Veröffentlichungen derErzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn Herausgegeben vom Direktor der Bibliothek Prof. Dr. Karl Hengst Heft 4 400 Jahre Buchdruck in Paderborn 400 Jahre Buchdruck in Paderborn 1597 - 1997 Begleitheft zur Ausstellung der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn zum Gesamtwerk des ersten Druckers Matthäus Pontanus (Brückner) mit Beiträgen von Maria Kohle Hermann-Josef Schmalor herausgegeben von Karl Hengst Paderborn 1997 Die Ausstellung findet statt vom 25. April bis 23. Mai 1997 im Foyer und im Lesesaalbereich der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn Leostraße 21, D-33098 Paderborn Tel. 05251 /29 04 80 Fax: 05251 /28 25 75 e-Mail: eabpader@aol.com Öffnungszeiten: Montag - Freitag 9.00 Uhr -12.30 Uhr 14.30 Uhr -18.00 Uhr Konzeption und Auswahl der Exponate: Maria Kohle, Hermann-Josef Schmalor Gestaltung der Plakate, Karten, Schautafeln: Andreas Block Vitrinengestaltung: Margarete Frye Inhalt Karl Hengst Vorwort Maria Kohle Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano Die Paderborner Druckerei des Matthaeus Pontanus seit 1597 im Dienst der Katholischen Reform Hermann-Josef Schmalor Abt Leonhard Rüben und Matthaeus Pontanus Das Zusammenspiel von Autor und Drucker - ein Kapitel Paderborner Buchgeschichte Vorwort Die Erzbischöfliche Akademische Bibliothek in Paderborn konnte im Herbst des vergangenen Jahres auf eine hundertjährige Geschichte zurückschauen. Auftakt der Festlichkeiten war die Eröffnung der vielbeachteten Ausstellung Pretiosa aus der Akademischen Bibliothek am Vorabend des Jubiläums, das am 14. November 1996 mit Pontifikalamt und akademischer Feier stattfand. Als bleibende Erinnerung an dieses Jubiläum konnte dabei die Festschrift Ein Jahrhundert Erzbischöfliche Akademische Bibliothek Paderborn vorgelegt werden. Die diesjährige Feier möchte nun auf die Anfänge des Buchdrucks in Paderborn vor 400 Jahren hinweisen. Die Erzbischöfliche Akademische Bibliothek würdigt mit der Ausstellung 400 Jahre Buchdruck in Paderborn den ersten hiesigen Buchdrucker, Matthäus Brückner, der sich auch lateinisch Pontanus nannte. Dieser kam während der Regierungszeit des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg (1585-1618) im Jahre 1596 von Münster nach Paderborn und konnte bereits 1597, also vor genau 400 Jahren, sein erstes hier in Paderborn gedrucktes Buch vorlegen. Seine Druckerei lag später in der Nähe des Jesuitenkollegs und der Universität in der Klingelgasse am Kamp. Mit der Ausstellung und dem hier vorgelegten Begleitheft gedenkt die Bibliothek seines beeindruckenden Schaffens und würdigt seinen Pioniergeist. Sein umfangreiches Werk als Drucker bietet vor allem mit seinen kontroverstheologischen Schriften einen nicht zu unterschätzenden Einblick in die geistigen Auseinandersetzungen des Reformationsjahrhunderts in Paderborn. Besonders die Bücher des Abdinghofer Abtes Leonhard Rüben geben über Paderborn hinaus Auskunft über das Fortschreiten der Reformation und über die Katholische Reform. Die von Matthäus Pontanus vor 400 Jahren in Paderborn gegründete Druckerei war rund 40 Jahre im Familienbesitz und ging dann in den Besitz der Familie Huber über, der sie bis etwa 1700 gehörte. Danach wechselte sie durch Heirat erneut den Besitzernamen und kam an Joachim Friedrich Buch 7 Vorwort und dessen Sohn. 1754 hieß der Inhaber Hermann Leopold Wittneven. Um 1800 führte dessen Schwiegersohn Bernward Josef Schlegel das Geschäft. Neben der alten Universitätsdruckerei des Pontanus wurde 1658 von Fürstbischof Dietrich Adolf von der Recke die sog. Hofbuchdruckerei, die heutige Junfermannsche Verlagsbuchhandlung, gegründet. Beide Firmen standen wegen der ungeklärten Aufgabenfelder in großer Konkurrenz zueinander, bis 1783 schließlich durch fürstbischöfliche Bestimmungen die Aufgabenbereiche genau festgelegt wurden. Eine neue Blütezeit auf dem Gebiete der Buchproduktion erlebte Paderborn in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, als 1847 der Verlag Ferdinand Schöningh und 1869 der Bonifatius-Verlag gegründet wurden. Die Erzbischöfliche Akademische Bibliothek hat sich in den vergangenen Jahrzehnten, vor allem unter ihrem rührigen und unvergessenen Direktor Prälat Prof. Dr. Klemens Honselmann, stets um die Aufhellung des Themas Paderborn als Druckort bemüht. Mit großer Sorgfalt hat sie literarische Nachrichten über die Bücher aus den Paderborner Druckereien gesammelt. Auch war es ihr möglich, Einzelstücke zu erwerben. Nun ist es an der Zeit, mit Hilfe des seit 10 Jahren erfolgreich wirkenden Fördervereins der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek und privaten Mäzenen diesen ältesten Bestand an Büchern, die in Paderborn selbst gedruckt wurden, zu restaurieren, damit er für die wissenschaftliche Auswertung und als Kulturerbe für die Nachwelt erhalten bleibt. Die Bestückung dieser Ausstellung mit vielen der wichtigsten Druckwerke des Matthäus Pontanus kommt zum allergrößten Teil aus eigenen Beständen der Akademischen Bibliothek.Daß diese Präsentation aber auch wirklich repräsentativ für das Schaffen des Pontanus wurde, verdankt die Bibliothek der überaus zuvorkommenden Mithilfe der Leihgeber. An erster Stelle sei genannt die Universitäts- und Landesbibliothek Münster, die das größte Kontingent an Leihgaben beigesteuert hat. Aus der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, der Stadtbibliothek in Hannover sowie der Landes- und Universitätsbibliothek Bonn konnten uns interessante Stücke zur Verfügung gestellt werden. Ein X Karl Hengst besonders für die Paderborner Geschichte der Volksliturgie wichtiges Exponat, das einzig erhaltene Exemplar des ersten gedruckten Paderborner Gesangbuches erhielten wir freundlicherweise aus der Stadt- und Regionalbibliothek in Erfurt. Dieser Druck von 1609 signalisiert den Beginn einer sehr umfangreichen Gesangbuchtradition im Bistum Paderborn bis hin zum heutigen Gotteslob. Die entferntesten Leihgaben kamen aus der Bayerischen Staatsbibliothek München. Aus dem kirchlichen Bereich steuerten die Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln und die Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars in Fulda Leihgaben bei. Allen genannten Bibliotheken sei an dieser Stelle herzlich für Ihre großzügige Mithilfe gedankt. Ganz besonders erwähnt seien unsere Nachbarn, die Pfarrei St. Johannes-Baptist in Herford und das Diözesanarchiv in Paderborn, die ebenfalls wichtige Beiträge zur Ausstellung leisteten. Last not least gilt mein besonderer Dank drei privaten Leihgebern, die - ohne zu übertreiben - uns ganz besondere "Juwelen" für diese Ausstellung überlassen haben. Neben den Originalexponaten haben uns verschiedene Bibliotheken und Archive auch Bilder, Filme oder sonstiges Material zu Pontanusdrucken zur Verfügung gestellt. Wir danken dafür insbesondere der British Library, London, der Zentralbibliothek der Wiener Franziskanerprovinz in Graz, der Hofbibliothek Aschaffenburg, der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart, dem Stadtarchiv Soest und dem Verlag Belser - Wissenschaftlicher Dienst. Möge das vorliegende Heft dem Besucher einen Hintergrund für die Thematik vermitteln, wobei die beiden wissenschaftlichen Aufsätze fernerhin das angesprochene Thema vertiefen sollen. Auch den Autoren dafür herzlichen Dank. Paderborn, im April 1997 Prof. Dr. Karl Hengst 9 bochsrifc und ^^öz€se pAöeRboTen uo die co€T>ö£ von I6.2UC9I7. ]AbRhundeT2.r Diözese Omobrück Diözese Minden Oiözeie Erzdiözese Mainz Hochstiff Paderborn Exklave Lüqdt Samth*rr3^^ ** ffto: REVERENDISSIMVM IN CHRISTO PATREM, ET ILLVSTRISSIMVM PRINCIPEM acDominum D. THEODORVM Epifcopum Padcrborncnfcm, & Römarti Imperij Princi- pcm,&aingratiamPaftoruni fusDioeccfis icccnscuulgataj. ■PADERBORNAE Excudcba't Matthäus Pontanus. *V N 9{ O « O *M t H t M. DG IL Abb. 2: Titelblatt der Paderbomer Agende 1602 (verkleinert). 