- und Liegezeiten, die als Übergangszeit ZUE zusammengefasst werden. Weiterhin kommen zur Durchlaufzeit ZDL noch die eigentlichen Rüstund Bearbeitungszeiten hinzu, die als Durchführungszeit ZDF zusammengefasst werden [NW10, S. 22f.]. Die Bestände in einem Produktionssystem ergeben sich aus den Produktionsaufträgen, die im System in Bearbeitung, aber noch nicht abgeschlossen sind[Wie97, S. 91]. Die Bestandsbewertung des Produktionssystems ermöglicht die Analyse der jeweils gebundenen Kapitalkosten sowie der für die Bestandshaltung benötigten Flächenkosten [Löd08, S. 33]. Sie bildet somit den Übergang von der Leistungsbewertung zur Wirtschaftlichkeitsbewertung. Darüber hinaus besteht ein enger Zusammenhang zwischen den Bewertungsgrößen Durchlaufzeit und Bestand, die sich jeweils gleichläufig verhalten. Hohe Bestände dienen zum Ausgleich von nicht optimal abgestimmten Prozessen, verlängern aber die Durchlaufzeit der einzelnen Aufträge. Umgekehrt ermöglicht eine Prozessharmonisierung die Senkung von Beständen[Löd08, S. 34]. 2.4.1.5 Produktivität Die Produktivität eines Systems ergibt sich allgemein als Quotient von Output-Faktoren zu Input-Faktoren und wird zur Leistungsbewertung auf unterschiedlichen Konkretisierungsebenen verwendet. So kann beispielsweise eine Materialproduktivität als Verhältnis von Ausbringungsmenge zu eingesetzter Menge eines Faktors berechnet werden oder die zeitliche Produktivität als Verhältnis von Arbeitszeit zur verfügbaren Gesamtzeit[Neb07, S. 18ff.]. In der betrieblichen Praxis hat sich aufgrund der Vielzahl möglicher Produktivitätsindikatoren die Gesamtanlageneffektivität, engl. Overall Equipment Effectiveness(OEE), als konsolidierte Kennzahl zur Erfassung von Produktivitätsverlusten etabliert. Sie fasst grundlegend die Produktivitätsparameter Verfügbarkeit, Leistung und Qualität zusammen und drückt alle Verluste aus, die mit diesen Parametern erfasst werden können [MK08, S. 246f.]:  Verluste der Verfügbarkeit geben den Zeitraum an, in dem das Produktionssystem zur Verfügung stand, jedoch keine Produkte hergestellt wurden. Diese können durch Störungen, d.h. technisch bedingte Ausfälle, als auch durch Wartezeiten, d.h. prozessbedingte Stillstände wie beim Umrüsten und durch Linienbeschränkungen entstehen[MK08, S. 246f.].  Verluste der Leistung eines Produktionssystems in Bezug auf die erbrachte Produktionsmenge gegenüber der maximal möglichen Menge entstehen durch Pha- Problemanalyse Seite 39 sen verringerter Produktionsgeschwindigkeit bis hin zum kurzzeitigen Stillstand. Die Unterschreitung der zur Verfügung stehenden Produktionskapazität bzw. Nennleistung dient dabei häufig zur Vermeidung von Verlusten der anderen Produktivitätsparameter Leistung(z.B. weniger Reparaturen) und Qualität(z.B. weniger Nacharbeit)[MK08, S. 246f.].  Verluste der Qualität sind dann zu verzeichnen, wenn die fertig gestellten Produkte nicht den definierten Qualitätsanforderungen entsprechen. Unabhängig davon ob die Produkte direkt als Ausschuss eingestuft werden oder die Qualitätsanforderungen noch durch Nacharbeit eingehalten werden können, schränken alle Abweichungen von der Produktspezifikation die Gesamtanlageneffektivität ein[MK08, S. 246f.]. Die Kennzahl OEE ergibt sich als Produkt der drei genannten Produktivitätsparameter Verfügbarkeit, Leistung und Qualität. Die Werte der einzelnen Parameter ergeben sich aus dem Quotient von theoretisch möglichem Soll-Wert zum tatsächlich erzielten IstWert. Je näher der Quotient am theoretischen Optimum von eins liegt, desto produktiver ist das System[MK08, S. 248]. Obwohl das zugrundeliegende Berechnungsprinzip der OEE zunächst zur Produktivitätserfassung von Einzelmaschinen entwickelt wurde, haben u.a. C ESAROTTI ET AL . dessen Übertragbarkeit auf komplexere Produktionssysteme nachgewiesen. Mit Berücksichtigung der Verlustfortpflanzung in verketteten Produktionsanlagen kann die OEE auch zur Analyse der Systemproduktivität während der Entwicklung genutzt werden [CGI13, S. 77]. 2.4.1.6 Flexibilität und Wandlungsfähigkeit Moderne Produktionssysteme unterliegen einem zunehmenden Veränderungsdruck im Laufe ihrer Betriebszeit. Aufgrund kürzer werdender Produktlebenszyklen und wechselnder Kundenanforderungen müssen Produktionssysteme von vornherein so entwickelt werden, dass Prozesse und Strukturen schnell an neue Bedingungen angepasst werden können. In diesem Zusammenhang sind grundsätzlich die Begriffe Flexibilität und Wandlungsfähigkeit zu differenzieren. Flexibilität ist nach S CHENK und W IRTH die „Fähigkeit[…], den notwendigen funktionalen, dimensionalen und strukturellen Anforderungen in den Betrachtungsebenen Prozess, Ressourcen, Produktions-, Gebäude- und Fabriksystem zu entsprechen. “ [SW04, S. 10] Nach R OGALSKI ist die Flexibilität von Produktionssystemen in den genannten Betrachtungsebenen in Bezug auf drei Flexibilitätsmetriken Mengenflexibilität, Mixflexibilität und Erweiterungsflexibilität zu bewerten: Seite 40 Kapitel 2  Die Mengenflexibilität gibt an, „in welchem Umfang kurzfristige, mengenbezogene Nachfrageschwankungen durch das betrachtete Produktionssystem abgefangen werden können, ohne dass dadurch ein betriebswirtschaftliches Defizit entsteht oder umfassende Erweiterungen am System erforderlich sind.“ [Rog09, S. 40]  Die Mixflexibilität gibt an, „inwieweit die Zusammensetzung des Produkt-/ Variantenmixes variieren kann, ohne dass sich dies negativ auf den systemoptimalen Produktionsgewinn auswirkt.“ [Rog09, S. 40f.]  Die Erweiterungsflexibilität gibt die Fähigkeit des Produktionssystems an, „Anpassungen an ein dauerhaft gestiegenes Nachfrageniveau über die eigentliche, kurzfristig erreichbare Kapazitätsgrenze hinaus zu ermöglichen. “ [Rog09, S. 41] Im Unterschied dazu definiert sich die Wandlungsfähigkeit nach S CHENK und W IRTH als „ Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit über die Phasen der Fabriklebenszyklen sowie aller Elemente der Fabrik an veränderte Anforderungen. “ [SW04, S. 9] Eine Bewertung der Wandlungsfähigkeit von Produktionssystemen erfolgt über die Wandlungsbefähiger Universalität, Mobilität, Skalierbarkeit, Modularität und Kompatibilität[HRW08, S. 26f.]:  Die Universalität gibt an, inwiefern das Produktionssystem geeignet ist, veränderte Anforderungen in Bezug auf Produkt und Technologie zu erfüllen [HRW08, S. 26f.].  Die Mobilität beschreibt den Grad der Einschränkung bei der räumlichen Anordnung von Ressourcen im Layout bzw. im Versorgungsnetzwerk[HRW08, S. 26f.].  Die Skalierbarkeit misst die Erweiterungs- bzw. Reduktionsfähigkeit des Produktionssystems in Bezug auf Ressourcen und Layout[HRW08, S. 26f.].  Die Modularität gibt an, in welchem Maß standardisierte Elemente im Produktionssystem ausgetauscht bzw. gewechselt werden können[HRW08, S. 26f.].  Die Kompatibilität beschreibt den Grad der Vernetzungsfähigkeit von Elementen im Produktionssystem in Bezug auf Stoff-, Energie- und Informationsflüsse [HRW08, S. 26f.]. Die genannten Definitionen der Flexibilität und Wandlungsfähigkeit stehen stellvertretend für eine Reihe ähnlicher Formulierungen in der wissenschaftlichen Literatur. Grundsätzlich bezeichnet die Flexibilität demnach die Eigenschaft von Produktionssys- Problemanalyse Seite 41 temen, sich in einem bei der Entwicklung vordefinierten Flexibilitätskorridor an geänderte Rahmenbedingungen anzupassen. Die Wandlungsfähigkeit stellt demgegenüber eine Fähigkeit des Systems dar, sich auch an solche Änderungen anpassen zu können, die bei der Entwicklung noch nicht berücksichtigt wurden. 2.4.2 Bewertung von Kosten und Wirtschaftlichkeit Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit von Produktionssystemkonzepten stellt eine notwendige Voraussetzung für die Investitionsentscheidung dar. Darüber hinaus gilt die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit eines Konzepts gegenüber einem anderen im Allgemeinen als wichtigstes Entscheidungskriterium für die Auswahl bzw. den Ausschluss aus der Entscheidungsfindung. Speziell bei Produktionssystemen ist die Kostenbewertung wesentliche Grundlage für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit, da die Erträge durch das Produktionssystem nur indirekt beeinflusst werden können. Das Ziel der Wirtschaftlichkeitsbewertung von Produktionssystemkonzepten besteht somit darin, die Charakteristika der einzelnen Produktionssystemkonzepte in Bezug auf technische Aspekte im Speziellen und Leistungsaspekte im Allgemeinen in monetäre Einflussfaktoren zu überführen. Dazu werden im Folgenden drei verschiedene Herangehensweisen vorgestellt, die Kostenvergleichsrechnung der Produktionsstückkosten, die Lebenszykluskosten sowie die Bewertung der Wirtschaftlichkeit über die Investitionsrechnung. 2.4.2.1 Produktionsstückkosten Nach W ARNECKE ET AL . sind die verschiedenen Arten der Kostenvergleichsrechnung hinsichtlich ihrer Strukturen sowie Systeme in Bezug auf Zeit und Betrachtungsumfang zu unterscheiden[War96, S. 38]. Da in der frühen Phase der Produktentstehung lediglich das erwartete Marktvolumen, kaum aber periodengenaue Kosten bekannt sind, ist ein kostenstrukturbezogener Bezug im Vergleich zu einem zeitlichen Bezugssystem vorteilhaft. Nach C OENENBERG ist die Kostenträgerstückrechnung zu verwenden, wenn die Kosten zur Herstellung eines einzelnen Auftrags bzw. Produkts als Maßstab des Kostenvergleichs verwendet werden[Coe03, S. 73ff.]. In diesem Zusammenhang werden die Methoden der Maschinenstundensatzrechnung, der differenzierenden Zuschlagskalkulation sowie der Platzkostenrechnung unterschieden[EKL03, S. 434]. Nach M ÜLLER haben sich diese Methoden der Kostenträgerstückrechnung bzw. Kostenkalkulation zur entwicklungs- und planungsbegleitenden Bewertung von alternativen Produktionssystemen etabliert[Mül08, S. 50]. Während bei der Platzkostenrechnung die Fertigungskosten für jeden Arbeitsplatz in Bezug auf die Produktionszeit ausgewiesen werden, schlüsseln Maschinenstundensatzrechnung sowie differenzierende Zuschlagskalkulation die Fertigungskosten in Fertigungslohnkosten sowie Fertigungsgemeinkosten auf. Die differenzierende Zu- Seite 42 Kapitel 2 schlagskalkulation unterteilt die Fertigungsgemeinkosten über variable Zuschläge. Bei der Maschinenstundensatzrechnung werden die Fertigungsgemeinkosten auf Basis der Maschinenstunden berechnet, die dann mit den kalkulatorischen Zinsen und Abschreibungen sowie Energie-, Raum und Instandhaltungskosten gewichtet werden[Mül08, S. 49]. In Bild 2-14 sind die beiden letztgenannten Verfahren vergleichend gegenübergestellt. Herstellungskosten Verrechnung als %-Zuschlag Maschinenkosten Fertigungskosten Differenzierte Zuschlagskalkulation Materialeinzelkosten Materialgemeinkosten Fertigungslohn Fertigungsgemeinkosten Kalkulation mit Maschinenstundensätzen Materialeinzelkosten Materialgemeinkosten Fertigungslohn Kalkulatorische Abschreibungen Kalk. Zinsen Raumkosten Energiekosten Instandhaltungskosten Restfertigungs-Gmk. Ziel: Verursachungsgerechte Kostenzuordnung zum Auftrag Führungskräfte Kapitalbindungskosten Umlaufbestand Abschlusskosten Büro-, Wegflächen Bild 2-14: Struktur und Bestandteile der Kostenkalkulation[Nie07, S. 44] Ziel der Verfahren ist die Zuordnung der entsprechenden Kosten zu jedem Fertigungsauftrag in einer definierten Planperiode. Verfahrensimmanent setzen beide Kalkulationsmethoden eine vollständige Auslastung des Produktionssystems voraus, um die Herstellungs- bzw. Fertigungskosten miteinander vergleichen zu können. Wenn das Produktionssystem nicht vollständig ausgelastet ist, ergibt sich ein höherer Stundensatz für den gleichen Prozess. 2.4.2.2 Lebenszykluskosten Lebenszyklusorientierte Verfahren der Kostenrechnung stellen die Annahme von betriebsphasenspezifischen Kosten des Produktionssystems in den Mittelpunkt der Betrachtung. Gegenüber den Verfahren der Kostenträgerstückrechnung liegt somit nicht eine Referenzperiode für die Bestimmung der Fertigungsstückkosten zugrunde, sondern explizit der gesamte Lebenszyklus von Anlagenplanung und-investition bis zur Liquidation. Grundlage für die Lebenszykluskostenrechnung(engl. Life-Cycle-Costing bzw. LCC) ist die Identifikation der für das Produktionssystem relevanten Lebensphasen. In der einfachsten Form der Lebenszyklusrechnung werden die drei Phasen Anschaffung, Be- Problemanalyse Seite 43 trieb und Instandhaltung sowie Entsorgung unterschieden[Nie07, S. 52]. Für jede der drei Phasen ist ein individuelles Kostenprofil zu ermitteln. Das Kostenprofil gibt an, wie sich die Kosten in Relation zur Bezugsgröße des Lebenszyklus entwickeln, z.B. in Bezug auf die Betriebszeit oder die kumulierte Produktionsmenge. Zu differenzieren ist der unternehmensbezogene Lebenszyklus für das Produktionssystem vom kunden- und unternehmensbezogenen Produktlebenszyklus, wobei eine gewisse Abhängigkeit besteht. Während sich der kundenbezogene Produktlebenszyklus für jeden Kunden individuell zwischen Anschaffung und Entsorgung eines Produkts aufspannt, ist der unternehmensbezogene Produktlebenszyklus vor allem auf die kumulierte Nachfrage über alle Kunden bezogen. Nach Einführung und Marktwachstum folgt einer gewissen Phase der Reife schließlich der Rückgang vom Markt. Der Lebenszyklus von Produktionssystemen kann sich prinzipiell unabhängig davon entwickeln, indem z.B. das Produktionssystem äquivalent für ein Nachfolgeprodukt genutzt wird oder das Produktionssystem während des Marktlebenszyklus verändert wird. Da sich diese Arbeit in die integrative Entwicklung von Produkt und Produktionssystem einordnet, wird jedoch davon ausgegangen, dass mit einer Veränderung von Produkt oder Produktionssystem ein neuer Lebenszyklus für das resultierende Gesamtsystem beginnt. Diese Annahme entspricht auch den Ansätzen von N IESTADTKÖTTER (vgl.[Nie01]) und VON DER O STEN -S ACKEN (vgl.[Ost99]). Die verschiedenen Ansätze der LCC unterscheiden sich neben dem Rahmen der Lebenszyklen auch in Bezug auf die Betrachtung von Gewinnen im Lebenszyklus. Während auf der einen Seite im engeren Sinne des Begriffs lediglich der Kostenvergleich über den Lebenszyklus betrachtet wird(vgl.[Nie07]), verfolgen andere Ansätze einen umfassenderen Einbezug von Kosten und Gewinn in die Lebenszyklusrechnung(vgl. [Möl08],[Poh14]). Ein Beispiel für eines der letztgenannten, integrierten Lebenszykluskonzepte ist in Bild 2-15 dargestellt. Im Konzept ist ein umfassender Produktlebenszyklus aus Unternehmenssicht dargestellt, der auch die Produktentstehungsphasen vor Markteintritt beinhaltet. Das Konzept ist insofern auch konsistent mit dem Produktlebenszyklus nach G AUSEMEIER und W IENDAHL (siehe Kapitel 2.1) bzw. dem 3-ZyklenModell nach G AUSEMEIER [GW11, S. 14],[GP14, S. 26]. Seite 44 1 2 Kapitel 2 34 5 12 45 3 Bild 2-15: Integriertes Lebenszykluskonzept([Poh14, S. 20], in Anlehnung an[FO06]) Zur Umsetzung eines integrierten Lebenszykluskonzepts ist eine einfache Summierung von Kosten und Gewinnen nicht mehr ausreichend. In diesem Rahmen werden u.a. auch Methoden der Investitionsrechnung verwendet, um eine detaillierte Zuordnung der Zahlungsströme zu den Zeitperioden zu ermöglichen. Die Grundlagen dieser Verfahren werden im nächsten Abschnitt analysiert. 2.4.2.3 Wirtschaftlichkeit Die Investitionsrechnung abstrahiert von einem festgelegten Betrachtungszeitraum wie dem Lebenszyklus und bewertet explizit die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit von Alternativen in Bezug auf einen definierten Nutzungszeitraum. Im Unterschied zu der bis auf Fertigungsauftragsebene detaillierten Kostenvergleichsrechnung wird mit den Methoden der Investitionsrechnung der auf einen festen Zeitpunkt normierte Barwert von Investitionsalternativen ermittelt[WD13, S. 490ff.]. Verschiedene Produktionssysteme werden als Investitionsalternativen somit über die tatsächlichen und erwarteten Zahlungsströme im betrachteten Planungshorizont differenziert. Der Detaillierungsgrad kann dafür je nach erforderlicher Genauigkeit über die Periodendauer bzw.-granularität variiert werden. Grundsätzlich werden die Verfahren der Investitionsrechnung in statisch und dynamisch unterschieden, je nachdem ob der zeitliche Abstand der Zahlungsströme innerhalb des Planungshorizontes berücksichtigt wird(dynamisch) oder nicht(statisch) [Nie07, S. 49ff.]. Die bekanntesten Verfahren der Investitionsrechnung basieren auf dem Kapitalwert, der internen Verzinsung sowie der Amortisationsdauer: Problemanalyse Seite 45  Die Berechnung des Kapitalwertes ergibt den monetären Wert einer Investitionsalternative an einem festgelegten Zeitpunkt(normalerweise der Entscheidungszeitpunkt) unter Berücksichtigung aller Einnahmen und Ausgaben über den Planungszeitraum. Während eine statische Überschussrechnung von den konkreten Zeitpunkten der Zahlungsströme unabhängig ist, werden beim dynamischen Kapitalwert Zinseffekte berücksichtigt. Somit wirken sich Ausgaben umso positiver im Kapitalwert aus, je später sie innerhalb des Planungszeitraums anfallen. Umgekehrt wirken sich Einnahmen umso positiver auf den Kapitalwert aus, je früher sie im Planungszeitraum eingenommen werden. Das Ergebnis des dynamischen Kapitalwerts drückt somit die Differenz der Investitionsalternative zur Verzinsung am Kapitalmarkt aus. Eine absolute finanzielle Vorteilhaftigkeit liegt somit dann vor, wenn der Kapitalwert größer Null ist.[WD13, S. 493f.]  Der interne Zinssatz drückt die Rate aus, mit der das eingesetzte Kapital durch die Investitionsalternative vermehrt wird. Das dynamische Berechnungsverfahren erfolgt dabei analog zum Kapitalwert, jedoch mit dem internen Zinssatz als variabler Größe. Das Ergebnis ermöglicht einen direkten Vergleich der prozentualen Vorteilhaftigkeit der Investitionsalternative gegenüber anderen Alternativen oder der Kapitalmarktverzinsung.[WD13, S. 498f.]  Die Amortisationsdauer gibt an, nach welchem Zeitraum die Einnahmen aus der Investition die anfänglichen Ausgaben kompensiert haben. Der statische Ansatz dient somit neben der Einschätzung der wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit auch als Maß für das Risiko der Investitionsalternativen. Je länger die Amortisationsdauer, desto höher die Unsicherheit der Alternative.[WD13, S. 485f.] Die Verfahren der Investitionsrechnung ermöglichen eine detaillierte Ermittlung der wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit von Produktionssystemalternativen. Die wesentliche Herausforderung besteht in der Ermittlung der periodenweisen Zahlungsströme. Während die Anschaffungskosten vergleichsweise sicher bestimmt werden können, wird die Prognose der Zahlungsströme mit zunehmenden Planungshorizont ungenauer. Unsicherheitsfaktoren wie Preisentwicklung am Markt bzw. Zahlungsbereitschaft der Kunden können nur in einem sehr breiten Konfidenzintervall angegeben werden. Dennoch werden die Methoden in der Praxis aufgrund der schnell nachvollziehbaren Berechnung sowie der leicht verständlichen Aussagekraft der Ergebnisse häufig eingesetzt. Einordnung der Arbeit: Die entwicklungsbegleitende Bewertung von Produktionssystemkonzepten muss sowohl eine technische als auch eine leistungsbezogene und ökonomische Bewertungsdimension ermöglichen. Während zu Beginn der Konzipierung insbesondere die technische Konsistenz und Wechselwirkungen im Vordergrund der Bewertung stehen, wird mit zunehmendem Reifegrad von den konkreten Ausprägungen des Produktionssystems hin zu den konsolidierten Leistungs- und Wirtschaftlichkeitsparametern abstrahiert. Die Bewertungsdimensionen sind daher mit den Reifegraden der Produktionssystemkonzipierung zu verzahnen. Seite 46 Kapitel 2 2.5 Anforderungen an die Methodik In der Problemanalyse wurden die für die vorliegende Methodik maßgeblichen Rahmenbedingungen untersucht und die daraus resultierenden Anforderungen für eine entwicklungsbegleitende Bewertung von Produktionssystemen in der frühen Entwicklungsphase abgeleitet. Zusammengefasst ergeben sich aus der Problemanalyse die folgenden zentralen Anforderungen: 1) Einordnung in die Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme In Hinblick auf die integrative Gestaltung von Produkt und Produktionssystem soll sich die Bewertungsmethodik in die bestehende Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme eingliedern, die durch das 3-Zyklen-Modell nach G AUSEMEIER ET AL . sowie der Methodik nach VDI 2206 im Allgemeinen und der Systematik nach N ORDSIEK im Speziellen vorgegeben ist(siehe Abschnitte 2.1 und 2.2). Dabei ist insbesondere der integrative Charakter des Entwicklungsprozesses für Produkt und Produktionssystem zu berücksichtigen, der eine kontinuierliche Verringerung eines anfänglich sehr großen Lösungsraumes sowie ein iteratives Vorgehen impliziert. 2) Fokus auf die frühe Phase der Produktionssystementwicklung Der Schwerpunkt der Methodik soll auf der Phase der Produktionssystemkonzipierung liegen. Da die Abgrenzung zur Phase Planung und Ausarbeitung in der Literatur nicht eindeutig bestimmt ist, soll der Übergangsbereich mit betrachtet werden(siehe Abschnitt 2.3). Dieser Betrachtungsfokus wird im Folgenden allgemein als frühe Phase der Produktionssystementwicklung bezeichnet. Charakteristisch für diese Phase ist die Entscheidung unter Unsicherheit bzw. mit unvollständiger Informationsbasis im Vergleich zur Bewertung bestehender Produktionssysteme. In der Fabrikplanung korrespondiert diese Phase mit den Planungsfällen Neuplanung bzw. Re-Engineering. 3) Durchgängige Entwicklungsbegleitung in der frühen Phase Aufgrund der unvollständigen Informationsbasis in der frühen Phase und dem iterativen Vorgehen im Entwicklungsprozess ist eine regelmäßige Bewertung der zur Verfügung stehenden Produktionssystemalternativen erforderlich. Die Methodik soll dieses Vorgehen durch eine kontinuierliche Entwicklungsbegleitung unterstützen. Dabei ist insbesondere der steigende Reifegrad zu berücksichtigen, der durch das V-Modell im Rahmen der VDI 2206 vorgesehen ist(siehe Abschnitt 2.2.2). Dennoch soll eine Bewertung nicht nur an festgelegten Meilensteinen sondern jederzeit im Entwicklungsprozess möglich sein. 4) Ganzheitliche Bewertung der Produktionssystemkonzepte Die Bewertungsmethodik soll aufgrund der unvollständigen Informationsbasis in der frühen Phase nicht nur eine spezifische Bewertungsdimension umfassen. Problemanalyse Seite 47 Vielmehr muss der im Rahmen der Konzipierung stetig anwachsenden Informationsdichte Rechnung getragen werden, indem sowohl technische als auch leistungsbezogene und ökonomische Bewertungsdimensionen berücksichtigt werden(siehe Abschnitt 2.4). Die Bewertung jeder Leistungsdimension muss in Abhängigkeit vom jeweiligen Reifegrad der Produktionssystementwicklung erfolgen. 5) Bewertung auf Basis formaler und semiformaler Systemspezifikationen Grundlage für eine durchgängige Bewertung in der frühen Phase des Produktentstehungsprozesses ist eine einheitliche Spezifikation der Produktionssystemkonzepte. Die Spezifikation muss dabei eine formale Syntax aufweisen, um einen gewissen Automatisierungsgrad der Bewertung zu ermöglichen. Gleichzeitig muss auch eine semiformale Beschreibung der Produktionssystemkonzepte möglich sein, um der Unsicherheit in der frühen Phase Rechnung zu tragen. Zu diesem Zweck soll die Spezifikationstechnik CONSENS angewendet und erweitert werden(siehe Abschnitt 2.2.3). Das Prinzip soll dabei übertragbar auf andere semiformale Spezifikationssprachen bleiben, so wie beispielsweise die SysML. 6) Bewertung qualitativ und quantitativ spezifizierter Parameter Zur Erhöhung der Aussagekraft der Bewertungsergebnisse sollen die alternativen Produktionssystemkonzepte auf quantitativ normierten Bewertungsskalen miteinander verglichen werden. Dazu ist es erforderlich, alle nicht quantitativ erfassten bzw. erfassbaren Parameter auf einen Zahlenwert zu normieren. Im Rahmen der Bewertungsmethodik sollen diese qualitativen Parameter bei der Bewertung berücksichtigt werden, da sie bedingt durch die Unsicherheit in der frühen Phase einen wesentlichen Anteil der Spezifikation einnehmen. 7) Kompatibilität zu bestehenden IT-Tools und-Prozessen in der Unternehmenspraxis Um die Einsatzfähigkeit der Bewertungsmethodik in der Unternehmenspraxis zu gewährleisten, ist eine nahtlose Integration in die bestehenden Informations- und Bewertungsprozesse erforderlich. Daher ist der aus der Methodik resultierende Aufwand der Informationsverarbeitung zu berücksichtigen, um die für eine Software-Implementierung und-Ausführung erforderlichen Ressourcen auf ein notwendiges Minimum zu begrenzen. Stand der Technik Seite 49 3 Stand der Technik In der Problemanalyse wurden die Rahmenbedingungen für eine Methode zur Bewertung von Produktionssystemkonzepten in der frühen Phase des Produktentstehungsprozesses dargelegt. Im folgenden Kapitel werden bereits bestehende Ansätze zur Analyse und Bewertung von Produktionssystemkonzepten vorgestellt und hinsichtlich ihrer Eignung für die im Abschnitt 2.5 definierten Anforderungen an die Methodik untersucht. Dazu folgt zunächst ein Überblick von Ansätzen zur Strukturierung des Produktentstehungsprozesses mittels Reifegraden. Anschließend werden anwendungsspezifische sowie multikriterielle Methoden zur Bewertung von Produktionssystemkonzepten vorgestellt, um diese in den Kontext der zu entwickelnden Methodik einzuordnen. 3.1 Reifegradmanagement für Produktionssysteme Grundlage für die kontinuierliche Bewertung von Produktionssystemkonzepten ist ein durchgängiger Bezugsrahmen für den jeweiligen Reifegrad. Dazu werden in diesem Abschnitt Reifegradmodelle vorgestellt und hinsichtlich ihrer Eignung in der frühen Phase beurteilt. 3.1.1 Software Process Improvement and Capability Determination (SPICE) Das im Rahmen der ISO/IEC 15504-5 veröffentlichte Reifegradmodell Software Process Improvement and Capability Determination(SPICE) wurde ursprünglich für die Softwareentwicklung definiert. Inzwischen hat sich das SPICE-Modell jedoch darüber hinaus für die allgemeine Beschreibung des Reifegrads von Prozessen etabliert, so beispielsweise auch für Geschäftsprozesse. Grundlage ist die Bewertung der Prozesse anhand definierter Kriterien, um daraus einen Reifegrad zwischen null und fünf ableiten zu können. Eine Übersicht der sechs resultierenden Reifegradstufen sowie ihrer Voraussetzungen ist in Bild 3-1 dargestellt. Je höher der Reifegrad eines Prozesses nach diesem Schema eingeordnet wird, desto höher sind die Prozessfähigkeiten ausgeprägt [Uyg12, S. 48]. Die Reifegrade des SPICE-Modells ähneln im Ansatz dem ebenfalls in der Industrie verbreiteten CMMI( Capability Maturity Model Integration). Der Fokus von CMMI liegt jedoch auf den Referenzmodellen zur Prozessgestaltung in verschiedenen Anwendungsgebieten, so dass das enthaltene Reifegradmodell nur einen Teilaspekt des CMMI bildet. Im Ergebnis trifft der resultierende Reifegrad nach CMMI eine Aussage über das gesamte Unternehmen. Im Vergleich dazu liegt die Grundausrichtung des SPICEModells stärker auf der Messung und Erhöhung des Reifegrads von einzelnen (Teil-)Prozesse des Unternehmens[Alt12, S. 87]. Seite 50 Kapitel 3 Bild 3-1: SPICE-Reifegradmodell nach ISO/IEC 15504[And14-ol] Zur Einordnung eines Prozesses ist ein strukturiertes Prozess-Assessment durchzuführen, für das die für den Reifegrad maßgeblichen Prozessattribute festgelegt werden. Im Rahmen des Prozess-Assessments wird jedes Prozessattribut anhand des in Tabelle 3-1 dargestellten NPLF-Schemas eingeordnet. Die prozentuale Angabe korrespondiert dabei mit der textuellen Bewertung und erleichtert die Einordnung der Prozessattribute. Tabelle 3-1: NPLF-Schema zur Bewertung von Prozessattributen nach W AGNER und D ÜRR [WD08] Stufe N P L F Erfüllungsgrad Bewertung 0 – 15% N ot achieved 16 – 50% P artially achieved 51 – 85% L argely achieved 86 – 100% F ully achieved Beschreibung Es gibt keinen Nachweis für die Erreichung eines definierten Prozessattributes. Es gibt einen Teilnachweis für die Erreichung eines definierten Prozessattributes. Es gibt einen signifikanten Nachweis für die Erreichung eines definierten Prozessattributes. Es gibt einen vollständigen Nachweis für die Erreichung eines definierten Prozessattributes. Stand der Technik Seite 51 Um eine höhere Stufe zu erreichen, müssen alle Prozessattribute mit der Stufe F bewertet sein. Um eine Stufe beizubehalten, müssen alle Prozessattribute mindestens die Stufe L erfüllen. Das SPICE-Reifegradmodell trägt somit durch Standardisierung zur Transparenz der Unternehmensprozesse bei und hilft bei der Priorisierung von Prozessentwicklungsmaßnahmen durch eine Bewertung der Prozessleistungsfähigkeit[Hör06, S. 222]. Beurteilung: Wesentlicher Einsatzbereich des SPICE-Reifegradmodells sind Unternehmen mit bestehenden Prozessen, die gezielt Potentiale identifizieren und Maßnahmen ableiten möchten. Somit würde jedes Konzept eines Produktionssystems in der frühen Entwicklungsphase stets mit dem niedrigstmöglichen Reifegrad bewertet werden. Weitere Anhaltspunkte zur Differenzierung des Reifegrads zwischen verschiedenen Entwicklungsphasen lassen sich nicht ableiten. Weiterhin bezieht sich die Bewertung des Reifegrades ausschließlich auf die Prozessreife der Produktionssysteme. Andere Aspekte im Sinne der im Abschnitt 2.2 vorgestellten Integrativen Betrachtung des Produktionssystems werden nicht berücksichtigt. 3.1.2 Systematik zur Reifegradbewertung nach B ENSIEK Die von B ENSIEK erarbeitete Systematik zur Reifegradbewertung richtet sich primär an mittelständische Unternehmen, für die ein formales Reifegradmodell wie beispielsweise SPICE zu aufwändig in der Umsetzung ist. Die Systematik unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung und Implementierung eines individuellen Reifegradmodells zur Leistungsbewertung und-steigerung[Ben13, S. 133f.]. Grundlage für die Leistungsbewertung ist die Abgrenzung des Betrachtungsumfangs in Themengebieten mitsamt ihrer Handlungselemente als Leistungsindikatoren. Leistungsstufen definieren die Skala bzw. die Antwortmöglichkeiten für die Handlungselemente und repräsentieren jeweils einen entsprechenden Reifegrad[Ben13, S. 80f.]. Um auf Basis des ermittelten Ist-Reifegrades die notwendigen Maßnahmen zur Leistungssteigerung ableiten zu können, ist eine genaue Definition des Zielreifegrades erforderlich. Dazu sind über sog. Einflussbereiche die auf das Unternehmen wirkenden Einflüsse wie Produkt und Umfeld zu erfassen und in Form von Fragestellungen zu konkretisieren. Der Zielreifegrad ergibt sich anschließend aus den gewählten Ausprägungen der Einflüsse, die sowohl aus einer Entweder-Oder-Auswahl als auch aus einer Mehrfachauswahl bestehen können[Ben13, S. 81f.]. Aus dem Abgleich von Ist-Reifegrad und Zielreifegrad ergeben sich die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung. Die resultierenden Maßnahmen sind dabei widerspruchsfrei in einer Strategie zu integrieren und hinsichtlich ihrer strategischen Bedeutung zu priorisieren[Ben13, S. 82]. Beurteilung: Das Reifegradmodell nach B ENSIEK ermöglicht durch die individuelle Abgrenzung des Betrachtungsumfangs eine umfangreiche Reifegradbewertung von Seite 52 Kapitel 3 Produktionssystemen. Da es sich um eine allgemeine Systematik zur individuellen Reifegradbewertung handelt, werden keine allgemeingültigen Reifegradstufen vorgegeben. Insbesondere in der frühen Entwicklungsphase ist jedoch häufig noch keine genaue Ableitung der erforderlichen Reifegradstufen-Skala möglich. Somit können die erforderlichen Maßnahmen erst mit steigendem Reifegrad hinreichend konkret abgeleitet werden. 3.1.3 Reifegradmodell nach A NKELE ET AL . und B AUMGÄRTNER Die Reifegradmodelle nach A NKELE ET AL . und B AUMGARTNER sind spezifisch auf die Reifegradbewertung von Produktionssystemen ausgerichtet. Unter der Reife des Produktionssystems wird in diesem Zusammenhang die zeitliche Entwicklung des Produktionssystems in Hinblick auf festgelegte Ziele verstanden[Uyg12, S. 50]. Grundlage für das Reifegradmodell nach A NKELE ET AL . ist ein vierstufiges Schema zur Einordnung der Prozesse des Produktionssystems[ASK08, S. 94]. Die vier Stufen und ihre Merkmale sind in Tabelle 3-2 dargestellt. Tabelle 3-2: Reifegradmodell für Produktionssysteme nach A NKELE ET AL . [ASK08, S. 94], zusammengefasst durch U YGUN [Uyg12, S. 51] Stufe Bewertung Beschreibung 1 Reine Improvisation Es existiert kein standardisierter Ablauf; nicht-effiziente Lösungen werden akzeptiert. Die Zuständigkeiten sind festgelegt; 2 Zuverlässige Ergebnisse Planung, Dokumentation und Controlling finden statt; benötigte Ressourcen sind vorhanden. 3 Sichere Prozesse Das Verständnis des Prozesses in allen Einzelheiten ist vorhanden. Die Prozessparameter sind definiert und hoch entwickelte Methoden und Techniken werden eingesetzt. 4 Ständige Anpassung Eine ständige Anpassung der Prozesse an neue Anforderungen findet statt und die Effizienz wird ständig verbessert, wobei neue Erkenntnisse ständig eingearbeitet werden. Die dargestellten Stufen geben den Rahmen für die Bewertung des Produktionssystems anhand der Prozessreife vor. Die Stufen sind unternehmensspezifisch durch festgelegte Kriterien zu konkretisieren, um einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die Prozesse zu erhalten. Die Festlegung der Stufenmerkmale beeinflusst somit maßgeblich die Qualität der Reifegradbewertung und erfordert einen hohen Vorbereitungsaufwand[Uyg12, S. 51]. Da die Stufenmerkmale unternehmensspezifisch ausgeprägt sind, gibt es keine genaue Vorgabe, unter welchen Bedingungen ein Stufenwechsel erfolgt. Eine höhere Stufe wird erreicht, sobald ein zufriedenstellender Reifegrad erreicht ist[ASK08, S. 94]. Stand der Technik Seite 53 Das Reifegradmodell nach B AUMGÄRTNER ist mit dem Reifegradmodell nach A NKELE ET AL . vergleichbar. Es umfasst jedoch noch die zusätzliche Reifegradstufe„Ev olutionäre Fähigkeit“, welche die dynamische Eigenschaft zur Neuentwicklung von Fähigkeiten beschreibt. Diese Eigenschaft kann nicht als definierter Prozess eingeführt werden, sondern bezieht sich auf die Fähigkeit zur Nutzung nicht vorhersehbarer Informationen für die Weiterentwicklung des Produktionssystems[Bau06, S. 117f.]