13 Maria Kohle Das Erneuerungsprogramm Dietrichs von Fürstenberg war langfristig angelegt, und er dachte es in seinen Funktionen als Fürst und Bischof durchzusetzen. Bereits auf Initiative des Dompropstes Dietrich von Fürstenberg waren Walter von Brabeck, Joachim von Langen, Arnold und Rotger von Horst sowie Wilhelm von Ledebur in das Domkapitel aufgenommen worden. Diese fünf Absolventen des Collegium Germanicum in Rom sollten eine intellektuelle, spirituelle und moralische Führungsschicht bilden. Außerdem holte Dietrich zwei Jesuiten als Domprediger und Lehrer von Heiligenstadt nach Paderborn. Einer der beiden wurde noch 1580 ersetzt durch den Jesuiten Leonhard Rüben (1551-1609) aus Fulda, den späteren maßgeblich an der katholischen Erneuerung beteiligten Abt des Benediktinerklosters Abdinghof in Paderborn 9 . Seit 1585 lag die Leitung des Gymnasiums Salentinianum in jesuitischer Hand. Zweck war es, auf gehobenem Bildungs- und Erziehungsniveau Bürgersöhne und vor allem die Söhne des weitgehend evangelischen Paderborner Landadels als Schüler zu gewinnen und die Prägung gefestigter Katholiken zu leisten. Erfolge, allerdings auch Mißerfolge stellten sich schon nach kurzer Zeit ein. Ein weiteres Mittel der Rekatholisierung war die Agende 1602 10 (Abb. 2), deren Kauf und Benutzung den Geistlichen vom Bischof zwingend vorgeschrieben wurde. Die Agende enthält einen kurzen Abriß der Dogmatik, Moral, Liturgik, Rubrizistik, des Kirchenrechts, einige Ratschläge zur Katechese und Pastoral, die verbindliche Form der Sakramentenspendung, das gottesdienstliche Ritual und im Anhang den sogenannten kleinen Katechismus des Canisius. In den Patronatspfarreien des evangelischen Paderborner Stiftsadels und in manchen evangelischen Städten stieß die Einführung auf zum Teil sehr 9 Vgl. Kramer, H. : Abt Leonhard Rüben. Ein Lebensbild aus der Zeit der katholischen Erneuerung in Paderborn, in: WZ 103/104 (1954) 271-333; Schmalor, H.-J.: Die Abdingho- fer Bibliothek unter Abt Leonhard Rüben und das Paderbomer Buchgewerbe um 1600; in: WZ 129 (1979) 193-245; vgl. denselben mit seinem Aufsatz im Anschluß an den vorliegenden gedruckten Vortrag im diesem Begleitheft zur Ausstellung '400 Jahre Buchdruck in Paderborn 1597-1997', S. 47ff. 10 Vgl. 'AGENDA ECCLESIAE PADERBORNENSIS ... PADERBORNAE Excudebat Matthaeus Pontanus. ANNO DOMINI. M. DC. IL' (Ein Exemplar befindet sich in der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn, in der Folge abgekürzt EAB, unter der Signatur Th 1528a.) 14 „Getrackt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" heftigen Widerstand, in der Literatur zusammengefaßt unter dem Stichwort „Agendenstreit" 11 . Auch in die Paderborner Stadtpolitik griff der Fürstbischof interessegeleitet ein. Die Mißwirtschaft des Paderborner Stadtrates, der hauptsächlich von Mitgliedern der traditionellen Paderborner Ratsfamilien gestellt wurde, forderte den energischen Widerstand der anderen Bürger unter Bürgermeister Liborius Wichart heraus. Die Eskalation des in der Literatur so genannten Kampfes um Paderborn im Jahr 1604 endete mit der militärischen Unterwerfung der Stadt durch den mit dem Fürstbischof verbündeten Grafen von Rietberg, führte zur Vierteilung Wicharts, zur Aufhebung der Selbstverwaltung der Stadt und zum Verbot evangelischer Gottesdienste in der Stadt 12 . Das Jahr 1612 darf als Schlüsseljahr für die Rekatholisierung Paderborns angesehen werden: Die Beendigung des Streites zwischen Bischof und Dom- dechant Arnold von Horst, das Eintreffen der Kapuziner, die sich der Pastoral des Kleinbürgertums und der unteren gesellschaftlichen Schichten widmeten, und das endgültige Einverständnis Dietrichs mit der Wahl Ferdinands von Bayern zum bischöflichen Koadjutor ließen von diesem Zeitpunkt an ein koordiniertes Voranschreiten der Rekatholisierung sicher erscheinen. 1616 wurde die erste Universität Westfalens mit theologischer und philosophischer Fakultät unter Leitung der Jesuiten und unter dem Protektorat Dietrichs von Fürstenberg offiziell eröffnet. Der Tod Dietrichs 1618 und der Beginn des 30jährigen Krieges im selben Jahr, der allerdings für Paderborn erst mit dem radikalen Einfall des Herzogs Christian von Braunschweig 1622 begann, brachten für Paderborn bis zum Ende des Krieges 1648 sechzehnmal Frontwechsel verbunden mit verheerenden Plünderungen, Kontributionen, Verwüstungen und Krankheiten mit sich 13 . Schließlich bestätigte der Westfälische Frieden 1648 Paderborn als Fürstbistum katholischen Bekenntnisses. 11 Vgl. Hengst, K. \ Kirchliche Reformen im Fürstbistum Paderborn unter Dietrich von Fürstenberg (1585-1618). Ein Beitrag zur Geschichte der Gegenreformation und Katholischen Reform in Westfalen (= Paderborner Theologische Studien 2), München u.a. 1974, 71-76. 12 Vgl. Honselmann, K. : Der Kampf um Paderborn 1604 und die Geschichtsschreibung, in: WZ 118 (1968) 229-338; unveränd. Nachdr. Münster 1969; Meier. Paderborn 156 (vgl. Anm. 3). 13 Vgl. Meier. Paderborn 157f. (vgl. Anm. 3). 15 Maria Kohle Zur Würdigung des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg bleibt zusammenfassend festzuhalten: Er vermochte es, im Rahmen seiner 33jährigen Regierungstätigkeit trotz einzelner umstrittener Entscheidungen durch Bindung von einzelnen und Gruppen (Domkapitel, Pfarrgeistlichkeit, Ordensklerus) die gemeinsame Sache der Rekatholisierung energisch voranzutreiben. Allerdings fehlte zunächst noch die Person, die das gedachte und gesprochene Wort dauerhaft vervielfältigen konnte - der Buchdrucker. //. Matthaeus Pontanus und seine Familie - Biographie 1. Kindheit, Jugend und Buchdruckertätigkeit des Matthaeus Pontanus bis zu seinem Aufenthalt in Münster Matthaeus Pontanus, der erste Paderborner Buchdrucker, kam nicht aus Paderborn und nicht aus Westfalen, sondern aus Hildburghausen in Thüringen. Das älteste schriftliche Zeugnis über ihn, die Bürgerrolle der Stadt Münster, enthält zum 7. September 1592 in Verbindung mit seiner Heirat den Vermerk: „Matheus Bruggener, von Hilperhausen im lande zu Francken, buchtruk- ker" 14 . Matthaeus Pontanus hat also, bevor er die latinisierte Fassung seines Namens verwendete 15 , in Niederdeutsch Bruggener oder, wie ein Teil seiner vor allem frühen Drucke ausweist, Brückner geheißen 16 . Käte Hoedt und Klemens Honselmann, der verstorbene Direktor der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek und Professor für Kirchen- und Bistumsgeschichte an der Kirchlich-Theologischen Hochschule in Paderborn, vermuteten in Hilper- 14 Hövel, E. (Hrsg.): Das Bürgerbuch der Stadt Münster 1538-1660 (= Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Münster 8), Münster 1936, 101, Nr. 1074. 15 Die Latinisierung des Nachnamens ist in der Epoche des Humanismus keine ungewöhnliche Erscheinung. Das Lexikon für Theologie und Kirche (LThK), Freiburg u.a. 2 1957- 1965 u. 3 1993ff, kennt allein für den Namen Pontanus drei Beispiele von Männern, welche die lateinische Fassung ihres Hausnamens von ihrem Geburtsort herleiten: Vgl. Höss, I.: Art. Brück, Gregor, in: LTHK 3 , Bd. II, Sp. 709; Walter, P.: Art. Carpentarius, in: LThK 3 , Bd. n, Sp. 959; Fingerle, A. : Art. Pontanus, Jakob, inLThK 2 , Bd. Vm, Sp. 611. 16 Vgl. z.B. den Vermerk auf dem Titelblatt von 'Catechismus Und Betböklin ... Dorch Michaelem Rupertum ... Gedruckt tho Münster in Westphalen/ by Lambert Raßfeldt/ Jn Verlegung Matthaei Pontani genandt Brückner. Anno M. D. XCVI.'. (Eine Teilkopie ohne Signatur befindet sich in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster, in der Folge abgekürzt ULBM.) 16 „Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" hausen den Ort Hilpertshausen im Fürstbistum Würzburg als Geburts- oder letzten Aufenthaltsort 17 . In der Vorrede eines Druckes von 1613 widmet Pon- tanus selbst das Werk ,ßen Erbarn/ Vorsichtigen und Wolweisen Herren Bürgermeistern und Rath dero Stadt Hilpurckhausen/ Auch seinem lieben Bruder und Freunden " n . Mit Hilpurckhausen ist Hildburghausen in Thüringen südlich des Thüringer Waldes an der heutigen Grenze zu Unterfranken gemeint. In meiner Korrespondenz mit dem Genealogie-Beauftragten der evangelischen Kirchengemeinde Hildburghausen erhielt ich die Auskunft, daß Rupert Pontanus, wahrscheinlich der ältere Bruder des Matthaeus Pontanus, aus Tirol stammte, seit 1576 in Hildburghausen eingebürgert und von 1585-1606 Stadtschreiber und Syndicus war. Von 1606-1621 war er Ratsmitglied und verstarb am 11. Januar 1621. Über Matthaeus Pontanus liegt kein urkundlicher Nachweis in Hildburghausen vor 19 . Bevor er mit 21 Jahren Bürger werden konnte, hatte er also wahrscheinlich schon Hildburghausen verlassen. Die über den vermutlich älteren Bruder Rupert Pontanus vorliegenden Daten lassen den Rückschluß zu, daß Matthaeus Pontanus um 1565 vielleicht in Tirol geboren ist und seine Jugend in Hildburghausen verbrachte. 17 Vgl. Hoedt, K.: Die Anfänge der Hofbuchdruckerei des Fürstbischofs von Paderborn in Neuhaus, in: WZ 105 (1955) 219-238, 220; Honselmann, K.\ Matthaeus Pontanus in Münster und Paderborn. Die Anfänge des Paderborner Buchdrucks, in: Ex officina litera- ria. Beiträge zur Geschichte des westfälischen Buchwesens, hrsg. v. J. Prinz, Münster 1968, 199-208; 199; vgl. auch Benzing, J. \ Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet (= Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 12), Wiesbaden 2 1982, 378f. (Erste Aufl. 1963). 18 Exercitia Granatae ... Vermehrt durch Matthaeum Tympium. Gedruckt zu Paderborn bey Matthaeo Pontano. Jm Jahr M. DC. XJH., unpaginierte Vorrede, S. 1. (Ein Exemplar befindet sich in der EAB unter der Signatur Th 4549.) 19 Vgl. Bürgerbuch der Stadt Hildburghausen 1534-1768, bearb. v. E. Zapf, Hildburghausen 1937, 25, Nr. 813; Krauß, J. W.: ANTIQUiTATES ET MEMORABILIA HJSTORIAE FRANCONICAE, Darinnen insonderheit der Ursprung/ Einrichtung und Merckwürdigkei- ten der Fürstlichen Residentz=Stadt Hildburghausen von denen ältesten biß auf die jetzige Zeiten aus bewährten Uhrkunden abgehandelt werden, Hildburghausen 1753, 93 u. 311, Nr. 6; Auszug aus dem Bestattungsregister der Ev.-Luth. Kirche (Stadtkirche) in Hildburghausen, Jg. 1621, Buch I, S. 33. 17 Maria Kohle Nach Pontanus' eigener Mitteilung in einer Vorrede seiner Drucke ist er bis zum 23. Lebensjahr, so konnte ich ebenfalls neu ausfindig machen, Anhänger der neuen [lutherischen] Lehre gewesen 20 . Hildburghausen bzw. das ganze Coburger Land war seit 1528 evangelisch 21 . Der Weg der Ausbildung und die Buchdruckertätigkeit führten Matthaeus Pontanus über Ingolstadt 22 , von mir neu ermittelt, und über die bereits bekannten Städte Mainz und Köln nach Münster. In Mainz oder Köln muß Matthaeus Pontanus schon zum katholischen Glauben konvertiert sein 23 . Seit ca. 1590 war Pontanus Geselle beim Buchdrucker Lambert Raesfeld in Münster 24 und heiratete in dieser Stadt am 7. September 1592 die Bürgerin Elisabeth Weg(g)ewart 25 . Die Geburt des ersten Sohnes Heidenreich 26 ließ es Matthaeus Pontanus vermutlich angeraten sein, sich selbständig zu machen. Paderborn, bis zu dem Zeitpunkt eine Stadt ohne Buchdrucker, aber mit den bekanntgewordenen Rekatholisierungsbemühungen Dietrichs von Fürstenberg, mit einer bestehenden Benediktinerbibliothek und einer aufstrebenden Jesuitenbibliothek, verhieß dem Buchdrucker und Buchhändler Matthaeus Pontanus sein Auskommen. Er bemühte sich für Paderborn um ein Empfeh- Vgl. 'Widerkehrung Der Verfuhren jrrenden Christen ... zusammen gezogen Durch Pau- lum Pytthmaetum Westph. Gedruckt zu Paderborn bey Matthaeo Pontano. Anno M. DC. HU', Vorrede, S. 13f. (Ein Exemplar befindet sich in der ULBM unter der Signatur Rara 1 E 11715.) 21 Vgl. den mir maschinenschriftlich, vorliegenden Vortrag des Genealogie-Beauftragten der Kirchengemeinde Hildburghausen K.-H. Ross: 700 Jahre Kirchgemeinde Hildburghausen, S. 3f. 22 Vgl. 'Wegweiser gen Himmel ... in diese kurtze form zusammen gezogen Durch Mattheum Tympium ... Gedruckt zu Paderborn durch Matthaeum Pontanum. ANNO M. DC. VI.', unpagmierte Vorrede, S. 17. (Eine Kopie befindet sich in der EAB unter der Signatur 93 A 6.) 23 Vgl. ebd.; vgl. auch 'Catechismus Und Betböklin unpagmierte Vorrede, S. 5f. (vgl. Anm. 16). 24 Vgl. Haller, B.: 500 Jahre Buchdruck in Münster - ein historischer Überblick, in: 500 Jahre Buchdruck in Münster. Eine Ausstellung des Stadtmuseums Münster in Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek Münster, hrsg. v. H. Galen (=Schriften der Universitätsbibliothek Münster 5), Münster 1991, 8-46, 26. 25 Vgl. Anm. 14. 26 Vgl. Honselmann: Matthaeus Pontanus 204 (vgl. Anm. 17). 18 .Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" Catcchifmus mtäUn/ SKtt §^lfomm 35e> ttaä)tutiQlMb®tMin txxmtfyavnb&tUttciu m bwfS&m tortar%rt)rtxbct Auma» ^^^p^moiionta/ytcsa' Udjftkt tat &mt}C fääf&ißt <3cfd>lcd>t feorcfc 3Bwma fall txriorca/CDutixnrtfe _ ^Jf^CWbmittcbawW ^^Jf Ctifyy J****l\lWtJ™>t' Abb. 3: Titelblatt des Catechismus UndBetböklin 1596. Maria Kohle lungsschreiben des Münsterer Domkapitels 27 . Als dieses auf sich warten ließ, attestierte ihm der Dechant der Überwasserkirche in Münster, Michael Ru- perti, daß er in katholischen Drucken qualifiziert sei 28 . 2. Leben der Familie Pontanus in Paderborn Am 6. Februar 1596 verzichtete Pontanus endgültig auf das Bürgerrecht in Münster 29 und traf mit einiger Verzögerung am 15. September 1596 in Paderborn ein 30 . In der handschriftlichen Paderborner Druckereigeschichte von 1662 findet sich zwar die Mitteilung, Matthaeus Pontanus habe ein Haus bezogen, in dem auch seine Offizin untergebracht gewesen sei 31 , doch ließ sich dieser erste Wohnort in Paderborn bis jetzt nicht eruieren. Das erste 1596 von Pontanus in Paderborn verlegte Werk 'Catechismus Und Betböklin' (Abb. 3) war noch bei Lambert Raesfeld in Münster gedruckt worden. 1597, vor 400 Jahren, erschienen die ersten fünf in Paderborn gedruckten Bücher. Drei davon befinden sich als Originale 32 (Abb. 4) und eines 27 Vgl. Domkapitel Münster, Protok. v. 6.10.1594, Bl. 61v; vgl. auch Lucas, B.\ Der Buchdrucker Lambert Raesfeldt. Ein Beitrag zur Buchdruckereigeschichte Münsters im 16. und 17. Jahrhundert, Münster 1929, 39. 28 Vgl. 'Catechismus Und Betböklin (vgl. Anm. 16). 29 Vgl. Hövel: Bürgerbuch 111, Nr. 1307 (vgl. Anm. 14). 30 Vgl. Studienfonds-Archiv Paderborn (in der Folge abgekürzt St.F.A. Päd.), Hs. Pa 67, Bl. 269: ,Anno 1596. 15. Septemb. Matthaeus Pontanus typographus Paderbornam primitus advenit typographiam qui introduxit primus Paderbornam". 31 Vgl. St.F.A. Päd., Hs. Pa 130 (Liber VÜI Variorum), Bl. 5. 32 Kleine CATECHISMUS ... Dorch Iohannem ä Detten ... Gedruckt tho paderborn/ by Mattheo Brückner. M. D. XCVTJ. (Ein Exemplar befindet sich in der ULBM unter der Signatur Rara 1 E 11715.) Postill [Bd. I], darin de hyligen Evangelia/ So up alle Sondage/ vomempste Fest und Fyrdage des gantzen Jahrs/ gar körtlick und Catholisch uthgelegt werden. Vor guthertige Preister/ Prediger/ und andechtige Christen thogerichtet/ Dorch Herrn Michaelem Ruper- tum ... Gedruckt tho Paderborn/ by Matthes Brückner/ Anno M. D. XCVJJ. (Ein Exemplar befindet sich im Landesmuseum Münster unter der Signatur K 525.) Postill [Bd. JJ], darin de hyligen Evangelia/ So up alle vornempste Fest und Fyrdage des gantzen Jahrs/ gar körtlick und Catholisch uthgelecht werden. Vor guthertige Preister/ Prediger und andechtige Christen thogerichtet/ Dorch Herrn Michaelem Rupertum ... Gedruckt tho Paderborn/ by Matthes Brückner/ Anno M. D. XCVJJ. (Ein Exemplar befindet sich im Landesmuseum Münster unter der Signatur K 525.) 20 „Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" 8an£«?3<$r£/ fi^r ttoüidiNto$Miihfy »t^geUflC werten. 2tor Q\it$ttti§t Vtäficr/prcMtotMb attotötu &$tyi$cntf)o$cti$uti &0F$ Äetttt Michaelcm Ru pertum VVcrlcnfcm, Orcfc« t>nftt Uo 0<» 5r c»ö»« n Renfert tbo Jucr «rer b'mit m Vüünßti trjWtfip^iaj. Pfalm.XCIIIL Jf>üDf/ fb sfo fene 6:cmaie jutvc fyttt ttiäju $HttctotMtbMliiQ\m9® TrimihptOtf.ZiMll. f&tim&tttyy&ttbom/tyWatttyt^Mm/ Anno M. D. XCVIL Abb. 4: Titelblatt der Postill 1597. 