. Ein weiterer Unterschied des Reifegradmodells nach B AUMGÄRTNER ist die Orientierung am Entwicklungsprozess bzw. der Produktionssystemgestaltung. Dazu wurde ein sechsstufiges Phasenmodell entwickelt, dass als Grundlage für ein zyklisches Vorgehen dient[Bau06, S. 108]. Die sechs Gestaltungsphasen sowie deren Inhalte sind in Tabelle 3-3 zusammengefasst. Tabelle 3-3: Phasenmodell der reifegradorientierten Produktionssystemgestaltung nach Baumgärtner[Bau06, S. 108] Phase 1. Initialphase 2. Systemanalyse 3. Zieldefinition 4. Systemkonfiguration 5. Systemeinführung 6. Systembetrieb Inhalt  Herbeiführen einer Management-Entscheidung  Wahl der Einführungsorganisation  Bestimmung der Aufgabenträger  Wahl des Betrachtungsbereichs  Durchführung der Analysen  Bewertung der Analyseergebnisse  Wahl der Explorationsfelder  Zielidentifikation  Festlegung der Produktionssystem-Ziele  Wahl des Konfigurationsansatzes  Systemkonfiguration(Grobplanung)  Ausgestaltung des Systems(Feinplanung)  Sequenzialisierung der Methodenimplementierung  Diffusion in der Organisation  Kommunikation und Qualifizierung  Auditierung  System-Controlling Kennzeichnend für das dargestellte Phasenmodell ist der Fokus auf eine frühe Phase der Produktionssystemgestaltung, da sich alleine die ersten drei Modellphasen auf die Entscheidung zur Einführung des Produktionssystems, das Projektmanagement sowie die Eingrenzung des Betrachtungsbereichs und Festlegung der Systemziele beziehen. Die Produktionssystemgestaltung im engeren Sinne findet in Phase vier statt und die abschließenden Phasen fünf und sechs befassen sich mit der Einführungsstrategie sowie dem laufenden Betrieb des Produktionssystems. Dabei sind ausgehend vom Implementierungsstand regelmäßige Optimierungszyklen durchzuführen, indem auf vorherige Seite 54 Kapitel 3 Phasen Bezug genommen wird und deren Ziele und Planungen mit der aktuellen Ausprägung verglichen werden. Somit schließt sich das Phasenmodell zu einem zyklischen Vorgehen für die stetige Weiterentwicklung des Produktionssystems[Bau06, S. 110]. Beurteilung: Die dargestellten Ansätze fokussieren im Vergleich zu den vorher beschriebenen Modellen stärker auf die frühe Phase der Produktionssystemgestaltung, da insbesondere im Modell nach B AUMGÄRTNER die Reifegradbeurteilung Grundlage für die weitere Entwicklung des Produktionssystems ist. Im Sinne der ganzheitlichen Betrachtung erfolgt jedoch eine Abstraktion von der technischen Entwicklungsebene, da vor allem die Prozessentwicklung im Vordergrund steht. Eine explizite Berücksichtigung der Ressourcenebene findet beispielsweise nicht statt. 3.1.4 IAO-Reifegradmodell nach K ORGE Das von K ORGE vorgestellte IAO-Reifegradmodell wurde als ein Element zur Umsetzung von Lean Management im Ganzheitlichen Produktionssystem entwickelt. Das Modell dient im ersten Schritt zur Identifikation von Prozessen im Produktionssystem, die ein hohes Verbesserungspotential bzw. Optimierungsbedarf aufweisen[Kor05, S. 32f.]. Die Reifegrade sowie deren Merkmale sind in Bild 3-2 dargestellt. Neben der Charakterisierung der Reifegrade sowie deren Merkmale werden im IAOReifegradmodell auch Methoden zur Erhöhung des Reifegrades genannt. Dazu ist jeder der vier Stufen ein spezifischer Methodensatz zugeordnet. Diese erstrecken sich von Reorganisation und Rahmenbedingungen auf Stufe 1(z.B. Mini Factories, Kulturentwicklung) über Basis-Methoden auf Stufe 2(z.B. Visualisierung, Standardisierung) sowie umfassender Methoden auf Stufe 3(z.B. Just in Time, Total Quality Management) bis hin zu Methoden des Informations- und Wissensmanagement auf Stufe 4(z.B. Benchmarking, Best-Practise-Sharing)[Kor05, S. 33]. Stand der Technik Seite 55 4. 3. 2. 1. Bild 3-2: Prozess-Reifegrade im Ganzheitlichen Produktionssystem nach K ORGE [Kor05, S. 33] Die Erhöhung des Reifegrades ist nach K ORGE im Sinne eines kontinuierlichen Vorgehens zu implementieren. Mit der Einführung von Basis-Methoden zur Verbesserung der Prozesse im Produktionssystem entstehen beispielsweise weitere Ansatzpunkte, um den Reifegrad des Systems durch Kennzahlensysteme zu erhöhen. Darüber hinaus sollen die Maßnahmen nicht einfach nur isoliert voneinander umgesetzt werden, sondern sind zu einem stimmigen, ganzheitlichen Produktionssystem zu vernetzen[Kor05, S. 34]. Beurteilung: Analog zum SPICE-Modell bezieht sich das IAO-Reifegradmodell nach K ORGE vorwiegend auf die Optimierung von Prozessen in bestehenden Produktionssystemen. Für die frühe Phase der Produktionssystementwicklung sind dabei insbesondere die Methoden zur Erhöhung des Reifegrades relevant, da diese bereits im Entwicklungsprozess berücksichtigt werden sollten. Somit bildet das Reifegradmodell in der Produktionssystementwicklung eine Hilfestellung für die Prozessgestaltung, muss jedoch um weitere Ansätze bezüglich der technischen Aspekte des Produktionssystems ergänzt werden. 3.2 Anwendungsspezifische Bewertung von Produktionssystemen Neben der Orientierung an Reifegraden existieren in der Literatur für den Überbegriff der Bewertung von Produktionssystemen weitere Vorarbeiten, die sich überwiegend in Hinblick auf die spezifische Anwendung der beabsichtigten Bewertungsergebnisse unterscheiden. In diesem Abschnitt werden zunächst Ansätze vorgestellt, die eine Bewertung hinsichtlich einer einzelnen, anwendungsorientierten Zielgröße ermöglichen. So zielen monetäre Bewertungsmethoden darauf ab, eine kurz- bis mittelfristige Wirtschaftlichkeitsentscheidung zwischen Produktionssystemalternativen mit Hilfe von Pro- Seite 56 Kapitel 3 duktionsstückkosten oder über einen bestimmten Zeitraum akkumulierten Kosten zu ermöglichen. Im Gegensatz dazu wird bei adaptivitätsorientierten Bewertungsansätzen die langfristige Leistungsfähigkeit von Produktionssystemen auf Basis ihrer Fähigkeiten zur Anpassung an neue Rahmenbedingungen beurteilt. Ergänzt werden diese Bewertungsansätze durch Mischformen, die zumeist auf eine bestimmte Branche wie dem Automobilbau zugeschnitten sind. Die verschiedenen Ansätze werden im Folgenden analysiert und in Hinblick auf ihre Eignung zum Einsatz in der frühen Phase der Produktentstehung beurteilt. 3.2.1 Monetäre Bewertungsmethoden Monetäre Bewertungsmethoden basieren auf der Quantifizierung von Leistungsmerkmalen der zu bewertenden Produktionssystemalternativen, um auf Basis einer monetären Referenzgröße eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit zu ermöglichen. Diese Referenzgröße kann sowohl einen produktbezogenen(z.B. Produktionsstückkosten, Herstellkosten) als auch einen zeitlichen Bezugsrahmen aufweisen(z.B. jährliche Fixkosten, Lebenszykluskosten). 3.2.1.1 Methodik zur Herstellkostenbewertung nach L ANZA ET AL . Die von L ANZA ET AL . entwickelte Methodik zur Ableitung von Herstellkosten ist ein simulationsbasiertes Verfahren zur monetären Bewertung von Produktionssystemen. Grundlage für das Verfahren ist eine Definition der Prozessschritte, die zur Herstellung des Produktes erforderlich sind. Durch die Gegenüberstellung des aus dem Herstellprozess resultierenden Kapazitätsbedarfes und des durch die Ressourcen zur Verfügung gestellten Kapazitätsangebotes werden die Herstellkosten in Abhängigkeit von der Variantenzahl sowie der Gesamtproduktionsmenge ermittelt[LBP12, S. 154]. Da die der Berechnung zugrundeliegenden Parameter teilweise mit Unsicherheiten behaftet sind und daher als Zufallsvariable ausgedrückt werden, wird mit Hilfe einer Monte-Carlo-Simulation 3 eine möglichst große Anzahl von Stückzahl-VariantenKombinationen berechnet. Aus der Streuung der Ergebnisse lässt sich eine statistisch qualifizierte Aussage zum Konfidenzintervall der Herstellkosten treffen(z.B.„ Die Herstellkosten liegen mit 95% Wahrsc heinlichkeit zwischen 230€ und 250€ pro Stück.“) [LBP12, S. 155]. Die Simulationsergebnisse ermöglichen darüber hinaus auch eine Aussage über den Bereich der günstigsten Herstellkosten, falls mehrere Produktionssystemalternativen zur Verfügung stehen[LBP12, S. 169]. Die Visualisierung der Simulationsergebnisse für zwei alternative Produktionssysteme mit unterschiedlichem Automatisierungsgrad sind in Bild 3-3 dargestellt. 3 Eine Monte-Carlo-Simulation approximiert ein komplexes Systemverhalten durch empirische Auswertung einer hohen Zahl an Zufallsexperimenten[AFD+03, S. 5ff.]. Stand der Technik Seite 57 Bild 3-3: Vergleich von Herstellkosten für Produktionsszenarien[LBP12, S. 170] Im Beispiel ist erkennbar, dass sich eine definierte Pareto-Front der Varianten- und Stückzahl als Übergangsbereich vom teilautomatisierten zum automatisierten Produktionsszenario bildet. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer Sensitivitätsanalyse kann auf dieser Basis das wirtschaftlichste Produktionsszenario identifiziert werden. Beurteilung: Die Methodik ermöglicht die Bewertung von Produktionssystemen unter Berücksichtigung von Unsicherheiten bei verschiedenen Parametern. Vorausgesetzt werden jedoch genauere Informationen zu der Art und den Kosten der verwendeten Ressourcen(Maschinenstundensatz) sowie empirische Kenntnisse über die Kostenstruktur des Unternehmens(Flexibilität der Ressourcen in Hinblick auf die Komplexität der Varianten). Diese Informationen sind in der frühen Entwicklungsphase häufig mit so hohen Unsicherheiten verbunden, dass erst in späteren Entwicklungsphasen ein in der Praxis hinreichend enges Konfidenzintervall erzielt werden kann. 3.2.1.2 Methodik zum Life-Cycle-Controlling nach N IEMANN Niemann hat mit seiner Methodik zum Life-Cycle-Controlling von Produktionssystemen einen Regelkreis zum Kostenvergleich von alternativen Produktionsszenarien entwickelt. Dabei werden zunächst aus den Fertigungsaufträgen für die Herstellung des Produkts Kapazitätspakete für das Produktionssystem gebildet. Diese Pakete bündeln die benötigte Kapazität eines bestimmten Fertigungsverfahrens, das über eine oder mehrere Ressourcen abgebildet werden muss. Diese Soll-Kapazitäten werden anschließend mit den aus einem Referenzmodell bereitgestellten Nenn-Kapazitäten verglichen. [Nie07, S. 95]. In Bild 3-4 ist der sich auf diese Planungsbasis beziehende Regelkreis vollständig dargestellt. Seite 58 Kapitel 3 Referenzmodell • Ressourcen • Kosten • Struktur Kosten Systemkonfiguration & Zeiten Aufträge Planung Arbeitsvorbereitung & Arbeitspakete Vorkalkulation& Investitionsplanung Systemoptimierung Verbesserungsmaßnahmen Simulation des Betriebsverhaltens Bewertung Sollvorgabe Kostenabgleich Stückkosten (pro Referenzeinheit) Δ Soll/Ist Sollkosten Ist-Verlauf Menge bzw. Zeit Ausführung der Fertigung Anpassung/ Veränderung/ Kosten Überwachung& Nachkalkulation Datenerfassung Datenaufbereitung/ Abgleich Bild 3-4: Regelkreis zum Life-Cycle-Controlling nach N IEMANN [N IE 07, S. 96] In der auf die Planung folgenden Phase der Systemoptimierung werden alternative Fertigungsszenarien bzw. Produktionssysteme in Hinblick auf ihre lebenslaufbezogene Wirkung bzw. Wirtschaftlichkeit miteinander verglichen. Eine Auswertung der Vorteilhaftigkeit der jeweiligen Alternativen erfolgt durch zeitliche Simulation der einzelnen Ablaufarten und anschließende Überführung in die Kostenbewertung der Systemleistung. Durch permanente Erfassung der Betriebsdaten und deren Nachkalkulation wird der Regelkreis durch das Controlling von Ist- und Prognosedaten geschlossen. Die ermittelten Ergebnisse dienen dann in der Arbeitsvorbereitung als neue Planungsgrundlage für die zukünftige Kalkulation[Nie07, S. 97]. Beurteilung: Das Life-Cycle-Controlling nach N IEMANN basiert auf einer genauen Aufbereitung der für die Bewertung verwendeten Plandaten. Hieraus entsteht ein sehr umfassendes Bild des Produktionssystems, in dem neben den Prozessdaten auch die Ressourcensicht umfassend berücksichtigt wird. Der Schwerpunkt des Regelkreises besteht darin, die Wirtschaftlichkeit des Produktionssystems durch bestmögliche Kapazitätsnutzung zu optimieren. Weitere Vorteile, wie z.B. strategisches Potential einer bestimmten Technologie oder Verbesserung der Ergonomie, können in dem Modell nicht abgebildet werden. Stand der Technik Seite 59 3.2.1.3 Bewertung vernetzter Produktionsstandorte nach K REBS Die von K REBS entwickelte Methode zur Bewertung vernetzter Produktionsstandorte fokussiert insbesondere auf die Abbildung der Unsicherheit in der monetären Bewertung. Dazu ist ein fünfstufiges Vorgehen zu durchlaufen, das mit der Definition des Bewertungsziels initialisiert wird. Dieses besteht aus einer konkreten monetären Zielgröße(z.B. Kapitalwert oder EBIT 4 ), anhand derer die zur Verfügung stehenden Standort- bzw. Produktionssystemalternativen bewertet werden. Anschließend werden die maßgeblichen Einflussfaktoren auf die Zielgrößen sowie die Abhängigkeiten zwischen den damit verbundenen Unsicherheiten identifiziert. Diese qualitativen und quantitativen Unsicherheiten werden in einem Unsicherheitsmodell abgebildet. Aus der Kombination von Unsicherheitsmodell und Kalkulationsmodell der gewählten Zielgröße werden auf Basis einer Monte-Carlo-Simulation numerische Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die Zielgröße ermittelt. Diese werden abschließend mit Hilfe einer Sensitivitätsanalyse hinsichtlich ihrer resultierenden Streuung bzw. des Risikos bewertet.[Kre12, S. 95] Beurteilung: Die Methode nach K REBS ermöglicht eine systematische Berücksichtigung der Unsicherheit entlang des gesamten Bewertungsprozesses. Voraussetzung ist jedoch eine detaillierte Bewertung und Modellierung der Unsicherheiten in Hinblick auf die gewählte Zielgröße. 3.2.2 Adaptivitätsorientierte Bewertungsmethoden Im Unterschied zu den rein an der Wirtschaftlichkeit der Produktionssystemalternativen orientierten monetären Bewertungsmethoden beurteilen adaptivitätsorientierte Methoden die Vorteilhaftigkeit anhand der Fähigkeit zur Anpassung an neue Rahmenbedingungen. In diesem Zusammenhang werden grundsätzlich die Flexibilität und Wandlungsfähigkeit von Produktionssystemen unterschieden(siehe Abschnitt 2.4.1.6). Grundlage für die adaptivitätsorientierten Bewertungsmethoden ist die Annahme, dass das anpassungsfähigste Produktionssystem auf lange Sicht auch das wirtschaftlichste ist, selbst wenn unter Umständen die Wirtschaftlichkeit anderer Alternativen kurz- und mittelfristig höher wäre. 3.2.2.1 Bewertungssystem der Wandlungsfähigkeit nach W IENDAHL ET . AL . Das von W IENDAHL ET AL . vorgeschlagene Bewertungssystem baut auf den Wandlungsbefähigern eines Produktionssystem auf(siehe Abschnitt 2.4.1.6). Es beruht auf dem Zielbaumverfahren als spezielle Form der Nutzwertanalyse mit Fokus auf der Quantifizierung der Kriterienausprägungen durch Erfüllungsschemata bzw. Umrechnungsfunktionen(siehe Abschnitt 3.3.1.1). Ziel der Bewertung ist die Ermittlung von 4 EBIT: Earnings Before Interest and Taxes, d.h. Gewinn vor Zinsen und Steuern(Operatives Ergebnis) Seite 60 Kapitel 3 Wandlungsfähigkeitsindizes für die zur Verfügung stehenden Alternativen in Bezug auf die Wandlungsbefähiger Mobilität, Universalität, Modularität und Kompatibilität. Die Skalierbarkeit fällt in diesem rein technischen Bewertungskontext unter die Wandlungsbefähiger Modularität bzw. Universalität(im Sinne der Automatisierung bzw. Erweiterungsflexibilität). Ergänzt wird das Bewertungssystem um den Faktor Wirtschaftlichkeit[WNK+05, S. 84]. Ausgehend von den genannten Wandlungsbefähigern sowie dem Faktor Wirtschaftlichkeit erfolgt jeweils eine Konkretisierung in Form einschlägiger Kriterien. So wird der Wandlungsbefähiger Modularität beispielsweise durch die Kriterien Systemarchitektur und Schnittstellenstandardisierung beschrieben. Anschließend ist für jedes Kriterium ein Erfüllungsschema zu definieren, um einen funktionalen Zusammenhang zwischen Kriterienausprägung(bspw. Schnittstellenstandardisierung zwischen 0% und 100%) und Bewertungswert K(bspw. 0 bis 12) herzustellen. Für die alternativen Produktionssystemkonzepte erfolgt anschließend die Ermittlung des Bewertungswertes K für alle Kriterien der Wandlungsbefähiger[WNK+05, S. 85ff.]. Die Aggregation der Kriterienbewertung zum Wandlungsfähigkeitsindex wird durch eine Gewichtung der Wandlungsbefähiger auf oberster sowie der Kriterien auf unterster Ebene vorgenommen. Die Ermittlung der Gewichtungsfaktoren der Wandlungsbefähiger ergibt sich dabei aus Anforderungsprofilen unterschiedlicher Fertigungssegmente (Produkt-Markt-Kombinationen). So ist die Bedeutung der Universalität eines Produktionssystems beispielsweise im Pionier-Segment wesentlich höher als im Reife-Segment. Die anschließende Feingewichtung auf Kriterienebene erfolgt fallspezifisch über einen paarweisen Vergleich der Kriterien[WNK+05, S. 87f.]. Stand der Technik Seite 61 Der Wandlungsfähigkeitsindex einer Alternative ergibt sich aus der Multiplikation von Gewichtungsfaktor des Kriteriums mit Bewertungswert K der Alternative über die Summe aller Wandlungsbefähiger. Der Wandlungsfähigkeitsindex eines speziellen Wandlungsbefähigers ergibt sich dabei als Teilsumme aller dem Wandlungsbefähiger zugeordneten Kriterien[WNK+05, S. 88f.]. Diese Teil-Indizes werden in einem Wandlungsprofil dargestellt, wie beispielhaft in Bild 3-5 visualisiert. Die gestrichelte Linie symbolisiert dabei den ermittelten Gesamt-Wandlungsfähigkeitsindex von 66%, der sich aus der Gewichtung der Teil-Wandlungsfähigkeitsindizes zusammensetzt. Letztere sind mit der durchgezogenen Linie dargestellt, wie beispielsweise die herausragende Bewertung des Wandlungsbefähigers Mobilität von 96%. Mobilität Wirtschaftlichkeit 100% 80% 60% 40% 20% 0% Kompatibilität Universalität Modularität Legende Wandlungsprofil Wandlungsfähigkeitsindex gesamt Bild 3-5: Beispielhaftes Wandlungsprofil nach W IENDAHL ET AL .[WNK+05, S. 89] Beurteilung: Das Bewertungssystem nach W IENDAHL ET AL . ist aufgrund der offenen Bewertungsstruktur geeignet, um die frühe Phase der Produktionssystementwicklung zu unterstützen. Jedoch ist die Ermittlung des Bewertungsindizes K über ein Erfüllungsschema relativ aufwändig, was mit zunehmender Systemreife und steigender Anzahl an Kriterien die Bewertungskosten und-dauer enorm erhöht. 3.2.2.2 Bewertung wandlungsfähiger Produktionssysteme nach M ÖLLER Die von M ÖLLER entwickelte Systematik zur Bewertung wandlungsfähiger Systeme beruht auf einem dreistufigen Bewertungsmodell, das in Bild 3-6 dargestellt ist. Grundlage für die Bewertung ist die Systemmodellierung mit einem Rezeptormodell, einem Kostenmodell und den verfügbaren Handlungsmöglichkeiten. Das Rezeptormodell beschreibt dabei die Führungsgrößen sowie Unsicherheiten des Produktionssystems, das Kostenmodell spezifiziert die Kostengliederung sowie die Kostenfunktionen und die Seite 62 Kapitel 3 Handlungsmöglichkeiten geben die verfügbaren Maßnahmen für Veränderungen wieder. Als Modellierungsergebnisse resultieren dementsprechend Umfeldprofil, Kostenprofile und Optionsprofile[Möl08, S. 90f.]. Bild 3-6: Bewertungsmodell wandlungsfähiger Produktionssysteme nach M ÖLLER [M ÖL 08, S. 88] Auf Basis des Systemmodells erfolgt die eigentliche Bewertung nach den in Bild 3-6 genannten drei Stufen gestaffelt. Auf der ersten Bewertungsstufe wird zunächst eine Basisbewertung für ein einfaches Modell mit der Restriktion einer erwarteten Zukunft bei starrer Planung durchgeführt. Dieses Modell berücksichtigt keine Unsicherheiten oder Entscheidungen und wird für Alternativen empfohlen, die in den folgenden Schritten vernachlässigt werden können[Möl08, S. 113ff.]. Für die zweite Bewertungsstufe werden die Modellannahmen dynamisiert. Mögliche Anpassungen der Umwelt werden abgebildet und die jeweilige Leistungsfähigkeit der Systemalternativen bewertet. Alternativen mit geringer Priorität können anschließend für die weitere Betrachtung ausgeschlossen werden[Möl08, S. 118ff.]. In der dritten Bewertungsstufe findet eine Bewertung der Alternativen in Form von Realoptionen in einer dynamischen Umwelt statt. Das Verfahren der Realoptionsanalyse bezieht sich dabei darauf, „den Wert von Handlungsmöglichkeiten zu erfass en, die sich auf eine Investition beziehen bzw. welche durch sie erst geschaffen werden.“ [Möl08, S. 35]. Mit Hilfe dieses Verfahrens können mögliche Reaktionen des Systems auf die dynamische Umwelt abgebildet werden. Der Vergleich der Wandlungsfähigkeit aller Systemalternativen ist so mit einer wesentlich höheren Genauigkeit möglich. Die Berechnung der Wandlungsfähigkeit erfolgt anschließend mit einer Monte-CarloSimulation. Als Ergebnis resultiert ein erweiterter Kapitalwert für jede untersuchte Alternative[Möl08, S. 126ff.]. Stand der Technik Seite 63 Beurteilung: Die von M ÖLLER entwickelte Methodik fokussiert auf eine detaillierte Abbildung von Unsicherheiten und möglicher Reaktionen des Produktionssystems auf Basis der inhärenten Wandlungsfähigkeit. Die Analyse beruht jedoch auf einer primär betriebswirtschaftlichen Sichtweise auf das Produktionssystem. Technische Aspekte des Entwicklungsprozesses der Produktionssystem-Alternativen werden dabei nur indirekt berücksichtigt. 3.2.2.3 Methodik zur Flexibilitätsbewertung nach R OGALSKI Die von R OGALSKI entwickelte Methode der Flexibilitätsbewertung beruht auf der grundsätzlichen Differenzierung der drei Arten Mengenflexibilität, Mixflexibilität und Erweiterungsflexibilität(siehe Abschnitt 2.4.1.6)[Rog09, S. 70]. Die Bewertung der Flexibilität für ein Produktionssystem erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren. Grundlage für die Berechnung aller drei Flexibilitätsarten ist ein Basisalgorithmus aus fünf Schritten, der das zugrundeliegende mathematische Modell aus Berechnungsparametern, Ergebnisvariablen und Neben- bzw. Randbedingungen abbildet[Rog09, S. 71ff.]:  Schritt 1 – Definieren der Berechnungsparameter: Zunächst werden die für die Berechnung maßgeblichen Parameter festgelegt, auf die sich die weiteren Berechnungen stützen. Diese unterteilen sich in nicht-kostenbezogene Parameter (z.B. Menge der Erzeugnisse, Prozesszeit, Ausschuss), kostenbezogene Parameter(variable Produktionskosten, Produktionsfixkosten) sowie benutzerabhängige Parameter(gewünschter Produktmix)[Rog09, S. 72ff.].  Schritt 2 – Formulierung der Zielfunktion: Die Zielfunktion bestimmt die Zusammensetzung der Rechengröße, die durch Lösen des mathematischen Modells optimiert werden soll. So ergibt sich beispielsweise die Zielfunktion des Gesamtgewinns aus der Summe aller Deckungsbeiträge für die aus dem Arbeitsplan resultierenden Kombinationen von Erzeugnis zu Arbeitsplatz über alle Erzeugnisse[Rog09, S. 76ff.].  Schritt 3 – Formulierung der Nebenbedingungen: Lösungen der Zielfunktion sind nur dann gültig, wenn sie auch die Restriktionen der Nebenbedingungen erfüllen. Nebenbedingungen unterteilen sich nach R OGALSKI in Zeitbedingungen und Verhältnisbedingungen. Zeitbedingungen beziehen sich auf die zeitlichen Restriktionen der Arbeitsplätze, welche die Summe der ausführbaren Prozessschritte mit ihrer individuellen Prozesszeit nach oben begrenzen. Verhältnisbedingungen spezifizieren einerseits den Produktmix des Produktionssystems insgesamt sowie auch die Anteile der Teilerzeugnisse, die in das Enderzeugnis einfließen[Rog09, S. 79ff.].  Schritt 4(Formulierung des linearen Optimierungsproblems): Für die Lösung des Optimierungsproblems muss das mathematische Modell gemäß der beabsichtigen Lösungsverfahren formuliert werden. In der Methode nach R OGALSKI Seite 64 Kapitel 3 setzt sich das lineare Optimierungsproblem aus einer Anforderung, der Zielfunktion sowie allen Nebenbedingungen in Form linearer Ungleichungen zusammen [Rog09, S. 85f.].  Schritt 5(Lösung des linearen Optimierungsproblems): Mit der Formulierung des Optimierungsproblems gemäß Schritt 4 liegen die Voraussetzungen für die Lösung des Modells mit Hilfe bestehender Lösungsverfahren(z.B. Simplex) vor. Diese ermitteln für die vorgegebenen Berechnungsparameter, Ergebnisvariablen und Nebenbedingungen das gesuchte Optimum, z.B. den Produktionsplan, für den der Gewinn über alle Arbeitsplätze maximal ist[Rog09, S. 87ff.]. Auf der Grundlage der im Basisalgorithmus ermittelten Größen werden anschließend die drei Flexibilitätsparameter für das Produktionssystemmodell errechnet. Aus Maximalkapazität und Break-Even-Punkt ergibt sich so der Flexibilitätsraum für die Mengenflexibilität, die prozentual ausdrückt, wie stark die Nachfrage um das Optimum schwanken darf, ohne die Wirtschaftlichkeit des Produktionssystems zu gefährden [Rog09, S. 104]. Mit der Berechnung des systemoptimalen Produktionsgewinns sowie des produkteingeschränkten Gewinnoptimums wird die Mixflexibilität hergeleitet, die als prozentuales Maß für die Stabilität des Gewinns bzw. dessen durchschnittliche Einbußen bei Abweichen vom optimalen Produktmix dient[Rog09, S. 112]. Die Ermittlung der Zielkapazität sowie des alternativenspezifischen Break-Even-Punkts ermöglicht die Berechnung der Erweiterungsflexibilität, mit der prozentuell ausgedrückt wird, wie weit die Ausbringungsmenge gegenüber dem aktuellen Niveau gesteigert werden kann, ohne die Mengenflexibilität zu verschlechtern[Rog09, S. 117]. Beurteilung: Die Methodik zur Flexibilitätsbewertung nach R OGALSKI ermöglicht eine fundierte Ermittlung quantitativer Bezugsgrößen zur Bewertung der Flexibilität. Die Methodik nimmt unter den adaptivitätsorientierten Bewertungsansätzen insofern eine Sonderrolle ein, als dass die Flexibilität nicht als Zielwert per se bewertet wird, sondern lediglich einen Aspekt im Rahmen der Identifikation des wirtschaftlichen Gesamtoptimums bildet. Voraussetzung für den Aufbau des mathematischen Modells ist jedoch ein umfangreiches Wissen über Absatzmengen und weitere markt- und unternehmensbezogene Parameter, die üblicherweise in der frühen Phase nicht in der erforderlichen Datenqualität vorhanden bzw. mit hoher Unsicherheit behaftet sind. 3.2.2.4 Kennzahlensystem zur Flexibilitätsbewertung nach S CHUH ET AL . Analog zur Methodik nach R OGALSKI werden im Kennzahlensystem nach S CHUH ET AL . drei grundsätzliche Typen der Flexibilität unterschieden. Dabei entsprechen die Mengen- und Mixflexibilität im Wesentlichen der Definition nach R OGALSKI , werden hier aber als Stückzahl- und Variantenflexibilität bezeichnet. Zusätzlich wird statt der Erweiterungsflexibilität die Kennzahl Produktänderungsflexibilität verwendet, welche die Anpassungsfähigkeit gegenüber Produktänderungen ausdrückt[SGW+04, S. 302]. Stand der Technik Seite 65 Kern des Kennzahlensystems ist ein Vorgehensmodell, das mit der Analyse des Produktionssystems beginnt, d.h. Spezifikation von Struktur und Prozessen, aber auch produzierten Produktvarianten. Mit der anschließenden Festlegung der Systemgrenzen kann ein Systemmodell des Produktionssystems erzeugt werden, das die Basis für die Generierung von abstrakten Klassen und konkreten Objekten des Produktionssystems bildet (bspw. Segment, Linie, Arbeitsplatz). Vorgegebene Referenzszenarien geben dem Produktionssystem die Anforderungen vor, die es im Realbetrieb erfüllen soll bzw. muss. Die Szenarien werden anschließend hinsichtlich ihrer Bedeutung für das Produktionssystem gewichtet und die entsprechenden Anpassungspotentiale auf Subsystem-Ebene des Produktionssystems entworfen und bewertet. Nach dem Paradigma der Objektorientierung kann die errechnete Flexibilität von Subsystem-Ebene auf die übergeordneten Ebenen übertragen werden[SGW+04, S. 301f.]. Das von S CHUH ET AL . entwickelte Kennzahlensystem akkumuliert die drei genannten Flexibilitätsarten des untersuchten Produktionssystems in einem übergeordneten Bewertungskonzept. Dieses baut auf den definierten Referenzszenarien auf und ermöglicht den Vergleich des untersuchten Produktionssystems mit fiktiven bzw. idealisierten Referenzsystemen, um weitere Flexibilitätspotentiale zu erkennen[SGW+04, S. 303]. Beurteilung: Das dargestellte Kennzahlensystem leistet einen Beitrag zur Quantifizierung und systematischen Erschließung von Produktionspotentialen. Die Ergebnisse hängen jedoch stark von der konkreten Ausprägung der definierten Referenzszenarien ab. Je breiter die Spanne der damit einhergehenden Anforderungen gewählt wird, desto aufwändiger ist die Berechnung der Kennzahlen und desto geringer ist die Robustheit der Bewertungsergebnisse. 3.2.3 Industriespezifische Bewertungsmethoden Neben den unmittelbar und mittelbar ökonomisch relevanten Bewertungsmethoden der Wirtschaftlichkeitsrechnung und Adaptivitätsbewertung existiert auch eine Reihe von Methoden zur Bewertung industriespezifischer Kenngrößen. So ist in bestimmten Branchen wie beispielsweise der Umwelttechnik eine möglichst hohe Energieeffizienz des Produktionssystems über die reine Kostenbedeutung hinaus entscheidend. Für andere Branchen wie die Automobilindustrie ist hingegen aufgrund der zeitlich eng getakteten Prozesse ein möglichst robustes Produktionssystem im Sinne der Risikominimierung relevant. Die zwei genannten Bewertungsansätze werden im Folgenden jeweils anhand konkreter Bewertungsmethoden analysiert. 3.2.3.1 Bewertung der Energieeffizienz nach W EINERT Die Energieeffizienz von Produktionssystemen kann mit dem EnergyBlocksPlanungssystem nach W EINERT strukturiert bewertet werden. Dem Planungssystem liegt die Annahme zugrunde, dass Ressourcen einer vergleichbaren Leistungsklasse für die Seite 66 Kapitel 3 gleiche Produktionsaufgabe ähnlich viel Energie benötigen. Daher wird die Energieaufnahme einer Ressource nach Betriebszuständen untergliedert, die jeweils ein individuelles Energieverbrauchsprofil aufweisen(z.B. System hochfahren, Standby, Bearbeitung). Eine Produktionsaufgabe setzt sich aus der Kombination mehrerer dieser sog. EnergyBlocks zusammen, d.h. elementare Betriebsoperationen, deren Verbrauchsprofil durch einen mathematisch-funktionalen Zusammenhang approximiert wird.[Wei10, S. 503ff.]. Im EnergyBlocks-Planungssystem resultieren für unterschiedliche Ressourcen individuelle Blockprofile, die in einer Bibliothek zusammengefasst und in der anschließenden Planungsphase zu einer konkreten Produktionsaufgabe kombiniert werden. So können die Verbrauchsprofile unterschiedlicher Prozess- und Ressourcenalternativen in Hinblick auf die Energieeffizienz verglichen werden[Wei10, S. 504]. Durch die einfache Rekombination der EnergyBlocks kann die Energieaufnahme in Abhängigkeit von der für jeden Betriebszustand aufgewendeten Zeitdauer bewertet werden. Dazu wird im ersten Schritt der Lösungsraum für die Produktionssystemalternativen spezifiziert, d.h. Abhängigkeiten zwischen den Prozessschritten ermittelt sowie mögliche und unmögliche Prozess-/Ressourcenkombinationen identifiziert. Anschließend erfolgt die Bestimmung einer Maschinenbelegungsstrategie zur Ressourcenauslastung. So ist eine gleichmäßige Ressourcenauslastung über mehrere Maschinen beispielsweise in energetischer Hinsicht günstiger als eine Einzeloptimierung der Maschinen, da Hochlauf- und Standby-Phasen verringert werden können. Abschließend kann eine Kapazitätserweiterung der bestehenden Ressourcen untersucht werden, um weitere Ansätze für die Erhöhung der Energieeffizienz zu identifizieren[Wei10, S. 506]. Beurteilung: Die EnergyBlocks-Methode stellt eine industriespezifische Methode zur Planung neuer sowie zur Optimierung bestehender Produktionssysteme dar. Das Konzept eignet sich zur Bewertung verschiedener Produktionssystemalternativen in Hinblick auf deren Energieeffizienz. Voraussetzung für die Methode ist jedoch die Ableitung der EnergyBlocks-Profile aus empirisch gewonnenen Daten der zur Verfügung stehenden Alternativen. Dies bedeutet bei einem großen Lösungsraum mit einer Vielzahl möglicher Prozesse einen erheblichen Aufwand, der in der frühen Phase üblicherweise nicht geleistet werden kann. Sobald die Anzahl der Alternativen auf ein überschaubares Maß reduziert wurde, unterstützt das Planungssystem effizient bei der Prozess- und Ressourcenoptimierung in Hinblick auf den Energieverbrauch. 3.2.3.2 Risikobewertung nach K ÖNIG Die Bewertung von Produktionssystemen in Hinblick auf allgemeine Risiken ist vor allem in Industriebereichen mit hohen zeitlichen Abhängigkeiten, z.B. bei Just-in-Time oder Just-in-Sequence-Fertigung, von zentraler Bedeutung. Die von K ÖNIG entwickelte Methode ermöglicht in diesem Zusammenhang Risiko-Bewertung und-Management von Produktionsrisiken in Unternehmen. Diese werden wie folgt definiert: Stand der Technik Seite 67 „ Unter dem Produktionsrisiko sind all jene Risiken zusammengefasst, die unmittelbar auf das Produktionssystem des Unternehmens wirken. […] Risiken sind dabei alle möglichen und ungeplanten Ereignisse, die zu einer Beeinträchtigung des Gesamtsystems führen. Auswirkung der Beeinträchtigung ist die Verminderung des geplanten Produktionsvolumens .“ [Kön08, S. 18] Zur Bewertung des Produktionsrisikos wird eine Erweiterung der im Qualitätsmanagement verwendeten Methode FMEA 5 verwendet, die als Risk Mode and Effect Analysis(RMEA) bezeichnet wird. Analog zur FMEA werden dabei zunächst für alle potentiellen Produktionsrisiken jeweils die Eintrittswahrscheinlichkeit sowie die von dem Risiko ausgehende erwartete Schadenshöhe auf einer Skala von eins bis zehn bewertet. Dabei bildet eins den Wert mit dem geringsten Risiko und zehn der Wert mit dem höchsten Risiko ab. Darüber hinaus wird bei der RMEA auch die Wahrscheinlichkeit der Risiko-Entdeckung bewertet, die die Wahrscheinlichkeit angibt, dass ein Risiko entdeckt wird, bevor ein Schaden entsteht. Für die Skala der Eintrittswahrscheinlichkeit gilt dabei umgekehrt, dass eins den Wert der wahrscheinlichsten Entdeckung und zehn den Wert der unwahrscheinlichsten Entdeckung angibt[Kön08, S. 60f.]