21 Maria Kohle als Kopie 33 in der Ausstellung. Der möglicherweise erste Druck von 1597, der 'Kleine CATECHISMUS' des Johann von Detten in niederdeutscher Sprache liegt in einem Reprint mit ausführlichem Kommentar vor 34 . Ebenfalls 1597, im September, erfolgte die Geburt des zweiten Sohnes Gerhard 35 . Am Tage Mariae Empfängnis (8. Dezember) 1600 wurde Pontanus in die Marianische Kongregation am Jesuitenkolleg aufgenommen, in der er 1604 zweiter Assistent wurde 36 . Ziel der Kongregation „ist die Heranbildung tätiger Katholiken, die auf allen Lebensgebieten, bes. als Laienapostel, der Kirche zur Verfügung stehen" 37 . Trotz seiner Zugehörigkeit zur Marianischen Kongregation muß Pontanus, so konnte ich neu ermitteln, zwischen 1602 (Druck der Paderborner Agende) und 1604 zumindest für eine gewisse Zeit wiederum lutherischer Christ gewesen sein, und er machte daraus auch kein Hehl. In dem 1604 gedruckten Werk "Widerkehrung Der Verführten jrrenden Christen', dessen Vorwort von Pontanus auf den 14. September datiert ist, also nach dem Einzug Dietrichs von Fürstenberg in das unterworfene Paderborn, findet sich als Anhang ein im Versmaß des elegischen Distichons verfaßtes lateinisches Preisgedicht des späteren Jesuiten Wilhelm Aschendorff 38 auf den zum katholischen Glauben zurückgekehrten Matthaeus Pontanus. Die Widmung des Gedichts in Prosa lautet in deutscher Übersetzung: „Dem umsichtigen und regsamen Matthaeus Copey von der Hispannischen Armada ... Noch ein andere erschreckliche Neuwe Zeitung ... Gedruckt zu Paderborn bey Matthes Brückner Anno M. D. XCVII. (Eine Kopie befindet sich in der EAB unter der Signatur AV 4407.) Vgl. Heitmeyer, E. \ Der „Kleine Catechismus" des Johann von Detten. Reprint des Drucks von 1597 und Kommentar, Paderborn 1994. Vgl. Kohl, W. (Hrsg.): Die Weiheregister des Bistums Münster 1593-1674 (= Die Geschichtsquellen des Bistums Münster 9), Münster 1991, 147, Nr. 2631. Vgl. St.F.A. Päd., Hs. Pa 22 (Nomina Sodalium Congregationis Maioris B. Virginis Mariae, In Collegio Societatis JESU paderbome), Bl. 8r u. 1 lr. Vgl. auch Schulte, J. : Zur Geschichte der Marianischen Studentenkongregationen am Paderborner Jesuitenkolleg, in: Zeitschr. f. Vaterland. Geschichte u. Altertumskunde 65,2 (1907) 210-216. Vgl. Paulussen, L. : Art. Marianische Kongregation, in: LThK 2 , Bd. VJJ, Sp. 50f. Vgl. Sommervogel, C: Art. Aschendorff, Wilhelm, in: Bibliotheque de la Compagnie de Jesus, Bd. I, Bruxelles - Paris 1890, Sp. 599f. 22 .Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" Pontanus, der sich zum rechten Glauben bekehrt hat, gratuliert Wilhelm Aschendorff aus Ostbevern" 39 . Nach der Geburt seines dritten Kindes, der Tochter Maria, am 14. April 1605 40 und nach dem Erreichen offenbar gesicherterer geschäftlicher Verhältnisse kaufte er am 19. März 1608 ein Haus an der Ecke Kamp/Klingelgasse 41 . Der Kaufvertrag mit der eigenhändigen Unterschrift des Matthaeus Pontanus ist erhalten (Abb. 5). Abb. 5: Unterschrift des Matthaeus Pontanus unter den Kaufvertrag vom 19. März 1608. Aufgrund des Hinweises im Kaufvertrag auf die Lage des Hauses neben der Johanniskirche des Jesuitenkollegs hat der Lehrer am Gymnasium Theodoria- num und Bibliothekar der Theodorianischen Bibliothek Wilhelm Richter einen Lageplan des ehemaligen Jesuitenkollegiums unter Berücksichtigung angrenzender Gebäude angefertigt 42 (Abb. 6 u. 7). Der Kauf des Hauses wurde für Dietrich von Fürstenberg Anlaß für das Privileg, das er dem Buchdrucker gut vier Monate später am 1. August 1608 Vgl. 'Widerkehrung Der Verführten jrrenden Christen (vgl. Anm. 20), Anhang: „Provido et industrio viro Matthaeo Pontano ad Orthodoxam Fidem converso gratulatur Wilhelmus Aschendorff Ostbeverensis". 40 Vgl. St.F.A. Päd., Akten, Nr. 59: Gaukirche. 41 Vgl. StF.A Päd., Akten I, Nr. 171 (Urkunde vom 19.3.1608). 42 Vgl. Richter, W.: Geschichte der Paderbomer Jesuiten, Bd. I (1580-1618), Paderborn 1892, Anhang. 23 Abb. 6: Lageplan des ehemaligen Jesuitenkollegiums und des Hauses von Mattaeus Pontanus in der Rekonstruktion durch Wilhelm Richter. 24 „Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" gewährte. Gemäß dem Wortlaut des Dokuments erkannte der Fürstbischof in dem Kauf des Hauses durch Pontanus die Sicherheit, daß dieser in Paderborn bleiben und als Buchdrucker arbeiten wollte. Zur weiteren Expansion des Geschäfts verlieh ihm Dietrich das Privileg, das vor allem zwei Vergünstigungen enthielt: die Monopolstellung der Druckerei in Stadt und Hochstift Paderborn und die Befreiung von bürgerlichen Pflichten, z.B. Steuerabga- S.3loc/( Abb. 7: Jesuitenkolleg mit der alten Johanniskirche, links das Haus des Pontanus. Nachgezeichneter Ausschnitt aus einem Thesenblatt von Johann Goerg Rudolphi. Seit dem Jahr 1611 zeigte sich Pontanus' Selbstverständnis und gestärktes Selbstbewußtsein in der Verwendung einer Druckermarke, die ein seinen Namen symbolisierendes Emblem bildet (Abb. 8): Der Glaube an den gekreuzig- 43 Vgl. Anm. 31. 25 Maria Kohle M. Antonii -Mvreti- ■ Tnshyteri) I. C. &auhfymnty Oratoris acPoetaeUrißitni. • ORATIONVM VOLVMINA DVO. E D IT 10 JHO/J, Caßigata, duabus Oratiqnibus«5c Scholijsviri cruditi ad marginem pofitis, •pxairificiumrndicant, cumlndicerc- - ruiri copiofiffiirjo, in gratiam ' ' ftudiofie Iuucncutis ad« • : — ♦auda, •.. - ' PAbEB.aOR.NAB,' Exofficina &'typis Mauna:! Pontani.' Anno M..BG XIII. Abb. 8: Titelblatt eines Schulbuchs von 1613 mit der Druckermarke des Mattaeus Pontanus. 26 „Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" Abb. 9 links:Erste „Druckermarke" des Matthäus Pontanus in der AUREA GEMMA CHPJSTIANORUM 1604 Abb. 9 rechts: Druckermarke des Theodor Zwifel in den PRIMA PROSODIAE TYRO- CINIA. 1566. 27 Maria Kohle ten, aber auferstandenen Jesus Christus, dargestellt in Kreuz und Siegeskranz, wird den Menschen gnadenhaft vermittelt durch einen Engel und getragen und gestützt durch Pontanus, symbolisiert durch die Brücke (lat: pons). Meine Deutung des Emblems als Druckermarke wird von Experten der Staatsbibliothek Berlin und der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel gestützt 44 . Die bis dahin verwendete „Druckermarke" war nicht originär von oder für Pontanus geschaffen worden, denn sie wurde bereits von Dietrich Tzwyvel d. J., von dem Lambert Raesfeld in Münster die Druckerei übernommen hatte, verwendet. Pontanus hat offensichtlich den Stock des Holzschnitts erhalten und für seine Zwecke die Buchstaben T und Z (für Theodor Zwifel) herausgeschnitten. Der senkrechte Schaft des T im Pontanus-Druck ist noch deutlich zu erkennen 45 (Abb. 9). 1612 waren auch die materiellen Verhältnisse von Pontanus offenbar so konsolidiert, daß er am 31. Dezember in Dahl bei Paderborn 30 Morgen Land kaufen konnte 46 . Mit fast missionarisch zu nennendem Eifer versuchte Pontanus 1613, die Bürger seiner Heimatstadt Hildburghausen unter dem dort vertrauten Namen Brückner für den katholischen Glauben zurückzugewinnen 47 . Im selben Jahr war er in Paderborn persönlich erfolgreich an der Konversion des Juden Dietrich Schwab beteiligt 48 . Danach brechen für gut sieben Jahre die Nachrichten über die Familie Pontanus ab. Am 18. Februar 1621 trat der zweite Sohn Gerhard in Paderborn in den Jesuitenorden ein 49 . Für Oktober 1621 hören wir von großen finanziellen Vgl. die Antworten von Dr. A. Schmitt (Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz) v. 4.5.1994 und von Dr. Th. Bürger (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel) v. 30.8.1994. Die Schreiben können bei mir eingesehen werden. 45 Ich verdanke diesen Hinweis Dr. B. Haller, dem Leiter der Abteilung Handschriften und Alte Drucke an der ULB Münster (Schreiben vom 21.3.1997). Auch dieses Schreiben kann eingesehen werden. 46 Vgl. St.F.A. Päd., Akten I, Nr. 107. 47 Vgl. 'Exercitia Granatae (vgl. Anm. 18), unpaginierte Vorrede. 48 Vgl. 'DETECTUM Velum Mosaicum ... Durch Dietherichen Schwaben ... Gedruckt zu Paderborn/ bey Matthaeo Pontano. ANNO M. DC. XV.', Einleitung, 2. 49 Vgl. Anm. 35. 2S „Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" Schwierigkeiten des Paderbomer Buchdruckers 50 . Nachdem Herzog Christian von Braunschweig im Januar 1622 in Paderborn eingefallen war, stellte dieser dem Verwalter der Druckerei, Bartholomaeus Ruff, am 20. April desselben Jahres das Privileg aus, daß er von Soldateneinquartierung ganz verschont bleiben sollte. In demselben Privileg spricht Christian von „entweichung deß gewesenen Buchtrücke rs zu paderborn Matthaei Pontani" 51 . Nach seiner Flucht muß Matthaeus Pontanus freiwillig oder unfreiwillig nach Paderborn zurückgekehrt sein, denn sonst könnte sein Sohn Heidenreich in der auf den 1. Dezember 1627 datierten Vorrede des Gesangbuchs von 1628 schwerlich feststellen, daß sein Vater in „ der allein seeligmachenden Catholischen Religion ... vor 5. Jahren sein Leben beständig und selig beschlossen" habe 52 . Matthaeus Pontanus ist also mit großer Sicherheit vor dem 20. April 1622 verstorben 53 . Seit 1624 druckte Heidenreich Pontanus. Doch im August 1628 verkauften Heidenreich und seine Frau Anna Margaretha geb. Gersemann das Haus Ecke Kamp/Klingelgasse an die Jesuiten, behielten sich aber Wohnrecht vor. In diesem Verkaufsvertrag spricht Heidenreich noch von Schwägern und Schwägerinnen, die darauf schließen lassen, daß Heidenreich außer seinem Bruder Gerhard, dem Jesuiten, und seiner Schwester Maria, der Benediktinerin, noch mindestens zwei Brüder und zwei Schwestern hatte, die namentlich nicht nachgewiesen sind 54 (Abb. 10). Aus dem Jahr 1630 existieren zwei Drucke von Heidenreich Pontanus. Noch in demselben Jahr muß er jedoch verstorben 50 Vgl. Archiv des Vereins für Geschichte und Altertumskunde, Cod. 139 (23.10.1621). 51 Vgl. St.F.A. Päd., Hs. Pa 130 (Liber VHI. Variorum), Bl. 5 u. folg. unpaginiertes Blatt. 52 Vgl. 'Christlich Catholisch Gesangbuch ... Gedruckt zu Paderborn/ bey Heidenrico Pontano. 1628.' Vorrede, S. 3f. (Ein Exemplar befindet sich in der EAB unter der Signatur AV 3723.) 53 Vgl. Anm. 51. Klemens Honselmann ist bei seiner Berechnung des Todesdatums wohl vom Druckjahr des Gesangbuchs, 1628, ausgegangen und hat von daher das Todesjahr 1623 erschlossen (vgl. Honselmann: Matthaeus Pontanus 208 [vgl. Anm. 17]). Der Druck aus dem Jahr 1623 'Unverwelcktes EHren Kräntzlein ... Gedruckt zu Paderborn. In Typo- graphia Academica Matthaei Pontani, Anno M. DC. XXHJ.' (ein Exemplar in der EAB unter der Signatur AV 1372) ist zwar noch unter dem Namen von Matthaeus Pontanus überliefert, doch dürfte der Drucker Bartholomaeus Ruff, der Verwalter der Druckerei, gewesen sein. Singular ist nämlich die neutrale Formulierung „In Typographia Academica Matthaei Pontani". 54 Vgl. St.F.A. Päd., Akten I, Nr. 171 (Urkunde v. August 1628), Bl. 9r u. 9v. 29 Maria Kohle sein, denn aus diesem Jahr ist ferner ein Druck seiner Witwe bezeugt. Ihr letzter ermittelter Druck stammt von 1632 und ist auch für diese Ausstellung aus Privatbesitz zur Verfügung gestellt worden 55 . Am 14. Oktober 1636 verstarb die Witwe von Heidenreich Pontanus 56 . Aus seiner Ehe mit Anna Margaretha Gersemann ist möglicherweise ein Sohn Gerhard hervorgegangen, der aber wegen seines jungen Alters oder aus anderen Gründen die Druckerei nicht übernehmen konnte oder wollte 57 . scAookAuo ö£R f Aoilie öes oAzchkais pomkmis /YLaWlCieuo PontcuUMS (ßrücAn&r) * ca..-/56? + ovr ct&m3.0A.16Z2 oo ?. 9.££ü>c*£e.th. CJe^cjcort deetcfesi>rTUxA JhrrfctsiLLi fyzrA&rct fyntasvuä rn&rta. fbntcuux £wrttiue££. atltere xca.-f59^ + 1630 * Se/ii. -4597 * -1*i.*i.4605 namentSüh.nicht oo jQnna rncvnpvretha. f rtv 1*** ncuch^cneane. Qen-aemasin JiincUr- + 1*t.10.163 6 ^anrfavrci JbnJinsiuo (?) £.ntc*o<~*f: tn . JicrU-t 2tcV/iAi^ • st SJOkK Abb. 10: Stammbaum der Paderborner Familie Pontanus Vgl. 'Geistlicher HErtzen=Spiegel ... Gedruckt zu Paderborn/ Durch Heidenrici Pontani Wittib. Jm Jahr M. DC. XXXU.' (Ein weiteres Exemplar befindet sich in der Zentralbibliothek der Wiener Franziskanerprovinz Graz unter der Signatur A Bw/63-4.) 56 Vgl. Kirchenbuch der Marktkirche Paderborn. 57 Vgl. Stadtarchiv Paderborn, Ratsprotokolle, Cod. Nr. 13, Bl. 44v, St.F.A. Päd., Akten I, Nr. 174. 30 „Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" Heidenreichs Bruder Gerhard lebte zwar noch bis zum 14. April 1645 im Jesuitenkolleg Münster 58 und seine Schwester Maria bis zum 17. Oktober 1688 als Äbtissin des Gaukirchklosters in Paderborn 59 , doch schieden beide wegen ihrer Ordenszugehörigkeit für die Nachfolge in der Druckerei aus. Da sie auch keine Kinder hinterließen, endete der erste Abschnitt der Paderborner Buchdruckergeschichte mit dem Aussterben der Familie Pontanus schon nach zwei Generationen. III. Familie Pontanus - das Druckwerk 1. Zahl der Drucke und ihre Erhaltung Die Drucke der Familie Pontanus haben überlebt. 108 Drucke konnte ich bis jetzt ausfindig machen 60 . Davon entfallen 93 (etwa 86 %) 61 auf Matthaeus Pontanus aus 27 Jahren Druckertätigkeit, 12 (etwa 11 %) auf Heidenreich Pontanus und 3 (etwa 3 %) auf seine Witwe. Letztere druckten allerdings auch nur 6 bzw. 2 Jahre. In zwei Jahren (1598; 1603) erschienen keine Drucke wahrscheinlich wegen der in Paderborn grassierenden Pest 62 und vielleicht auch wegen der konfessionellen Irritationen des Matthaeus Pontanus in dieser Zeit 63 . Unter seiner Ägide verließen durchschnittlich 4 nachgewiesene Drucke jährlich seine Offizin. 1 oder 2 Drucke pro Jahr gab es nur am Anfang seiner Druckertätigkeit (1596), kurz nach der Pest (1599) und zu Beginn des 30jährigen Krieges (1618; 1621; 58 Vgl. Anm. 35. 59 Vgl. Gaukirche Paderborn, Acta 533 u. St.F.A. Päd., Akten I, Nr. 59. 50 Eine vollständige Liste der Drucke der Familie Pontanus mit vollständiger Zitierung des Titelblatts, Angaben zu Format, Umfang, Schmuck, Fundorten und - so vorhanden - Literatur wird in einer gesonderten Publikation erscheinen. 61 Mitgerechnet sind das Verlegungswerk 'Catechismus Und Betböklin von 1596 (vgl. Anm. 16) und der 1623 nur unter dem Namen des Matthaeus Pontanus erschienene Druck 'Unverwelcktes EHren Kräntzlein (vgl. Anm. 53). 62 Vgl. Keyser, E. (Hrsg.): Paderborn, in: Westfälisches Stadtebuch (= Deutsches Städtebuch. Handbuch städtischer Geschichte m, 2), Stuttgart 1954, 281-287, 283; Richter, W.: Geschichte der Stadt Paderborn, Bd. K, Paderborn 1903 (unveränd. Nachdr. o. O./ o. J.), 32. 63 Vgl. S. 22. dieses Vortrags. 31 Maria Kohle 1622; 1623). Mit diesem waren sicherlich noch größere technische und wirtschaftliche Schwierigkeiten für Heidenreich Pontanus und später seine Witwe verbunden, so daß sich damit die durchschnittliche Zahl von nur 2 Drucken pro Jahr erklären läßt. Der „Spitzenjahrgang" war für Matthaeus Pontanus 1616 mit 7 Drucken, ein Jahr, das für Paderborn trotz des großen Stadtbrandes 64 mit der offiziellen Eröffnung der Universität einen gewissen äußeren Abschluß und Höhepunkt im Rahmen von Dietrichs Rekatholisierungsmaß- nahmen darstellte (Abb. 11). Von den 93 Drucken des Matthaeus Pontanus sind 60 mindestens in einem Original bzw. einmal als Fragment erhalten und 3 weitere in Originalwertigkeit als Kopie bzw. Teilkopie. Zusammen sind also 63 Drucke, d. h. knapp 70 % des Gesamtwerkes, einseh- und bearbeitbar. Von den 15 Drucken des Heidenreich Pontanus und seiner Witwe sind 10 jeweils in mindestens einem Original oder einmal als Fragment erhalten; 5 sind nicht auffindbar bzw. vermißt. Zwei Drittel des Gesamtwerkes sind also auch in diesem Fall zugänglich. Von Drucken, die Matthaeus Pontanus selbst oder auch andere Drucker erstellt hatten, wurden in jeweils 5 Fällen zweite z. T. erweiterte oder auch veränderte Auflagen notwendig. Ein Werk erführ bei Heidenreich Pontanus gegenüber der Erst- und Zweitauflage bei seinem Vater entwicklungsbedingt größere Veränderungen. Ebenfalls eine dritte Auflage konnte die Witwe des Heidenreich Pontanus von einem bei ihrem Ehemann in Erst- und Zweitaufla- ge erschienenen Werk drucken. Der Großteil der erhaltenen Drucke kann in der Ausstellung präsentiert werden, hauptsächlich aus Beständen der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn, aber auch als Leihgaben öffentlicher und kirchlicher Bibliotheken in Bonn, Erfürt, Fulda, Göttingen, Hannover, Herford, Köln, München, Münster, Wolfenbüttel aus dem Bistumsarchiv Paderborn und aus Privatbesitz. Die meisten Drucke pro Werk, bis zu 16, sind erhalten von den Werken Leonhard Rubens. Der Rückschluß ist wohl berechtigt, daß diese Werke auch eine hohe Auflagenzahl gehabt haben müssen. Durch die peniblen Aufzeichnungen des Verfassers, der gleichzeitig Abt von Kloster Abdinghof in Pader- Vgl. Keyser. Paderborn 282; Richter. Paderborn II 183 (vgl. Anm. 62). 32 „Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" PANEGYRICVS DIE NATALI ACADEMIÄ THEO- DORIANAE PADERßORNENSIS., Reucrcndiffimo,atqj Illuftriffimo Principi, ac Domino, THEODORO Epifcopo Ecclefia? Paderborncnfis, S. R. I. Principi, FVNDATORI EIVS MVNIFICENTISSIMO, A COLLECIO ACADEMICO SOCIETATIS IESV oblatus, &intreslibrosdiuifus, In quo DE VVESTPHALIiE, AC PADERBORNS REBVS nonpauca, e vctcri, reccntique memoria, ad cruditioncm juucntutis., in loco dilTcruntur. oS(V)S» ? PADERBORNS Ex Officina & typis Matthaei Pon tani. ANNO M. DC. XVI. Abb. 11: Titelblatt des PANEGYRICUS 1616. 