. Als Bewertungskriterium der RMEA ergibt sich der sog. Risikowert aus dem Produkt der drei genannten Einflussgrößen. Je höher dieser Wert ausfällt, desto bedeutsamer ist das jeweilige Risiko für das Produktionssystem. König weist jedoch darauf hin, dass Risiken mit hoher erwarteter Schadenhöhe unabhängig von der Bewertung der anderen Einflussgrößen besonders genau analysiert werden müssen. Um eine effektive Priorisierung der Risiken vornehmen zu können, können die Risiken zusätzlich in einem sog. Risikowürfel zusammengefasst werden, der aus verschiedenen Risikoklassen entsprechend der Eintritts- und Entdeckungswahrscheinlichkeit besteht[Kön08, S. 62]. Beurteilung: Die Methode zur Risikobewertung nach K ÖNIG bildet eine effektive Möglichkeit zur Abschätzung der Robustheit von Produktionssystemen in Hinblick auf Produktionsrisiken. Sie gibt jedoch keine Anhaltspunkte darüber, wie die Priorisierung der Einzelrisiken zu einem Gesamt-Risiko des Produktionssystemkonzepts zu akkumulieren sind. Somit bleibt unklar, ob wenige hoch bewertete Risiken eines Konzepts in Summe ein risikoreicheres Produktionssystem bedeuten als ein Konzept mit vielen geringer bewerteten Risiken. In solchen Fällen ist eine Entscheidung je nach individuellem Anwendungsfall zu treffen. 3.3 Multikriterielle Bewertung von Produktionssystemen Im Unterschied zu den im vorherigen Abschnitt untersuchten Bewertungsmethoden liegt der multikriteriellen Bewertung keine anwendungsspezifische Zielgröße zugrunde. 5 FMEA: Failure Mode and Effects Analysis(Dt. Fehlermöglichkeits- und – einflussanalyse) Seite 68 Kapitel 3 Stattdessen wird eine Mehrzahl verschiedener Bewertungskriterien zu einer dimensionslosen Kennzahl akkumuliert. Aus der Leistungskennzahl lassen sich keine unmittelbaren Schlussfolgerungen hinsichtlich der absoluten Leistungsfähigkeit in Bezug auf eine der anwendungsspezifischen Zielgrößen ableiten. Daher können die Ergebnisse dieser Verfahren lediglich im Kontext der jeweils betrachteten Bewertungssituation verwendet werden und eignen sich nicht für ein Benchmarking mit anderen Branchen oder Unternehmen. Der besondere Vorteil der Methoden liegt dabei in den individuellen Gewichtungsmöglichkeiten der Bewertungskriterien in Abhängigkeit vom Anwendungsfall. Darüber hinaus werden die unterschiedlichen Bewertungsdimensionen im Bewertungsprozess normiert, so dass keine Umrechnung in eine spezifische Zielgröße wie beispielsweise Kosten oder Flexibilität notwendig ist. Im Folgenden werden zunächst eine Auswahl relevanter Basismethoden der multikriteriellen Entscheidungsunterstützung vorgestellt. Anschließend werden darauf aufbauende Ansätze zur multikriteriellen Bewertung von Produktionssystemen analysiert, deren Fokus auf der entwicklungsbegleitenden Anwendung der Basismethoden liegt. 3.3.1 Basismethoden der multikriteriellen Entscheidungsunterstützung Die Basismethoden der multikriteriellen Entscheidungsunterstützung(engl. Multi Criteria Decision Support, MCDS) bilden die Grundlage für die Ermittlung von Leistungsbewertungen auf Basis definierter Kriterienmengen. Die im Folgenden vorgestellten Ansätze stellen dabei eine Auswahl häufig verwendeter Basismethoden dar, die je nach Bedarf um weitere Komponenten wie beispielsweise der Berechnung unter Unsicherheit mit Fuzzy-Operatoren erweitert werden können. 3.3.1.1 Nutzwertanalyse Die Nutzwertanalyse(NWA) ist aufgrund ihrer einfachen Anwendung eine in der Praxis sehr verbreitete Methode der MCDS. In dem vierstufigen Verfahren wird zunächst das Bewertungsziel bzw. die übergeordnete Kenngröße der Bewertung festgelegt[Zan76, S. 89ff.]. Im nächsten Schritt werden die für die Erfüllung des Ziels maßgeblichen Kriterien identifiziert und deren Bedeutung für das Ziel gewichtet(bspw. 0%- 100%). Dazu kann beispielsweise mit der Methode des paarweisen Vergleichs eine Rangfolge der Kriterien ermittelt werden. Im dritten Schritt wird die Leistung der zur Verfügung stehenden Alternativen für jedes Kriterium mittels einer absoluten Umrechnungsfunktion einzeln bewertet(bspw. 0 – 10 Punkte)[Zan76, S. 59ff.]. Durch Multiplikation der Kriteriengewichtung mit der Alternativenbewertung und Aufsummieren aller Teilprodukte entsteht für jede Alternative ein Nutzwert(bspw. 7,6 Punkte)[Zan76, S. 73]. Beurteilung: Die NWA gibt an, wie hoch die Vorteilhaftigkeit jeder Alternative in Bezug auf die Erfüllung der angegebenen Zielgröße ist. Bedingt durch die einfache Anwendbarkeit der Methode steigt jedoch auch die Gefahr von Inkonsistenzen in der Be- Stand der Technik Seite 69 wertung. Obwohl die Bewertung für jedes Kriterium gegenüber einem absoluten Idealzustand erfolgen soll, findet oftmals eine Beeinflussung durch die konkret zur Auswahl stehenden Alternativen statt. Dieser Effekt kann durch Mittelung über die Bewertung mehrerer Anwender bis zu einem gewissen Grad vermindert werden. Ab einer bestimmten Komplexität der Entscheidungssituation können jedoch mit dem Verfahren keine für die Praxis hinreichend robusten Bewertungsergebnisse mehr erzielt werden. 3.3.1.2 Analytic Hierarchy Process/ Analytic Network Process Der Analytic Hierarchy Process(AHP) nach S AATY und die davon abgeleitete Variante des Analytic Network Process(ANP) wurden als methodisch formalere Alternative zur Nutzwertanalyse entwickelt. Der grundlegende Unterschied zur NWA besteht im relativen Bewertungsansatz der Methoden, woraus eine Rangfolge der Alternativen untereinander, aber keine absolute Bewertung einer einzelnen Alternative hervorgeht. Dadurch wird der zusätzliche Aufwand einer Umrechnungsfunktion wie bei der Nutzwertanalyse vermieden[Saa08, S. 84f.]. Die Vorgehensweise beim Analytic Hierarchy Process besteht dabei aus sechs Schritten[BR04, S. 15ff.]: 1) Zunächst wird die Bewertungssituation in einer Entscheidungshierarchie aus Ziel, Kriterien(ggf. mit Sub-Kriterien) und Alternativen untergliedert. Die Entscheidungshierarchie gibt die zentrale Struktur des Prozesses vor[Saa08, S. 84]. 2) Die Hierarchie wird anschließend strukturiert durchlaufen, indem zunächst die Leistung der Alternativen in Bezug auf jedes Kriterium(bzw. Sub-Kriterium) miteinander verglichen werden[Saa08, S. 84]. Auf Basis einer qualitativen Einschätzung(viel schlechter über gleich bis viel besser) werden diese Ergebnisse in Bewertungsmatrizen für alle Kriterien quantitativ dokumentiert(1/9 für viel schlechter über 0 für gleichbedeutend bis 9 für viel besser)[BR04, S. 16]. 3) Im dritten Schritt wird der Kriterieneinfluss auf das Bewertungsziel ermittelt. Die Bewertung erfolgt analog zu Schritt 2 durch paarweisen Vergleich der Kriterien und Dokumentation in einer Gewichtungsmatrix[BR04, S. 16]. 4) Für alle Matrizen wird der Eigenvektor gebildet und normalisiert. Als Ergebnis ergeben sich die kriterienspezifische Bewertungen für alle Alternativen sowie die Gewichtung der Kriterien[BR04, S. 17]. 5) Auf Basis des maximalen Eigenwertes wird die Konsistenz der Entscheidungshierarchie ermittelt. Sollte die Inkonsistenz über 10% liegen, wird eine erneute Überprüfung der Bewertungsmatrizen empfohlen[BR04, S. 17]. 6) Die Bewertungsergebnisse werden mit der Gewichtung der Sub-Kriterien multipliziert und entsprechend der Bewertungshierarchie aufsummiert. Daraus resultiert eine Rangfolge der Alternativen mit entsprechendem relativen Bewertungsergebnis[Saa08, S. 84]. Seite 70 Kapitel 3 Der AHP ermöglicht auf Basis der Entscheidungshierarchie eine strukturierte Bewertung mehrerer Alternativen untereinander. Die angenommene hierarchische Beziehung der Kriteriengewichtung und Alternativenbewertung kann jedoch nicht für alle Bewertungssituationen vorausgesetzt werden. Aus diesem Grund wurde der Analytic Network Process als Erweiterung zum AHP entwickelt, indem die Entscheidungshierarchie zu einem Entscheidungsnetzwerk verallgemeinert wurde[Saa09, S. 7ff.]. Der Bewertungsprozess beim ANP verläuft dabei prinzipiell ähnlich zum AHP, jedoch werden hier die ermittelten Eigenvektoren der Entscheidungsmatrizen in einer sog. Supermatrix konsolidiert. Diese ermöglicht zusätzlich eine individuelle Gewichtung der Kriterien spezifisch für jede Alternative. Damit ist die einseitige hierarchische Beziehung zugunsten eines Entscheidungsnetzwerkes aufgelöst. Durch mehrfache Potenzierung der Supermatrix kann analog zum AHP eine Rangfolge der Alternativen mit relativem Bewertungsergebnis ermittelt werden[Saa09, S. 15ff.]. Beurteilung: Sowohl AHP als auch ANP bilden effektive Methoden zur strukturierten Bewertung von Produktionssystemalternativen. Bedingt durch das formale Vorgehen ist der Aufwand zur Anwendung der Methoden und Vermittlung der Ergebnisse jedoch nicht unerheblich. Ein Einsatz lohnt sich daher vor allem für komplexe Entscheidungssituationen, in denen dem erhöhten Aufwand ein entsprechender Nutzen robuster Bewertungsergebnisse gegenüber steht. 3.3.1.3 PROMETHEE Die Methode PROMETHEE(Preference Ranking Organisation Method for Enrichment Evaluation) dient analog zur Nutzwertanalyse als Möglichkeit zur multikriteriellen Entscheidungsunterstützung auf Basis absoluter Bewertungsmaßstäbe. Wie bei der genannten Methode wird auch hier eine Rangfolge für eine bekannte Menge an Alternativen abgeleitet, die auf Basis von Kriterien, Gewichtungen und Kriterienausprägungen ermittelt wird. Grundlage für die Ermittlung sind paarweise Vergleiche, mit der die Präferenzen der Entscheider erfasst werden. Besonderes Merkmal der Methode PROMETHEE ist dabei die Möglichkeit, sog. schwache Präferenzen über die Präferenzfunktion als auch Unvergleichbarkeiten bei der Rangfolgebildung zu berücksichtigen [GL14, S. 2ff.]. Im ersten Schritt werden dazu die Präferenzen in Form sog. Präferenzfunktionen abgebildet. Dazu stehen als besonderes Merkmal der Methode PROMETHEE sechs verschiedene Grundtypen zur Verfügung, die der Anwender mit Hilfe verschiedener Parameter konkretisiert. Hierbei wird für jedes Kriterium erfasst, bis zu welcher Differenz der Kriterienausprägung zweier Alternativen kein Unterschied in der Bewertung der beiden Alternativen getroffen wird(Indifferenz). Analog gibt es einen Schwellwert der Differenz, ab der immer die eine Alternative gegenüber der anderen bevorzugt wird (Strikte Präferenz). Je nach gewähltem Grundtyp der Präferenzfunktion besteht dazwischen ein definierter Übergangsbereich, bei dem mit steigender Differenz zu einer der Stand der Technik Seite 71 Alternativen tendiert wird(Schwache Präferenz). Der Übergangsbereich kann dabei beispielsweise linear oder in Stufen ausgeprägt sein[Wal10, S. 75]. In den weiteren Stufen der PROMETHEE-Methode werden die subjektiven Gewichtungen der Kriterien erfasst und auf dieser Basis der Outranking-Relationen aller Alternativen bestimmt, d.h. das Maß für die Gesamt-Präferenz einer Alternative gegenüber einer anderen. Anschließend werden für jede Alternative die Ein- und Ausgangsflüsse abgeleitet, d.h. die Summe der Präferenzen einer Alternative gegenüber allen anderen sowie die Summe der Dominanz aller anderen Alternativen über eine. Eine Alternative dominiert bei größerem Ausgangsfluss sowie kleinerem Eingangsfluss[Wal10, S. 76ff.]. Sofern der Ausgangsfluss höher ist, aber der Eingangsfluss gegenüber einer anderen Alternative ebenfalls höher ist, liegt eine Unvergleichbarkeit von zwei Alternativen vor und es wird keine Dominanz abgebildet(sog. Partielle Präordnung). Nur durch Bildung des aggregierten Nettoflusses aller Eingangsflüsse über alle Ausgangsflüsse kann eine eindeutige Rangfolge der Alternativen abgeleitet werden(sog. Vollständige Präordnung bzw. Totalordnung)[GL14, S. 63]. Beurteilung: Die Vorteile der Methode PROMETHEE liegen hauptsächlich in deren Möglichkeiten zur detaillierten Abbildung schwacher Präferenzen und Unvergleichbarkeiten von Alternativen. Die Bildung der Präferenzfunktionen basiert jedoch wie bei der Nutzwertanalyse auf einem absoluten Bewertungsmaßstab, dessen Ermittlung in der frühen Phase noch nicht mit der erforderlichen Genauigkeit möglich ist. 3.3.1.4 TOPSIS Die multikriterielle Entscheidungsmethode TOPSIS(Technique for Order Preference by Similarity to Ideal Solution) wurde mit dem Fokus auf einer möglichst einfachen Anwendbarkeit in betriebswirtschaftlichen Entscheidungssituationen entwickelt. Die Methode verfolgt ähnlich zum Analytic Hierarchy Process/ Analytic Network Process einen relativen Bewertungsansatz, d.h. die Bildung des Bewertungsmaßstabes hängt von den zur Auswahl stehenden Alternativen ab. Dabei erfolgt die Bewertung jeder Alternative anhand ihres Abstandes zu einer idealisierten Best-Case- sowie Worst-Case-Lösung [PZ07, S. 9]. Die Vorgehensweise bei der TOPSIS-Methode gliedert sich in acht grundsätzliche Schritte, von denen sich insbesondere die Schritte sechs bis acht von den anderen Verfahren der multikriteriellen Entscheidungsunterstützung unterscheiden[PZ07, S. 9ff.]: 1) Problemmodellierung: Im ersten Schritt ist die Bewertungsaufgabe zu formulieren und das Bewertungsziel sowie die dafür erforderlichen Kriterien mitsamt der zur Verfügung stehenden Alternativen zu definieren. Die Kriterien sind dabei nach Kosten- und Nutzenkriterien zu differenzieren, d.h. festzulegen, ob eine Minimierung oder Maximierung dieser Kriterien vorteilhaft ist[PZ07, S. 9f.]. Seite 72 Kapitel 3 2) Gewichtung der Kriterienbedeutung: Ein bestimmtes Vorgehen zur Gewichtung der Kriterien ist im Rahmen der TOPSIS-Methode nicht vorgegeben. Die Gewichtung kann sowohl durch eine einfache Zuordnung von Punktwerten wie bei der Nutzwertanalyse als auch durch paarweisen Vergleich mit mehrfacher Abstufung wie beim Analytic Hierarchy Process durchgeführt werden[PZ07, S. 10]. 3) Bewertung der Kriterienausprägungen: Die Bewertung aller Alternativen hinsichtlich der Leistungserfüllung für jedes Kriterium erfolgt in einer sog. Entscheidungsmatrix. Dabei müssen die Bewertungen einem kardinalen Bewertungsmaßstab entsprechen, um einen Skalenbruch zu vermeiden[PZ07, S. 10f.]. 4) Normalisierung der Entscheidungsmatrix: Eine Normalisierung der Entscheidungsmatrix wird vorgenommen, wenn die Kriterienausprägungen im Schritt drei auf Basis absoluter Werte mittels unterschiedlicher Skalen vorgenommen wurde. Falls die Gewichtung bereits implizit mittels paarweiser Vergleiche analog zum Analytic Hierarchy Process durchgeführt wurde, ist eine weitere Normalisierung der Entscheidungsmatrix nicht erforderlich[PZ07, S. 11f.]. 5) Gewichtung der normalisierten Entscheidungsmatrix: Die normalisierte Entscheidungsmatrix wird mit den im Schritt 2 ermittelten Kriteriengewichten multipliziert. Die resultierende Matrix entspricht im Prinzip dem Ergebnis anderer Bewertungsverfahren mit einfacher Kriteriengewichtung wie beispielsweise der Nutzwertanalyse[PZ07, S. 12]. 6) Bildung virtueller Alternativen: Als besonderes Merkmal der TOPSIS-Methode werden im Schritt sechs zwei virtuelle Alternativen aus den bestehenden realen Aternativen abgeleitet. Eine positiv-ideale Lösung(Best-Case) vereint alle besten Kriterienausprägungen der gewichteten normalisierten Entscheidungsmatrix und eine negativ-ideale Lösung(Worst Case) alle schlechtesten Kriterienausprägungen[PZ07, S. 12]. 7) Berechnung der Abstandsmaße: Für alle realen Alternativen werden die jeweiligen Abstände zu den beiden virtuellen Alternativen ermittelt. Dazu werden je zwei Abstandsmaße im mehrdimensionalen Raum berechnet, der durch die Anzahl der Kriterien aufgespannt wird[PZ07, S. 12]. 8) Ermittlung der Abstandsindizes: Zur Ermittlung der Gesamt-Reihenfolge wird abschließend aus den beiden Abstandsmaßen für jede Alternative ein Abstandsindex für die relative Nähe zur positiv-idealen Lösung ermittelt. Der Abstandsindex wird umso besser, je näher eine Alternative der Best-Case-Lösung und je weiter sie entfernt von der Worst-Case-Lösung im Entscheidungsraum liegt. Als Ergebnis ergibt sich die Rangfolge der realen Alternativen gemäß der TOPSISMethode[PZ07, S. 12f.]. Stand der Technik Seite 73 Beurteilung: Die Methode TOPSIS zeichnet sich dadurch aus, dass das Vorgehen intuitiv vermittelbar und die Ergebnisse gut nachvollziehbar sind. Darüber hinaus ist keine aufwändige Software-Unterstützung erforderlich, da die Berechnungen auch mit Hilfe einfacher Tabellenkalkulationen ermittelt werden können. Ein grundsätzlicher Nachteil der Methode besteht jedoch darin, dass die Kriterienausprägungen der Alternativen auf Kardinalskalen abgebildet werden müssen. Damit scheiden insbesondere solche Kriterien aus, die ordinal abgebildet werden sollen, wie beispielsweise durch qualitative bzw. verbale Bewertungen. Diese sind jedoch in vielen Entscheidungssituationen, insbesondere in der frühen Phase erforderlich. 3.3.2 Methoden der entwicklungsbegleitenden Bewertung von Produktionssystemen Multikriterielle Methoden der entwicklungsbegleitenden Bewertung sind spezifisch auf die Bewertung von Produktionssystemalternativen im Kontext der Produktentstehung ausgerichtet. Sie basieren auf den im vorherigen Abschnitt dargestellten Basismethoden der Entscheidungsunterstützung und unterscheiden sich hauptsächlich in Bezug auf den Betrachtungsumfang der Produktionssystem-Dimensionen sowie die maßgeblichen Bewertungszeitpunkte im Produktentstehungsprozess. So stellt bei der lebenszyklusorientierten Bewertung die Produktionssystementwicklung lediglich einen Teilbereich des relevanten Bewertungszeitraumes dar und unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der kontinuierlichen Weiterentwicklung während des Betriebs. Andere Verfahren setzen den Anspruch der ganzheitlichen Bewertung von Produktionssystemen weniger aus technischer denn aus betriebswirtschaftlicher Sicht um. Die Produktionssysteme selbst werden in Bezug auf ihre funktionalen Aspekte als Black Box abstrahiert, dabei aber in Hinblick auf ihre relevanten Wirk- und Einflussgrößen ganzheitlich betrachtet. 3.3.2.1 Methodik zur Generierung und Bewertung von Fertigungsfolgen nach T ROMMER Die von T ROMMER entwickelte Methodik unterstützt mit der Bewertung von Fertigungsfolgen den Entwicklungsprozess für Produktionssysteme. Grundlage für die Bewertung sind technisch konsistente Fertigungsprozessfolgen, die aus bauteilspezifischen Anforderungen des zu produzierenden Produkts abgeleitet wurden(siehe Abschnitt 2.4.1.2). Das Vorgehen zur Ermittlung einer anschließenden Rangfolge der verbliebenen identifizierten Alternativen ist in Bild 3-7 dargestellt. Die Methodik nach T ROMMER basiert im Wesentlichen auf dem Analytic Hierarchy Process, der um Fuzzy-Operatoren zur Abbildung von Unsicherheit erweitert wurde (sog. Fuzzy-AHP). Die Schritte eins bis vier entsprechen somit dem Standardvorgehen beim Analytic Hierarchy Process. Dabei werden den Kennwerten jedoch keine statischen Werte, sondern Wahrscheinlichkeitsverteilungen zugewiesen. Als Ergebnis resul- Seite 74 Kapitel 3 tiert eine Rangfolge, die auf den stochastischen Erwartungswerten der Alternativen basiert[Tro01, S. 44]. Bild 3-7: Fuzzy-AHP-Bewertung von Fertigungsfolgen nach T ROMMER [Tro01, S. 44] Beurteilung: Die Methode nach T ROMMER bildet eine zielgerichtete Lösungsweise zur entwicklungsbegleitenden Bewertung von Fertigungsfolgen. Insbesondere die Abbildung von Unsicherheit in der frühen Phase kann durch die Verwendung der FuzzyOperatoren effektiv umgesetzt werden. Die Methode fokussiert jedoch im Rahmen der Produktionssystementwicklung ausschließlich auf die Prozess-/Ressourcenkombination. Weitere Aspekte von Produktionssystemen wie Verhalten und Gestalt bleiben unberücksichtigt. 3.3.2.2 Entwicklungs- und planungsbegleitende Bewertung von Produktionsalternativen nach M ÜLLER Die von M ÜLLER entwickelte Methodik zur entwicklungs- und planungsbegleitenden Bewertung von Produktionsalternativen baut auf der vorgestellten Methodik von T ROMMER auf. Auch hier dient die Bewertung zur Unterstützung des Entwicklungsprozesses in der frühen Phase, jedoch liegt der Fokus auf einem stärkeren Einbezug monetärer Kostenparameter. Neben der Kostenbetrachtung betont Müller die Notwendigkeit von qualitativen Kriterien im Bewertungsprozess, die sich nicht quantifizieren lassen. Für die Bewertung die- Stand der Technik Seite 75 ser Kriterien wird die Nutzwertanalyse verwendet[Mül08, S. 118f.]. Dabei sind jedoch lediglich die Elemente innerhalb einer Prozess- bzw. Verfahrenskette zu bewerten, in denen sich die Alternativen unterscheiden[Mül08, S. 120]. Wie in Bild 3-7 dargestellt, sind dazu ggf. mehrere Teilverfahren zusammenzufassen und ein Mittelwert zu bilden, um einen einheitlichen Vergleichsmaßstab in Bezug auf die anderen Alternativen zu erzielen. Legende NWA Nutzwertanalyse Unterschiedbildner der alternativen Gesamtverfahrensketten Bild 3-8: Qualitative Bewertung von Verfahrensketten nach M ÜLLER [M ÜL 08, S. 121] Beurteilung: Die von M ÜLLER entwickelte Methodik zeichnet sich vor allem durch die Verbindung monetärer und qualitativer Bewertungsaspekte aus. Analog zur Methodik nach T ROMMER liegt der Bewertungsfokus jedoch ebenfalls auf den technologischen Aspekten der Verfahren und Ressourcen. Verhaltens- und Layout-Aspekte spielen bei der Bewertung eine untergeordnete Rolle. 3.3.2.3 Strategische Planung von Technologieketten nach S CHINDLER In der Methodik zur strategischen Planung von Technologieketten nach S CHINDLER wird der planungsbegleitende Aspekt der Ansätze von T ROMMER und M ÜLLER aufgegriffen. Der Schwerpunkt der Methodik liegt dabei auf der Bewertung von Technologie-Reifegraden und damit einhergehenden Entwicklungspotentialen der erarbeiteten Technologieketten. In dem fünfstufigen Vorgehensmodell erfolgt zunächst die Ist-Analyse durch Definition der Produktionsstrategie mit Festlegung der Produktionsaufgabe und Modellierung des Produkts. Im zweiten Schritt werden für die Produktionsaufgabe relevante Technologiealternativen identifiziert und grob in Bezug auf Technologiereife, technische Machbarkeit und Technologiepotenzial bewertet. In Schritt drei werden aus den Technologiealternativen Technologieketten gebildet. Dazu werden Wechselwirkungen bis zum dritten Grad abgebildet, um die gegenseitige Beeinflussung verschiedener Technologien zu berücksichtigen. Im Schritt vier erfolgt die eigentliche Feinbewertung der alternativen Technologieketten sowie die Bestimmung des Eignungsgrades als übergeordnetes Bewertungsziel. Abschließend werden die Technologieketten im Schritt fünf Seite 76 Kapitel 3 auf Basis der Bewertungsergebnisse verglichen und die bevorzugte Alternative ausgewählt[Sch14, S. 82]. Die Grobbewertung der Technologiealternativen wird in Form eines TechnologieRadars zusammengefasst. Die Segmente des Technologie-Radars repräsentieren die Bauteil-Features. Die bewerteten Technologiealternativen werden in Form von Kreisen den Bauteil-Features zugeordnet, zu deren Fertigung sie geeignet sind. Innerhalb der zugeordneten Segmente werden die Technologiealternativen umso weiter innen angeordnet, je höher die Technologiereife ausgeprägt ist. Das Technologiepotential wird durch den Durchmesser der Technologie-Kreise visualisiert. Die technische Machbarkeit der Technologiealternativen wird im Technologieradar nicht visualisiert, da sie ein Ausschlusskriterium für die weitere Planung darstellt[Sch14, S. 90]. Die Feinbewertung der alternativen Technologieketten wird erneut für die Kriterien Technologiereife und Technologiepotential, aber auch für das Kriterium Wirtschaftlichkeit durchgeführt. Die Kriterien werden in Bezug auf die Zielgröße Eignungsgrad gewichtet konsolidiert. Die Gewichtung ist dabei unternehmensspezifisch ausgeprägt und hängt auch von der betrachteten Produktionsaufgabe sowie Produktionsstrategie ab. Mit Hilfe einer Monte-Carlo-Simulation werden die drei gewichteten Bewertungskriterien in eine resultierende Wahrscheinlichkeitsverteilung des Eignungsgrades überführt. Die Auswertung der Verteilungen aller alternativen Technologieketten ermöglicht dann eine qualifizierte Auswahl der favorisierten Alternative, beispielsweise durch Vergleich des Mittelwertes oder der Streuung[Sch14, S.103ff.]. Beurteilung: Der Methodik nach S CHINDLER zeichnet sich insbesondere durch die explizite Berücksichtigung des Technologie-Reifegrades bei der entwicklungsbegleitenden Bewertung aus. Dadurch können in der frühen Phase bereits existierende Informationen zu den Technologiealternativen berücksichtigt werden, ohne dass eine explizite quantitative bzw. monetäre Aussage zwingend erforderlich wäre. Die Methodik berücksichtigt jedoch ausschließlich Technologieketten im Sinne einer Kombination von Bearbeitungsschritten mit implizit zugeordneten Betriebsmitteln. Eine ganzheitliche Betrachtung des Produktionssystems, beispielsweise von Layout-Aspekten, ist nicht vorgesehen. 3.3.2.4 Lebenszyklusorientierte Adaption und Bewertung von Produktionsstrukturen nach P OHL Der Methode zur Adaption und Bewertung von Produktionsstrukturen unter Berücksichtigung von Lebenszyklen nach P OHL liegt die Annahme zugrunde, dass die Produktionssysteme von Unternehmen ständig an sich ändernde Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. Dazu wird in Abhängigkeit vom Lebenszyklus des Produktionssystems der Adaptionsbedarf identifiziert und in Form sog. Adaptionsszenarien dokumentiert. Diese umfassen sowohl die Planung von Strukturmaßnahmen als auch die Erhebung der Adaptionskosten sowie die Anpassung des Lebenszyklus nach der Adaption. Stand der Technik Seite 77 Neben der Ableitung konsistenter Adaptionsszenarien sind diese auch umfassend zu bewerten, um die Auswirkungen auf das Produktionssystem abzuschätzen[Poh14, S. 84ff.]. Die Bewertung der Adaptionsszenarien erfolgt dabei in mehreren Phasen, die die Anzahl der zu untersuchenden Alternativen schrittweise reduzieren. Zunächst wird das Kostenmodell der Adaptionsszenarien spezifiziert und mit den ermittelten Unsicherheiten verknüpft. Anschließend sind die grundsätzlichen Ziele der Adaption sowie die dazugehörigen Muss-Kriterien zu identifizieren. Mit Hilfe dieser Kriterien und den mit Unsicherheit behafteten Kostenmodellen erfolgt eine Reduktion der Alternativen auf Basis der Ergebnisse aus der Monte-Carlo-Simulation der verschiedenen Szenarien [Poh14, S. 93ff.]. Die nach Auswertung der Simulation verbliebenen Alternativen werden im folgenden Schritt in einer Portfolioanalyse gegenübergestellt. Die Analyse soll verdeutlichen, wie sich Risiko und Erwartungswert der Alternativen zueinander verhalten. Dazu werden das Verhältnis von Erwartungswert zu Risiko bzw. Standardabweichung der Alternativen gegenüber dem Quotienten aus Erwartungswert und Zielwert des Unternehmens im Portfolio abgebildet. Dabei sind die Alternativen zu bevorzugen, die einen möglichst hohen Erwartungswert bei verhältnismäßig geringem Risiko aufweisen. Im Unternehmen muss anwendungsspezifisch entschieden werden, bis zu welchem Wert ein hoher Erwartungswert ein höheres Risiko rechtfertigt(gefahraffine bzw. gefahraverse Unternehmen). Die Ergebnisse sind zusätzlich einer Sensitivitätsanalyse zu unterziehen [Poh14, S. 99ff.]. Beurteilung: Die Methode nach P OHL eignet sich besonders für die kontinuierliche Bewertung im Lebenszyklus von Produktionssystemen und kann grundsätzlich auch auf die frühe Phase übertragen werden. Durch die Fokussierung auf statistische Einflussgrößen wie Erwartungswert und Standardabweichung können jedoch nicht alle relevanten Aspekte von Produktionssystemen in der Entwicklung abgedeckt werden. 3.3.2.5 Modell zur ganzheitlichen Bewertung von Produktionsalternativen nach G ISSLER und W ARNECKE Das von G ISSLER und W ARNECKE vorgeschlagene Modell zur ganzheitlichen Bewertung von Produktionsalternativen dient zur Unterstützung der strategischen Produktionsplanung. Die zu bewertenden Produktionsalternativen sind in diesem Kontext als Kombination von Produktionsstandort und Produktionssystem zu verstehen. Als Voraussetzung für die Bewertung sind die verfügbaren Produktionsalternativen in Bezug auf die zwei Modellbestandteile Umfeld und Produktionssystem zu spezifizieren, ergänzt durch einen konzeptionellen Überbau. Der Überbau bildet dabei die Rahmenbedingungen zur Anwendung des Bewertungsmodells ab und gliedert sich in die Elementgruppen Strategie, Projektorganisation und Planungsprämissen. Der Modellbestandteil Seite 78 Kapitel 3 Umfeld bildet alle entscheidungsrelevanten Kriterien ab, die sich auf den Standort der Produktionsalternative beziehen. Diese umfassen beispielsweise politische Stabilität, Demographie und Arbeitsmarkt, Zuliefererindustrie oder Ressourcenverfügbarkeit. Im Gegensatz zu den nicht-beinflussbaren Umfeld-Faktoren werden im Modellbestandteil Produktionssystem alle produktionsbezogenen Kriterien zusammengefasst. Diese umfassen beispielsweise Produktionsplanung, Logistik, Medien, Personal oder Gebäude. Die beiden Modellbestandteile Umfeld und Produktionssystem werden anschließend mitsamt ihrer Kriterien in einer Wirkbeziehungsmatrix zueinander in Verbindung gesetzt, um gegenseitige Abhängigkeiten und Beziehungen zu ermitteln[GW00, S. 200]. Die Bewertung der spezifizierten Produktionsalternativen erfolgt schließlich anhand der drei Merkmale Risiko, Kosten und Nutzen. Durch Kennzahlenbildung für jedes der drei Merkmale können auch unterschiedliche Produktionsalternativen miteinander verglichen werden. Die Kennzahl Risiko gibt in Form des Risikopotentials für ein Kriterium an, welche Auswirkungen eine schlechte(worst-case) Kriterienausprägung auf das Gesamtplanungsvorhaben hätte. Zur Ermittlung der Kennzahl Kosten ist für jedes Kriterium ein Abgleich der Kosten mit den in der Wirkbeziehungsmatrix verknüpften UmfeldKriterien notwendig. Die Kosten können dann in einmalige und laufende Kosten unterteilt werden. Die Kennzahl Nutzen wird schließlich zur Berücksichtigung von nichtquantifizierbaren Elementen verwendet, die indirekt einen positiven Einfluss auf das Gesamtplanungsvorhaben ausüben. Dabei wird zwischen unternehmensinternem und unternehmensexternem Nutzen unterschieden. Auf Basis der ermittelten Kennzahlen für die drei Merkmale Risiko, Kosten und Nutzen wird anschließend die Entscheidung für die bevorzugte Produktionsalternative getroffen[GW00, S. 201]. Beurteilung: Das Modell nach G ISSLER und W ARNECKE umfasst eine sehr breite Sichtweise des Planungsraums, um dem Anspruch der ganzheitlichen Bewertung gerecht werden zu können. Insbesondere die umfangreiche Betrachtung des Umfelds kann in bestimmten Planungsfällen eine Erhöhung der Bewertungsqualität ermöglichen. Jedoch bezieht sich die Bewertung des eigentlichen Produktionssystems bedingt durch die strategische Perspektive weniger auf die entwicklungsbegleitenden, technischen Aspekte. In der frühen Phase sollte das Modell daher nur optional eingesetzt werden und müsste durch weiterführende Bewertungsansätze für die technischen Aspekte ergänzt werden. 3.4 Handlungsbedarf Die Menge der untersuchten Ansätze macht deutlich, wie vielschichtig die Problematik der Bewertung von Produktionssystemkonzepten in der Literatur dargestellt wird. Die Bewertungsansätze unterscheiden sich nicht nur in Hinblick auf die dargestellte Zielgröße, sondern insbesondere in Hinblick auf die zugrundeliegende Bewertungslogik. Im Folgenden werden daher die verschiedenen Ansätze mit den im Abschnitt 2.5 dargestellten Anforderungen an die Methodik verglichen. Stand der Technik Seite 79 1) Einordnung in die Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme Die Einordnung in die bestehende Entwicklungsmethodik wird von keiner der genannten Verfahren explizit adressiert, wenngleich vor allem die entwicklungsbegleitenden Verfahren eine vergleichbare Herangehensweise verfolgen. Der integrative Charakter der Produkt- und Produktionssystemkonzipierung wird dabei jedoch nicht ausreichend berücksichtigt. 2) Fokus auf die frühe Phase der Produktionssystementwicklung Viele der untersuchten Ansätze beschränken sich in ihrem Bewertungsansatz auf bestehende Produktionssysteme und berücksichtigen nicht die deutlich abweichende Informationsbasis in der frühen Phase. Einige Methoden wie die Methodik nach T ROMMER oder die Methodik nach S CHINDLER begegnen dieser Bewertung unter Unsicherheit mit statistischen Verteilungen bzw. Fuzzy-Operatoren. Diese werden jedoch lediglich auf einige Prozessparameter angewendet und nicht auf alle relevanten Entscheidungsgrößen. 3) Durchgängige Entwicklungsbegleitung in der frühen Phase Eine durchgängige Entwicklungsbegleitung ist bei keiner der untersuchten Ansätze feststellbar. Zwar orientiert sich beispielsweise das Reifegradmodell nach B AUMGÄRTNER grundsätzlich an festgelegten Reifegraden, jedoch beschränken sich diese auf die reine Prozessebene. 4) Ganzheitliche Bewertung der Produktionssystemkonzepte Bestehende Methoden für die entwicklungsbegleitende Bewertung beschränken sich in ihrem Betrachtungsumfang zumeist auf die Prozessbewertung, teilweise werden wie in der Methodik nach N IEMANN zusätzlich auch Ressourcen berücksichtigt. Eine Bewertung von Layout- und Verhaltensaspekten im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung werden von keiner der untersuchten Ansätze adressiert, obwohl Methoden wie der Analytic Hierarchy Process bzw. Analytic Network Process entsprechende Möglichkeiten anbieten. 5) Bewertung auf Basis formaler und semiformaler Systemspezifikationen Eine Systemspezifikation wird bei den entwicklungsbegleitenden Verfahren insbesondere für die Prozessdarstellung angedeutet, jedoch nicht eindeutig ausgeführt. Lediglich im Kennzahlensystem nach S CHUH ET AL . wird ein Systemmodell auf Basis abstrakter Klassen und konkreter Objekte vorgestellt. Dieses beschränkt sich jedoch in der Anwendung auf die Erfassung verschiedener Flexibilitätskennzahlen. 6) Bewertung qualitativ und quantitativ spezifizierter Parameter Die Basismethoden der multikriteriellen Entscheidungsunterstützung sind grundsätzlich dazu geeignet, sowohl quantitative als auch qualitative Parameter Seite 80 Kapitel 3 zu erfassen. In den Ansätzen von M ÜLLER und T ROMMER werden diese aufgegriffen und teilweise mit anderen Verfahren ergänzt, um ein umfassendes Bewertungsergebnis der verschiedenen Produktionssystemalternativen zu erhalten. 7) Kompatibilität zu bestehenden IT-Tools und Prozessen in der Unternehmenspraxis Die meisten der untersuchten Verfahren sind grundsätzlich dazu geeignet, in bestehenden IT-Umgebungen von Industrieunternehmen abgebildet zu werden. Lediglich einige Ansätze mit sowohl operativem als auch strategischem bzw. geschäftsbereichsübergreifendem Anspruch wie die von G ISSLER und W ARNECKE oder M ÖLLER sind in aktuellen Systemarchitekturen schwer abbildbar, da diese strukturell häufig voneinander getrennt sind. Hier ist ein erhöhter Aufwand für die IT-Implementierung zu erwarten. Stand der Technik Seite 81 Tabelle 3-4: Bewertung der untersuchten Ansätze anhand der Anforderungen Bewertung Das Verfahren hat die Anforderung Anforderungen voll erfüllt teilweise erfüllt nicht erfüllt Einordnung in die Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme Fokus auf die frühe Phase der Produktionssystementwicklung Durchgängige Entwicklungsbegleitung in der frühen Phase Ganzheitliche Bewertung der Produktionssystemkonzepte Bewertung auf Basis formaler und semiformaler Systemspezifikationen Bewertung qualitativ und quantitativ spezifizierter Parameter Kompatibilität zu bestehenden IT-Tools und Prozessen Reifegradorientierte Bewertung Monetäre Bewertung Adaptivitätsorientierte Bewertung A1 A2 A3 A4 A5 A6 A7 SPICE-Reifegradmodell Reifegradbewertung nach B ENSIEK Reifegradmodell nach A NKELE und B AUM GÄRTNER IAO-Reifegradmodell nach K ORGE Herstellkostenbewertung nach L ANZA ET AL . Life-Cycle-Controlling nach N IEMANN Bewertung vernetzter Produktionsstandorte nach K REBS Bewertungssystem der Wandlungsfähigkeit nach W IENDAHL ET AL . Bewertung wandlungsfähiger Produktionssysteme nach M ÖLLER Methodik zur Flexibilitätsbewertung nach R OGALSKI Kennzahlensystem zur Flexibilitätsbewertung nach S CHUH ET AL . Bewertung der Energieeffizienz nach W EINERT Risikobewertung nach K ÖNIG Nutzwertanalyse nach Z ANGEMEISTER Analytic Hierarchy/Network Process nach S AATY PROMETHEE TOPSIS Industriespezifische Bewertung Multikriterielle Bewertung Seite 82 Kapitel 3 Entwicklungsbegleitende Bewertung Bewertung von Fertigungsfolgen nach T ROMMER Planungsbegleitende Bewertung von Produktionsalternativen nach M ÜLLER Technologiekettenbewertung nach S CHINDLER Lebenszyklusorientierte Bewertung von Produktionsstrukturen nach P OHL Ganzheitliche Bewertung von Produktionsalternativen nach G ISSLER und W ARNECKE Aus Tabelle 3-4 ist ersichtlich, dass keiner der untersuchten Ansätze die gestellten Anforderungen erfüllt. Vor allem die entwicklungsbegleitenden Bewertungsverfahren bieten zwar vielversprechende Ansätze für die frühe Phase, jedoch beschränken sie sich auf eine Prozessbewertung mit rudimentärer Ressourcenbewertung. Es bedarf daher einer neuen Methodik zur Bewertung von Produktionssystemen in der frühen Entwicklungsphase. Methodik zur Bewertung von Produktionssystemen in der frühen Entwicklungsphase Seite 83 4 Methodik zur Bewertung von Produktionssystemen in der frühen Entwicklungsphase Die im Folgenden vorgestellte Methodik unterstützt im Rahmen der Produktentstehung eine zielgerichtete Verkleinerung des Lösungsraumes, um das bestgeeignete Produktionssystem zu identifizieren. Dabei ist eine Bewertungsneutralität 6 in Bezug auf unterschiedliche Konzeptreifegrade sicherzustellen. Die Bestandteile der Methodik werden in diesem Kapitel in einer Gesamtübersicht vorgestellt und im anschließendem Kapitel 5 hinsichtlich der Analyse und Bewertung von Reifegrad, Leistung, Kosten und Wirtschaftlichkeit detailliert. 4.1 Einordnung und Grundansatz der Methodik Die Methodik gliedert sich in die von N ORDSIEK definierte Systematik zur Konzipierung von Produktionssystemen ein[Nor12, S. 96ff.]. Im Rahmen der integrativen Konzipierung von Produkt- und Produktionssystem werden die einzelnen Aspekte des Gesamtsystems zunehmend detailliert. Mit jedem Fortschritt der Entwicklungsreife gilt es, für die einzelnen Aspekte neue oder verbesserte Teillösungen unter Berücksichtigung der vorgegebenen Anforderungen zu generieren und zu bewerten. Für die Bewertung von Produktionssystemkonzepten folgt daraus, dass auf Basis einer vorgegebenen Baustruktur zunächst alternative Prozessfolgen verglichen werden, welche die Baustruktur prinzipiell realisieren können. Anschließend werden alternative Ressourcenkonfigurationen bewertet, die eine oder mehrere der spezifizierten Prozessfolgen ausführen. Auf Basis der favorisierten Ressourcen können dann die weiteren Aspekte des Verhaltens und des räumlichen Layouts für das Produktionssystem konzipiert und verglichen werden. Die jeweils erarbeiteten Teillösungen bilden dabei die Eingangsinformationen für die vorliegende Methodik, die eine übergreifende Bewertung aller Aspekte parallel zum Entwicklungsprozess ermöglicht. Die damit realisierte, entwicklungsbegleitende Ausrichtung der Methodik ist in Bild 4-1 dargestellt. 6 Unter Bewertungsneutralität wird im Kontext dieser Arbeit verstanden, dass Konzepte mit geringerem Reifegrad keinen grundsätzlichen Bewertungsnachteil ggü. fortgeschritteneren Konzepten haben sollen. Seite 84 Prinziplösung des Produkts Kapitel 4 Entwicklungsbegleitende Bewertung von Produktionssystemkonzepten Bild 4-1: Einordnung der entwicklungsbegleitenden Bewertung von Produktionssystemkonzepten in den Konzipierungsprozess in Anlehnung an N ORDSIEK [Nor12, S. 99] Die in Bild 4-1 idealisiert dargestellte integrative Konzipierung von Produkt und Produktionssystem wird gemäß des in Kapitel 2.1 erörterten 3-Zyklen-Modells iterativ vollzogen[GP14, S. 26]. Somit verläuft jede Entwicklungsaufgabe entlang eines individuellen, projektspezifischen Entwicklungspfades. Alle relevanten Aspekte des Produktionssystems werden aufeinander aufbauend konzipiert und verfeinert. Die Bewertungsmethodik folgt diesem Entwicklungspfad, indem die Bewertungsmethoden und-kriterien spezifisch auf den jeweiligen Reifegrad der Produktionssystemkonzepte hin ausgewählt werden. Somit ist sichergestellt, dass in jedem Bewertungszyklus genau die Informationen genutzt werden, die zum jeweiligen Bewertungszeitpunkt bereits zur Verfügung stehen. Dabei wird zum einen eine Scheingenauigkeit 7 der Bewertung vermieden, die durch die Verwendung von Kriterien entsteht, welche zum Bewertungszeitpunkt noch nicht bestimmt werden können. Darüber hinaus ist der Aufwand für die Bewertung vom Reifegrad bzw. der Komplexität der Alternativen abhängig und ermöglicht dadurch eine effizientere Ressourcenverteilung in der Entwicklung. Für den Vergleich erster Grobkonzepte sind weniger aufwändige Bewertungsmethoden notwendig als für die detaillierte Analyse weitestgehend ausgearbeiteter Produktionssystemkonzepte. 7 Unter einer Scheingenauigkeit versteht man die Aus wertung bzw.„Überinterpretation“ von Daten in einer Genauigkeit, welche die Unsicherheit der Datenbasis nicht widerspiegelt[Wal11-ol, S. 3]. Methodik zur Bewertung von Produktionssystemen in der frühen Entwicklungsphase Seite 85 Der grundlegende Ablauf der Methodik ist somit entlang der zunehmenden Konkretisierung der Produktionssystemkonzepte gegliedert. Zunächst erfolgt eine nicht-monetäre Leistungsbewertung anhand multikriterieller Bewertungsmethoden. Sobald eine Bewertung der zur Realisierung erforderlichen Investitionskosten möglich ist, werden diese den ermittelten Leistungskennwerten gegenübergestellt. Abschließend erfolgt für die weiterführende Bewertung in der frühen Phase eine Wirtschaftlichkeitsbewertung anhand der absatzmarktbezogenen Rahmenbedingungen. 4.2 Bestandteile der Methodik Um den beschriebenen Bewertungspfad unter Berücksichtigung der in Kapitel 2.5 definierten Anforderungen realisieren zu können, besteht die vorliegende Bewertungsmethodik wie in Bild 4-2 dargestellt aus den drei grundlegenden Bestandteilen Vorgehensmodell, Spezifikationstechnik und Analysemodell. Vorgehensmodell Kriterien ermitteln Leistung 1 bewerten Kosten 2 bewerten Wirtschaftl. 3 bewerten 4 Reifegradspezifische Rangfolge der Bewertungskriterien Leistungsfähigkeit Kosten-/Leistungsportfolio Gewinn-/Leistungsportfolio Analysemodell Leistungsfähigkeit Spezifikationstechnik Prozessparameter Prozessdauer: 48 s Vorschub: Drehzahl: 74 m/min 430 min -1 ... Kriterium 1 (z.B. DLZ) Kriterium 2 Kriterium 3 (z.B. Energieeffizienz) (z.B. Ausschussquote) Ungefrästes € Kriterium 4 Materialelement (z.B. Transportwege M ) _ID_001 Fräsen P_ID_001 Gefrästes € Materialelement M_ID_002 67% 24% 9% Produktionssystem A Produktionssystem B Produktionssystem C Produktionssystem A Produktionssystem A Produktionssystem B 7 Produktionssystem C 9 Eigenvektor 67% Produktionssystem B Produktionssystem C 1/7 1/9 1/3 3 24% 9% Bild 4-2: Bestandteile der Methodik zur Bewertung von Produktionssystemkonzepten Das Vorgehensmodell definiert in einer Abfolge von Phasen und Meilensteinen, welche Tätigkeiten in einem Bewertungszyklus durchgeführt werden. Eingangsinformation ist dabei eine Menge alternativer Produktionssystemkonzepte mit beliebigem Reifegrad und Ergebnis ein spezifiziertes Gewinn-/Leistungsportfolio der Alternativen. In Bild 4-3 ist das Vorgehensmodell der Methodik mit den Bewertungsphasen für Reifegrad, Leistung, Kosten und Wirtschaftlichkeit gemäß der in Abschnitt 4.1 beschriebe- Seite 86 Kapitel 4 nen Struktur dargestellt. Es bildet die Grundlage für die Anwendung der Methodik, die im folgenden Kapitel 5 detailliert beschrieben wird. Kriterien ermitteln 1 Leistung bewerten 2 Kosten bewerten 3 Wirtschaftl. bewerten 4  Bestimmung des Reifegrades aller Produktionssystemaspekte  Ableitung von reifegradspezifischen Kriterien  Gewichtung der Kriterien in Bezug auf Anforderungen  Multikriterielle Leistungsbewertung  Analyse der Produktionssystemkosten  Gegenüberstellung von Kosten und Leistung  Bestimmung der Stückkosten  Berechnung des Kapitalwerts  Berücksichtigung strategischer Vorteile Reifegradspezifische Bewertungskriterien Rangfolge der Leistungsfähigkeit Kosten-/Leistungsportfolio Gewinn-/Leistungsportfolio Bild 4-3: Vorgehensmodell der Methodik zur Bewertung von Produktionssystemkonzepten Im Analysemodell sind die erforderlichen Methoden hinterlegt, welche für die Ermittlung des Reifegrads sowie die Bewertung von Leistung, Kosten und Wirtschaftlichkeit der Produktionssystemalternativen erforderlich sind. Darüber hinaus wird der Zusammenhang der einzelnen Bewertungsaspekte zum resultierenden Gewinn-/ Leistungsportfolio der jeweiligen Alternativen hergestellt. Das Analysemodell enthält im Einzelnen die Methodenbeschreibung für die Ermittlung von:  Reifegraden für die Produktionssystemaspekte Prozesse, Ressourcen, Gestalt und Verhalten  Methoden zur Kriteriengewichtung, Bestimmung des Erfüllungsgrades sowie Konsolidierung der Bewertungsinformationen  Investitionskosten für Technologiekompetenzen, Ressourcen und Infrastrukturen  Produktionsstückkosten, Kapitalwert sowie nicht-monetärer strategischer Vorteile Die Spezifikationstechnik CONSENS bildet die Grundstruktur zur Repräsentation und Bewertung der verfügbaren Produktionssystemalternativen. Sie wurde dabei auf Basis der bestehenden Notation für Prozesse, Ressourcen und Gestalt um die Darstellung des Verhaltens eines Produktionssystems ergänzt. Für alle vier Aspekte der Spezifikationstechnik wurde zudem ein Phasenmodell der Konzipierung für die im Rahmen der Methodik vorgesehenen Reifegrade definiert. Mit dem Phasenmodell können alle mit Hilfe von CONSENS spezifizierten Produktionssystemkonzepte automatisiert hinsichtlich ihres Reifegrades ausgewertet werden. Anwendung der Methodik Seite 87 5 Anwendung der Methodik Die im Kapitel 4 eingeführte Methodik wird im Folgenden detailliert beschrieben und anhand eines durchgängigen Anwendungsbeispiels verdeutlicht. Dazu folgt zunächst eine Vorstellung des Anwendungsbeispiels. Anschließend werden die einzelnen Phasen entlang des Vorgehensmodells der Methodik erst allgemein beschrieben und dann jeweils auf das Anwendungsbeispiel übertragen. 5.1 Einführung in das Anwendungsbeispiel Als Anwendungsbeispiel dient ein mechatronisches Erzeugnis, das gemäß einer integrativen Entwicklung von Produkt und Produktionssystem konzipiert wird. Ablauf und Anwendung der Methodik werden für das Beispiel anhand der frühzeitigen und entwicklungsbegleitenden Bewertung des Produktionssystems veranschaulicht. Bei dem Anwendungsbeispiel handelt es sich um ein sog. Pedelec(Pedal Electric Cycle), also ein Elektrofahrrad, das den Fahrer mit einem Elektromotor bis maximal 250 Watt und bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h während des Tretvorgangs unterstützt. Aufbau und wesentliche Komponenten eines Pedelecs sind in Bild 5-1 dargestellt[GBD+12, S. 71]. Das Anwendungsbeispiel basiert auf den Ergebnissen des BMBF-Forschungsprojekts VireS („ Virtuelle Synchronisation von Produktentwicklung und Produktionssystementwicklung“ ), wo es als Demonstrator für das erarbeitete Instrumentarium diente. Das Anwendungsbeispiel wird im Folgenden weiterentwickelt, um die im vorherigen Abschnitt vorgestellte Methodik zu verdeutlichen[GBD+12, S. 71]. Seite 88 Kapitel 5 Bild 5-1: Aufbau eines Pedelec mit wesentlichen Komponenten[GBD+12, S. 71] Für das Anwendungsbeispiel wird angenommen, dass sich das Modell im Premiumsegment einordnet und eine geplante jährliche Absatzmenge von 2.000 Einheiten vorgesehen ist. Um die notwendige Qualität zu gewährleisten, soll die komplette Montage in Eigenfertigung durchgeführt werden. Weiterhin wurden durch die Vorgabe von Stahl, CFK 8 oder Titan als Rahmenmaterial Randbedingungen in Hinblick auf die Fügetechnologie definiert, die aus produktseitig vorgegebenen Materialrestriktionen resultieren. Weitere relevante produktspezifische Anforderungen an das Pedelec sind in Anhang A1 zusammengefasst. Im Zuge der Produktentstehung wird für das Pedelec von einer integrativen Konzipierung von Produkt und Produktionssystem im Sinne der in Abschnitt 2.2.2 dargestellten Grundsätze ausgegangen. Da für das Anwendungsbeispiel der Fokus auf der entwicklungsbegleitenden Bewertung alternativer Produktionssystemkonzepte liegt, werden die parallel stattfindenden Produktentwicklungsprozesse nicht detailliert ausgeführt. Zum Zeitpunkt der Bewertung liegt jeweils ein definiertes Produktkonzept mitsamt der vorgesehenen Baustruktur vor. Dieses bildet die Ausgangsbasis für die weitere iterative Produktionssystemkonzipierung und-bewertung. 8 CFK: Carbonfaserverstärkter Kunststoff Anwendung der Methodik Seite 89 5.2 Ermittlung von Bewertungskriterien Die Bewertung des Reifegrades der alternativen Produktionssystemkonzepte ist die Grundvoraussetzung für einen effektiven Entwicklungsprozess in der frühen Phase. Sie ermöglicht die Zuordnung von Kriterien und Methoden, die für die jeweilige Bewertungsphase ein geeignetes Maß an Detaillierung bilden. Wie im Kapitel 2.2.3 dargelegt, wird jedes Produktionssystemkonzept durch die Modellaspekte Prozesse, Ressourcen, Verhalten und Gestalt beschrieben, die mitsamt ihren Wechselwirkungen eine widerspruchsfreie Ausprägung zur Herstellung des betrachteten Produkts unter Berücksichtigung der Anforderungen bilden. Die Entwicklungsaspekte werden rechnerintern über Partialmodelle gemäß der CONSENS-Spezifikation abgebildet. Hierzu wird die Modell-Notation nach B AUER ET AL . verwendet[Bau15, S. 87ff.]. Da das Partialmodell Verhalten gemäß der CONSENSSpezifikation nicht explizit für das Produktionssystem definiert ist, erfolgt die Abbildung analog zum Produkt-Partialmodell. Dazu dienen die Aktivitätendiagramme der SysML bzw. UML als formale Grundlage(vgl.[Alt12]). Die o.g. Modellaspekte Prozesse, Ressourcen, Verhalten und Gestalt werden grundsätzlich über vier Entwicklungsphasen zunehmend konkretisiert, die im Abschnitt 5.2.1 näher beschrieben werden. Die Entwicklungsphasen korrespondieren jeweils mit einem bestimmten Reifegrad und dienen zur Ermittlung eines Gesamt-Reifegrads für ein Produktionssystemkonzept. Auf Basis der ermittelten Reifegrade werden anschließend die für die weitere Leistungsbewertung maßgeblichen Bewertungskriterien abgeleitet. Die drei Schritte der Reifegradbewertung sind zusammenfassend in Bild 5-2 dargestellt und werden in den folgenden Unterabschnitten näher ausgeführt. Anschließend wird das Vorgehen anhand des Anwendungsbeispiels demonstriert. Phasen/Meilensteine Aufgaben/Methoden Resultate Reifegradanalyse der Produktionssystemaspekte 1 Bildung des Gesamt-Reifegrades 2 Ableitung der reifegradspezifischen Kriterien 3 • Einordnung in Phasenmodell der Konzipierung • Konsolidierung der Teil-Reifegrade • Reifegradspezifische Kriterienselektion Teil-Reifegrade der Produktionssystemaspekte Konzeptspezifischer Gesamt-Reifegrad Reifegradspezifische Bewertungskriterien Bild 5-2: Vorgehen zur Reifegradbewertung von Produktionssystemalternativen Seite 90 Kapitel 5 5.2.1 Reifegradanalyse der Produktionssystemaspekte Zur Strukturierung der Produktionssystementwicklung aus Bewertungssicht wurde das Reifegradmodell für Produktionssysteme nach A NKELE ET AL .(siehe Abschnitt 3.1.3) auf die Konzipierung übertragen(vgl.[ASK08]). Das hieraus resultierende Phasenmodell der Konzipierung strukturiert die Konzipierung in eine Abfolge von vier maßgeblichen Entwicklungsphasen und Reifegraden. Zur begrifflichen Abgrenzung der Reifegrade 1- 4 werden die entsprechenden Entwicklungsphasen im Folgenden als Initialisierung, Konfiguration, Kombination und Optimierung bezeichnet und in den folgenden Abschnitten 5.2.1.1 bis 5.2.1.4 näher beschrieben. Der Hauptunterschied zwischen der Phaseneinteilung aus Bewertungssicht und dem im Abschnitt 2.2 dargestellten Vorgehen zur Konzipierung liegt im Fokus auf der Partialmodell-Spezifikation. Die eigentliche Konzipierung ist nach den auszuführenden Aufgaben bzw. Methoden strukturiert, z.B. Ressourcenmatrix aufstellen, danach Ressourcenverfügbarkeit prüfen[Nor12, S. 132ff.]. Aus Bewertungssicht ist hingegen vor allem die Unterteilung nach dem Fortschritt der Systemspezifikation relevant, z.B. Kernprozesse identifizieren, danach Prozessfolgen definieren[Mül08, S. 120ff.]. Bei der Produktionssystemkonzipierung haben u.U. mehrere nacheinander folgende Aufgaben keinen unmittelbaren Einfluss auf den horizontalen Fortschritt der Systemspezifikation, sondern dienen zur vertikalen Vervollständigung der Spezifikation auf einer Ebene(z.B. Bearbeitungsparameter einer Ressource ergänzen). Aus Bewertungssicht müssen Bewertungskriterien aber erst dann angepasst werden, wenn das zu bewertende System bzw. Partialmodell eine neue Entwicklungsphase erreicht hat(z.B. selbstoptimierende Fertigungssteuerung definiert). Die im Folgenden näher erläuterten Entwicklungsphasen grenzen somit gleichermaßen verschiedene Klassen der Bewertungskriterien voneinander ab. 5.2.1.1 Initialisierungsphase Die Initialisierungsphase bildet den Beginn der Entwicklung jedes einzelnen Produktionssystem-Partialmodells. Darin werden zunächst die wesentlichen Modellkomponenten des Partialmodells identifiziert, rechnerintern instanziert sowie erste Verbindungen zwischen den Modellkomponenten hergestellt. Grundsätzlich richtet sich die Entwicklungsreihenfolge nach dem für die Spezifikationstechnik CONSENS empfohlenen Vorgehen, d.h. auf Basis einer ersten Baustruktur des Produkts und den daraus resultierenden, zentralen Partialmodellen Prozess- und Ressourcendiagramm werden die weiteren Partialmodelle Gestalt- und Verhaltensdiagramm abgeleitet. Somit dienen die in der Initialisierungsphase des Prozessmodells erarbeiteten Modellkomponenten, also Prozess- und Materialelemente, als Eingangsinformation für die Initialisierungsphase des Ressourcenmodells. Dessen resultierende Modellkomponenten, also Ressourcenelemente, dienen zusammen mit dem Prozessmodell wiederum als Eingangsinformation für die Initialisierungsphasen von Gestalt- und Verhaltensmodell. Anwendung der Methodik Seite 91 Mit zunehmendem Entwicklungsfortschritt der Prozess- und Ressourcenmodelle können ggf. auch Informationen aus späteren Entwicklungsphasen Voraussetzung für den Abschluss der Initialisierungsphase von Gestalt- und Verhaltensmodell sein. Zusammenfassend lässt sich die Initialisierungsphase für die einzelnen Partialmodelle wie folgt charakterisieren:  Im Prozessdiagramm werden auf Basis der Baustruktur und der fertigungsrelevanten Anforderungen die zentralen Materialelemente abgeleitet und durch zunächst undefinierte Prozesselemente miteinander verbunden. Im weiteren Verlauf der Initialisierungsphase werden wie in Bild 5-3 die undefinierten Prozesselemente durch Fertigungsvorgänge bzw.-technologien konkretisiert. Anforderungen Produktionstyp: Kleinserie Produktmaterial: Stahl ... Unbearbeit. € Materialelement (z.B. Rohling) Fertigungsprozess (z.B. Fräsen) Bearbeitetes € Materialelement (z.B. Zahnrad) Bild 5-3: Beispielhaftes Prozessdiagramm in Initialisierungsphase  Im Ressourcendiagramm werden auf Basis der identifizierten Prozesselemente und deren Anforderungen die zur Ausführung notwendigen Ressourcenelemente abgeleitet(siehe Bild 5-4). Alternative Fertigungsmöglichkeiten können dabei beispielsweise in Form eines morphologischen Kastens dargestellt werden. Außerdem können die Entwickler ggf. bereits mehrere Ressourcenelemente zu einem zusammenfassen, beispielsweise in Form eines Bearbeitungszentrums. Diese Entscheidung ist jedoch in der Initialisierungsphase nur für sehr einfache Produktionssysteme möglich. Ressource (z.B. Fräsmaschine) Bild 5-4: Beispielhaftes Ressourcendiagramm in Initialisierungsphase Seite 92 Kapitel 5  Für die Entwicklung des Gestaltdiagramms werden zunächst alle relevanten Ressourcen aus dem Ressourcendiagramm identifiziert und in einer initialen Reihenfolge gemäß des Materialflusses angeordnet. Dabei sind insbesondere flächen- und raumintensive Ressourcen wie beispielsweise Maschinen und Lagersysteme relevant. Wie in Bild 5-5 dargestellt, sind Position und Orientierung im Raum noch unbekannt. Hilfsressourcen wie Werkzeuge und Personal werden hinsichtlich der Flächen- und Raumbetrachtung vernachlässigt. 11300mm Ressource 1 (z.B. Fräsmaschine) 10200mm Ressource 2 (z.B. Lager) Ressource 3 (z.B. Poliermaschine) Ressource 4 (z.B. Schweißanlage) Bild 5-5: Beispielhaftes Gestaltdiagramm in Initialisierungsphase  Das Verhaltensdiagramm wird mit den für das Produktionssystem maßgeblichen Zuständen initialisiert. Hierbei wird auf Basis des Prozess- und Ressourcendiagramms beispielsweise grundsätzlich festgelegt, ob ein Produktionssystem gemäß einer Push- oder Pull-Logik 9 arbeitet. Dafür muss wie in Bild 5-6 dargestellt mit Hilfe eines Verhaltens- oder Zustandsdiagramms u.a. der Auslöser für Fertigungsaufträge(hier: Bereitstellung eines Materialelements) und der Prozess der Auftragsbearbeitung durch das Produktionssystem(hier: Push-Prinzip) spezifiziert werden. Materialelement bereitstellen z.B. Rohling Fertigungsprozess ausführen z.B. Fräsen Bild 5-6: Beispielhaftes Verhaltensdiagramm in Initialisierungsphase 9 In der Fertigungssteuerung wird als Auslöser der Fertigungsaufträge ein Anschieben durch eine zentrale Planung(Push-Prinzip) gegenüber dem Ziehen aus einem vorgelagerten Kundentakt(Pull-Logik) differenziert[Gri12, S. 118f.]. Anwendung der Methodik Seite 93 5.2.1.2 Konfigurationsphase Nachdem in der Initialisierungsphase die wesentlichen Modellkomponenten für jedes Partialmodell identifiziert wurden, folgt in der Konfigurationsphase die Definition der relevanten Parameter und Wertebereiche, um das Produktionssystem eindeutig im Sinne der Anforderungen zu beschreiben. Die Konfiguration der relevanten Parameter erfolgt individuell für jede Modellkomponente und legt die Freiheitsgrade fest, die den Entwicklern bei der Ausgestaltung der Partialmodelle in den späteren Phasen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wird für jeden Parameter ein initialer Wertebereich festgelegt, in dem der Parameter zur Erfüllung der Anforderungen liegen muss. Der Wertebereich wird dabei zunächst unabhängig von den übrigen Elementen des Partialmodells bestimmt und legt lediglich die obere und untere Schranke einer isolierten Modellkomponente fest. Sollten jedoch bereits in dieser Entwicklungsphase inkonsistente Partialmodelle durch sich ausschließende Wertebereiche auffallen, so ist entweder eine ggf. zu enge Definition der Wertebereiche zu prüfen oder eine Anpassung der in der Initialisierungsphase erarbeiteten Lösung vorzunehmen. Für die jeweiligen Partialmodelle sind in der Konfigurationsphase somit folgende Aspekte auszugestalten:  Im Prozessdiagramm werden die identifizierten Teilprozesse im ersten Schritt in Bearbeitungs- und Hilfsprozesse unterschieden. Für Bearbeitungsprozesse sind wie in Bild 5-7 sowohl die technologiespezifischen Parameter, wie beispielsweise Gusstemperatur oder Pressenkräfte, als auch allgemeine Parameter wie die jeweilige Bearbeitungsdauer zu bestimmen. Hilfsprozesse umfassen alle zur Prozessausführung notwendigen, aber nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten, wie z.B. Transport- und Lagerprozesse. Für diese ist aus Sicht der Prozessgestaltung vor allem die erforderliche Prozesszeit relevant. Die Initialisierung der Wertebereiche für die Parameter erfolgt im zweiten Schritt durch den Einbezug von Erfahrungs- und Expertenwissen sowie allgemeine Technologie-Steckbriefe und Datenbanken[Ash07, S. 210]. Seite 94 Prozessparameter Zykluszeit: 420 – 540 s Vorschub: 20 – 40 m/min ... Kapitel 5 Unbearbeit. € Materialelement (z.B. Zylinder) Fertigungsprozess (z.B. Formfräsen) Bearbeitetes € Materialelement (z.B. Zahnrad) Hilfsprozess (z.B. Kühlen) Bild 5-7: Beispielhaftes Prozessdiagramm in Konfigurationsphase  Zur Bestimmung der für das Ressourcendiagramm notwendigen Parameter werden auf Basis des konfigurierten Prozessdiagramms die fehlenden Angaben zur Ausführung des Prozesses auf der jeweiligen Ressource ergänzt(siehe Bild 5-8). Diese ressourcenspezifischen Parameter beschreiben die Randbedingungen, unter denen der Prozess mit den definierten Prozessparametern auf der Ressource ablaufen kann, z.B. Anstellwinkel oder Art des Kühlmittels. Ein initialer Wertebereich ist dabei oft durch die zugrundeliegende Fertigungstechnologie oder die konkrete Ressource vorgegeben und kann ggf. durch vorhandenes Prozesswissen oder bestimmte Anforderungen eingeschränkt werden. Ressourcenparameter Anstellwinkel: 37°- 44° Kühlmittel: Emulsion ... Ressource (z.B. Fräsmaschine) Bild 5-8: Beispielhaftes Ressourcendiagramm in Konfigurationsphase  Die für das Gestaltdiagramm notwendigen Parameter richten sich im Wesentlichen nach den aus dem Planungsfall vorgegebenen Restriktionen. Bei einer Grüne-Wiese-Planung sind üblicherweise mehr Freiheitsgrade vorhanden als bei vorgegebenen Hallen- und Fabriklayouts. Initiale Wertebereiche ergeben sich Anwendung der Methodik Seite 95 dadurch entweder aus maßgeblichen Restriktionen, wie beispielsweise einer maximalen Deckenhöhe oder aus den vorgegebenen Dimensionen einer konkreten Fertigungsressource. In Bild 5-9 ergibt sich aus einer vorgegebenen Hallenfläche die Größenrelation zur spezifizierten Ressource. 11300mm 5000 Ressource 1 2100 (z.B. Fräsmaschine) 4800 3400 Ressource 2 2000 (z.B. Kühler) Ressource 3 (z.B. Poliermaschine) 2000 10200mm 7500 Ressource 4 (z.B. Schweißanlage) Bild 5-9: Beispielhaftes Gestaltdiagramm in Konfigurationsphase  Eine Konfiguration des Verhaltensdiagramms erfolgt für die initialisierten Zustände des Produktionssystems, indem die zeitlichen und logischen Parameter auf Basis des Prozess- und Ressourcendiagramms abgeleitet werden. Erste Wertebereiche ergeben sich aus organisatorischen Vorgaben und sind eng an die Leistungsfähigkeit der Informationsverarbeitung im betrachteten Unternehmen gekoppelt. Hierbei sind insbesondere die Zeiten und Bedingungen für Zustandsübergänge relevant, um die Ablauflogik des Produktionssystems eindeutig beschreiben zu können. In dem in Bild 5-10 dargestellten Fall ist beispielsweise der Zustand der Teiletemperatur zu einem definierten Zeitpunkt der Auslöser für die Fertigungssteuerung einen zusätzlichen Kühlprozess auszuführen. Seite 96 Kapitel 5 Materialelement bereitstellen z.B. Rohling Hilfsprozess ausführen z.B. Kühlen Fertigungsprozess ausführen z.B. Fräsen Zykluszeit: 420- 540 s Ja Nein Teiletemperatur über Schwellwert? Bild 5-10: Beispielhaftes Verhaltensdiagramm in Konfigurationsphase 5.2.1.3 Kombinationsphase In der Kombinationsphase werden die isoliert parametrisierten Modellkomponenten erstmals zu vollständigen Partialmodellen kombiniert. Dazu werden zunächst die festgelegten Wertebereiche für jedes Partialmodell abgeglichen und verbundene Modellkomponenten hinsichtlich verträglicher Parameter-Kombinationen geprüft. Wenn für die Ein- und Ausgangswerte zweier verbundener Modellkomponenten keine verträgliche Parameter-Kombination gefunden wird, muss diese spezifische Kombination verworfen oder anders verbunden werden. Ziel der Kombinationsphase sind vollständige Alternativen für jedes Partialmodell, die zueinander widerspruchsfrei sind und die definierten Anforderungen erfüllen. Die Kombinationsphase bildet somit die eigentliche Kernphase der Entwicklungstätigkeit, da hier sämtliche Teilkomponenten und-modelle erstmals vollständig zusammengeführt werden. Gleichzeitig werden große Teile des Lösungsraumes eliminiert, da Inkonsistenzen zur Entfernung unvollständiger Teillösungen führen. Über Verträglichkeitsmatrizen kann die Konsistenz der Partialmodelle fortlaufend geprüft und nachgewiesen werden (vgl.[Zag10]). In den jeweiligen Partialmodellen ist die Entwicklungstätigkeit dabei wie folgt charakterisiert:  Im Prozessdiagramm werden in der Kombinationsphase vollständige Prozessketten gebildet und parametrisiert. Die Ausgangsbasis bilden dabei die mit einem initialen Wertebereich konfigurierten Prozessketten, deren Prozessschritte mit einer gültigen Parameterkombination instanziert werden. Ziel der Kombinationsphase ist es, alternative vollständige Prozessketten zu erzeugen, die die Fertigungsanforderung erfüllen. Bei nur einer möglichen Lösung entfallen weitere Bewertungsschritte und bei keiner gültigen Lösung müssen die Anforderungen verändert oder der Lösungsraum vergrößert werden. Dafür sind ggf. weitere Hilfsprozesse zu definieren, die inkonsistente Prozessschritte miteinander verbinden können. Beispielsweise kann wie in Bild 5-11 nach einem spanenden Bearbeitungsprozess ein Kühlprozess vor dem Fügen notwendig sein, da sonst Anwendung der Methodik Seite 97 die Prozess-Wertebereiche der Ein- und Ausgangsparameter nicht miteinander kompatibel wären. Materialbezug Kaufteil Verweis auf Ressource Ressource 1: Fräsmaschine Unbearbeit. € Materialelement (z.B. Zylinder) Fertigungsprozess (z.B. Formfräsen) Bearbeitetes € Materialelement (z.B. Zahnrad) Hilfsprozess (z.B. Kühlen) Bearbeitetes € Materialelement (z.B. Zahnrad) Unbearbeit. € Materialelement (z.B. Welle) Fertigungsprozess (z.B. Polieren) Bearbeitetes € Materialelement (z.B. Welle) Fügeprozess (z.B. Schweißen) Fertigteil € Bild 5-11: Beispielhaftes Prozessdiagramm in Kombinationsphase  Analog zur Prozessentwicklung wird auch im Ressourcendiagramm eine eindeutige Zuweisung der maßgeblichen Parameter vorgenommen. Aus Ressourcensicht ist die Abhängigkeit zwischen den einzelnen Fertigungsschritten weniger stark ausgeprägt, da diese bereits aus Prozesssicht gewährleistet wird. Zusätzliche Abhängigkeiten, die im Ressourcendiagramm von Relevanz sind, stellen neben materialflusstechnischen beispielsweise auch dimensionale Zusammenhänge des Bauteils dar. So muss wie in Bild 5-12 sichergestellt werden, dass die Abmessungen eines fertig bearbeiteten Bauteils mit dem Bauraum der nachfolgenden Ressource kompatibel sind. Das übergeordnete Ziel in der Ressourcenentwicklung ist dabei die effiziente Verkleinerung des Lösungsraums möglicher Ressourcenkonfigurationen unter Konkretisierung der jeweiligen Parameter. Zwei beispielhafte Alternativen wären somit ein Bearbeitungszentrum, welches mehrere Bearbeitungsprozesse ohne zwischenzeitliche Transportprozesse durchführen kann oder stattdessen mehrere spezialisierte Fertigungsstationen, die separat einzelne Bearbeitungsprozesse ausführen und über einen Materialfluss miteinander verbunden werden. Seite 98 Verweis auf Gestalt Grundfläche: 5 x 2 m Bauraum: 1x1x1m ... Kapitel 5 Ressource 1 (z.B. Fräsmaschine) Ressource 2 (z.B. Kühler) Ressource 4 (z.B. Schweißautomat) Ressource 3 (z.B. Poliermaschine) Bild 5-12: Beispielhaftes Ressourcendiagramm in Kombinationsphase  Die Erstellung eines vollständigen Groblayouts des Produktionssystems im Gestaltdiagramm erfolgt unter Berücksichtigung der parametrisierten Ressourcen sowie des beabsichtigten Systemverhaltens. In der Kombinationsphase können erstmals konkrete Wege und Distanzen ermittelt werden, die wiederum einen großen Einfluss auf die Gesamtdurchlaufzeit der zu fertigenden Produkte haben (siehe Bild 5-13). Somit bildet das Gestaltdiagramm auch die Grundlage für die Auswahl von Transportmitteln im Ressourcendiagramm, z.B. durch manuellen Transport, Gabelstapler oder Förderband. Alternative Layouts unterscheiden sich darüber hinaus hinsichtlich der resultierenden Bestände sowie notwendigen Puffer- und Taktzeiten in der Fertigung. 