33 Maria Kohle born war 65 , sind wir für Paderborn in der glücklichen und einmaligen Lage, aus dessen Rechnungsbuch etwas über die Auflagenhöhe zu erfahren 66 : 'UBER De falsis Prophetis' 67 (mindestens 130 Exemplare), APOLOGIA LIBRI DE FALSIS PROPHETIS' 68 (mindestens 200 Exemplare), 'AUREA GEMMA CHRISTIANORUM' 69 (290 Exemplare), 'LINGUA AUREA CHRISTIANORUM' 70 (etwa 1000 Exemplare), 'PARAENESIS' 71 (mindestens 200 Exemplare). Von der Agende 1602 72 sind 9 bekannte Exemplare erhalten. Verluste liegen häufig bei Gebrauchsliteratur wie Gesang-, Gebet- und Schulbüchern und Unterhaltungsliteratur vor, weil sie einem höheren Verschleiß unterlagen als z.B. Literatur, die in Bibliotheken eingestellt war. Dennoch konnten von den 108 eruierten Drucken der Familie Pontanus außer den 73 im Original nachgewiesenen die übrigen 35 immerhin noch über Nachschlagewerke literarisch ermittelt werden. An derartigen Nachschlagewerken sind exemplarisch zu nennen und vorzustellen: Vgl. S. 4 dieses Vortrags. Vgl. Schmalor. Bibliothek 236-242 (vgl. Anm. 9). REVERENDI DOM. D. LEONARDI RUBENI ... LEER De falsis Prophetis ... PADIBORNAE, Ex typis et officina Matthaei Pontani. ANNO D.[!] DC. (Ein Exemplar befindet sich in der EAB unter der Signatur AV 1146.) APOLOGIA LIBRI DE FALSIS PROPHETIS ... AUCTORE THEODORO MOLLERO [LEONARDO RUBENO] ... PADIBORNAE, Ex typis et officina Matthaei Pontani. Anno M. DCI. (Ein Exemplar befindet sich in der EAB unter der Signatur AV 1146.) AUREA GEMMA CHRISTIANORUM ... Auetore REVERENDO DOMINO LEONARDO RUBENO ... PADERBORNAE, Ex typis et Officina Matthaei Pontani. ANNO M. DC. im. (Ein Exemplar befindet sich in der EAB unter der Signatur Th 2695.) LINGUA AUREA CHRISTIANORUM ... AUCTORE REVERENDO D. LEONARDO Rubeno ... Padibomae ... Typis Matthaei Pontani. ANNO M. DC. VI. (Ein Exemplar befindet sich in der EAB unter der Signatur Th 2838.) R. D. LEONARDI RUBENI ... PARAENESIS ... PADIBORNAE, Ex Typis et Officina Matthaei Pontani. ANNO M. DC. VII. (Ein Exemplar befindet sich in der EAB unter der Signatur 43, 765.) Vgl. S. 14 u. Anm. 10 dieses Vortrags. 34 „Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" -Der sogenannte 'Bäumker' 73 , der - Ende des 19. Jahrhunderts entstanden - eine Sammlung vorwiegend katholischer Gesangbücher (Titel, Vorreden, Lieder) enthält; - seine moderne Weiterfuhrung, das DKL 74 , das allerdings nur Gesangbuchtitel evangelischer und katholischer Provenienz bietet, jedoch - wie bei 'Bäumker' - mit den wichtigen Fundortangaben; -der sogenannte 'Borchling-Claussen' 75 , der mit seinem Gesamtverzeichnis niederdeutscher Drucke bis 1800 unverzichtbar ist; - 'Draudius' 76 , von dem offizielle Kataloge der Frankfurter Buchmesse von 1611 und 1625 existieren, der aber nicht immer zuverlässig ist, da er manchmal Bücher angibt, die für die Buchmesse zwar angekündigt waren, dann aber doch nicht erschienen sind; auch Pontanus ließ seine Bücher dort vermerken, war selbst eifriger Messebesucher und handelte dort nicht nur mit Büchern, sondern importierte von Frankfurt nach Paderborn auch Tuch und Wein in größeren Mengen 77 . 2. Format, Umfang und Ausstattung der Drucke Von 82 der 93 Drucke des Matthaeus Pontanus ist ihr Format bekannt. Das einzige größere Buch in Klein-Folio (etwa 1 %) ist die Agende 1602. Es folgen 16 Drucke in Quart (etwa 19 %), 28 in Oktav (etwa 35 %), 37 in Duodez (etwa 45 %). Die kleineren, handlicheren und kostengünstigeren Formate Oktav und Duodez machen also 80 % des Druckbestandes aus. Von Heidenreich Pontanus und seiner Witwe sind zu wenige Drucke erhalten, als daß die 73 Vgl. Bäumker, W:. Das katholische deutsche Kirchenlied in seinen Singweisen, Bd. UV, Freiburg 1883-1911 (unveränd. Nachdr. Hildesheim 1962). 74 Vgl. Ameln, K. u. a. (Hrsg.): Das Deutsche Kirchenlied (DKL). Kritische Gesamtausgabe der Melodien, 2 Bde., Kassel u.a. 1975 u. 1980. 75 Vgl. Borchling, C. - Claussen, B.: Niederdeutsche Bibliographie. Gesamtverzeichnis der niederdeutschen Drucke bis zum Jahre 1800, 2 Bde., Neumünster 1931 u. 1936. 76 Vgl. 'BIBLIOTHECA CLASSICA ... Authore M. GEORGIO DRAUDIO ... Francofurti ... M. DC. XI.'; 'BIBLIOTHECA LIBRORUM GERMANICORUM Classica ... Durch M. GEORGIUM DRAUDIUM ... Getruckt zu Franckfurt ... M. DC. XI.'; 'BIBLIOTHECA LIBRORUM GERMANICORUM Classica ... Durch M. GEORGIUM DRAUDIUM ... Getruckt zu Franckfurt... M. DC. XXV.' 77 Vgl. Schmalor. Bibliothek 226 (vgl. Anm. 9). 35 Maria Kohle Errechnung der Anteile am jeweiligen Format verwertbare Ergebnisse erbringen könnte. Der Umfang der Drucke reicht von Einblattdrucken (Wappen der Fürstbischöfe, Wappenkalender des Domkapitels und ein Hochzeitsgedicht) bis zu 700 Seiten bei Matthaeus Pontanus und bis zu 525 Seiten bei Heidenreich Pontanus. Doch sind diese Seitenzahlen immer in Relation zum Format zu setzen. Die Einbände sind meistens noch erhaltene, in wenigen Fällen auch schon restaurierte Originaleinbände der damaligen Zeit, je nach Gebrauch und Lagerung in besserem oder schlechterem Zustand. Für lateinische und deutsche Texte verwendete Pontanus jeweils eigene Drucktypen; in seinem Drucktypensatz befanden sich auch griechische Buchstaben z. B. für Schulbücher 78 (Abb. 12). Insgesamt zeigt sich ein klar strukturiertes und sauberes Druckbild. Verdruckte Seitenzahlen und Errata halten sich im üblichen Rahmen der Zeit. Herausragend ist die Gestaltung der Agende 1602. Von den Schmuckelementen ist Rot- und Schwarzdruck verhältnismäßig selten, häufiger finden sich Titelblatteinrahmungen. Kupferstiche sind nur in der Agende ein Gestaltungsmittel; ungewöhnlich sind dagegen 24 Kupferstiche im letzten Druck 'Geistlicher HErtzen=Spiegel' 79 der Pontanus-Witwe. Öfter tauchen Holzschnitte auf, zu denen auch die Druckermarke zählt 80 . Etwa 60 Holzschnitte, die sich zwar zum Teil wiederholen, schmücken die 'Postill' 1597 81 , das homiletische Handbuch für Priester. Vignetten und Zierstücke rinden sich häufiger. Kopf- und Randleisten der Texte zieren besonders das Gesangbuch 1609 82 (Abb. 13) und die 'Exercitia Granatae' 83 , welch letztere den Bürgern von Hildburghausen gewidmet sind. 78 Vgl. '(DQKYAIAOY nOIHMA vouSetiköv, Kai IIY0ArOPOY XPYcra Um\ ... PADERBORNAE, Excudebat MATTHAEUS PONTANUS Anno M. DC. XXI.' 79 Vgl. Anm. 55. 80 Vgl. S. 26f. dieses Vortrags. 81 Vgl. Anm. 32. 82 Vgl. 'Alte Catholische Geistliche Kirchengesäng ... Gedruckt zu Paderborn/ Bey MATTHAEO PONTANO, M. DC. IX.' (Ein Exemplar befindet sich in der Stadt- und Regionalbibliothek Erfurt unter der Signatur 5-12°- T. lit. 50.) Eine Faksimilierung des Gesangbuchs zusammen mit einem angefugten Kommentar ist geplant. 36 „Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" Die Ausstattung der Drucke von Heidenreich Pontanus und seiner Witwe ist wohl zeitbedingt insgesamt bedeutend schlichter. 3. Art der gedruckten Literatur, ihre Verfasser und Adressaten 67 von den 93 Drucken des Matthaeus Pontanus haben eher theologischkirchliche Ausrichtung. Das sind etwa 72 % des Gesamtwerks. 26 Drucke oder etwa 28 % sind eher profaner Natur, wiewohl auch dort zuweilen religiöse Implikationen zu finden sind. Zur profanen Literatur gehören im einzelnen eine „Zeitung", medizinische Ratgeber (z. B. Schutz vor und Behandlung der Pest), Unterhaltungsliteratur wie Rätsel- u. Scherzbüchlein, ein Hochzeitsgedicht, Festschriften, eine Beschreibung von Corvey, Schulbücher, eine philosophische Disputation, ein Schutzbrief aus dem 30jährigen Krieg, darunter manche Schriften also, die zur Gelegenheitsliteratur zu rechnen sind. Bei Heidenreich Pontanus und seiner Witwe ist das Verhältnis von theologisch-kirchlicher zu profaner Literatur etwas zuungunsten der religiösen Literatur verändert: zwei Drittel zu einem Drittel. Über die Art der religiösen Literatur äußert sich Matthaeus Pontanus selbst: „ Dieweil ich dann bey mir entschlossen/ allein die jenigen Bücher/ durch welche viel Menschen/ entweder im Catholischen Glauben unterwiesen/ oder zu mehrer lieb unnd grösserm Eyffer gegen Gott und allen Tugenden angezündet können werden/ durch meinen Truck ans Liecht zu stellen/ hab ich zwar mit grossem Kosten/ jedoch mit sonderbarem lust diesen Gülden Tu- gendkrantz/ oder schönen Bericht von ubung aller fürnembsten Christlichen Tugenden in truck verfertigt/ bevorab/ weil uns darin deutlich vor Augen gesteh ist/ wie wir uns gegen G O 11 / gegen uns s e l b s t e n / unnd gegen unsern N e c h s t e n verhalten/ und also alle Theil der Christlichen Gerechtigkeit erfüllen sollen " 84 . Pontanus wollte also als Bewahrer und Verkünder des katholischen Glaubens für sein Verlagsprogramm katechetische und spirituelle Literatur drucken. Vgl. S. 16 u. Anm. 18 sowie S. 28 dieses Vortrags. Gülden TUgendt=Krantz ... Durch Matthaeum Tympium ... Gedruckt zu Paderborn durch Matthaeum Pontanum. ANNO M. DC. XIII., unpaginierte Vorrede, S. 2f. (Ein Exemplar befindet sich in der EAB unter der Signatur Th 2949.) 