11300mm 10200mm Ressource 1 (z.B. Fräsmaschine) 2200 Ressource 2 (z.B. Kühler) Ressource 3 (z.B. Poliermaschine) 1900 Ressource 4 (z.B. Schweißanlage) 2700 Bild 5-13: Beispielhaftes Gestaltdiagramm in Kombinationsphase Anwendung der Methodik Seite 99  Das vollständige Verhaltensdiagramm des Produktionssystems bestimmt die zeitliche und logische Steuerung des Materialflusses und der Auftragsverarbeitung sowie mögliche Reaktionen bei Störungen im System. Dazu müssen die Zustandsübergänge widerspruchsfrei definiert sein und alle Zustände eindeutig unter festgelegten Bedingungen erreicht und wieder verlassen werden können. Besonders im Zusammenspiel von lokalem Verhalten, beispielsweise einer einzelnen Ressource, und dem globalen Verhalten des Produktionssystems kann es unter Umständen zu konfliktären Situationen kommen, die das Gesamtsystem nicht blockieren dürfen. Für das in Bild 5-14 dargestellte Beispiel werden die parallelen Prozessfolgen beispielsweise über eine definierte Vereinigung vor dem Fügeprozess synchronisiert. Materialelement 1 bereitstellen z.B. Zylinder Hilfsprozess ausführen z.B. Kühlen Fertigungsprozess 1 ausführen z.B. Formfräsen Materialelement 2 bereitstellen z.B. Welle Ja Nein Teiletemperatur über Schwellwert? Fertigungsprozess 2 ausführen z.B. Polieren Fügeprozess ausführen z.B. Schweißen Bild 5-14: Beispielhaftes Verhaltensdiagramm in Kombinationsphase 5.2.1.4 Optimierungsphase Nachdem in der Kombinationsphase erstmals vollständige Partialmodell-Alternativen für das Produktionssystem entwickelt wurden, können diese in der Optimierungsphase ganzheitlich optimiert werden. Zwar werden in den vorgelagerten Entwicklungsphasen statische Abhängigkeiten zwischen den Partialmodellen berücksichtigt, um widersprüchliche und inkonsistente Alternativen aus dem Lösungsraum zu entfernen. Jedoch kann eine gezielte Optimierung des Gesamtsystems erst unter Berücksichtigung aller vollständig definierten Partialmodelle und deren dynamischen Abhängigkeiten durchgeführt werden. Prototypische Verfahren wie Modell- und Simulationsversuche stehen damit aus Entwicklungssicht im Vordergrund der Optimierungsphase. Die definierten Modellparameter werden dazu in einem begrenzten Bereich variiert und die Auswirkungen auf das Gesamtsystem beurteilt. Dabei wird auch die Robustheit 10 10 Unter der Robustheit wird die Sensibilität der Ergebnisse auf Streuungen der Eingangsgrößen verstanden[Gro08]. Seite 100 Kapitel 5 des entwickelten Konzepts geprüft, bei der idealerweise die Leistungsfähigkeit des Produktionssystems nicht bei geringfügigen Abweichungen der Parameter stark abfällt. Da in weitergehenden domänenspezifischen Entwicklungsphasen mitunter noch Anpassungen der definierten Modellparameter vorgenommen werden müssen, würde der Entwicklungsprozess andernfalls erheblich aufwändiger. Die spezifischen Optimierungsmöglichkeiten in den einzelnen Partialmodellen werden dabei folgendermaßen umgesetzt:  Im Prozessdiagramm werden die alternativen Prozessketten ganzheitlich im Zusammenhang mit den anderen Partialmodellen betrachtet und hinsichtlich ihrer technologischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit optimiert. Die im Prozessdiagramm hinterlegten Prozessparameter bzw.-fenster werden so beispielsweise in Bezug auf Schnittgeschwindigkeiten, Oberflächentemperaturen, Haltezeiten oder Volumenströme variiert. Dabei liegt ein besonderer Fokus darauf, die Konsistenz in der Abfolge zweier Prozessschritte beizubehalten und die Parameter nur noch in engen Grenzen zu variieren. Eine zusätzliche Herausforderung resultiert aus der parallelen Planung einer möglichst hohen Wandlungsfähigkeit. Sofern für einzelne Prozessschritte keine technische Zwangsfolge notwendig ist, können Teilprozesse zeitlich unabhängig voneinander durchgeführt werden und erhöhen die Freiheitsgrade der Prozessgestaltung. In Bild 5-15 wurde der Fügeprozess beispielsweise technisch optimiert, so dass der Kühlprozess auch nachgelagert stattfinden kann. Ziel der Optimierungsphase ist es, die Eigenschaften der Prozesskette in Bezug auf Zeit, Kosten, Qualität und Flexibilität zu optimieren, ohne dabei die Abhängigkeiten zu den anderen Partialmodellen zu verletzen. Anwendung der Methodik Unbearbeit. € Materialelement (z.B. Zylinder) Unbearbeit. € Materialelement (z.B. Welle) Fügeprozess (z.B. Schweißen) Fertigungsprozess (z.B. Formfräsen) Fertigungsprozess (z.B. Polieren) Bearbeitetes € Materialelem. (z.B. Zahnrad mit Welle) Fertigteil € Seite 101 Bearbeitetes € Materialelement (z.B. Zahnrad) Bearbeitetes € Materialelement (z.B. Welle) Hilfsprozess (z.B. Kühlen) Bild 5-15: Beispielhaftes Prozessdiagramm in Optimierungsphase  Zur Optimierung der Parameter im Ressourcendiagramm sind insbesondere genaue Kenntnisse der Prozessanforderungen und-parameter notwendig. Auf dieser Basis können weitergehende ressourcenspezifische Optimierungsverfahren durchgeführt werden, um beispielsweise Energieverbrauch, Ausschussmenge oder Stillstandszeiten zu verringern. Darüber hinaus können mit genauen Kenntnissen der Prozess- und Ressourcenfolge auch Synergien zwischen den einzelnen Anlagen genutzt werden. So können beispielsweise notwendige Aufheizzeiten des Bauteils am Anfang eines Produktionsprozesses so gestaltet werden, dass die erforderliche Temperatur über eine Reihe von Ressourcen ohne weitere Zwischenschritte beibehalten werden kann. Darüber hinaus ist die Optimierungsphase besonders zur Steigerung der Flexibilität einzelner Produktionsressourcen hinsichtlich der Ausführung von nicht-initial zugewiesenen Prozessschritten geeignet. Diese Ressourcenflexibilität durch alternative Materialflüsse wie in Bild 5-16 ist besonders dann wichtig, wenn die eigentlich für den jeweiligen Prozessschritt zugewiesene Ressource belegt oder gestört ist und der Prozessschritt ohne erheblichen Mehraufwand auf einer alternativen Ressource durchgeführt werden kann. Seite 102 Alternative Materialflüsse Priorität 1: Ressource 2 Priorität 2: Ressource 4 ... Ressource 1 (z.B. Fräsmaschine) Ressource 4 (z.B. Schweißautomat) Kapitel 5 Ressource 3 (z.B. Poliermaschine) Ressource 2 (z.B. Kühler) Bild 5-16: Beispielhaftes Ressourcendiagramm in Optimierungsphase  In der Optimierungsphase für das Gestaltdiagramm liegt der Fokus auf der Minimierung der Transport- und Wegstrecken sowie der Maximierung von Raumund Flächennutzungsgrad 11 . Dazu werden die relevanten Prozessschritte sowie deren ausführende Ressourcen betrachtet und die resultierenden Materialflüsse berechnet. In der Optimierungsphase sollten darüber hinaus Flexibilitätsanforderungen dezidiert berücksichtigt werden, so dass Alternativ-Ressourcen bei Störungen in räumlicher Nähe zu den Primärressourcen angeordnet sind(siehe Bild 5-17). Auf Basis der ermittelten Materialflüsse und Bearbeitungszeiten können im Anschluss die Puffer- und Lagerkapazitäten bestimmt und die entsprechenden Flächenbedarfe im Gestaltmodell bestimmt werden. 11 Raum- und Flächennutzungsgrad beschreiben den Anteil der spezifizierten Ressourcen an der verfügbaren Grundfläche bzw. dem verfügbaren Raumvolumen. Anwendung der Methodik Seite 103 10200mm 11300mm Ressource 1 (z.B. Fräsmaschine) 2200 Ressource 2 6100 Ressource 3 (z.B. Kühler)(z.B. Poliermaschine) 1900 1900 Ressource 4 (z.B. Schweißanlage) 2700 Bild 5-17: Beispielhaftes Gestaltdiagramm in Optimierungsphase  Die Optimierung des Verhaltensdiagramms erfolgt in Bezug auf übergeordnete Strategien des Produktionssystems zur Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse oder Kompensation von veränderte Umweltbedingungen. Beispiele hierfür sind Ausfälle von Ressourcen oder noch nicht vollständig beherrschte Prozesse. Im Beispiel in Bild 5-18 wird beispielsweise dynamisch anhand der Ressourcenauslastung und Teiletemperatur entschieden, ob ein Kühlprozess vor oder nach dem Fügen stattfindet. Die festgelegten Reaktionsstrategien hängen im Allgemeinen stark von den antizipierten Randbedingungen des Produktionssystems ab und können daher in der Konzipierungsphase selten vollständig erfasst werden. Dennoch kann mit zunehmend detaillierten Strategien die Reaktionsfähigkeit des Systems sowie die Flexibilität und Robustheit gegenüber externen Einflüssen gesteigert werden. Materialelement 1 bereitstellen z.B. Zylinder Teiletemperatur über Schwellwert? Nein Hilfsprozess Ja ausführen z.B. Kühlen Fertigungsprozess 1 ausführen z.B. Formfräsen Nein Kühlressource belegt? Ja Materialelement 2 bereitstellen z.B. Welle Fertigungsprozess 2 ausführen z.B. Polieren Fügeprozess ausführen z.B. Schweißen Teiletemperatur über Schwellwert? Ja Hilfsprozess ausführen z.B. Kühlen Nein Bild 5-18: Beispielhaftes Verhaltensdiagramm in Optimierungsphase Seite 104 Kapitel 5 5.2.2 Bildung des konzeptspezifischen Gesamt-Reifegrads Mit der Abgrenzung der Entwicklungsphasen in der Produktionssystemkonzipierung wird deutlich, dass der Fortschritt in der Entwicklung eines Partialmodells eng mit der Entwicklung der anderen Partialmodelle verzahnt ist. Wenn einzelne Aspekte bereits sehr detailliert ausgearbeitet werden, während für andere Aspekte grundlegende Entscheidungen noch nicht getroffen wurden, steigt das Risiko möglicher Inkonsistenzen bzw. nachträglich aufwändiger Modellkorrekturen. Im Allgemeinen verlaufen die Entwicklungsphasen aller Partialmodelle parallel zueinander, da ohne die Berücksichtigung von Wechselwirkungen mit anderen Aspekten ein einzelnes Partialmodell nur begrenzt weiterentwickelt werden kann. Um diese Forderung formal abzubilden, wird der Abschluss jeder Entwicklungsphase durch einen Meilenstein gekennzeichnet, der den Reifegrad dieses Aspekts bezeichnet. Meilenstein null signalisiert dabei den Beginn der Konzipierung eines einzelnen Produktionssystemaspekts und Meilenstein vier dessen Abschluss. Die Meilensteine werden je nach bewertetem Produktionssystemaspekt mit ihrer Kurzbezeichnung P(Prozess-Reifegrad), R(Ressourcen-Reifegrad), G(Gestalt-Reifegrad) und V(Verhaltensreifegrad) konkretisiert. Eine Produktionssystemalternative mit dem Reifegrad R2 hätte beispielsweise für die Ressourcenkonzipierung die Konfigurationsphase abgeschlossen und somit den Meilenstein zwei erreicht. Aus Bewertungssicht wird von einem linearen Entwicklungsfortschritt ausgegangen, der jedoch keine Rückschlüsse über die tatsächlichen Aufwände bzw. erforderlichen Entwicklungsressourcen der jeweiligen Entwicklungsphase zulässt. Da die einzelnen Phasen unterschiedlich viele Aufgaben zusammenfassen, aber aus Bewertungssicht ausschließlich der Fortschritt der Systemspezifikation relevant ist, ist eine detaillierte Betrachtung nicht erforderlich. Der Fortschritt in der Konzipierung verläuft somit idealisiert von 0% bei Reifegrad null über 50% bei Reifegrad zwei bis 100% bei Reifegrad vier. Zur Bewertung und dem Vergleich mehrerer alternativer Produktionssystemkonzepte ist es daher erforderlich, für jedes Konzept den Reifegrad der vier Aspekte Prozesse, Ressourcen, Gestalt und Verhalten zu bestimmen. Dazu ist die Entwicklungstätigkeit in das im vorherigen Abschnitt dargestellte Phasenschema einzuordnen und ein Reifegrad für jeden Konzipierungsaspekt gemäß des erreichten Meilensteins festzulegen. Der GesamtReifegrad für jedes Konzept ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel der Reifegrade aller Einzel-Aspekte. Der Gesamt-Reifegrad dient vor allem im Projekt- und Entwicklungscontrolling als Indikator für den Konzipierungsfortschritt aus Bewertungssicht. Außerdem dient der Gesamt-Reifegrad als Unterstützung zur Einschätzung der Bewertungsqualität, da große Unterschiede des Reifegrades die Bewertung alternativer Produktionssystemkonzepte erschweren. Somit ist die Bewertung mit einer umso höheren Unsicherheit verbunden, je größer die Reifegrad- Differenz der zu bewertenden Alternativen ausfällt. Anwendung der Methodik Seite 105 5.2.3 Ableitung reifegradspezifischer Bewertungskriterien Auf Basis einer Einordnung des Entwicklungsfortschritts aller Produktionssystemalternativen in das Phasenmodell kann jedem Aspekt ein separater Reifegrad zugeordnet werden. Die Unterteilung der Reifegrade entlang des Entwicklungsprozess ermöglicht die Zuordnung von reifegradspezifischen Bewertungskriterien, die zum Vergleich zweier Alternativen mit zum Entwicklungsfortschritt passenden Abstraktionsgrad dienen. Generell gilt, dass je höher der Reifegrad für einen Produktionssystemaspekt ausgeprägt ist, desto aussagekräftiger sind die Kriterien in Bezug auf die Leistungsbewertung. Bei der Bewertung von Alternativen mit vergleichbarem Gesamt-Reifegrad können sich die Reifegrade der einzelnen Bewertungsaspekte unter Umständen erheblich unterscheiden. Um belastbare Bewertungsergebnisse zu erhalten, müssen die Kriterien in dem Fall auf Basis des geringsten Reifegrads ausgewählt werden. Dies führt zwar ggf. dazu, dass nicht alle vorhandenen Informationen für die Bewertung genutzt werden. Allerdings würde umgekehrt eine Bewertung anhand zu konkreter Kriterien eine Scheingenauigkeit vortäuschen, die die Bewertung verfälschen kann. Sobald für die Bewertung eines Aspekts Informationen vorausgesetzt werden, die für diesen Reifegrad noch nicht verfügbar sind, kann keine belastbare Aussage über die Leistungsfähigkeit dieser Alternative im Vergleich zu anderen mehr getroffen werden. Insbesondere bei der Einführung neuer Technologien besteht die Gefahr, ein nur sehr vage definiertes neues Produktionssystemkonzept mit dem bereits genau bekannten bestehenden Produktionssystem zu vergleichen. Infolgedessen werden die Potentiale neuartiger Produktionstechnologien und-ressourcen im Vergleich zum bestehenden Produktionssystem in der Praxis oftmals systematisch unter- oder überschätzt. Generell gilt, dass reifegradspezifische Kriterien stets unternehmensspezifisch ausgeprägt werden müssen. Diese sind durch für das Unternehmen relevante und erfassbare Kriterien zu konkretisieren. So sind in der Initialisierungsphase häufig lediglich Art und Anzahl der spezifizierten Elemente bekannt. In der Konfigurationsphase ist hingegen bereits eine Aussage zur Abhängigkeit bzw. Flexibilität von Prozess- oder Gestaltelementen möglich. Ab der Kombinationsphase können konkrete Aussagen zu Durchlaufzeit, Energieverbrauch der Ressourcen oder notwendiger Materialflussstrecken getroffen werden. In der Optimierungsphase stehen darüber hinaus längerfristige Leistungskriterien des Produktionssystems wie Wandlungsfähigkeit oder Automatisierungsgrad im Vordergrund. Alle Kriterien werden in jedem Unternehmen unterschiedlich detailliert erfasst und bewertet. Daher wurde im Anhang A-2.1 eine Übersicht grundlegender, für den jeweiligen Reifegrad repräsentativer Bewertungskriterien der einzelnen Aspekte ergänzt. Diese dient als Ausgangsbasis für die unternehmensspezifische Identifikation der Kriterien. Weitere Kriterien sind im Anhang A-2.2 und A-2.3 hinterlegt. Seite 106 Kapitel 5 Mithilfe der Reifegrad-Einstufung aller zu bewertenden Produktionssystemkonzepte werden reifegradspezifische Bewertungskriterien abgeleitet. Diese sind im Anschluss durch die Entwickler kritisch auf ihre situationsbedingte Eignung und Vollständigkeit zu prüfen und ggf. anzupassen. Im Ergebnis steht für einen fixen Bewertungszeitpunkt sowie eine definierte Auswahl zu bewertender Produktionssystemalternativen eine Menge reifegradspezifischer Bewertungskriterien fest. 5.2.4 Anwendungsbeispiel Reifegradanalyse Für das erarbeitete Produktkonzept des Pedelecs stehen zum Bewertungszeitpunkt vier alternative Produktionssystemkonzepte zur Auswahl. Die Produktionssystemkonzepte unterscheiden sich neben den eingesetzten Fertigungstechnologien auch in den zur Fertigung notwendigen Ressourcen. Daraus folgen auch jeweils unterschiedliche Layouts sowie eine andere Logik der Fertigungssteuerung bzw. des Verhaltens. Zur Vereinfachung des Anwendungsbeispiels wird die Annahme getroffen, dass sich die Produktionssystemalternativen ausschließlich in Hinblick auf die Fertigung des Rahmens unterscheiden. Alle anderen Aspekte des Produktionssystems sind für die vier alternativen Konzepte gleich und können daher bei der Bewertung vernachlässigt werden. Zum Bewertungszeitpunkt sind noch drei alternative Materialien für den Rahmen möglich, aus denen die vier relevanten Produktionssystemkonzepte resultieren:  Rahmen-Alternative 1: Stahlrahmen teilautomatisiert schweißen  Rahmen-Alternative 2: Stahlrahmen vollautomatisiert schweißen  Rahmen-Alternative 3: Titanrahmen additiv drucken  Rahmen-Alternative 4: CFK-Rahmen pressen Die vier Alternativen wurden im Rahmen der Produktionssystemkonzipierung erarbeitet und basieren auf den durch die Baustruktur vorgegebenen Geometriemodellen für den Rahmen. Mit Hilfe der Spezifikationstechnik CONSENS wurden die Alternativen anschließend spezifiziert, um ein konsistentes Systemmodell aus Produkt und Produktionssystem aufzubauen. Für die Spezifikation in CONSENS stehen verschiedene Software-Tools zur Verfügung, so z.B. der Mechatronic Modeller, mit einem Fokus auf der Produktmodellierung [GDP+10, S. 725ff.]. Für die im Folgenden spezifizierten Partialmodelle des Produktionssystems wurde das Tool ProductionSystemModeler in Form eines Addins für MS Visio verwendet[Bau15, S. 121ff.]. 5.2.4.1 Bestimmung des Prozessreifegrades Die in CONSENS spezifizierten Prozessmodelle für die vier Alternativen sind in Bild 5-19 dargestellt. Auf Prozessebene unterscheiden sich die ersten beiden Alternativen zur Anwendung der Methodik Seite 107 Fertigung eines Stahlrahmens nicht und werden daher als ein Prozessdiagramm dargestellt. Der additive Druck des Titanrahmens sowie die Fertigung des CFK-Rahmens weisen im Gegensatz dazu ein abweichendes Prozessdiagramm auf. Rahmen-Alternative 1 und 2: Stahlrahmen vollautomatisiert oder teilautomatisiert schweißen Stahlrohr € Oberrohr schneiden Oberrohr € Stahlrohr € Stahlrohr € Unterrohr schneiden Steuerrohr schneiden Unterrohr € Steuerrohr € Rohre aufspannen Rohre schweißen Stahlrohr € Sitzrohr schneiden Sitzrohr € Stahlrahmen € Rahmen-Alternative 3: Titanrahmen additiv drucken Titan Pulver € Selektives Laserschmelzen Roh-Rahmen € Finishing Titanrahmen € Rahmen-Alternative 4: CFK-Rahmen pressen CFKGewebe € CFK-Gewebe schneiden Rahmenform laminieren Rahmenform pressen CFK-Rahmen € Harz € Bild 5-19: Prozessalternativen für die Fertigung des Pedelec-Rahmens Wie in Bild 5-19 erkennbar ist, wurde für alle Prozessdiagramme bereits vollständige Prozessketten ermittelt. Darüber hinaus visualisieren die Piktogramme, dass bereits grundsätzlich festgelegt wurde, welche Parameter die Prozesse aufweisen müssen sowie welche Gestalten und Eigenschaften der Materialelemente zu erfüllen sind. Die Konzipierung hat somit gemäß des in Abschnitt 5.2.1 dargestellten Phasenmodells die Kom- Seite 108 Kapitel 5 binationsphase abgeschlossen und der Prozessreifegrad hat für alle Alternativen den Meilenstein P3 erreicht. 5.2.4.2 Bestimmung des Ressourcen-Reifegrades Die den Produktionssystemalternativen zugeordneten Partialmodelle der Ressourcen wurden für das Systemmodell ebenfalls in CONSENS spezifiziert und sind durch modellinterne Verweise mit den jeweiligen Partialmodellen der Prozesse verknüpft. Aus Bild 5-20 ist ersichtlich, dass allen spezifizierten Prozessschritten eine Ressource zugeordnet wurde. Die Ressourcen wurden darüber hinaus durch eindeutige Materialflussbeziehungen miteinander in Bezug gesetzt und anhand der Piktogramme ist erkennbar, dass entsprechende Parameter sowie Gestaltinformationen hinterlegt wurden. Im Ergebnis haben die untersuchten Produktionssystemalternativen analog zur Prozessplanung die Kombinationsphase abgeschlossen und den Ressourcen-Reifegrad R3 erreicht. Anwendung der Methodik Rahmen-Alternative 1: Stahlrahmen teilautomatisiert schweißen Laserschneidanlage Rohrpuffer Schweißautomat Portalkran Werker Spannvorrichtung Rahmen-Alternative 2: Stahlrahmen vollautomatisiert schweißen Laserschneidanlage Rohrpuffer Schweißautomat Förderband Seite 109 HandhabungsRoboter Rahmen-Alternative 3: Titanrahmen additiv drucken Selective Laser Melting Anlage Strahlkabine Spannvorrichtung Werker Rahmen-Alternative 4: CFK-Rahmen pressen Werkbank CFK-GewebePuffer Rahmenform Autoklav Werker Werker Bild 5-20: Ressourcen-Alternativen für die Rahmenfertigung Seite 110 Kapitel 5 5.2.4.3 Bestimmung des Gestalt-Reifegrades Im spezifizierten Ressourcenmodell wurden bereits modellinterne Verweise auf Gestaltinformationen hinterlegt. Diese beinhalten neben der Grundfläche bzw. den Abmaßen der Ressourcen auch notwendige Nebeninformationen wie beispielsweise die erforderlichen Abstände zu Wänden oder anderen Ressourcen. In Bild 5-21 sind die den Prozess/Ressourcenkombinationen zugeordneten Layout-Alternativen dargestellt. Rahmen-Alternative 1: Stahlrahmen teilautomatisiert schweißen Rahmen-Alternative 2: Stahlrahmen vollautomatisiert schweißen Laserschneidanlage Rohrpuffer Portalkran Schweißautomat Laserschneidanlage Rohrpuffer Roboter Förderband Schweißautomat Rahmen-Alternative 3: Titanrahmen additiv drucken Rahmen-Alternative 4: CFK-Rahmen pressen Selective Laser Melting Anlage Strahlkabine Werkbank CFK-Gewebepuffer Rahmenform Autoklav Bild 5-21: Gestaltalternativen für die Rahmenfertigung In den abgebildeten Layout-Alternativen wird deutlich, dass es sich nicht um eine Grüne-Wiese-Planung handelt sondern Restriktionen hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Gebäudegrundrisse bestehen. In der weiteren Konzipierung sind die Dimensionen der Ressourcen daher entscheidend für die wirtschaftliche Realisierung der geplanten Prozessfolge im vorgegebenen Gebäudemaß. Es besteht somit eine Wechselwirkung zwischen Ressourcen-Konzipierung und Gestalt-Konzipierung. Neben dem vorgegebenen Gebäudegrundriss sind für die Ressourcen bereits grobe Flächenangaben sowie notwendige Abstandsmaße zu den Wänden und den anderen Ressourcen bekannt. Es wurde jedoch noch keine eindeutige Festlegung der Ressourcenpositionen auf der Fläche vorgenommen. Daher ist eine endgültige Aussage zur Länge der Transportstrecken des Materialflusses zum Bewertungszeitpunkt nicht möglich. Gemäß des in Abschnitt 5.2.1 dargestellten Phasenmodells haben die Gestaltmodelle somit die Konfigurationsphase abgeschlossen und den Gestalt-Reifegrad G2 erreicht. Anwendung der Methodik Seite 111 5.2.4.4 Bestimmung des Verhalten-Reifegrads Die Konzipierung des Verhaltensmodells für das Produktionssystem stellt eine Konkretisierung des Prozessdiagramms dar. Das Verhalten des Produktionssystems bildet damit die Grundlage für die weitere Ausarbeitung einer Fertigungssteuerungslogik. In Bild 5-22 sind die alternativen Verhaltensmodelle zum Bewertungszeitpunkt zusammengefasst dargestellt. Seite 112 Kapitel 5 Rahmenalternative 1: Stahlrahmen teilautomatisiert schweißen Rohre bereitstellen t Soll = 20s Oberrohr schneiden t Soll = 15s Unterrohr schneiden t Soll = 15s Steuerrohr schneiden t Soll = 12s Sitzrohr schneiden t Soll = 10s Oberrohr puffern t Soll = 110s Unterrohr puffern t Soll = 110s Steuerrohr puffern t Soll = 90s Sitzrohr puffern t Soll = 80s Rohre bereitstellen t Soll = 5s Schweißanlage bereit Nein Ja Rohre aufspannen t Soll = 210s Rohre schweißen t Soll = 140s Rahmenalternative 2: Stahlrahmen vollautomatisiert schweißen Rohre bereitstellen t Soll = 20s Oberrohr schneiden t Soll = 15s Unterrohr schneiden t Soll = 15s Steuerrohr schneiden t Soll = 12s Sitzrohr schneiden t Soll = 10s Oberrohr puffern t Soll = 110s Unterrohr puffern t Soll = 110s Steuerrohr puffern t Soll = 90s Sitzrohr puffern t Soll = 80s Rohre bereitstellen t Soll = 5s Schweißanlage bereit Nein Ja Rohre aufspannen t Soll = 40s Rohre schweißen t Soll = 140s Rahmenalternative 3: Titanrahmen additiv drucken Titan-Pulver bereitstellen t Soll = 110s SLM-Anlage bereit Ja Nein Rahmen drucken t Soll = 28.000s Rahmen Finishing t Soll = 1.400s Rahmenalternative 4: CFK-Rahmen pressen CFK-Gewebe bereitstellen t Soll = 20s CFK-Gewebe schneiden t Soll = 1.900s CFK-Formen bereitstellen t Soll = 5s Autoklav bereit Ja Nein Rahmenform laminieren t Soll = 3.700s Rahmenform pressen t Soll = 1.600s Bild 5-22: Verhaltensalternativen für die Rahmenfertigung Anwendung der Methodik Seite 113 Die dargestellten Verhaltensmodelle beschreiben die dynamische Ablauflogik des Produktionssystems auf oberster Ebene. Initialisiert wird das Verhalten durch den Auftragseingang für einen Rahmen. Der Auftrag wird dann gemäß der definierten Prozessreihenfolge bearbeitet, wobei im Unterschied zum Prozessdiagramm nun Ressourcenrestriktionen sowie dynamische Entscheidungen hinzukommen. Für das dargestellte Anwendungsbeispiel ist in Bild 5-22 beispielsweise ersichtlich, dass eine Push-Logik für alle vier Alternativen vorgesehen ist. Mit jedem neuen Auftragseingang werden die Puffer vor der jeweiligen Engpassressource(Schweißanlage, SLMAnlage, Autoklav) aufgefüllt. Anschließend erfolgt eine Auftragseinlastung sobald die Ressource ihren aktuellen Auftrag abgeschlossen hat(Entscheidungsknoten im Verhaltensdiagramm). Die ersten beiden Alternativen unterscheiden sich außerdem bedingt durch ihren Automatisierungsgrad hinsichtlich der Vorgabezeit für das Aufspannen der Rohre vor dem Schweißprozess. Für das dargestellte Verhalten wurden neben einer grundlegenden Logik der Fertigungssteuerung auch Soll-Zeiten der Einzelaktivitäten angenommen. Da noch keine Konfiguration der Wertebereiche ermittelt wurde, hat das Verhaltensmodell die Initialisierungsphase abgeschlossen und somit den Reifegrad V1 erreicht. 5.2.4.5 Dokumentation des konzeptspezifischen Reifegrades Nach Abschluss der Reifegradbewertung für die vier Produktionssystemaspekte Prozesse, Ressourcen, Gestalt und Verhalten kann der Gesamt-Reifegrad der untersuchten Alternativen berechnet werden. Aus der linearen Interpolation des Entwicklungsfortschritts der Einzelaspekte P3-R3-G2-V1 ergibt sich gemäß der in Abschnitt 5.2.2 dargestellten Rechenlogik ein Gesamt-Reifegrad von 56,25%. Die Ergebnisse der Analyse der Produktionssystemkonzepte sind mit einer zweckmäßigen Werkzeugwahl zu unterstützen. Zur Demonstration der IT-gestützten Anwendung der erarbeiteten Methodik in einem Bewertungstool wurde eine entsprechende Oberfläche prototypisch umgesetzt. In Bild 5-23 ist davon die erste Phase„Reifegrad bewerten“ für die Rahmen-Alternative 4 des Anwendungsbeispiels dargestellt. Seite 114 Auswahl der alternativen Konzepte Kapitel 5 Auswahl der Bewertungsphase Zuordnung der Partialmodelle Auswertung der Reifegrad-Bewertung Bild 5-23: Prototypische Oberfläche der Bewertungsphase„Reifegrad bewerten“ am Beispiel der Rahmen-Alternative 4 5.2.4.6 Ermittlung reifegradspezifischer Kriterien Nach Ableitung der konzeptspezifischen Reifegrade sind die Kriterien zur Leistungsbewertung der Alternativen zu ermitteln. Die Ermittlung von für den jeweiligen Konzeptreifegrad sinnvollen Kriterien stellt eine der Schlüsselschritte für die entwicklungsbegleitende Bewertung dar. Wenn die Kriterien zu allgemein gefasst sind, können die alternativen Konzepte kaum voneinander differenziert werden. Bei zu speziellen Kriterien können die Ausprägungen für die einzelnen Alternativen noch nicht genau bzw. nur mit hoher Unsicherheit ermittelt werden. Neben einem angemessenen Reifegrad ist die genaue Kriterienauswahl auch von der übergeordneten Unternehmens- bzw. Produktionsstrategie abhängig. Strategische Vorgaben wie beispielsweise die Innovationsführerschaft in einem bestimmten Technologiebereich müssen sich auch in den entsprechenden Bewertungskriterien für Prozesse und Ressourcen niederschlagen. Daher ist eine allgemeingültige und für alle Unternehmen gleichermaßen geeignete Angabe reifegradspezifischer Kriterien nicht möglich. Für das Anwendungsbeispiel weist insbesondere die beabsichtigte Platzierung des Produktes im Premiumsegment mit einer urbanen und technikaffinen Zielgruppe auf eine Reihe geeigneter Bewertungskriterien hin. Dafür wurden die folgenden Kriterien ausgewählt: Anwendung der Methodik Seite 115 Prozesskriterien:  Durchlaufzeit(Sekunden)  Prozessinnovativität( qualitativ) Ressourcenkriterien:  Energieverbrauch(kWh)  Qualität(Ausschussquote) Gestaltkriterien:  Flächenverbrauch(m²)  Layoutflexibilität( qualitativ) Verhaltenskriterien:  Steuerungskomplexität( qualitativ) Die sieben identifizierten Kriterien bilden die Grundlage für die Leistungsbewertung der Produktionssystemalternativen. Neben den Kriterienbezeichnungen wurde für die Bewertung auch angegeben, wie die Kriterienausprägung jeweils gemessen wird. Bei quantitativen Kriterien erfolgt dies über eine vorgegebene Messgröße(bspw. Energieverbrauch in kWh). Qualitative Kriterien wurden als solche gekennzeichnet und haben keine vorgegebene Messgröße. Hier entscheidet die Art der gewählten Bewertungsmethode(absolute oder relative Bewertung) über den Bewertungsmaßstab. 5.3 Leistungsbewertung von Produktionssystemalternativen Bei der Bestimmung der Vorteilhaftigkeit von Produktionssystemalternativen ist insbesondere in frühen Entwicklungsphasen die Prognose wirtschaftlicher Kenngrößen mit einer hohen Unsicherheit verbunden. Somit ist ein dimensionsloser Indikator zur Differenzierung der jeweiligen Leistungsfähigkeit zu Entwicklungsbeginn von Vorteil, da der Einfluss ungenauer Größen der Wirtschaftlichkeit in der frühen Phase die Bewertung stark verfälschen kann. In diesem Abschnitt wird daher das Vorgehen zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit als Vorstufe zur Kosten- und Wirtschaftlichkeitsbewertung beschrieben. Ausgangspunkt dafür sind die auf Basis des Konzept-Reifegrads ermittelten Bewertungskriterien. Als Ergebnis der Leistungsbewertung ergibt sich eine durch einen Leistungsindikator bestimmte Rangfolge der Produktionssystemkonzepte. Die Bewertung der Leistungsfähigkeit auf Basis definierter Bewertungskriterien verläuft prinzipiell in drei Stufen, die in den folgenden Unterabschnitten dargestellt werden. Dazu wird zunächst der Einfluss einzelner Kriterien auf die Bewertung durch eine Gewichtung bestimmt, danach die Ausprägung der alternativen Produktionssystemkonzepte für jedes Kriterium ermittelt und anschließend eine konsolidierte Leistungskennzahl Seite 116 Kapitel 5 berechnet. Diese drei Schritte zur Leistungsbewertung sind in Bild 5-24 zusammengefasst und werden im Folgenden näher erläutert. Anschließend erfolgt die Übertragung auf das Anwendungsbeispiel. Phasen/Meilensteine Aufgaben/Methoden Resultate Gewichtung der Bewertungskriterien 1 Ermittlung des Erfüllungsgrades 2 Berechnung der Leistungskennzahl 3 • Gewichtungsmatrix • Paarweiser Vergleich • Bewertungsmatrix • Paarweiser Vergleich • Nutzwertanalyse • Analytic Hierachy Process Gewichtete Bewertungskriterien Kriterienspezifische Leistungsfähigkeit Rangfolge der Leistungsfähigkeit Bild 5-24: Vorgehen zur Leistungsbewertung von Produktionssystemalternativen Als methodische Grundlage für die Leistungsbewertung dienen die im Abschnitt 3.3.1 analysierten Basismethoden Nutzwertanalyse(NWA) sowie Analytic Hierarchy Process(AHP) und Analytic Network Process(ANP) zur multikriteriellen Bewertung von Produktionssystemen. Die genaue Auswahl der bestgeeigneten Methode erfolgt in Abhängigkeit vom Reifegrad der untersuchten Alternativen. Dabei sind folgende Rahmenbedingungen zu berücksichtigen: Nutzwertanalyse Die NWA wird eingesetzt, wenn Konzepte auf überwiegend qualitativer Ebener bewertet werden sollen. Insbesondere in der Initialisierungsphase sind nur wenige technische und ökonomische Kennzahlen eines Produktionssystemkonzepts bekannt. Die NWA bietet in diesem Kontext eine schnelle und einfache Möglichkeit intuitive Annahmen zu quantifizieren und einen ersten Überblick der möglichen Vorteilhaftigkeit von Alternativen zu erhalten. Der Nutzwert als konsolidierte Leistungskennzahl einer Alternative berechnet sich dabei aus der Summe der mit der jeweiligen Priorität gewichteten Bewertung aller Kriterien. Der Nutzwert für jedes Produktionssystemkonzept ist dabei unabhängig von der Menge an Alternativen, so dass der Lösungsraum in dieser Phase ohne größeren Aufwand erweitert oder verringert werden kann. Die Grenzen der NWA sind dann erreicht, wenn der Aufwand zur Ermittlung der erforderlichen Nutzenfunktionen den aus der Bewertung resultierenden Entscheidungsvorteil übersteigt. Ab der Konfigurationsphase ist somit in den meisten Fällen ein Verfahren zur Bewertung des relativen Leistungsgrades effizienter. Anwendung der Methodik Seite 117 Analytic Hierarchy Process Der AHP ist ein methodisch wesentlich aufwändigeres Verfahren als die Nutzwertanalyse und wird daher für Entscheidungssituationen genutzt, in denen die Alternativen im Detail differenziert werden müssen. Das Grundprinzip des paarweisen Vergleichs zur Gewichtung und Bewertung setzt dabei allerdings voraus, dass alle Alternativen prinzipiell geeignet sind die Anforderungen zu erfüllen. Insofern sollte der AHP methodisch dann an eine NWA angeschlossen werden, wenn der Lösungsraum bereits auf eine kleinere Menge favorisierter Alternativen reduziert wurde. Die Leistungskennzahl für jedes Produktionssystemkonzept wird dabei auf Grundlage der aus Gewichtungen und Erfüllungsgraden konsolidierten Ergebnismatrix berechnet. Der sich ergebende normierte Vektor enthält die Leistungskennzahl für jedes Produktionssystemkonzept. Der AHP ermöglicht mit entsprechender Software-Unterstützung eine effiziente Rangfolgebildung der Alternativen und benötigt dafür keine explizit formulierten Nutzenfunktionen. Darüber hinaus kann die Konsistenz der Entscheidung durch die Berechnung von Inkonsistenzfaktoren nachvollzogen und validiert werden. Im Allgemeinen steigt beim AHP jedoch der Bewertungsaufwand exponentiell mit der Anzahl der Alternativen. Somit sollte diese Bewertungsmethode erst ab der Konfigurations- bzw. Kombinationsphase eingesetzt werden, je nachdem wie stark der Lösungsraum bereits verkleinert werden konnte. Analytic Network Process Der ANP ist zur Bewertung von Produktionssystemkonzepten in den Fällen sinnvoll, wo durch den AHP keine ausreichende Robustheit der Ergebnisse erzielt werden kann. Insbesondere bei wenigen verbleibenden Produktionssystemalternativen mit hohen Entwicklungsreifegraden ist die beim AHP vorausgesetzte Annahme einer Unabhängigkeit zwischen der Kriteriengewichtung und den Alternativen nicht immer realitätsnah. In diesem Fall bietet der ANP die Möglichkeit eine alternativenspezifische Kriteriengewichtung zu ergänzen, um ein genaueres Bewertungsergebnis zu erhalten. Die Leistungskennzahl ergibt sich dabei analog zur Berechnung beim AHP über die Supermatrix für das Netzwerkmodell und die anschließende Potenzierung. Der normierte Ergebnisvektor enthält dann die Leistungskennzahlen der Alternativen[Saa09, S. 9ff.]. Da die alternativenspezifische Kriteriengewichtung den Bewertungsaufwand erhöht, ist der ANP vor allem bei einer instabilen Rangfolge der Produktionssystemalternativen in der Optimierungsphase empfehlenswert. Sollte jedoch bereits mit dem Analytic Hierarchy Process ein hinreichend robustes Ergebnis erzielt worden sein, ergibt sich trotz des zusätzlichen Aufwands zur Durchführung des Analytic Network Process im Regelfall keine neue Rangfolge der Alternativen. Seite 118 Kapitel 5 5.3.1 Gewichtung der Bewertungskriterien Der erste Bewertungsschritt besteht für alle Reifegrade bzw. zugrundeliegenden Basismethoden in der Einflussermittlung der identifizierten Kriterien auf die wahrgenommene Leistungsfähigkeit einer Alternative. Dafür ist es zunächst erforderlich, eine detaillierte Anforderungsanalyse für das Produktionssystem aus produktionsstrategischer und operativer Sicht durchzuführen, um die Leistungsfähigkeit im Kontext des Entwicklungsprojekts beurteilen zu können. So können beispielsweise umweltbezogene Kriterien wie Schadstoffemissionen je nach strategischer Ausrichtung des Unternehmens einen sehr unterschiedlichen Einfluss auf die wahrgenommene Leistung des Produktionssystems haben. Hinzu kommen die spezifizierten Anforderungen an das Produktionssystem aus Sicht der Produktentwicklung, die ebenfalls den projektspezifischen Maßstab der Leistungsfähigkeit beeinflussen. Als Voraussetzung für die Gewichtung der Bewertungskriterien muss somit eine vollständige Menge von Anforderungen gegeben sein, die zur Beurteilung des Einflusses der Bewertungskriterien dienen. Die Fähigkeit zur Erfüllung der Summe dieser Anforderungen wird im Folgenden als Maß für die wahrgenommene Leistungsfähigkeit eines Produktionssystems verstanden. Für die eigentliche Gewichtung muss der Einfluss der Bewertungskriterien auf die wahrgenommene Leistungsfähigkeit ermittelt werden. Als methodische Grundlage wird dazu ein paarweiser Vergleich verwendet, dessen genaue Abstufung vom Reifegrad der untersuchten Alternativen abhängt. Grundsätzlich werden alle relevanten Kriterien in Form einer Matrix gegenüber gestellt und einzeln miteinander verglichen. Für jeden resultierenden Vergleich wird in das korrespondierende Feld eingetragen, ob und welche der beiden Kriterienausprägungen einen höheren Einfluss auf die wahrgenommene Leistungsfähigkeit des Produktionssystems hat. In der Initialisierungsphase sind die Partialmodelle nur auf sehr abstrakter Ebene beschrieben. Somit ist eine exakte Bestimmung des Einflusses der einzelnen Kriterien in dieser Phase nur schwer möglich. Ein paarweiser Vergleich der Kriterien mit den Bewertungsmöglichkeiten 0(unwichtiger als) bzw. 1(wichtiger als) bildet daher einen geeigneten Kompromiss zwischen der unsicheren Datenlage und dem Anspruch einer analytischen Entscheidungsfindung. Mithilfe der der auf 100% normierten Aktivsumme entsprechend einer NWA kann dann für jedes Kriterium der prozentuale Einfluss auf die wahrgenommene Leistungsfähigkeit sowie eine erste Rangfolge der Kriterien ermittelt werden. Mit Erreichen der Konfigurations- bzw. Kombinationsphase steht jeweils eine wesentlich konkretere Entscheidungsbasis zur Verfügung. Der zunehmende Reifegrad der Produktionssystemkonzepte ermöglicht den Einsatz automatisierter Analyseverfahren, beispielsweise mit Hilfe numerischer Simulationsmethoden. Somit muss auch der Einfluss einzelner Kriterien genauer bestimmt werden, um der höheren Informationsdichte Rechnung zu tragen. In Anlehnung an den AHP wird dazu eine linguistische 9-Punkt- Anwendung der Methodik Seite 119 Skala verwendet, die eine paarweise Bewertung zweier Kriterien von 1(gleich wichtig) über 5(deutlich wichtiger) bis hin zu 9(dominant wichtiger) ermöglicht[Saa08, S. 85ff.]. Alle ganzzahligen Zwischenwerte in diesem Bereich können dabei als Abstufung verwendet werden, um die Genauigkeit der Bewertung zu erhöhen. Die gegenläufige Darstellung eines geringeren Einflusses auf die Leistungsfähigkeit wird über den entsprechenden reziproken Wert zum Ausdruck gebracht. Wie in der beispielhaften Gewichtung in Bild 5-25 deutlich wird, kann anschließend die prozentuale Gewichtung aller Kriterien sowie die resultierende Rangfolge des Einflusses aus dem auf 1 bzw. 100% normierten Eigenvektor der Matrix abgeleitet werden(siehe Abschnitt 3.3.1.2). Leistungsfähigkeit 62% 11% 3% 24% Kriterium 1 Kriterium 2 Kriterium 3 Kriterium 4 (z.B. DLZ)(z.B. Energieeffizienz)(z.B. Ausschussquote)(z.B. Transportwege) Kriterium 1 Kriterium 2 Kriterium 3 Kriterium 4 Kriterium 1 1/5 1/3 1 Kriterium 2 5 2 1/5 Kriterium 3 3 1/2 7 Kriterium 4 1 5 1/7 Eigenvektor 62% 11% 3% 24% Bild 5-25: Paarweise Kriteriengewichtung mit Hilfe der 9-Punkt-Skala In der Optimierungsphase sind die wesentlichen Eckpunkte der alternativen Produktionssystemkonzepte bekannt. Somit ist die Gewichtung der Kriterien in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Alternativen möglich. Der ANP bietet die dafür notwendige methodische Grundlage, indem ein individueller Gewichtungsvektor der Kriterien für jede Alternative festgelegt wird[Saa09, S. 7ff.]. So können die spezifischen Stärken der einzelnen Konzepte hervorgehoben und die bei allen Alternativen weitestgehend identisch ausgeprägten Kriterien niedriger gewichtet werden. Im Anschluss ergibt sich in Anlehnung an das Vorgehen beim ANP eine prozentuale Gewichtung und Rangfolge für die maßgeblichen Kriterien. Das grundlegende Auswahlschema zur Kriteriengewichtung in Abhängigkeit vom Reifegrad ist zusammenfassend in Tabelle 5-1 dargestellt. Es unterstützt die Entwickler bei der methodischen Kriteriengewichtung, stellt aber keine zwingende Handlungsanweisung für die weitere Bewertung dar. Insbesondere im Übergangsbereich von Initialisierungs- und Konfigurationsphase sowie von Kombinations- und Optimierungsphase, kann es unter Umständen sinnvoll sein, den Methodenwechsel vorzuziehen oder zu verzögern. Diese Entscheidung hängt maßgeblich vom Umfang der vorhandenen Informationsbasis sowie von der Menge der noch zur Auswahl stehenden Alternativen ab. Die Seite 120 Kapitel 5 entscheidende Ausgangsinformation für den weiteren Bewertungsprozess ist eine prozentuale Gewichtung des Einflusses der identifizierten Kriterienausprägungen auf die wahrgenommene Leistungsfähigkeit aller alternativen Produktionssystemkonzepte. Tabelle 5-1: Auswahlschema zur reifegradspezifischen Kriteriengewichtung Auswahl der Gewichtungsmethode Gewichtungsmethode Initialisierungsphase Paarweiser Vergleich der Kriterien mit Aktivsumme (gemäß NWA) Konfigurations- Kombinations- Optimierungsphase phase phase Paarweiser Vergleich der Kriterien mit Eigenvektor (gemäß AHP) Paarweiser Vergleich der Kriterien mit Supermatrix (gemäß ANP) 5.3.2 Ermittlung des Erfüllungsgrads Neben der Gewichtung der Kriterien muss für die Bewertung von alternativen Produktionssystemkonzepten auch die Ausprägung der Konzepte in Bezug auf jedes Kriterium ermittelt werden. Aus dieser Ausprägung wird die Teil-Leistungsfähigkeit eines Konzepts abgeleitet, der sog. Erfüllungsgrad in Bezug auf ein Kriterium. Im Kontext der Bewertung von Produktionssystemen sind dabei die folgenden drei Typen von Erfüllungsgraden relevant: Funktionaler Erfüllungsgrad Eine funktionale Ermittlung des Erfüllungsgrads stellt die einfachste Form der Bewertung einer Kriterienausprägung dar, kann aber nur für wenige Kriterien angewandt werden. Voraussetzung dafür ist, dass unabhängig von den zur Verfügung stehenden Alternativen der Erfüllungsgrad und die Kriterienausprägung in einen direkten und stetigen Funktionszusammenhang gesetzt werden können. Auf Basis einer definierten Bewertungsskala, beispielsweise von 0% bis 100%, kann mit dieser Funktion ein exakter Erfüllungsgrad für jede mögliche Kriterienausprägung berechnet werden. Bei der Bewertung von Produktionssystemen ist eine solche Erfüllungsfunktion vor allem für Kriterien möglich, die direkt quantitativ prognostizierbar sind. So kann zum Beispiel der Erfüllungsgrad des Kriteriums „ Durchlaufzeit “ durch eine lineare Funktion zwischen der technisch minimal möglichen und einer maximal akzeptablen Durchlaufzeit ausgedrückt werden. Die definierte Minimalzeit entspricht dann einem Erfüllungsgrad von 100% und Ausprägungen mit einem Wert höher als die Maximalzeit entsprechen 0%. Alle anderen realisierbaren Ausprägungen bilden Zwischenwerte gemäß der Erfüllungsfunktion, die auch nicht-linear verlaufen kann. Anwendung der Methodik Seite 121 Empirischer Erfüllungsgrad Die empirische Ableitung des Erfüllungsgrades aus einer gegebenen Kriterienausprägung erfordert analog zur funktionalen Ermittlung eine Bewertungsskala mit oberer und unterer Grenze. So kann beispielsweise der Erfüllungsgrad vo n null(„g ar nicht erfüllt “ bzw. „s chlecht “ ) über fünf( „t eilweise erfüllt “ bzw. „g ut “ ) bis hin zu zehn( „a bsolut erfüllt “ bzw. „p erfekt “ ) definiert werden. Charakteristisch für die Bestimmung eines empirischen Erfüllungsgrades ist die nachträgliche Zuordnung zur Ausprägung des Kriteriums auf Basis von Experteneinschätzung und Erfahrungswissen. In diesem Zusammenhang kann der Erfüllungsgrad lediglich für einzelne und konkrete Ausprägungen des Produktionssystems bestimmt werden, da er von einer Vielzahl verschiedener Parameter abhängt. Ein funktionaler Zusammenhang kann somit ggf. nur durch eine interpolierte Funktion auf Basis empirisch ermittelter Erfüllungsgrade approximiert werden. Der Erfüllungsgrad sollte immer dann empirisch bestimmt werden, wenn mit akzeptablem Aufwand keine allgemeine Erkenntnis über den Zusammenhang zur Kriterienausprägung formuliert werden kann. So ist beispielsweise die Arbeitsplatzergonomie der verwendeten Ressourcen von zahlreichen Faktoren wie den physischen Dimensionen, Sicherheitsvorrichtungen oder der Bedienoberfläche abhängig, ohne dass diese funktional abgebildet werden könnten. Auf empirischer Basis kann aber z.B. festgestellt werden, dass Ressourcen eines bestimmten Herstellers im Allgemeinen die individuellen ergonomischen Anforderungen sehr gut erfüllen. Relativer Erfüllungsgrad Ein relativer Erfüllungsgrad unterscheidet sich insofern von einem funktionalen und empirischen Erfüllungsgrad, als dass der Maßstab für die Bewertung nicht mehr auf einer absoluten Skala beruht sondern jeweils von den zur Verfügung stehenden Alternativen abhängt. Infolgedessen sollte der Erfüllungsgrad nur dann relativ bestimmt werden, wenn garantiert werden kann, dass alle entwickelten Produktionssystemkonzepte die Fest-Anforderungen erfüllen. Da die hier beschriebene Bewertungsmethodik an das Vorgehen zur Konzipierung nach N ORDSIEK anschließt, ist die Voraussetzung in diesem Kontext gegeben(vgl.[Nor12]). Der wesentliche Vorteil bei der Nutzung eines relativen Erfüllungsgrades besteht darin, keine separate Umrechnungsfunktion für die Kriterienausprägung definieren zu müssen. Mithilfe eines paarweisen Vergleichs wird lediglich die Differenz des Erfüllungsgrades zwischen den zur Verfügung stehenden Alternativen bestimmt. Dieser Vergleich wird in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Kriteriengewichtung beim Analytic Hierarchy Process auf Basis einer linguistischen 9-Punkt-Skala durchgeführt, die eine paarweise Bewertung zweier Alternativen in Bezug auf die Kriterienerfüllung von 1(gleich gut) über 5(deutlich besser) bis hin zu 9(dominant besser) ermöglicht. Auch hier wird für die entsprechende Unterlegenheit der jeweils reziproke Wert in die Bewertungsmatrix Seite 122 Kapitel 5 eingetragen und der Erfüllungsgrad über den normierten Eigenvektor der Matrix abgeleitet. Bild 5-26 verdeutlicht die Vorgehensweise zur Bestimmung des relativen Erfüllungsgrads auf Basis eines paarweisen Vergleichs beispielhaft. Leistungsfähigkeit Kriterium 1 (z.B. DLZ) Kriterium 2 Kriterium 3 Kriterium 4 (z.B. Energieeffizienz) (z.B. Ausschussquote)(z.B. Transportwege) 67% 24% 9% Produktionssystem A Produktionssystem B Produktionssystem C Produktionssystem A Produktionssystem B Produktionssystem C Produktionssystem A 1/7 1/9 Produktionssystem B 7 1/3 Produktionssystem C 9 3 Eigenvektor 67% 24% 9% Bild 5-26: Bestimmung des relativen Erfüllungsgrads über paarweisen Vergleich Bei der Interpretation des relativen Erfüllungsgrades ist zu beachten, dass der Wert nur in Relation zu genau diesen Alternativen seine Gültigkeit behält und im Vergleich zu anderen Alternativen wesentlich davon abweichen kann. Mit dem beschriebenen Vorgehen können aber auch die mittels eines analytischen oder empirischen Zusammenhangs ermittelten absoluten Erfüllungsgrade normiert werden. So wird beispielsweise das Verhältnis von 45% und 30% funktionalem Erfüllungsgrad zweier Alternativen durch den paarweisen Vergleich zum Wert 6 bzw. 1/6 in der relativen 9-Punkt-Skala konvertiert(30% zu 45% entspricht dem Verhältnis von 6 zu 9). Die Grenzwerte 1 und 9 auf der relativen Skala ergeben sich immer dann, wenn die Werte auf der absoluten Skala gleich sind bzw. einer der absoluten Werte einen Erfüllungsgrad von 0 aufweist. Als Ergebnis der Ermittlung aller Erfüllungsgrade ergibt sich für jede Alternativen ein individuelles Maß der Leistungserfüllung in Bezug auf jedes Kriterium. Die Erfüllungsgrade einer Alternative werden in einem Erfüllungsgradvektor zusammengefasst. 5.3.3 Berechnung der konsolidierten Leistungskennzahl Mit einer vollständigen Gewichtung aller Bewertungskriterien sowie den ermittelten Erfüllungsgraden der alternativen Produktionssystemkonzepte für die Kriterien kann eine konsolidierte Leistungskennzahl für jedes Konzept ermittelt werden. Sie bildet die Grundlage, um eine Rangfolge der wahrgenommenen Leistungsfähigkeit der zur Verfü- Anwendung der Methodik Seite 123 gung stehenden Alternativen abzuleiten. Die Leistungskennzahl muss dabei konsistent zu den bereits beschriebenen unterschiedlichen Ansätzen zur Ermittlung der Kriteriengewichtung und Erfüllungsgrade berechnet werden. So können beispielsweise ausschließlich absolut bewertete Erfüllungsgrade einfach mit der Kriteriengewichtung multipliziert werden, während mit einem Anteil relativ ermittelter Erfüllungsgrade ein matrixbasiertes Verfahren sinnvoller ist. Im Kontext der Bewertung alternativer Produktionssystemkonzepte kommen somit die beschriebenen drei Basismethoden NWA, AHP und ANP zur multikriteriellen Bewertung für die jeweils unterschiedlichen Bewertungssituationen zum Einsatz. Die Methoden ergänzen entlang der dargestellten Reifegrade in der frühen Phase ihre Vorteile und kompensieren ihre Nachteile. Die NWA ermöglicht insbesondere in der Initialisierungsphase eine schnelle und intuitive Entscheidungsfindung, die zu einer effizienten Verringerung des Lösungsraumes beiträgt. Anschließend kann ab der Konfigurationsphase mit dem AHP eine Auswahl favorisierter Lösungen im Detail analysiert und systematisch bewertet werden. Sofern sich mit dieser Methode in der Optimierungsphase keine eindeutige Rangfolge ermitteln lässt, steht abschließend der ANP mit seiner zusätzlichen alternativenspezifischen Gewichtung zur Verfügung. In Tabelle 5-2 ist dieser Zusammenhang in der Gesamtübersicht aller relevanten Entwicklungsphasen der Produktionssystemkonzipierung dargestellt. Tabelle 5-2: Eignung multikriterieller Bewertungsmethoden für verschiedene Entwicklungsphasen Bewertungsmethode Initialisierungsphase Konfigurationsphase Kombinationsphase Optimierungsphase Multikriterielle Bewertung Die Methode eignet sich in der jeweiligen Phase uneingeschränkt mit Einschränkungen nicht Nutzwertanalyse Analytic Hierarchy Process Analytic Network Process Entwicklungsphase Als Ergebnis der Durchführung einer der angegebenen Methoden wird jedes vorliegende Produktionssystemkonzept mit einer dimensionslosen Leistungskennzahl bewertet. Die hieraus resultierende Rangfolge dient anschließend als Grundlage zur Elimination einer oder mehrerer Alternativen aus dem Lösungsraum und zur Fokussierung der Entwicklungsressourcen auf die übrigen Konzepte. Seite 124 Kapitel 5 5.3.4 Anwendungsbeispiel Leistungsbewertung Die Gewichtungsmethode für die gewählten Kriterien des Anwendungsbeispiels erfolgt auf Basis des im vorherigen Abschnitt dargestellten Auswahlschemas. Da die überwiegende Anzahl der Partialmodelle bei allen Alternativen den Reifegrad 2 oder höher erreicht hat und auch der Gesamt-Reifegrad aller Alternativen bei über 50% liegt (56,25%, siehe Abschnitt 5.2.2), eignet sich die Ermittlung der Kriteriengewichtung mittels paarweisem Vergleich auf Basis einer 9-Punkt-Skala analog zum Analytic Hierarchy Process. Die Bewertung des Erfüllungsgrades der Alternativen erfolgt ebenfalls mittels paarweisem Vergleich auf Basis einer 9-Punkt-Skala. Für die Ermittlung der konsolidierten Leistungskennzahl nach dem im Abschnitt 5.3.3 vorgestellten Schema geht mit der gleichen Begründung wie für die Kriteriengewichtung der Analytic Hierarchy Process als bestgeeignete Methode hervor. In Bild 5-27 ist die prototypisch umgesetzte Oberfläche des Bewertungstools für die Phase„Leistung bewerten“ abgebildet. Die Gewichtung ergibt sich nach Eintragung des paarweisen Vergleichs mit einem Schwerpunkt auf den Kriterien„Durchlaufzeit“, „Qualität“ und„Prozessinnovativität“. Nach Eintragung des relativen Erfüllungsgrades aller Alternativen für jedes Kriterium ergibt sich eine konsolidierte Rangfolge der Alternativen. Alternative 2(Stahlrahmen vollautomatisiert schweißen) wurde mit 37,1% am besten bewertet, danach folgen Alternative 3(Titanrahmen additiv drucken) mit 32,8%, Alternative 1(Stahlrahmen teilautomatisiert schweißen) mit 21,7% und Alternative 4(CFK-Rahmen pressen) mit 8,4% auf dem letzten Platz. Auswahl der Bewertungsmethode Kriteriengewichtung Auswertung der Leistungsbewertung Bestimmung des Erfüllungsgrades Bild 5-27: Prototypische Oberfläche der Bewertungsphase„Leistung bewerten“ Anwendung der Methodik Seite 125 Mit dem in Bild 5-27 dargestellten Bewertungsergebnis wird für das Anwendungsbeispiel im Modellunternehmen entschieden, die Alternative 4 in der Entwicklung nicht mehr weiter zu verfolgen. In den weiteren Iterationsschritten sollen die Entwicklungsressourcen auf die verbliebenen Alternativen 1, 2 und 3 konzentriert werden. 5.4 Kostenbewertung von Produktionssystemalternativen Mit zunehmendem Reifegrad der Produktionssystementwicklung ist die Differenzierung alternativer Produktionssystemkonzepte rein nach der wahrgenommenen Leistung nicht mehr ausreichend. Zusätzlich müssen die zur Umsetzung der Konzepte notwendigen Aufwände in Form von Kosten prognostiziert werden, sobald diesbezüglich valide Aussagen möglich sind. Die Gegenüberstellung von wahrgenommener Leistungsfähigkeit und dafür erforderlicher Investitionskosten bildet eine genauere Entscheidungsgrundlage für die weitere Produktionssystemplanung. Die im folgenden Abschnitt betrachteten drei Kategorien der Investitionskosten beinhalten alle von der Produktionsmenge unabhängigen Kosten, die überwiegend einmalig zur Beschaffung und Inbetriebnahme eines Produktionssystems anfallen. Darüber hinaus werden auch mehrmalig auftretende, aber fixierte Kostenarten wie beispielsweise Personal- oder Instandhaltungskosten unter den Investitionskosten zusammengefasst. Die variablen Herstellungs- bzw. Produktstückkosten können erst mit weitergehendem Wissen über die prognostizierten Produktionsmengen bestimmt werden. Solange diese Angaben noch nicht mit der erforderlichen Genauigkeit bekannt sind, stehen die im vorherigen Abschnitt bestimmten Leistungskennzahlen stellvertretend für die relative Wirtschaftlichkeit. Da die Kriterien zur Bestimmung der wahrgenommenen Leistungsfähigkeit entweder auf Potentiale zur Kostensenkung oder auf Möglichkeiten der Absatzsteigerung zurückgeführt werden können, verlaufen die Erfüllungsgrade proportional zur ökonomischen Vorteilhaftigkeit. Ergebnis der Kostenbewertung ist eine Gegenüberstellung der verschiedenen Produktionssystemkonzepte in Form eines Kosten-/Leistungsportfolios. Dieses ermöglicht die Identifikation von dominierten Alternativen, die aus dem weiteren Bewertungs- und Entwicklungsprozess ausgeschlossen werden können. Die für die Kostenbewertung relevanten vier Schritte sind in Bild 5-28 dargestellt und werden im Folgenden näher erläutert. Anschließend wird das Vorgehen auf das Anwendungsbeispiel übertragen. Seite 126 Kapitel 5 Phasen/Meilensteine Ermittlung der Kosten für Technologiekompetenzen 1 Ermittlung der Kosten für Ressourcen 2 Ermittlung der Kosten für Infrastruktur 3 Konsolidierung der Kostenund Leistungsbewertung 4 Aufgaben/Methoden • Technologiekompetenzanalyse • Kapazitätsanalyse • Herstellkostenanalyse • Physische Strukturanalyse • Organisatorische Strukturanalyse • Relative Normierung Resultate Investitionskosten für Technologiekompetenzen Investitionskosten für Ressourcen Investitionskosten für Infrastruktur Kosten-/Leistungsportfolio Bild 5-28: Vorgehen zur Kostenbewertung von Produktionssystemalternativen 5.4.1 Kosten für Technologiekompetenzen Der Kompetenzbegriff für Technologien bezieht sich in diesem Kontext auf die Fähigkeit Produktionstechnologien in einem Prozess so einsetzen zu können, dass alle fertigungsrelevanten Anforderungen hinreichend erfüllt werden. Die entsprechenden Technologiekompetenzen bilden die Basis für die Einführung eines neuen bzw. in Teilbereichen geänderten Produktionssystems. Der ggf. erforderliche Kompetenzaufbau muss im Unternehmen spätestens dann abgeschlossen sein, wenn das Produktionssystem operativ in Betrieb genommen wird. Später folgende Lernkurveneffekte, die einen ökonomischeren Betrieb ermöglichen, fallen demnach nicht mehr unter diese Definition der grundsätzlichen Technologiekompetenz. Generell wird bei der Bewertung von Investitionskosten im Rahmen einer Technologiekompetenzanalyse zwischen der personalen(bzw. impliziten) und der institutionellen(bzw. expliziten) Technologiekompetenz im Unternehmen unterschieden[NTM97, S. 75]. Personale Technologiekompetenz bezieht sich auf personengebundenes implizites Erfahrungswissen und technologiespezifische Kenntnisse der am jeweiligen Fertigungsprozess beteiligten Mitarbeiter. Ein Beispiel hierfür sind Mitarbeiter, die anhand der Geräuschentwicklung eines Fräsprozesses die korrekten Bearbeitungsparameter zur Einhaltung der geforderten Oberflächengenauigkeit bestimmen können[NTM97, S. 75]. Die institutionelle Technologiekompetenz bezieht sich auf das explizit formulierte Wissen, das im Unternehmen bezüglich der Technologie vorhanden ist[NTM97, S. 81]. Es umfasst beispielsweise Schulungsunterlagen, Best-Practice-Vorgaben oder Parameter-Tabellen bzw.-Datenbanken. Im Idealfall sind die personengebundene sowie die Anwendung der Methodik Seite 127 institutionelle Technologiekompetenz identisch und hoch genug, um die fertigungsrelevanten Anforderungen hinreichend erfüllen zu können Ein Unternehmen, welches die Investitionskosten zur Einführung eines neuen Produktionssystems bestimmen will, muss die personale und institutionelle Technologiekompetenz für jeden erforderlichen Prozessschritt bestimmen. Anhand des in Bild 5-29 dargestellten Schemas können dann die notwendigen Maßnahmen ermittelt und die dafür erforderlichen Kosten abgeleitet werden. Das Schema basiert auf dem SECI-Modell der Wissensumwandlung nach N ONAKA und T AKEUCHI [NTM97, S. 75]. Die vier dort genannten Formen der Sozialisation(S), Externalisierung(E), Kombination(C) und Internalisierung(I) wurden in dem Schema auf produzierende Unternehmen übertragen. Forschung und Entwicklung bilden die Grundlage für den Aufbau von Technologiekompetenzen, wenn weder personales noch institutionelles Wissen im ausreichenden Maß vorhanden sind. Dazu ist im Sinne einer Kombination beispielsweise die Übertragung von Kompetenzen auf ein neues Anwendungsfeld oder die Bildung von Kompetenznetzwerken erforderlich[NTM97, S. 81f.],[Zah95, S. 906]. Aufbau und Erwerb neuer Kompetenzen sind im Allgemeinen mit den höchsten Kosten verbunden. Sofern die erforderliche Technologiekompetenz personengebunden zur Verfügung steht, aber beispielsweise an neue Mitarbeiter weitergegeben und im Unternehmen dokumentiert werden muss, ist eine Sozialisation des Wissens durch Kompetenztransfer bzw. eine Externalisierung durch Prozessdokumentation erforderlich[NTM97, S. 75ff.]. Der resultierende Aufwand besteht im Wesentlichen aus Opportunitätskosten, d.h. einem gewissen Produktivitätsverlust der vermittelnden Technologieexperten während der Wissensvermittlung. In diesem Zusammenhang ist die Dokumentation des Wissens geboten, jedoch kostenseitig nicht dem Produktionssystemkonzept zuzurechnen. Dass implizites Wissen dem Unternehmen auch personenunabhängig zur Verfügung steht, ist von strategischer Bedeutung, jedoch kurzfristig nicht für die anforderungsgerechte Prozessausführung entscheidend. Aufbau von Prototypen sowie Betriebsdatenerfassung sind Mischformen der vier Grundformen nach N ONAKA und T AKEUCHI . Sie werden genutzt, um sowohl personales als auch institutionelle Kompetenzen gleichermaßen zu erhöhen. Die erforderlichen Kosten hängen daher stark von den spezifischen Anforderungen des Einzelfalls ab. Schulungen sind eine Form der Internalisierung von institutionellem Wissen, d.h. der Übertragung von explizitem Wissen auf den Mitarbeiter. Die kostengünstigste Form der Kompetenzvermittlung liegt dann vor, wenn Mitarbeiter anhand des im Unternehmen explizit dokumentierten Technologiewissens(bspw. Handbücher oder Dokumente) geschult werden können[NTM97, S. 82f.]. Dabei resultieren vor allem Opportunitätskosten der Mitarbeiter bis zur Einsatzfähigkeit für den entsprechenden Prozess. Die gesamten Investitionskosten zum Aufbau der erforderlichen Technologiekompetenzen für ein Produktionssystemkonzept ergeben sich abschließend aus der Summe über die entsprechenden Teilkosten aller Prozessschritte. Seite 128 Kapitel 5 Bild 5-29: Portfolio zur Analyse und Ableitung von Maßnahmen zur Erhöhung der Technologiekompetenz 5.4.2 Kosten für Ressourcen Unter den Investitionskosten für Ressourcen werden in diesem Kontext alle Ausgaben zur Einstellung von Personal sowie der Anschaffung von Maschinen mitsamt Werkzeugen, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen zusammengefasst. Die aus der Investitionsentscheidung resultierenden Kosten entsprechen den grundlegenden Voraussetzungen zur Erfüllung der Produktionsaufgabe. Somit fallen unter die Investitionskosten die Ausgaben, welche durch die Investitionsentscheidung festgelegt werden, aber nicht durch die Produktionsmenge beeinflusst werden. Für Personal beinhaltet dies beispielsweise Lohnzahlungen in Höhe der Mindestbeschäftigungsdauer und für Maschinen die jeweiligen Anschaffungskosten. Während zur Berechnung von Investitionskosten für neue Produktionssysteme zahlreiche Ansätze existieren, beschränken sich diese meist auf den Fall, dass die geplante Investition im Umfang und hinsichtlich ihrer Details bekannt ist(vgl. bspw.[Sud08], Anwendung der Methodik Seite 129 [Neu02],[Mül08]). Insbesondere in der frühen Entwicklungsphase besteht jedoch noch eine hohe Unsicherheit bezüglich der genauen Art der eingesetzten Ressourcen sowie des Umfangs an notwendigem Personal. Zur Abbildung der Unsicherheit wird daher ein modifizierter Ansatz zur Investitionskostenermittlung für Ressourcen verwendet, der auf einer Methode für die frühzeitige Herstellkostenbewertung nach L ANZA ET AL . basiert[LRP10, S. 532ff.]. Dabei werden statt der produktbezogenen Herstellkosten die reinen Investitionskosten für Maschinen und Anlagen mitsamt ihrer assoziierten Elemente wie Werkzeuge und Personal betrachtet. Ausgangspunkt ist eine Kapazitätsplanung für jedes Element des Ressourcendiagramms. Ziel ist die Bestimmung der Anzahl der jeweils erforderlichen Maschinen, Werkzeuge und Werker. Im Unterschied zum Ansatz von L ANZA ET AL . werden in dieser Phase der Bewertung Störungen und Maschinenausfälle vernachlässigt, da von der Berechnung der mindestens notwendigen Kapazität zur Erfüllung der fertigungsrelevanten Anforderungen ausgegangen wird. Demnach ergibt sich für eine Ressource W folgender Kapazitätsbedarf pro Jahr: 𝑀 𝑊 = 𝑁 ∙ ∑(𝑡 𝑝 + 𝑟 𝑝 ) ∀ 𝑝 ∈ 𝑃 𝑝 Formel 5-1: Berechnung des jährlichen Kapazitätsbedarfs einer Ressource mit M W : Mindestkapazität der Ressource W pro Jahr in Sekunden N: Minimale anforderungsgerechte Jahresstückzahl p: Prozessschritt t p : Bearbeitungszeit des Prozessschritts p mit der Ressource W in Sekunden r p : Rüstzeit der Ressource W für den Prozessschritt p in Sekunden P: Menge der diskreten Prozessschritte im betrachteten Produktionssystem Die Kapazitätsberechnung ist prinzipiell für jede Ressource durchzuführen, unabhängig davon, ob es sich um die eigentlichen Werkzeugmaschinen im Ressourcendiagramm oder die mit ihnen assoziierten Werker und Werkzeuge handelt. So kann eine Werkzeugmaschine beispielsweise sehr viele Prozessschritte mit jeweils unterschiedlichen Werkzeugen durchführen. Die Werkzeugmaschine hat in diesem Fall einen sehr hohen zeitlichen Kapazitätsbedarf, die Werkzeuge selbst aber nicht unbedingt. Um anschließend die erforderliche Anzahl A W der Ressource W zu bestimmen, ist festzulegen, wie viel Zeit der Ressource W zur Ausführung aller Prozesse p im Jahr zur Verfügung steht. Je nach Schichtmodell und der Anzahl an Arbeitstagen müssen somit Seite 130 Kapitel 5 mehr oder weniger Ressourcen W zur Erfüllung der Produktionsausgabe zur Verfügung stehen: 𝐴 𝑊 = 𝑀 𝑊 𝑇 Formel 5-2: Berechnung der erforderlichen Anzahl einer Ressource mit A W : Anzahl der Ressource W M W : Mindestkapazität der Ressource W in Sekunden T: Verfügbare Arbeitszeit pro Jahr in Sekunden Sobald A W nicht ganzzahlig ist, ist zur Realisierung des Produktionssystems die nächsthöhere natürliche Anzahl maßgebend. Die resultierende Differenz bildet dann die Kapazitätsreserve der Ressource W um Störungen und Ausfälle zu kompensieren oder die Produktionsmenge zu erhöhen. Je nach Reifegrad des Produktionssystemkonzepts ist eine oder mehrere der angegebenen Einflussgrößen mit einer Unsicherheit behaftet. So sind in der Konfigurationsphase beispielsweise lediglich die Wertbereiche der Bearbeitungs- und Rüstzeit bekannt, aber noch keine feste Größen. Um dennoch eine erste Abschätzung der Investitionskosten durchführen zu können, wird eine Monte-Carlo-Simulation zur Kapazitätsermittlung durchgeführt und eine Verteilungsfunktion für die unsicheren Parameter angegeben. Die sich ergebende Verteilung ermöglicht die Ableitung eines mittleren Kapazitätsbedarfs für jede untersuchte Ressource. Mit zunehmendem Reifegrad und sinkender Streuung der Einflussgrößen verringert sich die Varianz der Ergebnisse und die Genauigkeit steigt. Zur Ermittlung der gesamten erforderlichen Investitionskosten für Produktionsressourcen ist abschließend ein Vergleichs- oder Basispreis zur Anschaffung der betrachteten Ressourcen zu ermitteln. Im Falle von Werkern beinhaltet dieser im Wesentlichen die fixierten Lohnzahlungen für die Mindestbeschäftigungsdauer, aber auch ggf. entstehende Transaktionskosten der Personalsuche sowie Verwaltungskosten zur Einstellung. Für Maschinen, Werkzeuge sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sind die Anschaffungskosten mitsamt der erforderlichen Ausgaben für Transport und Einrichtung zu ermitteln. Dies kann je nach Reifegrad der Produktionssystemkonzepte über Umfragen, Marktrecherchen oder konkrete Ausschreibungen durchgeführt werden. Daraus resultierende Unsicherheiten sind mit Hilfe einer Wahrscheinlichkeitsverteilung zum Ausdruck zu bringen. Die Gesamt-Investitionskosten ergeben sich abschließend über die Summe der Kosten für alle untersuchten Einzelressourcen: Anwendung der Methodik Seite 131 𝐾= ∑(𝐴 𝑊 ∙ 𝑘 𝑊 ) ∀ 𝑊 ∈ 𝐿 𝑊 Formel 5-3: Berechnung der Investitionskosten für ein Produktionssystemkonzept mit K: Investitionskosten für ein Produktionssystemkonzept A W : Anzahl der Ressource W k W : Basispreis der Ressource W W: Ressource L: Menge der Ressourcen im betrachteten Produktionssystem Mit Hilfe der Monte-Carlo-Simulation können unter Berücksichtigung der Unsicherheiten einzelner Einflussgrößen die kumulierten Investitionskosten aller Ressourcen eines Produktionssystemkonzepts prognostiziert werden. Innerhalb eines 95-prozentigen Konfidenzintervalls nimmt die Varianz der Simulationsergebnisse in Bezug auf die Kosten mit steigendem Reifegrad der Konzepte ab. 5.4.3 Kosten für Infrastruktur Mit der Investitionskostenanalyse aller notwendigen Kompetenzen und Ressourcen zur Erfüllung einer Produktionsaufgabe sind die Kosten für die Kerninvestition bestimmt. Zur tatsächlichen Realisierung des konzipierten Produktionssystems sind jedoch zahlreiche Unterstützungsfunktionen erforderlich, die im Folgenden als Infrastruktur zusammengefasst werden. Die Investitionskosten für die Infrastruktur werden dabei in Kosten für die physische sowie Kosten für die organisatorische Infrastruktur unterschieden. Dabei gilt das Differenzprinzip in Bezug auf die bestehende Infrastruktur, d.h. je ähnlicher die konzipierte Infrastruktur eines Produktionssystemkonzepts dem bestehenden Produktionssystem ist, desto geringer sind die erforderlichen Investitionskosten. Investitionskosten für die physische Infrastruktur Die physische Infrastruktur zur Betriebsfähigkeit eines Produktionssystems umfasst die Funktionen, die zur Gewährleistung aller Anforderungen der Ressourcen an ihre Umwelt dienen. Nach S CHENK und W IRTH lassen sich diese Anforderungen in vier Kategorien unterteilen[SW04, S. 148]:  Geometrie: Abmessungen und Flächen  Belastung: Lastaufnahme und Fundamente Seite 132 Kapitel 5  Ver- und Entsorgung: Notwendige Medien, wie z.B. Energie, Wasser, IKT 12  Störwirkungen: Emissionen, Klima, Brandschutz und Schwingungen Im Gestaltdiagramm des Produktionssystemkonzepts sind die aus Sicht der infrastrukturellen Versorgung relevanten Ressourcen hinterlegt. Diese gilt es zu identifizieren und deren Anforderungen entsprechend der angegebenen Struktur zu erfassen. Anschließend werden auf Basis der definierten Anforderungen technische Lösungen für die physische Infrastruktur erarbeitet und mit entsprechenden Kostensätzen versehen. Diese Kosten können je nach Kompatibilität zur bestehenden Infrastruktur erheblich zwischen den verschiedenen Produktionssystemkonzepten variieren. Zur Quantifizierung der Anforderungen sowie der strukturierten Lösungssuche sei in diesem Zusammenhang auf die zahlreichen Methoden der Fabrikplanung verwiesen, beispielsweise nach G RUNDIG oder P AWELLEK (vgl.