37 Maria Kohle «AKT AU OT nOIHMA revthhiStt K<Ü nrejir'o por xpt- CK i 7T>J • PHOCYLIDIS rOEMA ADMONI/ T O K I V M. 1/ PYTHAGOR^AVREA; Cakmina. Padehjjorn^, Excudcbat Matth iE vs Pontanys Anno m.dc; xxi. Abb. 12: Titelblatt des griechischen Schulbuchs 1621. „Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano' "mmom • Im mm§ tämmpb ftoimm in 4u. . fmi/wiö4uff'l»fe4fcfttb«v :t "2uf^ .-■ Ä ^«»s^Ä^^j^ii Ej| pgl ^matth.eö pontano, uäSH a : M. ! -»c. -»x. Abb. 13: Titelblatt des Gesangbuchs 1609. Maria Kohle Das, was Pontanus adressatengerichtet als Unterweisung im katholischen Glauben formuliert, ist in vielen Werken exegetisch (hauptsächlich durch die Werke Leonhard Rubens) und dogmatisch untermauert. Die dogmatischen Aussagen haben häufig kontroverstheologische Prägung. Dazu zählen in der Zeit vor allem sakramententheologische Erörterungen über die Buße, die Kommunion unter beiden Gestalten und über die Letzte Ölung. Auch konfessionell kontrovers diskutierte Themen wie Fegefeuer und Heiligenverehrung spielen eine Rolle. Die kontroverstheologische Ausrichtung, öfter in polemischer Sprache, findet sich z. T. auch in homiletischer Literatur. Kontroverstheologische Literatur im weiteren Sinn, auch von christlich getauften Juden gegen jüdische Religion und Lebensweise, findet sich ebenfalls in geringer Anzahl unter den Drucken. Als liturgisches Buch liegt nur die Agende 1602 vor. Katechetische Literatur verfolgt häufig auch spirituelle Zielsetzungen wie z.B. in den katechetischen Teilen der Gesangbücher. Betrachtungsliteratur ist vorzugsweise für Ordensangehörige gedruckt. Die theologischen Drucke des Heidenreich Pontanus und seiner Witwe werden bis auf zwei liturgisch-pastorale Ausnahmen von Literatur zur geistlichen Lebensführung geprägt. Nicht weniger als 30 namentlich bekannte Autoren veröffentlichten bei Matthaeus Pontanus ihre Schriften. Dazu kamen noch die Paderborner Jesuiten und das Paderborner Domkapitel mit namentlich nicht einzeln zugeordneten Beiträgen in Sammelschriften. Bestimmte Schwerpunkte sind konstatierbar: Zu Anfang der Druckertätigkeit des Pontanus in Paderborn dominieren noch die ihm persönlich bekannten Münsterer Autoren Ruperti 85 , Dechant der Überwasserkirche, und Johann von Detten 86 , Domkanoniker. Ruperti war aber nicht nur niederdeutscher theologischer Verlagsautor, sondern spricht von Pontanus als „myn guder Fröndt" 87 . Von 1600-1608 publizierte Leonhard Rüben, der Abt von Kloster Abdinghof und seit 1602 auch Präsident der Bursfelder Kongregation, der fruchtbarste und erfolgreichste Paderborner Autor, 7 ausschließlich lateinischsprachige Werke bei Pontanus 88 und war 85 Vgl. S. 20 dieses Vortrags. 86 Vgl. ebd., S. 22. 87 Vgl. 'Catechismus Und Betböklin unpaginierte Vorrede, S. 5 (vgl. Anm. 16). 88 Vgl. 5 Werke davon, die in den Anmerkungen 67-71 angeführt sind. 4() „Getruckt tho Paderborn bey Matthaeo Pontano" auch einer seiner besten Kunden. Von 1604-1616 erschienen bei Pontanus 12 Werke von Matthaeus Tympius/Tympe (1566-1616), dem Rektor der Osnabrücker Domschule und späteren Rektor des Collegium Dettenianum in Münster. Tympius schrieb auch unter dem Namen Paulus Pytthmaetus. Tympius kann nicht als originärer Schriftsteller bezeichnet werden. Sein Stellenwert liegt darin, ältere Vorlagen von Konvertiten wie Kaspar Ulenberg (1548-1617) und Johannes Pistor (1546-1608), von den dominikanischen Autoren Ludwig von Granada (1504-1588) und Amandus, von Jesuiten wie Georg Scherer (1540-1605) 89 in Bearbeitungen einem breiteren Publikum zugänglich gemacht zu haben. Die großen Theologen des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts kommen in Pontanus' Drucken jedoch auch im Original zu Wort 90 . Der Paderborner Jesuit Friedrich Rörich ist erst ab 1618 zum Teil ausdrücklich genannter Verfasser, ist aber mit insgesamt 6 Publikationen vertreten 91 (Abb. 14). Der Lehrer und Rektor Melchior Stahlschmidt aus Vgl. z.B. 'Communionbuch/ Oder Gründtlicher Warhaffter Bericht von der Niessung des Hochw. Sacraments des Altars in Einer gestalt/ Darinn auß dem purlautem Wort Gottes und der gantzen jemals gewesenen Kirchen Christi alweg beharretem gebrauch/ und andern erheblichen und wichtigen Ursachen erwiesen wirdt/ daß die Catholische Kirch jetzt billich mehr auff die Communion under einer als under beyden Gestalten tringe. Auß weilandt des Ehrwürdigen/ Edlen und Hochgelehrten Herrn D. Ioannis Pistorij Lehrreichen Büchern in diese Form gebracht/ und an jetzt von newem auß des Ehrw. P. Georgij Scherers deutlichen Schriften erleuttert Durch Matthaeum Tympium. Gedruckt zu Paderborn bey Matthaeo Pontano, anno 1610.' (Ein Exemplar befindet sich in der Erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek Köln unter der Signatur Theol. 2842.) Vgl. Geniert, G. v.: Zum Verhältnis von Reformbestrebungen und Individualfrömmigkeit bei Tympius und Albertinus. Programmatische und intentionale Aspekte des geistlichen Gebrauchsschrifttums in den katholischen Gebieten des deutschen Sprachraums um 1600, in: Frömmigkeit in der frühen Neuzeit. Studien zur religiösen Literatur des 17. Jahrhunderts in Deutschland, hrsg. v. D. Breuer (= Chloe. Beihefte zum Daphnis 2), Amsterdam 1984, 108-126; dens. : Zur Rezeption der Werke von Luis de Granada im deutschen Sprachraum in der frühen Neuzeit. Prolegomena zur Erforschung der Vermittlertätigkeit von Matthaeus Tympius, in: Beiträge zur Aufnahme der italienischen und spanischen Literatur in Deutschland im 16. und 17. Jahrhundert, hrsg. v. A. Martino (= Chloe. Beihefte zum Daphnis 9), Amsterdam 1990, 289-336. 90 Vgl. z.B. 'R. P. FRANCISCI COSTERI DOCT. THEOL. SOC. JESU. Meditationes ... PADERBORNAE, Ex officina et typis Matth. Pontani. Anno M. D. C. XJJJ.' (Ein Exemplar befindet sich in der EAB unter der Signatur Th 4540.) 91 Vgl. z.B. die anonym erschienene Schrift 'Unverwelcktes EHren Kräntzlein von Holdseligen Tugentblümlein der Heyligen und Apostolischen Männer S. IGNATU LOYOLA, der Societet Iesu Stiffters und Grundlegers/ Auch S. FRANCISCI XAVERJJ, auß selbiger Societet der Indianischen Landen Apostels (vgl. Anm. 53). 41 Maria Kohle Volkmarsen südlich von Warburg publizierte von 1600-1620 bei Pontanus 7 Schriften: Rätsel- und Scherzbüchlein und ein Gebetbüchlein 92 . 1611 setzte auch die Produktion der anspruchsvolleren lateinischen und griechischen Schulbücher bei Pontanus ein 93 . Auf keinen Fall zu vergessen ist die Tätigkeit wahrscheinlich von Leonhard Rüben, der Jesuiten und von Matthaeus Pontanus selbst bei der Redaktion der Gesangbücher (1609, 1616, 1617) 94 . Matthaeus Pontanus verfaßte auch in einer seltenen Personalunion von Herausgeber und Drucker der Gesangbücher deren Vorreden, was sein besonderes Engagement für diese Art von Literatur zeigt. Heidenreich Pontanus schrieb die Vorrede zum Gesangbuch 1628, das manche Lieder des Jesuiten Friedrich Spee enthält 95 . Zu insgesamt 10 kontroverstheologischen bzw. katechetischen oder spirituellen Werken schrieb Matthaeus Pontanus die Vorreden, die im übrigen auch viel Stoff zu seiner Biographie bieten. Die theologische Sachkunde zeichnete Pontanus als gebildeten Drucker aus. Die Widmungen an einflußreiche Persönlichkeiten, vor allem in diesen Vorreden, dienten neben der Ehrung einem höchst pragmatischen Ziel, nämlich Vgl. z.B. 'Iocoseria mensalia, Das ist: Uber Hundert schön und Christlicher Schertz und Emsthaffter Leber Reymen ... Durch Melchiom Stahlschmidt ... Gedruckt zu Paterbom/ Durch Mattheum Pontanum/ Anno 1616.' (Ein Exemplar befindet sich in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, abgekürzt HAB, unter der Signatur Lb 96.) Vgl. z.B. 