[Gru06],[Paw08]). Investitionskosten für die organisatorische Infrastruktur Während im Prozessdiagramm der Ablauf aller technischen Bearbeitungsschritte aus Sicht des Produkts dargestellt ist, werden im Verhaltensdiagramm die Aktivitäten und Zustände aus Sicht des gesamten Produktionssystems spezifiziert. Um diese Aktivitäten auf Gesamtsystemebene zu gewährleisten, muss für jedes Produktionssystem neben der physischen auch eine immaterielle, organisatorische Infrastruktur existieren. Die organisatorische Infrastruktur umfasst dabei zum einen die eigentlichen Geschäftsprozesse, die eine Aktivität ausführen, aber auch die informationstechnische Umsetzung in Form einer elektronischen Datenverarbeitung. Letztere bezieht sich dabei ausschließlich auf die Software-Ebene, da die entsprechende Hardware in den Kosten der physischen Infrastruktur berücksichtigt wird. Zur Kostenermittlung für die organisatorische Infrastruktur wird das Verhaltensdiagramm in Bezug auf alle relevanten Aktivitäten analysiert. Dabei muss sichergestellt werden, dass jede Aktivität durch mindestens einen möglichen Geschäftsprozess abgedeckt ist. Darüber hinaus muss jede Bedingung bzw. jedes Ereignis im Verhaltensdiagramm durch eine Sensorik oder andere Erfassungsmöglichkeit in der Infrastruktur repräsentiert sein. So kann beispielsweise die Aktivität „ Lagerbestand erfassen “ durch den Geschäftsprozess „ Inventur durchführen “ erfüllt werden. Alternativ kann das Ereignis „ Lagerbestand unter Minimalwert gesunken “ durch eine sensorgestützte Überwachungssoftware oder einen beteiligten Werker ausgelöst werden. Alle Aktivitäten und Ereignisse im Verhaltensdiagramm, die nicht durch die vorhandenen Geschäftsprozesse und Erfassungsmöglichkeiten realisiert werden können, müssen neu entwickelt oder eingekauft werden. Sie bilden somit die notwendigen Zusatzinvestitionen in die organisatorische Infrastruktur. Im Idealfall können diese Investitionen direkt mit einem Geldbetrag quantifiziert werden, z.B. dem Preis für eine bisher nicht 12 IKT: Informations- und Kommunikationstechnik Anwendung der Methodik Seite 133 vorhandene Software. Die Ermittlung von Kosten zur Entwicklung eines neuen Geschäftsprozesses ist jedoch häufig sehr aufwändig und erst mit sehr genauer Kenntnis über das Produktionssystemkonzept möglich. Zur näherungsweisen Abschätzung der notwendigen Investitionen in die organisatorische Infrastruktur sollte daher eine Kompatibilitätsanalyse der bestehenden Geschäftsprozesse mit den erforderlichen Aktivitäten des neuen Produktionssystemkonzepts durchgeführt werden. Diese wird, wie in Tabelle 5-3 beispielhaft dargestellt, in Form einer Prozessmatrix umgesetzt, indem auf den Zeilen die Aktivitäten und in den Spalten die bestehenden Geschäftsprozesse abgetragen werden. Mit Hilfe eines paarweisen Vergleichs wird dann in jedem Feld der Matrix eingetragen, ob der Prozess in der Spalte die Aktivität in der Zeile ausführen kann(1) oder nicht(0). Tabelle 5-3: Beispielhafte Bewertung der Kompatibilität von Aktivitäten des Verhaltensdiagramms(PS_act) mit bestehenden Geschäftsprozesssen(BP) BP_ID_002 BP_ID_007 BP_ID_011 BP_ID_013 BP_ID_016 PS_act_01 0 1 0 0 1 PS_act_02 0 0 1 0 0 PS_act_03 0 1 1 1 1 PS_act_04 1 0 1 0 0 PS_act_05 0 0 0 0 0 PS_act_06 0 0 0 1 0 Summe 2 1 4 2 0 1 Die sich ergebende Aktivsumme in den Zeilen ist ein Maß für den Aufwand zur Einführung des neuen Produktionssystems in Hinblick auf die organisatorische Infrastruktur. Je höher die Aktivsumme, desto mehr bestehende Geschäftsprozesse können die jeweilige Aktivität ausführen. Jede Aktivität, die eine Aktivsumme von Null aufweist, muss über einen neuen, bisher nicht im Unternehmen definierten Geschäftsprozess ausgeführt und ggf. softwareseitig umgesetzt werden. In der beispielhaften Darstellung in Tabelle 5-3 ist lediglich die Aktivität PS_act_05 (z.B.„Behälterbestand automatisiert erfassen“) mit keinem vorhandenen Geschäftsprozess kompatibel. Alle anderen Aktivitäten sind vollständig und z.T. sogar redundant abgedeckt, d.h. sie können durch mehrere bestehende Geschäftsprozesse bzw. deren Teilprozesse ausgeführt werden. Zur genaueren Ermittlung der mit einer Neu- oder Umgestaltung von Geschäftsprozessen verbundenen Kosten eignen sich beispielsweise TQM 13 -basierte Ansätze wie nach J ACOBI oder Verfahren des Business Process Reengineering wie nach F RANZ (vgl.[J AC 10],[F RA 96]). 13 Total Quality Management Seite 134 Kapitel 5 5.4.4 Konsolidierung der Kosten- und Leistungsbewertung Über eine Summenbildung der drei untersuchten Kostenaspekte Technologiekompetenzen, Ressourcen und Infrastruktur können die erforderlichen Investitionskosten zur Einführung eines neuen Produktionssystemkonzepts abgeschätzt werden. Demgegenüber steht der zu erwartende Nutzen aus dem Betrieb des neuen Produktionssystems, der durch einen relativen Leistungsindikator im vorherigen Abschnitt dargestellt wurde. Bevor eine genauere Wirtschaftlichkeitsbewertung durchgeführt wird, ist die Gegenüberstellung von Kosten und Leistung in Form eines Portfolios sinnvoll. Obwohl zu diesem Bewertungszeitpunkt noch kein monetärer Zusammenhang zwischen Kosten und Leistung hergestellt werden kann, spart die Elimination von sowohl kosten- als auch leistungsseitig dominierten Alternativen weitere Ressourcen im Entwicklungsprozess. Ein Kosten-/Leistungsportfolio erleichtert den Konzeptvergleich, da schnell die möglichen Handlungsoptionen abgeleitet werden können, wie in Bild 5-30 dargestellt. Alternative C Alternative D Alternative A Alternative B Bild 5-30: Kosten-/Leistungsportfolio mit beispielhaften Alternativkonzepten Die auf den jeweiligen Achsen relativ zueinander angeordneten Alternativen ermöglichen die Einschätzung des weiteren Entwicklungspotentials aller Konzepte. Sofern ein- Anwendung der Methodik Seite 135 zelne Konzepte deutlich hinsichtlich Leistung und Kosten gegenüber den anderen Alternativen dominiert werden, sollten diese so wie Alternative C in Bild 5-30 aus der weiteren Betrachtung ausgeschlossen werden. In diesem Fall sind die Alternativen A und B für die weitere Entwicklung am attraktivsten, allerdings überzeugt trotz der höheren Kosten auch Alternative D durch die höchste relative Leistung. Generell sollten die Alternativen, die weder sicher ausgeschlossen noch weiterverfolgt werden, einer erneuten Prüfung der Datengrundlage unterzogen werden. Mitunter verändert sich die Bewertung deutlich, wenn die Unsicherheit der Parameter verringert wird. Aufgrund des zunehmend höheren Bewertungsaufwandes mit steigendem Reifegrad sollten für eine genauere Untersuchung der Wirtschaftlichkeit nur möglichst aussichtsreiche Alternativen weiterverfolgt werden. 5.4.5 Anwendungsbeispiel Kostenbewertung Die in Bild 5-31 dargestellte Oberfläche des Bewertungstools zeigt am Beispiel der Rahmen-Alternative 3 die Zusammensetzung der Investitionskosten für das Anwendungsbeispiel. Auf Basis einer Kapazitätseinschätzung von sieben Rahmen pro Tag ist für eine jährliche Produktionsmenge von 2.000 Rahmen eine einzelne 3D-DruckRessource ausreichend. Diese wurde mit Basiskosten von 630.000€ bewertet. Die dafür erforderlichen Kompetenzen, wie beispielsweise die Parameterermittlung der PulverSchichtdicke zur Erreichung der geforderten Produktqualität, können durch gezielte Maßnahmen wie beispielsweise einer Prozessdokumentation aufgebaut werden. Die genannte Einzelmaßnahme würde ca. 89.000€ für den Aufbau der IT -Infrastruktur und Messeinrichtungen erfordern. In Summe mit weiteren Maßnahmen, wie z.B. Schulungen, ergeben sich die Kosten für den Aufbau der Technologiekompetenzen zu ca. 97.000€. Die notwendigen Infrastrukturen teilen sich in physische(z.B. Klimaanlage für 142.000€) sowie organisatorische Kosten. Die organisatorischen Kosten entstehen für den Aufbau der Aktivitäten des Verhaltensdiagramms, die nicht durch die bisherigen Geschäftsprozesse abgedeckt werden können. Für den Anwendungsfall wäre das beispielsweise die Aktivität„Titanpulver bereitstellen“, für die im IT -System eine Abrufsystematik für ca. 27.000€ ergänzt werde n muss. Insgesamt ergeben sich für das Anwendungsbeispiel folgende Investitionskosten:  Alternative 1: 924 .000€  Alternative 2: 912 .000€  Alternative 3: 1.158.000€ Seite 136 Kapitel 5 Kosten für Ressourcen Kosten für Infrastruktur Kosten für Kompetenzen Auswertung Bild 5-31: Prototypische Oberfläche der Bewertungsphase„Kosten bewerten“ am Beispiel der Rahmen-Alternative 3 Aufgrund des leichten Kostenvorteils und deutlichen Leistungsvorteils dominiert Alternative 2 die Alternative 1. Alternative 3 bleibt zwar in den Investitionskosten deutlich über Alternative 2, wird jedoch in der Leistungsfähigkeit dafür deutlich höher bewertet. Für die weitere Entwicklung wird daher für das Anwendungsbeispiel beschlossen, die Alternativen 2 und 3 zu fokussieren und die Alternative 3 nicht weiter zu verfolgen. 5.5 Wirtschaftlichkeitsbewertung von Produktionssystemalternativen Nachdem in den vorherigen Abschnitten bereits Kosten quantitativ erfasst und Leistungsaspekte relativ bewertet wurden, müssen diesen für eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit die potentiellen Gewinne am Markt gegenüber gestellt werden. Im Kontext dieser Arbeit werden dafür zwei Ansätze unterschieden. Zunächst wird von einer statischen Absatzmarktsituation ausgegangen, bei der Absatzmenge sowie Marktpreis der produzierten Produkte als fix angenommen werden. In diesem Fall entscheiden die niedrigsten Produktionsstückkosten über das wirtschaftlichste Konzept. Der Ansatz eignet sich besonders für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit ohne genauere Kenntnisse über den Absatzmarkt. Weiterhin ist die Annahme für Produkte mit niedriger Preiselastizität und bekanntem Prohibitivpreis gültig. Der zweite Ansatz geht von einem dynamischen Absatzmarkt mit einem von der Produktionsmenge abhängigen Marktpreis aus. Darüber hinaus werden die genauen Zeitpunkte der Einnahmen und Ausgaben im Laufe der Planungsperioden berücksichtigt. Mit Hilfe von Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung kann daraus eine Rang- Anwendung der Methodik Seite 137 folge der ökonomischen Vorteilhaftigkeit für die alternativen Produktionssystemkonzepte berechnet werden. In der weiteren Betrachtung wird diese Rangfolge auf Basis des Kapitalwerts ermittelt, der repräsentativ für andere Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung steht. Verwandte Verfahren wie die Annuitätenmethode oder die Methode des internen Zinsfußes resultieren verfahrensimmanent in der gleichen Rangfolge. Anschließend wird die rein monetäre Bewertung um eine Betrachtung der nichtmonetarisierbaren Kriterien ergänzt. Diesen strategischen Vorteilen kann kein monetärer Effekt für die betrachtete Planungsperiode zugeordnet werden. Da ihr Einfluss dennoch langfristig nicht vernachlässigt werden darf, werden diese separat berücksichtigt. Zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit von alternativen Produktionssystemkonzepten sind somit die in Bild 5-32 dargestellten Schritte zu durchlaufen. Diese werden im Folgenden näher erläutert. Phasen/Meilensteine Berechnung der statischen Produktionsstückkosten 1 Dynamische Investitionsrechung 2 Bewertung der strategischen Vorteile 3 Aufgaben/Methoden • Bestimmung Fertigungskosten • Analyse Transportkosten • Ermittlung Liegezeitkosten Resultate ProduktionsmengenStückkostenfunktion • Kapitalwertmethode Kapitalwert des Produktionssystemkonzepts • Analytic Hierarchy Process Gewinn-/LeistungsPortfolio Bild 5-32: Vorgehen zur Wirtschaftlichkeitsberechnung von Produktionssystemkonzepten 5.5.1 Bestimmung der statischen Produktionsstückkosten Der Begriff der statischen Produktionsstückkosten umfasst in diesem Kontext neben den mengenunabhängigen Investitionskosten die von der Produktionsmenge abhängigen, variablen Kosten. Mit der zunächst getroffenen Annahme eines fixen Produktpreises und einer statischen Absatzmenge hängt die Wirtschaftlichkeit eines Produktionssystemkonzepts direkt von den Produktionsstückkosten ab. Aufgrund von Lern-, Kapazitätssteigerungs- und Degressionseffekten sinken die Kosten für jede produzierte Einheit mit steigender Gesamtproduktionsmenge[Neb07, S. 295ff.]. Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit müssen daher die Produktionsstückkosten als Funktion der Produktionsmenge ausgedrückt werden. Seite 138 Kapitel 5 In Bezug auf die Durchlaufzeit unterteilt man Produktionsprozesse im Allgemeinen in die vier Bereiche Bearbeiten, Rüsten, Transportieren und Liegen[Zäp01],[Vah08]. Im Kontext der integrativen Planung von Produkt und Produktionssystem wird im Unterschied zur Produktionssteuerung von einer eindeutig determinierten Zuweisung der Prozesse auf die Ressourcen ausgegangen. Somit werden im Folgenden ggf. erforderliche Rüstvorgänge, die nicht parallel zum Bearbeitungsprozess durchgeführt werden können, als fix vorgegebene Liegeprozesse des Produkts modelliert. Im Unterschied zur Berechnung der Durchlaufzeit werden daher lediglich drei grundsätzliche Teilkategorien der Produktionsstückkosten unterschieden, die konsistent mit den Grundfunktionen des Materialflusses nach G RUNDIG bzw. VDI 3300 sind[Gru06, S. 100]:  Die aus der Fertigung und Montage resultierenden Bearbeitungskosten  Die vor, zwischen und nach der Bearbeitung entstehenden Transportkosten  Die vom Materialwert abhängigen Liegezeitkosten Für die Ermittlung dieser Kosten aus der Systemspezifikation müssen alle Prozessschritte des Produktionssystemkonzepts einer der drei entsprechenden Kategorien Bearbeitungsprozess, Transportprozess oder Liegeprozess zugeordnet werden. Je nach Modellierungsvariante des Prozessdiagramms werden in einigen Fällen Liegeprozesse nicht explizit als Prozessschritt modelliert. In dem Fall sind die Liegezeiten entweder direkt jedem Materialelement im Prozessdiagramm zuzuordnen oder im Verhaltensdiagramm zu erfassen. Die Informationen aus dem Ressourcendiagramm fließen primär in die Berechnung der Bearbeitungskosten ein, sind aber z.T. auch zur Berechnung der Transport- und Liegezeitkosten relevant. Die im Gestaltdiagramm spezifizierten Informationen dienen vorwiegend zur Ableitung der Transportkosten, fließen aber ebenfalls in die Liegezeitkosten ein. Der dargestellte Einfluss der Partialmodell-Informationen auf die Berechnung der Produktionsmengen-Stückkostenfunktion ist zusammenfassend in Bild 5-33 dargestellt. Anwendung der Methodik Seite 139 Prozessdiagramm Bearbeitung • Bearbeitungszeit • Verteilzeit Transport • Transportzeit Liegen • Wert der Materialelemente Bearbeitungskosten berechnen Transportkosten berechnen Liegezeitkosten berechnen ProduktionsmengenStückkostenfunktion Ressourcendiagramm • Maschinenstundensatz • Personalstundensatz Gestaltdiagramm • Wegstrecken • Grundflächen Verhaltensdiagramm • Liegezeit • Pufferzeit Bild 5-33: Berechnung der Produktionsmengen-Stückkostenfunktion Die drei im Folgenden näher erläuterten Schritte zur Berechnung müssen nicht zwingend in dieser Reihenfolge durchgeführt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass mindestens alle in Bild 5-33 angegebenen Parameter im jeweiligen Partialmodell spezifiziert sind. Berechnung der Bearbeitungskosten Die Bearbeitungskosten umfassen den Anteil der Stückkosten, der durch unmittelbar wertsteigernde Prozesse verursacht wird. Diese beinhalten u.a. Kosten für die Maschinenbearbeitung sowie Personalkosten. Als Grundlage dient ein für jede Ressource definierter Maschinen- sowie Personalkostensatz, der mit dem Zeitbedarf jedes betrachteten Bearbeitungsprozesses innerhalb der Gesamtkapazität der Ressource gewichtet wird. Aus der Summe aller Kosten für die Bearbeitungsprozesse über alle Ressourcen ergeben sich die gesamten Bearbeitungskosten eines Produktionssystemkonzepts in Abhängigkeit von der Stückzahl. Nach W ARNECKE besteht der Maschinenstundensatz aus den kalkulatorischen Zinsen, kalkulatorischen Abschreibungen, Energiekosten, Raumkosten und Instandhaltungskosten[War96]. Die beiden kalkulatorischen Werte ergeben sich direkt aus den Investitionskosten für die Maschine und repräsentieren den Wertverlust durch den Betrieb sowie die Opportunitätskosten des gebundenen Kapitals. Unter der Annahme einer vollständigen Kapazitätsauslastung der Ressource, sind die Kostenanteile der kalkulatorischen Zinsen und Abschreibungen eines Prozesses proportional zum Zeitanteil des Prozesses an der Gesamtkapazität der Ressource. Energie-, Raum- und Instandhaltungskosten ergeben sich nach W ARNECKE unabhängig von der Kapazitätsauslastung als Quotient der jeweiligen Gesamtkosten und der Betriebsstunden pro betrachteter Periode[War96]. Im Seite 140 Kapitel 5 Folgenden wird davon ausgegangen, dass Raum- und Instandhaltungskosten durch Anschaffung der Ressource festgelegt sind und daher innerhalb der kalkulatorischen Zinskosten und Abschreibungen berücksichtigt werden. Somit werden diese nicht separat aufgeführt. Insbesondere die Energiekosten sollten bei entsprechender Datenlage jedoch detaillierter untersucht werden, da der genaue Energieverbrauch stark von der Prozessführung auf der Ressource abhängt. Hierfür eignet sich die Energy-Blocks-Methode nach W EINERT , die den Prozess in grundlegende Bearbeitungsschritte bzw. Prozesstypen zerlegt(bspw. Ressource hochfahren, Ressource kalibrieren, Ressource im Handbetrieb) und entsprechende Energieverbrauchsprofile zuordnet[Wei10, S. 503ff.]. Damit ist es möglich, unterschiedliche Bearbeitungsprozesse auf einer Maschine hinsichtlich des Energieverbrauchs zu differenzieren(siehe Abschnitt 3.2.3.1). Der Maschinenkostensatz ist somit nicht nur abhängig von der Bearbeitungszeit des Prozesses sondern auch vom Prozesstyp, den die Maschine ausführt. Darüber hinaus sind gemäß des erweiterten Maschinenstundensatzes nach M ÜLLER über den einfachen Maschinenstundensatz hinaus auch Kosten für die Werkzeuge sowie der Verbrauch von Zusatzstoffen wie beispielsweise Prozessmedien zu berücksichtigen [Mül08]. Je nach Datenbasis können diese Angaben entweder funktional ausgedrückt oder aus Erfahrungswerten über den Verbrauch innerhalb einer bestimmten Zeitperiode abgeleitet werden. Im Folgenden werden die Kosten für den Verbrauch von Zusatzstoffen mit den Energiekosten sowie die Kosten für Werkzeuge mit den kalkulatorischen Abschreibungen berücksichtigt und nicht separat aufgeführt. Ergänzt werden die Maschinenkosten durch die Personalkosten für Tätigkeiten durch menschliche Werker. Dieser Kostensatz ist üblicherweise im Unternehmen festgelegt und hängt von der der Komplexität der Tätigkeit bzw. der erforderlichen Qualifikation ab. Aus der spezifischen Kombination von Prozesstyp und Ressource ergeben sich somit die Kosten für den Anteil menschlicher Arbeit am Prozessschritt. An Bild 5-34 kann der Weg zur monetären Bewertung eines Prozessschrittes nachvollzogen werden. Auf Basis der für den Prozesstyp Fräsen mit der Nummer P_ID_001 hinterlegten Prozessparameter, können die zu dessen Ausführung notwendigen Leistungsparameter für die Ressource Fräsmaschine mit der Nummer R_ID_001 aus einem Leistungsprofil abgeleitet werden. Aus der Multiplikation der Leistungsaufnahme der Ressource mit der Bearbeitungszeit des Prozesses ergibt sich der Energieverbrauch des Prozesses. Durch Gewichtung des Verbrauchs mit dem aktuellen Energiepreis ergeben sich die Energiekosten des Prozessschritts. Hinzu kommen die prozesszeitanteiligen Abschreibungen und Zinsen für die genutzte Ressource. Die Personalkosten für den Werker R_ID_002 ergeben sich aus der Multiplikation der Prozesszeit mit dem Personalkostensatz, der für die erforderliche Qualifikation zur Ausführung des Prozesstyps hinterlegt wurde. Die Angaben sind dabei formal auf die Kosten zur Produktion eines Produkts zu normieren, um eine Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Produktionssystemkonzepten zu gewährleisten. Anwendung der Methodik Seite 141 Ungefrästes € Materialelement M_ID_001 Prozessparameter Prozessdauer: 48 s Vorschub: Drehzahl: 74 m/min 430 min -1 ... Fräsen P_ID_001 Gefrästes Materialelement M_ID_002 € Fräsmaschine R_ID_001 Operator R_ID_002 Ressourcenparameter Qualifikation: Kostensatz: Gruppe B 48 € /h ... Ressourcenparameter Spindelleistung: 11,6 kW Kühlleistung: 1,2 kW Druckluftstrom: 1,7 kW ... Bild 5-34: Beispielhafte Parameterspezifikation von Prozess- und Ressourcendiagramm zur Berechnung der Bearbeitungskosten Entsprechend der in Bild 5-34 beispielhaft dargestellten Parameterspezifikation zur Berechnung der Bearbeitungskosten ergeben sich diese formal über alle Bearbeitungsprozesse eines Produktionssystemkonzepts gemäß Formel 5-4. 𝐾 𝐵 = ∑ 𝑡 𝑝 ∙(𝐴 𝑟(𝑝) + 𝑍 𝑟(𝑝) + 𝐸 𝑟(𝑝) + 𝑃 𝑟(𝑝) ) ∀ 𝑝 ∈ 𝐵 𝑝 Formel 5-4: Berechnung der Bearbeitungskosten für ein Produktionssystemkonzept mit K B : Bearbeitungskosten eines Produktionssystemkonzepts p: Prozessschritt t p : Dauer eines Prozessschritts r(p): Dem Prozessschritt p zugeordnete Ressource Seite 142 Kapitel 5 A r(p) : Kalkulatorische Abschreibungen der Ressource pro Zeiteinheit Z r(p) : Kalkulatorische Zinsen der Ressource pro Zeiteinheit E r(p) : Energiekosten der Ressource pro Zeiteinheit P r(p) : Personalkosten der Ressource pro Zeiteinheit B: Menge der diskreten Bearbeitungsprozesse im betrachteten Produktionssystem Die Bearbeitungskosten fassen somit die auf ein Werkstück normierten Investitionskosten für Technologiekompetenzen, Ressourcen und Infrastrukturen wie auch die Energieund Personalkosten zur reinen Bearbeitung eines Produkts zusammen. Berechnung der Transportkosten Die Transportkosten umfassen den Anteil der Stückkosten, die durch Ortsveränderungen von Materialelementen innerhalb des Produktionsprozesses verursacht werden. Sie beinhalten u.a. die Kosten für die Transportmittel sowie Personalkosten der entsprechenden Bediener. Ähnlich zum Maschinenstundensatz sind zur Berechnung der Transportkosten für jede Transportressource ein Transportkostensatz sowie der Personalkostensatz für den Bediener erforderlich. In Anlehnung an die Bearbeitungskosten kann der Transportkostensatz mit dem entsprechenden Wegbedarf des zugeordneten Transportprozesses gewichtet und mit den weiteren Kosten für Abschreibungen, Zinsen und Personalkosten addiert werden, um die Transportkosten eines Prozesses zu berechnen. Aus der Summe der Transportkosten aller Prozessschritte ergeben sich die gesamten Transportkosten für ein Produktionssystemkonzept. In Anlehnung an die Bearbeitungskosten werden die Transportkosten im Kontext dieser Arbeit auf Basis der kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen für die Transportressourcen sowie der Energie- und Personalkosten gebildet. Im Unterschied zu den Bearbeitungskosten werden die Energiekosten aber nicht auf Basis der Dauer des Transportprozesses sondern über die spezifizierte Transportstrecke des Prozesses berechnet. Grundlage für die Berechnung der Transportkosten sind die im Gestaltdiagramm spezifizierten Wege, die zur Ausführung der Prozesse auf den erforderlichen Ressourcen zurückgelegt werden müssen. Somit sind für jeden Transportprozess die Energiekosten für den Transport des Werkstücks auf der spezifizierten Wegstrecke in der dafür vorgegebenen Transportprozesszeit abzuleiten. Praktisch geschieht dies entweder über das transportierte Gesamtgewicht von Transportressource und Materialelement oder über eine definierte Durchschnittsleistung der Transportressource. Zuzüglich der von der Transportzeit abhängigen Personalkosten sowie kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen ergeben sich die Transportkosten für einen Prozess. Die beschriebene Zusammenstellung der Bewertungsinformationen aus der Systemspezifikation ist in Bild 5-35 noch einmal beispielhaft dargestellt. Anwendung der Methodik Transport P_ID_008 Seite 143 Fräsmaschine R_ID_004 Gabelstapler R_ID_005 Fahrer R_ID_006 Schleifkabine R_ID_007 3056mm 12200mm Fräsmaschine Schleifkabine Bild 5-35: Beispielhafte Parameterspezifikation von Prozess-, Ressourcen- und Gestaltdiagramm zur Berechnung der Transportkosten Über die Summe der Kosten aller Transportprozesse können anschließend die gesamten Transportkosten für ein Produktionssystemkonzept gemäß Formel 5-5 berechnet werden. 𝐾 𝑇 = ∑ 𝑠 𝑝 ∙ 𝐸 𝑟(𝑝) + 𝑡 𝑝 ∙(𝐴 𝑟(𝑝) + 𝑍 𝑟(𝑝) + 𝑃 𝑟(𝑝) ) ∀ 𝑝 ∈ 𝑇 𝑝 Formel 5-5: Berechnung der Transportkosten für ein Produktionssystemkonzept mit K T : Transportkosten eines Produktionssystemkonzepts p: Prozessschritt t p : Dauer eines Prozessschritts s p : Weglänge eines Prozessschritts r(p): Dem Prozessschritt p zugeordnete Ressource Seite 144 Kapitel 5 A r(p) : Kalkulatorische Abschreibungen der Ressource pro Zeiteinheit Z r(p) : Kalkulatorische Zinsen der Ressource pro Zeiteinheit E r(p) : Energiekosten der Ressource pro Längeneinheit P r(p) : Personalkosten der Ressource pro Zeiteinheit T: Menge der diskreten Transportprozesse im betrachteten Produktionssystem Analog zur Berechnung der Bearbeitungskosten umfassen die Transportkosten somit zum einen die stückbezogenen Investitionskosten für die Transportressourcen sowie die Energie- und Personalkosten zur Herstellung eines Produkts. Berechnung der Liegezeitkosten Mit den Liegezeitkosten werden die Anteile der Stückkosten bezeichnet, die durch nicht-bearbeitungstechnisch bedingte Liegezeiten der Materialelemente resultieren. Beispiele für solche Liegezeiten sind Pufferzeiten, die zwei aufeinandertreffende Prozessschritte z.B. im Rahmen der Montage synchronisieren. Keine Liegezeiten in diesem Sinne sind die technisch zwingend aus einem Prozessschritt resultierenden Wartezeiten, beispielsweise das Trocknen nach einer Lackierung. Die Kosten der Liegezeiten ergeben sich aus den Opportunitätskosten des gebundenen Kapitals. Je länger ein Materialelement nicht in einem wertschöpfenden Prozess bearbeitet wird und je höher der Wert dieses Materialelements ist, desto größer werden die Liegezeitkosten. Obwohl Liegezeiten der Materialelemente generell möglichst vermieden werden sollten, sind sie in bestimmten Situationen zur Optimierung der Wirtschaftlichkeit des übergeordneten Produktionssystems erforderlich. Organisatorische Randbedingungen wie z.B. eine Batch-Produktion oder nicht-hauptzeitparalleles Rüsten erfordern unter Umständen Liegezeiten, deren Kosten durch die wirtschaftlichen Vorteile bspw. in Hinblick auf eine effizientere Ressourcennutzung überkompensiert werden. Ebenso müssen Schwankungen in der Dauer einzelner, nicht vollständig beherrschter Prozessschritte ggf. durch Materialpuffer ausgeglichen werden(vgl.[Zäp01]). Erhöhte Liegezeiten repräsentieren somit stets auch die Kosten, welche sich aus der Forderung nach hoher Termintreue und Kapazitätsauslastung in der Produktion ergeben. Neben den direkt im Prozessdiagramm hinterlegten Liegezeiten einzelner Materialelemente ergeben sich Liegezeiten vor allem aus dem Verhaltensdiagramm. Da im Prozessdiagramm keine zeitlichen Abhängigkeiten dargestellt werden können, sondern lediglich die logische Prozessreihenfolge spezifiziert wird, erfolgt die detailliertere Beschreibung der Ressourcenzustände im Verhaltensdiagramm. In der dort spezifizierten Ablauflogik wird beispielsweise im Falle einer Pull-basierten Fertigungssteuerung festgehalten, bis zu welchem Mindestbestand der Eingangspuffer einer Ressource sinken darf, bevor ein Fertigungsauftrag an die vorherige Ressource ausgelöst wird. Der sich aus den Bearbeitungszeiten der beiden Ressourcen sowie dem Mindestbestand ergebende Bestandsverlauf führt zur minimalen Liegezeit eines Materialelements zwischen Anwendung der Methodik Seite 145 zwei Ressourcen. Die reale Liegezeit richtet sich danach, wie stark der durchschnittliche Bestand den Mindestbestand überschreitet. In Bild 5-36 ist ein weiteres Beispiel für eine Liegezeit dargestellt. Während der Prozessschritt Kleben mit einer Prozessdauer von 220 Sekunden spezifiziert wurde, ist aus dem Verhaltensdiagramm der Ressource eine technisch nicht erforderliche Liegezeit von 60 Sekunden ersichtlich. Mit Bereitstellung der Gehäuseelemente als Rohteile beginnt der Aufwärmvorgang für den Kleber, der länger als die Positionierung der Rohteile benötigt. Somit müssen diese warten, bis der Klebevorgang fortgesetzt werden kann. Die Kosten der Liegezeit für ein Materialelement ergeben sich hier als Produkt des momentanen Wertes für das Materialelement mit der normierten Liegezeit und den potentiellen Zinsen für das gebundene Kapital. Der Wert des Materialelements kann im Beispiel direkt ermittelt werden, da es sich um ein Zukaufteil mit bekanntem Einkaufspreis handelt. Andernfalls ist die zusätzliche Wertschöpfung durch Bearbeitungsprozesse gegenüber dem Rohteil zu ermitteln. In diesem Fall wäre beispielsweise zu prüfen, ob die Liegezeitkosten höher als die Energiekosten wären, um den Kleber ständig auf Betriebstemperatur zu halten und die Liegezeit so ganz zu vermeiden. Seite 146 Gehäusedeckel € Gehäuseboden € Prozessparameter Prozessdauer: 220 s Klebetemperatur: 120° C Presskraft: 200 N ... Kleben Gehäuse € Kapitel 5 Parameter Materialelement Einkaufspreis: 24 € /St. Material: Polycarbonat Gewicht: 2.400 g ... Klebeautomat Kleberspule Rohteile bereitstellen [Rohteile bereit] Kleber erwärmen t Plan = 100 s [Kleber erwärmt] Rohteile positionieren [Rohteile positioniert] t Plan = 40 s Rohteile liegen t Plan = 60 s Kleben t Soll = 120 s Bild 5-36: Beispielhafte Parameterspezifikation von Prozess-, Ressourcen- und Verhaltensdiagramm zur Ermittlung der Liegezeitkosten Gemäß des in Bild 5-36 dargestellten Zusammenhangs können die gesamten Liegezeitkosten für ein Produktionssystemkonzept nach Formel 5-6 berechnet werden. 𝐾 𝐿 = ∑ 𝑤 𝑚 ∙ 𝑡 𝑚 ∙ 𝑟 ∀ 𝑚 ∈ 𝑀 𝑚 Formel 5-6: Berechnung der Liegezeitkosten für ein Produktionssystemkonzept mit K L : Liegezeitkosten für ein Produktionssystemkonzept m: Materialelement w m : Monetärer Wert eines Materialelements t m : Gesamte Liegezeit eines Materialelements Anwendung der Methodik Seite 147 r: Kapitalzinssatz M: Menge der Materialelemente im betrachteten Produktionssystem Die Liegezeitkosten von Materialelementen eines Produktionssystemkonzepts stellen in der Entwicklungs- und Planungsphase organisatorische und technische Pufferzeiten im Prozessablauf dar. Somit repräsentieren Sie die Kosten für das aus Sicht der Planung erforderliche Maß an Sicherheit bzw. Robustheit eines Produktionssystemkonzepts. 5.5.2 Berechnung des Kapitalwerts Der im vorherigen Unterabschnitt dargestellte Bewertungsansatz für die Wirtschaftlichkeit über die normierten Produktionsstückkosten dient als Näherung in Situationen ohne genauere Kenntnisse des Absatzmarktes. Wenn eine dynamische Abhängigkeit der Absatzpreise von der erzielbaren Produktionsmenge angenommen wird, ist eine reine Kostenbetrachtung jedoch nicht mehr ausreichend. Im folgenden Ansatz werden daher für jedes zu bewertende Produktionssystemkonzept die erzielbaren Einnahmen sowie die dafür erforderlichen Ausgaben periodenweise als Zahlungsströme ausgedrückt. Der daraus abzuleitende Kapitalwert dient als Maß für die absolute Vorteilhaftigkeit sowie die relative Wirtschaftlichkeit der Produktionssystemalternativen. Transformation der Kosten Im ersten Schritt werden die ermittelten fixen Investitions- und mengenabhängigen Produktionskosten den entsprechenden Perioden im Planungszeitraum zugewiesen. So stehen beispielsweise reine Anschaffungskosten für Ressourcen am Anfang des Planungshorizontes, während planmäßige Instandhaltungsintervalle regelmäßig wiederkehrende Kosten über den gesamten Planungszeitraum verursachen. Die Abschreibungen auf die verwendeten Ressourcen werden durch die Differenz der anfänglichen Investitionskosten und dem erzielbaren Liquidationserlös der Ressourcen am Ende des Planungshorizonts berücksichtigt. Die mengenabhängigen Produktionskosten entsprechen der um die Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen bereinigten Summe der Produktionsstückkosten für alle in einer Periode produzierten Produkte. Die Produktionsmenge hängt dabei von der Kapazität und Leistungsfähigkeit des zu bewertenden Produktionssystemkonzepts sowie möglichen Sättigungsmengen des Marktes ab. Transformation der Gewinne Nach Ermittlung der Kosten zur Produktion einer bestimmten Menge werden im zweiten Schritt die Erlöse aus dem Produktvertrieb für jede Periode ermittelt. Grundlage hierfür ist die Ermittlung einer Preis-Absatz-Funktion auf Basis der Marktnachfrage und die daraus resultierenden Absatzpreise für die optimale Produktionsmenge eines jeden Produktionssystemkonzepts[PH13, S. 187ff.]. Als Differenz von Verkaufserlösen und Stückkosten ergeben sich die Gewinne pro Periode. In Bild 5-37 sind beispielhaft für verschiedene alternative Produktionssystemkonzepte die Investitionskosten, Stückkos- Seite 148 Kapitel 5 ten sowie Gewinne pro Stück für die jeweilige Absatzmenge pro Periode gegenübergestellt. Investitionskostenanalyse Kapazitätsanalyse Periode 1 Alternative A Alternative B Alternative C Alternative D 2 3 n Investitionskosten[ € ] 22.000.000 7.000.000 15.000.000 9.000.000 Produktionsmenge 2.900 1.400 2.600 1.600 Kosten pro Stück[ € ] 386 612 428 539 Gewinn pro Stück[ € ] 157 92 134 116 Stückkostenfunktion Absatzfunktion Bild 5-37: Beispielhafte Gegenüberstellung von Kosten und Gewinnen alternativer Produktionssystemkonzepte für eine Planungsperiode Durch Verknüpfung der angegebenen Methoden und Funktionen können die entstehenden Aufwände und Erträge periodengerecht zugeordnet und im Sinne der dynamischen Investitionsrechnung verglichen werden. Berechnung des Kapitalwertes Die Berechnung des Kapitalwertes wird im Folgenden als Indikator der Wirtschaftlichkeit von Produktionssystemalternativen repräsentativ für andere Methoden der dynamischen Investitionsrechnung verwendet. Grundlage des Kapitalwertes ist die Diskontierung aller zukünftigen Zahlungsströme auf den Zeitpunkt der Berechnung. Mit der periodengerechten Transformation der für jedes Produktionssystemkonzept errechneten Kosten und Erlöse kann der Kapitalwert gemäß Formel 5-7 berechnet werden. 𝐶 0 = −𝑎 0 + ∑ 𝑐 𝑡 ∙ 𝑞 −𝑡 ∀ 𝑡 ∈ 𝑁 𝑡 Formel 5-7: Berechnung des Kapitalwertes für ein Produktionssystemkonzept mit C 0 : Kapitalwert zum Zeitpunkt t= 0 a 0 : Investitionskosten zum Zeitpunkt t= 0 t: Planungsperiode c t : Differenz aus Erlösen und Kosten in der Planungsperiode t Anwendung der Methodik Seite 149 q: Kalkulationsfaktor mit q= 1+ r und r als Kalkulationszinssatz N: Menge der Planungsperioden für das Produktionssystemkonzept Die Rangfolge der sich ergebenden Kapitalwerte für die Produktionssystemkonzepte spiegelt die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der Konzepte wieder. Eine Investitionsalternative mit einem Kapitalwert von über Null ist gegenüber einer angenommenen alternativen Verzinsung am Kapitalmarkt absolut vorteilhaft. Da der Kapitalwert durch einen direkten monetären Wert ausgedrückt wird, ist die Höhe der Differenz zwischen den alternativen Konzepten auch gleichzeitig ein Maß für die relative Vorteilhaftigkeit der besseren Alternative. Somit kann anhand der Nähe zweier Kapitalwerte auch auf die Robustheit der Lösung hinsichtlich der Datenunsicherheit geschlossen werden. 5.5.3 Berücksichtigung strategischer Vorteile Die dargestellte Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Produktionssystemkonzepten anhand des Kapitalwertes basiert auf der Annahme einer möglichen Quantifizierung aller relevanten Leistungsmerkmale in Kosten und Erlöspotentiale. Einige Eigenschaften von Produktionssystemkonzepten können jedoch nicht direkt in gewinnwirksame Leistungen konvertiert werden, da sie entweder erst über den definierten Planungshorizont hinaus wirken oder indirekten Einfluss auf andere Unternehmensbereiche haben. Diese sogenannten strategischen Vorteile können bei der Berechnung des Kapitalwertes nicht berücksichtigt werden. Beispiele hierfür sind insbesondere Einflüsse neuer Technologien, die mit zunehmender Erfahrung eine Technologieführerschaft in der Zukunft begünstigen oder die Kundenwahrnehmung positiv beeinflussen. Zur Berücksichtigung der strategischen Vorteile kann aufgrund des multidimensionalen Charakters auf die bereits beschriebenen Methoden der multikriteriellen Entscheidungsunterstützung zurückgegriffen werden. Da die zur Verfügung stehenden Produktionssystemkonzepte bereits hinreichend in Bezug auf deren Leistungsmerkmale untersucht wurden, müssen die Bewertungsparameter nur um die bereits wirtschaftlich quantifizierten Bewertungskriterien bereinigt werden. Methodisch kann dann beispielsweise mit dem AHP eine erneute Bewertung der Alternativen in Bezug auf deren strategische Vorteilhaftigkeit durchgeführt werden. Die Ergebnisse können dann in Form eines Portfolios wie in Bild 5-38 aufbereitet werden, in dem die kurz- bis mittelfristige wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der langfristigen strategischen Vorteilhaftigkeit gegenüber gestellt wird. Seite 150 Kapitel 5 Bild 5-38: Vergleich strategischer und wirtschaftlicher Vorteilhaftigkeit von beispielhaften Produktionssystemkonzepten Je nach individueller Charakteristik der Alternativen gibt die Positionierung im Portfolio gemäß Bild 5-38 Aufschluss über die weitere Bearbeitung der Konzepte. Während Alternativen rechts oben auf jeden Fall weiterverfolgt und links unten verworfen werden sollten, sind die Zwischenbereiche näher zu untersuchen. Der Bereich rechts unten spricht tendenziell für langfristig erfolgversprechende aber kurzfristig verlustträchtige Konzepte. Links oben ist von unmittelbar lukrativen aber langfristig nachteiligen Alternativen auszugehen. Eine Investitionsentscheidung muss hier in Abhängigkeit von den übergeordneten unternehmerischen Zielen und Strategien getroffen werden. Mit Durchlaufen eines vollständigen Bewertungszyklus in der frühen Phase der Produktionssystementwicklung steht somit eine in Hinblick auf Leistung, Kosten und Wirtschaftlichkeit bewertete Klassifikation der Alternativen zur Verfügung. In dieser sind auch nicht unmittelbar quantifizierbare strategische Vorteile berücksichtigt. Anwendung der Methodik Seite 151 5.5.4 Anwendungsbeispiel Wirtschaftlichkeitsbewertung Die in Bild 5-39 dargestellte Oberfläche des Bewertungstools visualisiert die zwei vorgestellten Ansätze der Wirtschaftlichkeitsbewertung für das Anwendungsbeispiel. Zum einen steht die Bestimmung der statischen Produktionsstückkosten zur Verfügung, bei der kein Wissen über den möglichen Absatzmarkt vorliegt. Durch Verknüpfung aller Prozessparameter mit den ausführenden Ressourcen und Gestaltinformationen können Bearbeitungs- und Transportkosten berechnet werden. Grundlage hierfür ist eine Spezifikation der Kosteninformationen der Ressourcen, wie in Bild 5-39 am Beispiel des Schweißautomaten von Alternative 2 dargestellt. Die Liegezeitkosten werden über die Verknüpfung von Prozess-, Ressourcen und Gestaltmodelle ermittelt. Ergänzend muss noch der kalkulatorische Wert aller Materialelemente zwischen den Prozessschritten ermittelt und hinterlegt werden, wie im Beispiel für das Steuerrohr mit 170€ pro Stück abgebildet. Auswahl der alternativen Konzepte Bestimmung der Bearbeitungs- und Transportkosten Bestimmung der Liegezeitkosten Bestimmung des dynamischen Kapitalwerts Bild 5-39: Prototypische Oberfläche der Bewertungsphase„Wirtschaftlichkeit bewerten“ am Beispiel der Rahmen -Alternative 2 Die sich aus den in der Spezifikation sowie dem Tool hinterlegten Kosteninformationen ergebenden Produkti onsstückkosten von 1.500€ für Alternative 2 und 1.800€ für Alternative 3 dienen als Vergleichsbasis für das wirtschaftlichste Konzept auf Basis statischer Absatzpreise. Ergänzt werden diese durch den Kapitalwert, der auf Basis der erzielbaren Marktpreise für eine definierte Absatzmenge den Gewinn berücksichtigt. Für die Berechnung des Kapitalwertes sind jeweils über alle betrachteten Planungsperioden die finanziellen Zu- und Abflüsse zu berücksichtigen. Im ersten Jahr sind dies beispielsweise für Alternativ e 2 die Investitionskosten in Höhe von 912.000€, die durch Seite 152 Kapitel 5 variable Stückkosten von 1.500€ sowie die Einnahmen für jede verkaufte Einheit in Höhe von 3.500€ ergänzt werden. Somit ergibt sich ein Kapitalwert von 2,4 Mio.€ für Alternative 2 und 1,9 Mio.€ f ür Alternative 3. Ergänzt wird die Bewertung durch die Betrachtung strategischer Vorteile der beiden Produktionssystemalternativen. Im Falle des Modellunternehmens spielt diesbezüglich die strategische Überlegung einer möglichen Expansion aus dem Premiumsegment in das Volumensegment eine Rolle. In diesem Zusammenhang bietet die Alternative 2 die Möglichkeit einer flexiblen Steigerung der jährlichen Produktionsmenge, während bei Alternative 3 das Kapazitätsmaximum bereits für die aktuelle Ausbringungsmenge erreicht ist. Diese Überlegungen führen zusammen mit dem höheren Kapitalwert von Alternative 1 beim Modellunternehmen zu der Entscheidung, dass das Produktionssystem „Stahlrahmen vollautomatisiert schweißen“ als beste Lösung für die weitere Ausarbeitung ausgewählt wird. 5.6 Bewertung der Methodik anhand der Anforderungen Die Methodik zur Bewertung von Produktionssystemen in der frühen Entwicklungsphase dient als Unterstützung zur planungsbegleitenden Bewertung unter Informationsunsicherheiten. Anhand des Anwendungsbeispiels wurde dargelegt, inwiefern die Methodik die an sie gestellten Anforderungen erfüllt: 1) Einordnung in die Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme Die Methodik ordnet sich in die Entwicklungsmethodik nach VDI 2206 und nach N ORDSIEK ein und berücksichtigt den integrativen Charakter der Produktund Produktionssystementwicklung. Mit dem Fokus auf einer Orientierung des Entwicklungsfortschritts an der Systemspezifikation ist ein ständiger Austausch mit dem übergreifenden Systemmodell gewährleistet. 2) Fokus auf die frühe Phase der Produktionssystementwicklung Die frühe Phase der Produktionssystementwicklung wird durch die Methodik besonders berücksichtigt. Anhand der Reifegrade kann jederzeit die passende Detaillierungsebene der Bewertungskriterien ermittelt und eine damit konsistente Bewertungsmethode ausgewählt werden. Unsicherheiten in der Informationsbasis werden nicht durch scheingenaue Angaben überdeckt sondern zielgerichtet identifiziert. 3) Durchgängige Entwicklungsbegleitung in der frühen Phase Eine durchgängige Entwicklungsbegleitung wird durch die Methodik durch die Stufung des Vorgehensmodells erzielt. Während zu Beginn der Konzipierung noch keine genauen Angaben zu wirtschaftlichen Kenngrößen möglich sind, nähert sich die Bewertung von einer dimensionslosen Leistungsbewertung über die Kostenbewertung an eine konkrete Wirtschaftlichkeitsrechnung an. Damit deckt sie auch den Übergangsbereich von der Konzipierung in die Planung und Ausarbeitung ab. Anwendung der Methodik Seite 153 4) Ganzheitliche Bewertung der Produktionssystemkonzepte Mit dem Einsatz und der Erweiterung einer Spezifikationstechnik wie CONSENS wurde eine ganzheitliche Bewertung der Produktionssystemkonzepte ermöglicht. Die Spezifikationstechnik erlaubt in der frühen Phase eine Bewertung von Aspekten über die reine Prozess- und Ressourcenebene hinaus. So ist insbesondere die Berücksichtigung von Gestalt- und Verhaltensebene ein zentrales Differenzierungskriterium gegenüber den im Stand der Technik untersuchten Methoden. 5) Bewertung auf Basis formaler und semiformaler Systemspezifikationen Die beschriebene Methodik basiert in allen Phasen auf einer hinreichend detaillierten formalen und semiformalen Systemspezifikation. Dadurch wird der permanente Abgleich im Rahmen der Systementwicklung gewährleistet und es entsteht keine redundante Datenhaltung für die Bewertung. Obwohl das dargestellte Vorgehen auf der Spezifikationstechnik CONSENS basiert, ist er dennoch auf andere Sprachen wie beispielsweise SysML übertragbar. 6) Bewertung qualitativ und quantitativ spezifizierter Parameter Mit dem Fokus auf den multikriteriellen Bewertungsmethoden können insbesondere in der Leistungsbewertung quantitative Parameter problemlos zusammen mit qualitativen Parametern bewertet werden. Die Leistung wird anschließend den Kosten gegenüber gestellt, ebenso wie die strategischen Vorteile der Wirtschaftlichkeitsbewertung. Dadurch wird eine Fokussierung auf ausschließlich monetäre Faktoren vermieden. 7) Kompatibilität zu bestehenden IT-Tools und Prozessen in der Unternehmenspraxis Mit der Demonstration der Methodik am Anwendungsbeispiel wurde anhand einer prototypischen Benutzeroberfläche für ein Bewertungstool gezeigt, dass die beschriebene Methodik problemlos mit bestehenden Mittel umgesetzt werden kann. Die für das Tool notwendigen Informationen werden entweder direkt aus den Partialmodellen der Produktionssystementwicklung übernommen oder ergänzend vom Nutzer eingetragen. Die Kopplung des Tools an bestehende Unternehmenswerkzeuge über Spezialschnittstellen oder aufwändige Kopplungsinstrumente ist dabei nicht notwendig. Die einfache und intuitive Nutzerführung ermöglicht ein schnelles Erlernen der wichtigsten Funktionen und Abläufe, so dass ein zusätzlicher Aufwand für die Bedienung weitestgehend vermieden werden kann. Die Methodik erlaubt den Entwicklern somit die Fokussierung auf die wesentlichen Aufgaben und reduziert den Anteil an fachfremden Tätigkeiten im Entwicklungsprozess erheblich. Zusammenfassung und Ausblick Seite 155 6 Zusammenfassung und Ausblick Die Entwicklung moderner mechatronischer Systeme ist nicht nur durch einen steigenden Anteil von Informationsverarbeitung der entstehenden Produkte gekennzeichnet sondern auch durch eine stetige Zunahme der für jeden Produktionsschritt möglichen Technologiealternativen. Der daraus resultierenden Komplexität des Gesamtsystems aus Produkt und zugehörigem Produktionssystem kann nur durch eine frühzeitige integrative Entwicklung begegnet werden. Grundlage hierfür bildet das 3-Zyklen-Modell nach G AUSEMEIER ET AL ., nach dem die Produktentstehung in einander beeinflussenden iterativen Zyklen verläuft und das Gesamtsystem zunehmend konkretisiert wird. Demnach ist insbesondere in der Konzipierung ein kontinuierlicher Abgleich der erarbeiteten Systemalternativen mit den festgelegten Anforderungen an Produkt und Produktionssystem sowie den übergeordneten Zielen des Unternehmens erforderlich. Der Bedarf für eine Methodik zur entwicklungsbegleitenden Bewertung von Produktionssystemalternativen in der frühen Entwicklungsphase resultiert dabei unmittelbar aus der Forderung nach einer zielgerichteten Verkleinerung des Lösungsraums für das Systemmodell. Einerseits bedingt die Vielzahl an möglichen Technologien für jeden Produktionsschritt eine Reihe von Alternativen die sich entlang der Prozesskette multiplizieren. Andererseits zieht jede Prozessänderung Anpassungen in allen anderen Aspekten des Produktionssystems nach sich, so zum Beispiel auf Ressourcen- oder Layout-Ebene. Um in diesem Spannungsfeld eine effektive Lösungsfindung zu unterstützen, müssen weniger geeignete Lösungen rechtzeitig aus dem Entwicklungsprozess ausgeschlossen werden. Dabei darf die Bewertungsneutralität in Bezug auf unterschiedliche Konzeptreifegrade in der frühen Phase nicht beeinträchtigt werden. Die in der Literatur untersuchten Ansätze zur Bewertung von Produktionssystemen können diesem Anspruch bisher nicht vollständig gerecht werden. Bestehende Bewertungsverfahren sind entweder nur in späteren Entwicklungs- oder Betriebsphasen des Produktionssystems einsetzbar, da sie eine Reihe von Detailinformationen voraussetzen, die in der frühen Phase noch nicht verfügbar oder mit hohen Unsicherheiten behaftet sind. Oder die Verfahren beziehen sich bei der Bewertung nicht auf alle relevanten Aspekte des Produktionssystems sondern lediglich auf einzelne Teilbereiche. Ein Modell zur ganzheitlichen Bewertung aller in der frühen Phase relevanten Aspekte von Produktionssystemen existiert bisher nicht. Die vorliegende Methodik leistet daher einen Beitrag zur Unterstützung des Entwicklungsprozesses für mechatronische Systeme, in dem sie sich in die bestehende Entwicklungsmethodik einordnet. Sie ermöglicht die zielgerichtete Verkleinerung des Lösungsraumes und damit einer Steigerung der Effizienz des Entwicklungsprozesses. Der entwicklungsbegleitende Charakter der Methodik resultiert dabei vor allem aus der reifegradspezifischen Kriterien- und Methodenauswahl sowie der engen Bindung der weiter- Seite 156 Kapitel 6 führenden Wirtschaftlichkeits-Bewertung an die im Rahmen der Entwicklungstätigkeit erarbeiteten Spezifikation. Grundlage für die Bewertung ist die Ermittlung der maßgeblichen Reifegrade der Produktionssystemkonzepte. Das dazu erarbeitete Analysemodell beinhaltet vier Reifegrade, die anhand spezifischer Kriterien individuell für jedes Partialmodell abgeleitet werden. Die ermittelten Reifegrade dienen im Anschluss nicht nur als Hinweis für die Ableitung reifegradspezifischer Kriterien sondern auch für die Identifikation einer geeigneten Methode zur multikriteriellen Leistungsbewertung. Für die Leistungsbewertung selbst ist anschließend noch eine Gewichtung der ermittelten Kriterien sowie die Konsolidierung der Bewertungsergebnisse auf Basis des Erfüllungsgrades der Alternativen erforderlich. Im Ergebnis ergibt die Leistungsbewertung einen dimensionslosen Faktor, der die relative Vorteilhaftigkeit der Alternativen zueinander widerspiegelt. Im Anschluss an die Bewertung der Leistung erfolgt die Kostenbewertung der einzelnen Alternativen. Dazu erfolgt eine Analyse der mit den Alternativen einhergehenden Aufwände für den Aufbau erforderlicher Technologiekompetenzen, die Beschaffung der vorgesehenen Ressourcen sowie der dafür notwendigen Infrastruktur. Der Bewertungsschritt mündet in einer Gegenüberstellung der relativen Leistungs- und Kostenbewertung in einem entsprechenden Portfolio, um diesbezüglich dominierte Alternativen aus dem weiteren Entwicklungsprozess auszuschließen. Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit basiert auf zwei einander ergänzenden Ansätzen. Bei ungenauen Informationen über den Absatzmarkt erfolgt die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit über die Berechnung der Produktionsstückkosten aus der Produktionssystemspezifikation. Dafür werden die Bearbeitungs-, Transport- und Liegezeitkosten ermittelt. Mit genauerem Wissen über den Absatzmarkt wird die Wirtschaftlichkeit über den Kapitalwert anhand einer empirisch zu erfassenden Stückkosten- und Absatzfunktion berechnet. Ergänzt wird die Wirtschaftlichkeitsbewertung durch die Berücksichtigung strategischer Vorteile von Produktionssystemkonzepten, die sich nicht monetär ausdrücken lassen, aber im Sinne der Unternehmens- bzw. Produktionsstrategie eine gegenüber dem Wettbewerb vorteilhaftere Marktpositionierung erwarten lassen. Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsbewertung ist ein Gewinn-Leistungs-Portfolio, in dem der wirtschaftliche Vorteil der relativen Leistungsfähigkeit gegenüber gestellt wird. Die vorgestellte Methodik unterstützt Unternehmen durchgängig in der frühen Phase von der entwicklungsbegleitenden Leistungsbewertung über die Kostenbewertung bis hin zur Wirtschaftlichkeitsbewertung. Zukünftige Erweiterungen der Methodik sollten sich insbesondere auf die Potenziale zur fortschreitenden Automatisierung des Bewertungsprozesses anhand bereits spezifizierter Bewertungsinformationen fokussieren. Ein Ansatz dafür kann beispielsweise in der Integration von Lösungswissen oder Prozessmustern aus entsprechenden Datenbanken liegen. Je höher automatisiert eine Bewertungsmethodik umgesetzt werden kann, desto stärker wirken sich die Vorteile einer entwicklungsbegleitenden Bewertung in der frühen Phase der Produktentstehung aus. Abkürzungsverzeichnis Seite 157 7 Abkürzungsverzeichnis 3D dreidimensional AHP Analytic Hierarchy Process ANP Analytic Network Process BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung bspw. beispielsweise bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise CAD Computer-Aided Design CONSENS CONceptual design Specification technique for the Engineering of complex Systems d. h. das heißt DIN Deutsches Institut für Normung ERP Enterprise Resource Planning etc. et cetera evtl. eventuell ggf. gegebenenfalls IKT Informations- und Kommunikationstechnologie IT Informationstechnik km/h Kilometer pro Stunde LCC Life-Cycle-Costing MCDS Multi Criteria Decision Support Min. Minuten Nr. Nummer NWA Nutzwertanalyse OEE Overall Equipment Effectiveness PS Produktionssystem sog. sogenannt u. a. unter anderem vgl. vergleiche W Watt Seite 158 z. B. zum Beispiel z. T. zum Teil Kapitel 7 Literaturverzeichnis Seite 159 8 Literaturverzeichnis [AR11] [Agg87] A BELE , E.; R EINHART , G.: Zukunft der Produktion — Herausforderungen, Forschungsfelder, Chancen. Hanser, Carl, München, 2011 A GGTELEKY , B.: Fabrikplanung — Werksentwicklung und Betriebsrationalisierung.- 1: Grundlagen, Zielplanung, Vorarbeiten, Unternehmerische und systemtechnische Aspekte, Marketing und Fabrikplanung. Hanser, München, 2. Ausg, 1987 [Alt12] A LT , O.: Modellbasierte Systementwicklung mit SysML. Hanser, München, 2012 [And14-ol] A NDENMATTEN , M.: Prozess Assessment. Unter: http://blog.itil.org/2012/10/cobit/, 03.05.2014 [AFD+03] [ASK08] [Ash07] A NDRIEU , C.; F REITAS , N. de; D OUCET , A.; J ORDAN , M.: An Introduction to MCMC for Machine Learning. 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Aachen, 2002 Seite 162 Kapitel 8 [Nie07] N IEMANN , J.: Eine Methodik zum dynamischen Life Cycle Controlling von Produktionssystemen. Jost-Jetter-Verl., Nr. 459, Heimsheim, 2007 [Nie01] [NTM97] N IESTADTKÖTTER , J.: Methodik zur ganzheitlichen Dokumenten- und Datenstrukturierung im Lebenslauf komplexer Werkzeugmaschinen. Jost-Jetter, Nr. 332, Heimsheim, 2001 N ONAKA , I.; T AKEUCHI , H.; M ADER , F.: Die Organisation des Wissens — Wie japanische Unternehmen eine brachliegende Ressource nutzbar machen, Campus-Verl., Frankfurt/Main[u.a.], 1997 [Nor12] [NW10] N ORDSIEK , D.: Systematik zur Konzipierung von Produktionssystemen auf Basis der Prinziplösung mechatronischer Systeme. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 304, Paderborn, 2012 N YHUIS , P.; W IENDAHL , H. P.: Logistische Kennlinien — Grundlagen, Werkzeuge und Anwendungen. Springer Berlin, Berlin, 3., korr. 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Aufl, 2001 Anhang Inhaltsverzeichnis Seite A1 Ergänzungen zum Produktkonzept des Pedelecs...............................A-1 A2 Ableitung reifegradspezifischer Kriterien.............................................A-4 Ergänzungen zur Methodik Seite A-1 A1 Ergänzungen zum Produktkonzept des Pedelecs Bild A-1: Umfeldmodell des Pedelecs[GBD+12, S. 91] Seite A-2 Anhang Bild A-2: Beispielhaftes Anwendungsszenario des Pedelecs[GBD+12, S. 93] Bild A-3: Ausschnitt aus der Anforderungsliste des Pedelecs[GBD+12, S. 94] Ergänzungen zur Methodik Seite A-3 Bild A-4: Ausschnitt der Funktionshierarchie des Pedelecs[GBD+12, S. 95] Bild A-5: Ausschnitt aus dem Partialmodell Verhalten – Zustände des Pedelecs [GBD+12, S. 99] Bild A-6: Ausschnitt aus dem Partialmodell Verhalten – Aktivitäten des Pedelecs [GBD+12, S. 100] Seite A-4 Anhang A2 Ableitung reifegradspezifischer Kriterien A2.1 Auswahlschema reifegradspezifischer Kriterien Tabelle A-1: Überblick reifegradspezifischer Kriterien Auswahl von Kriterien Initialisierungs- Konfigurations- Kombinations- Optimierungsphase phase phase phase Prozesse Ressourcen Gestalt Verhalten Anzahl Prozesse Anzahl Ressourcen Anzahl Strukturen Anzahl Aktivitäten Abhängigkeit Prozessschritte, Menge Zwischenprodukte Durchlaufzeit, Prozessinnovativität Wandlungsfähigkeit, Prozesssicherheit Auslastung der Ressourcen, Standardisierungsgrad Energieverbrauch, Bestände, Qualität(Ausschussquote) Stillstandszeiten, Automatisierungsgrad Flächenverbrauch, Layoutflexibilität Transport- und Wegstrecken Flächen- und Raumnutzungsgrad Steuerungskomplexität Zeitliche Übereinstimmung paralle- Robustheit bez. ler Prozesse, Störungen Pufferzeiten A2.2 Relevante qualitative Kriterien nach M ÜLLER [Mül08, S. 118ff.]  Prozesssicherheit Die Prozesssicherheit ist ein quantitativer Aspekt, der in Unternehmen vielfach durch Maschinen- oder Betriebsdatenerfassungssystemen(MDE, BDE) dokumentiert wird. Es lassen sich jedoch durch diese Daten innerhalb der Entwicklungs- und Planungsphase kaum monetäre Aussagen über ein geplantes Produktionssystem ableiten. Die Prozesssicherheit bestimmt allerdings u. a. die Leistungsfähigkeit eines Verfahrens und ist mit ihren Subelementen Störungshäufigkeit,-vielfalt und-auswirkungen ein entscheidungsrelevantes Kriterium bezüglich einer Produktionsalternative.  Wandlungsfähigkeit Mittels dieses Kriteriums ist zu bewerten, ob ein Verfahren bzw. eine Verfahrenskette an künftige planbare und nicht planbare Anforderungen anpassungsfähig ist. Hierzu sind z. B. produkt-, werkstoff- und mengenflexible Verfahren erforderlich. Dieser Aspekt kann vor allem für Unternehmen entscheidend sein, Ergänzungen zur Methodik Seite A-5 die starken Auftragsschwankungen und einem wechselnden Produktspektrum unterliegen.  Arbeitssicherheit und Ergonomie Für die diversen Verfahren ist zu bewerten, inwieweit Unterschiede hinsichtlich der Arbeitssicherheit und der ergonomischen Aspekte zum Ausführen des Verfahrens existieren.  Grad der Standardisierung Bei der Generierung und Bewertung von Verfahrensketten ist ein bedeutender Aspekt, in welcher Form die technischen Lösungen eine Steigerung des Standardisierungsgrads unterstützen. Durch die Forcierung von Standards ist es einfacher, Verfahrenswissen vielen Mitarbeitern zugänglich zu machen und damit tendenziell unabhängiger von Verfahrensexperten zu werden.  Technisches Risiko Durch die Bewertung des technischen Risikos soll ein Bewertungskriterium geschaffen werden, das die Wahrscheinlichkeit angibt, ob eine viel versprechende neue Technologie wegen technischer Schwierigkeiten nicht in einer Verfahrenskette und damit nicht in einem Unternehmen etabliert werden kann. Deshalb bezieht sich die Bewertung des technischen Risikos primär auf neue Technologien, die im Unternehmen noch nicht angewendet werden. Seite A-6 A2.3 Relevante Kriterien nach W EIDNER [Wei14, S. 85] Anhang Bild A-7: Relevante Kriterien für Montagesysteme nach W EIDNER [Wei14, S. 85] Das Heinz Nixdorf Institut – Interdisziplinäres Forschungszentrum für Informatik und Technik Das Heinz Nixdorf Institut ist ein Forschungszentrum der Universität Paderborn. Es entstand 1987 aus der Initiative und mit Förderung von Heinz Nixdorf. Damit wollte er Ingenieurwissenschaften und Informatik zusammenzuführen, um wesentliche Impulse für neue Produkte und Dienstleistungen zu erzeugen. Dies schließt auch die Wechselwirkungen mit dem gesellschaftlichen Umfeld ein. Die Forschungsarbeit orientiert sic h an dem Programm„Dynamik, Mobilität, Vernetzung: Auf dem Weg zu den technischen Systemen von morgen“. In der Lehre engagiert sich das Heinz Nixdorf Institut in Studiengängen der Informatik, der Ingenieurwissenschaften und der Wirtschaftswissenschaften. Heute wirken am Heinz Nixdorf Institut neun Professoren mit insgesamt 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Pro Jahr promovieren hier etwa 20 Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler. Heinz Nixdorf Institute – Interdisciplinary Research Centre for Computer Science and Technology The Heinz Nixdorf Institute is a research centre within the University of Paderborn. It was founded in 1987 initiated and supported by Heinz Nixdorf. By doing so he wanted to create a symbiosis of computer science and engineering in order to provide critical impetus for new products and services. This includes interactions with the social environment. Our research is aligned with the program“Dyna mics, Mobility, Integration: Enroute to the technical systems of tomorrow.” In training and education the Heinz Nixdorf Institute is involved in many programs of study at the University of Paderborn. The superior goal in education and training is to communicate competencies that are critical in tomorrows economy. Today nine Professors and 150 researchers work at the Heinz Nixdorf Institute. Per year approximately 20 young researchers receive a doctorate. Zuletzt erschienene Bände der Verlagsschriftenreihe des Heinz Nixdorf Instituts Bd. 324 L EHNER , M.: Verfahren zur Entwicklung geschäftsmodell-orientierter Diversifikationsstrategien. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 324, Paderborn, 2014 – ISBN 9783-942647-43-4 Bd. 325 B RANDIS , R.: Systematik für die integrative Konzipierung der Montage auf Basis der Prinziplösung mechatronischer Systeme. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 325, Paderborn, 2014 – ISBN 978-3-94264744-1 Bd. 326 K ÖSTER , O.: Systematik zur Entwicklung von Geschäftsmodellen in der Produktentstehung. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 326, Paderborn, 2014 – ISBN 978-3-94264745-8 Bd. 327 K AISER , L.: Rahmenwerk zur Modellierung einer plausiblen Systemstrukturen mechatronischer Systeme. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 327, Paderborn, 2014 – ISBN 9783-942647-46-5 Bd. 328 K RÜGER , M.: Parametrische Modellordnungsreduktion für hierarchische selbstoptimierende Systeme. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNIVerlagsschriftenreihe, Band 328, Paderborn, 2014 – ISBN 978-3-942647-47-2 Bd. 329 A MELUNXEN , H.: Fahrdynamikmodelle für Echtzeitsimulationen im komfortrelevanten Frequenzbereich. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 329, Paderborn, 2014 – ISBN 978-3942647-48-9 Bd. 330 K EIL , R.; S ELKE , H.(Hrsg):. 20 Jahre Lernen mit dem World Wide Web. Technik und Bildung im Dialog. HNIVerlagsschriftenreihe, Band 330, Paderborn, 2014 – ISBN 978-3-942647-49-6 Bd. 331 H ARTMANN , P.: Ein Beitrag zur Verhaltensantizipation und-regelung kognitiver mechatronischer Systeme bei langfristiger Planung und Ausführung. Dissertation, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 331, Paderborn, 2014 – ISBN 978-3-942647-50-2 Bd. 332 E CHTERHOFF , N.: Systematik zur Planung von Cross-Industry-Innovationen Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 332, Paderborn, 2014 – ISBN 978-3-942647-51-9 Bd. 333 H ASSAN , B.: A Design Framework for Developing a Reconfigurable Driving Simulator. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 333, Paderborn, 2014 – ISBN 978-3-94264752-6 Bd. 334 G AUSEMEIER , J.(Hrsg.): Vorausschau und Technologieplanung. 10. Symposium für Vorausschau und Technologieplanung, Heinz Nixdorf Institut, 20. und 21. November 2014, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin, HNIVerlagsschriftenreihe, Band 334, Paderborn, 2014 – ISBN 978-3-942647-53-3 Bd. 335 R IEKE , J.: Model Consistency Management for Systems Engineering. Dissertation, Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik, Universität Paderborn, HNIVerlagsschriftenreihe, Band 335, Paderborn, 2014 – ISBN 978-3-942647-54-0 Bd. 336 H AGENKÖTTER , S.: Adaptive prozessintegrierte Qualitätsüberwachung von Ultraschalldrahtbondprozessen. Dissertation, Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 336, Paderborn, 2014 – ISBN 9783-942647-55-7 Bd. 337 P EITZ , C.: Systematik zur Entwicklung einer produktlebenszyklusorientierten Geschäftsmodell-Roadmap. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 337, Paderborn, 2015 – ISBN 9783-942647-56-4 Bd. 338 W ANG , R.: Integrated Planar Antenna Designs and Technologies for MillimeterWave Applications. Dissertation, Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik, Universität Paderborn, HNIVerlagsschriftenreihe, Band 338, Paderborn, 2015 – ISBN 978-3-942647-57-1 Bd. 339 M AO , Y.: 245 GHz Subharmonic Receivers For Gas Spectroscopy in SiGe BiCMOS Technology. Dissertation, Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik, Universität Paderborn, HNIVerlagsschriftenreihe, Band 339, Paderborn, 2015 – ISBN 978-3-942647-58-8 ____________________________________________________________________________________ Bezugsadresse: Heinz Nixdorf Institut Universität Paderborn Fürstenallee 11 33102 Paderborn Zuletzt erschienene Bände der Verlagsschriftenreihe des Heinz Nixdorf Instituts Bd. 340 D OROCIAK , R.: Systematik zur frühzeitigen Absicherung der Sicherheit und Zuverlässigkeit fortschrittlicher mechatronischer Systeme. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 340, Paderborn, 2015 – ISBN 9783-942647-59-5 Bd. 341 B AUER , F.: Planungswerkzeug zur wissensbasierten Produktionssystemkonzipierung. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 341, Paderborn, 2015 – ISBN 978-3-94264760-1 Bd. 342 G AUSEMEIER , J.; G RAFE , M.; M EYER A UF D ER H EIDE , F.(Hrsg.): 12. Paderborner Workshop Augmented& Virtual Reality in der Produktentstehung. HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 342, Paderborn, 2015 – ISBN 978-3-942647-61-8 Bd. 343 G AUSEMEIER , J.; D UMITRESCU , R.; R AMMIG , F.; S CHÄFER , W.; T RÄCHTLER , A.(Hrsg.): 10. Paderborner Workshop Entwurf mechatronischer Systeme. HNIVerlagsschriftenreihe, Band 343, Paderborn, 2015 – ISBN 978-3-942647-62-5 Bd. 344 B RÖKELMANN , J.: Systematik der virtuellen Inbetriebnahme von automatisierten Produktionssystemen. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 344, Paderborn, 2015 – ISBN 978-3942647-63-2 Bd. 345 S HAREEF , Z.: Path Planning and Trajectory Optimization of Delta Parallel Robot. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 345, Paderborn, 2015 – ISBN 978-3-942647-64-9 Bd. 346 V ASSHOLZ , M.: Systematik zur wirtschaftlichkeitsorientierten Konzipierung Intelligenter Technischer Systeme. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 346, Paderborn, 2015 – ISBN 978-3-942647-65-6 Bd. 347 G AUSEMEIER , J.(Hrsg.): Vorausschau und Technologieplanung. 11. Symposium für Vorausschau und Technologieplanung, Heinz Nixdorf Institut, 29. und 30. Oktober 2015, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 347, Paderborn, 2015 – ISBN 978-3-942647-66-3 Bd. 348 H EINZEMANN , C.: Verification and Simulation of Self-Adaptive Mechatronic Systems. Dissertation, Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 348, Paderborn, 2015 – ISBN 978-3-942647-67-0 Bd. 349 M ARKWART , P.: Analytische Herleitung der Reihenfolgeregeln zur Entzerrung hochauslastender Auftragsmerkmale. Dissertation, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 349, Paderborn, 2015 – ISBN 978-3-94264768-7 Bd. 350 R ÜBBELKE , R.: Systematik zur innovationsorientierten Kompetenzplanung. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 350, Paderborn, 2016 – ISBN 978-3-942647-69-4 Bd. 351 B RENNER , C.: Szenariobasierte Synthese verteilter mechatronischer Systeme. Dissertation, Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 351, Paderborn, 2016 – ISBN 9783-942647-70-0 Bd. 352 W ALL , M.: Systematik zur technologieinduzierten Produkt- und Technologieplanung. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 352, Paderborn, 2016 – ISBN 978-3-942647-71-7 Bd. 353 C ORD -L ANDWEHR , A.: Selfish Network Creation- On Variants of Network Creation Games. Dissertation, Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 353, Paderborn, 2016 – ISBN 978-3-942647-72-4 Bd. 354 A NACKER , H.: Instrumentarium für einen lösungsmusterbasierten Entwurf fortgeschrittener mechatronischer Systeme. Dissertation, Fakultät für Maschinenbau, Universität Paderborn, HNI-Verlagsschriftenreihe, Band 354, Paderborn, 2016 – ISBN 978-3-942647-73-1 ____________________________________________________________________________________ Bezugsadresse: Heinz Nixdorf Institut Universität Paderborn Fürstenallee 11 33102 Paderborn