'M. Antonii Mureti Presbyteri, ... Oratoris ac Poetae clarißimi. ORATIONUM VOLUMINA DUO ... studiosae Iuventutis adaucta ... Paderbornae, Sumptibus Matthaei Pontani, Anno M. DC. XI.' (Ein Exemplar befindet sich in der HAB unter der Signatur Li 6546.) Vgl. zum Gesangbuch 1609 Anm. 82; 'Catholische GEistliche Kirchen Gesang ... Mit viel schönen andächtigen Weyhnächtgesängen vermehret und mit fleiß comgiert. Gedruckt zu Paderborn, durch MATTHAEUM PONTANUM, ANNO M. DC. XVI.' (Ein Exemplar ist nicht auffindbar; vgl. aber Bk I, 81f, 207 [vgl. Anm. 73] u. DKL I 1, 185 [vgl. Anm. 74].) 'Catholische Kirchengesänge ... Mit zweyen Litaneyen/ Sieben Bußpsalmen/ und mit viel schönen Gesängen von unser L. Frawen/ etc. vermehrt ... Getruckt zu Paderborn/ durch Matthaeum Pontanum. M DC XVII.' (Ein Exemplar befindet sich in der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz unter der Signatur Hb 3475m.) Vgl. Anm. 52; vgl. auch Hamacher, Th.\ Die Lieder des Friedrich Spee von Langenfeld im Paderborner Gesangbuch 1628, in: Beiträge zur Geschichte des katholischen deutschen Kirchenliedes, hrsg. v. Th. Hamacher, Paderborn 1985, 112-132, zuerst in: Theologie und Glaube 47 (1957) 186-201; Schneider, B.: Die Rezeption von Spee-Liedern in den Di- özesangesangbüchem der (Erz-)Diözesen Köln, Paderborn, Münster, Hildesheim und Osnabrück im 19. und 20. Jahrhundert, in: Grunewald, E. u. Gussone, N. (Hrsg.): Von Spee zu Eichendorff. Zur Wirkungsgeschichte eines rheinischen Barockdichters (= Schriften der Stiftung Haus Oberschlesien, Literaturwiss. Reihe 3), Berlin 1991,223-290,241f. 42 ( < • »'.' • . If i . iGH^Mm-'m^emB ■M&Qasü^^ -> m ' 'is} , ii*+p'i*s!iäi&. rr\!XiBn? , j%i '4i$p&\*fc&:ai£&&. riHiippl^ .-iSii-.'i, ••«Vi:, : * ^nDmf^/f^^f ^- - jfr» :• v - ;:&S:bf*e> «tfVMi «U*,4 öifll? Cl Jtt«ii»: iP| i^nii Ä fiÄ ''T$fa$3?*W Atf -n;ir. " ;»« " ? • • y/fäftK *K-'^MföMM n;UjMr;V ■<\$^j: : v»!n ' !*—•: r». Abb. 14: Titelblatt von Unverwelcktes Ehren Kräntzlein 1623. 43 Maria Kohle dem erhofften Protegieren der Bücher hinsichtlich eines möglichst großen Käufer- und Leserkreises. Landesfursten, Landstände, Bürgermeister und Stadträte sollten auf Untertanen und Bürger Einfluß nehmen, das Domkapitel auf den Klerus, Äbte und Äbtissinnen innerhalb und außerhalb des Hochstifts auf eigene und ihnen bekannte Konventualen. Für die Stadt Paderborn bedeutete dies Anfang des 17. Jahrhunderts konkret: Das Domstift umfaßte 24 Ka- nonikate; es bestanden die Klöster Abdinghof, Gaukirche, der Jesuiten und Kapuziner, das Kollegiatstift in Busdorf. Im Hochstift Paderborn gab es 110 Pfarreien, die Männer-Klöster Marienmünster, Hardehausen, Böddeken, Dalheim und Warburg, die Frauen-Klöster Willebadessen, Gehrden, Brenkhausen, Holthausen, Wormeln, Brakel und Lügde und das adlige Damenstift Neuenheerse 96 . Für die Schüler druckte Matthaeus Pontanus 1 griechisches Schulbuch, für die Schüler, den Klerus, die männlichen Ordensangehörigen und lateinkundige weitere Kreise 30 lateinische Bücher, weiterhin 9 lateinisch-deutsche Schriften und für einen allgemeinen Leserkreis 51 deutsche Werke, davon 6 niederdeutsche. Eines der niederdeutschen Werke ist der mögliche Erstdruck 'Kleine CATECHISMUS' des Johann von Detten, ein Fragekatechismus von 1597. Matthaeus Pontanus selbst könnte auf die gestellten Fragen in seiner zweiten Lebenshälfte folgende Antworten gegeben haben: „Frag. Wat Gelovens bistu? Antwort: Ick bin eyn Rechtgelovig Christ. Frag. Wen sali man vor eynen Rechtgelövigen Christen halten? Antwort: Densülvigen/ so na entfangener Döpe/ dorchuth gelovet/ wat de aide Catholische Römische Kercke gelovet 9 ''. Vgl. Meier. Paderborn 150 (vgl. Anm. 3); Schwer. Kirche in Westfalen I 142 (vgl. Anm. 7); Hengst, K. (Hrsg.): Westfälisches Klosterbuch. Lexikon der vor 1815 errichteten Stifte und Klöster von ihrer Gründung bis zur Aufhebung (= Quellen und Forschungen zur Kirchen- und Religionsgeschichte 2), 2 Bde., Münster 1992 u. 1994. Kleine CATECHISMUS unpaginierte S. 3 (vgl. Anm. 32 u. 34). 44 Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus Hermann-Josef Schmalor Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus Das Zusammenspiel von Autor und Drucker - ein Kapitel Paderborner Buchgeschichte Fast hundert Bücher wurden von Matthäus Pontanus gedruckt. Über diese Werke wissen und kennen wir nicht viel mehr als das, was uns im Druck vorliegt. Es gibt kaum Informationen über die Entstehung der Manuskripte, die Druckkosten, die Verwendung und den Vertieb der Bücher, die Buchbinderarbeiten und deren Kosten. Einige wenige Pontanus-Drucke können wir in dieses Umfeld der Buchentstehung recht gut einordnen aufgrund der Zusammenarbeit zwischen Pontanus und dem Abt des Paderborner Benediktinerklosters Abdinghof, Leonhard Rüben 1 . Dieser war einer der bedeutendsten Äbte des Abdinghofklosters 2 . Von einer denkbar ungünstigen Ausgangssituation her führte er das Kloster in wenigen Jahren wieder zu neuer Blüte und hohem Ansehen. Durch seine schriftstellerische Tätigkeit und als Präsident der Bursfelder Kongregation wirkte er weit über den eigenen Klosterbereich hinaus und nahm auch auf die Entwicklung zahlreicher anderer Benediktinerklöster Einfluß. Im Jahre 1551 in Essen geboren, wurde er früh vertraut mit den konfessionellen Auseinandersetzungen in seiner Heimatstadt, die fast vollständig protestantisch geworden war. 1566 trat er in die Gesellschaft Jesu ein und kam 1580 bereits ein erstes Mal als Jesuit nach Paderborn, wo er die vakante Dompredigerstelle erhielt 3 . Nach lZu Leonhard Rüben vgl. Kramer, H.: Abt Leonhard Rüben, in: Westfälische Zeitschrift 103/104 (1954); Schmalor, H.-I: Die Abdinghofer Bibliothek unter Abt Leonhard Rüben und das Paderbomer Buchgewerbe um 1600. Westfälische Zeitschrift 129 (1979), S. 193- 246 (Teile dieses Aufsatzes liegen in überarbeiteter Form den hier abgedruckten Ausführungen zugrunde.) 2 Zu Abdinghof vgl. Honselmann, K., u. Sagebiel, M., in: Westfälisches Klosterbuch (Hrsg. vonK. Hengst). Teil 2. Münster 1994, S. 205-215. 3 Die Tätigkeit Rubens in Paderborn als Jesuit beschreibt auch J. Sander in seiner "Historia Collegii S.J. Päd. ab anno 1580 ad annum 1659" (Archiv des Paderborner Studienfonds, Pa 43, S. 9fr.) 47 Hermann-Josef Schmalor einem unruhigen Leben in Livland, Siebenbürgen, Wien und Olmütz trat er 1596 in Köln in den Benediktinerorden ein, zwei Jahre später wurde er zum Abt des Paderborner Abdinghofklosters gewählt. Sein Vorgänger Jodokus Rosa war in dieser schweren Zeit dem Amt nicht mehr gewachsen gewesen und hatte resigniert. Seit 1602 war Rüben auch Präsident der Bursfelder Kongregation 4 . Er starb am 16. Oktober 1609. Seine Paderborner Amtstzeit fallt damit in die erste Hälfte des Wirkens von Matthäus Pontanus als Buchdrucker in Paderborn. Während seiner Amtszeit hatte der Abdinghofer Abt ein sehr detailliertes Rechnungsbuch geführt, in das er alle Einnahmen und Ausgaben des Klosters eintrug und zuweilen darüber hinaus noch einige Bemerkungen zu den finanziellen Transaktionen notierte 5 . Um bei den damaligen äußerst komplizierten Währungsverhältnissen die Preise 6 in den folgenden Ausführungen besser verstehen zu können, seien sie hier kurz erläutert: Grundrecheneinheit ist der Reichstaler (Thalerus imperialis), der in 21 Schillinge (Solidi) unterteilt wird, auch "Paderborner" oder "schwere" Schillinge genannt 7 . Ein Schilling gilt 12 Pfennige (Denarii). Eine in Paderborn offensichtlich weniger übliche und sehr uneinheitliche Unterteilung des Talers in Groschen (Grossi), von denen in manchen Fällen 36 (Mariengroschen, Grossi mariales), in anderen Fällen 24 oder 26 auf einen Taler gehen, wurde von Rüben verschiedentlich angewandt. Daneben erscheinen im Rechnungsbuch vereinzelt auch Königstaler (Thaleri regii), Orten (Orthones) und Rosenobel als Zahlungsmittel. Der Wert für Köl- 4 Bereits seit 1597 war er Sekretär des Generalkapitels und verfaßte die Kapitelsrezese. (Volk, P. Die Generalkapitelsrezesse der Bursfelder Kongregation. Bd. 2: 1531-1663. Siegburg 1957, S. 262-270.) 5 Codex Acceptorum et Expositorum D. Leonardi Abbatis ab anno 1598 usque in annum 1607 (Archiv des Paderborner Studienfonds, Pa 39. - Der vierte Teil, der "Liber expositorum", hat eine eigene Blattzählung). Entgegen der Angabe im Titel reichen die Aufzeichnungen bis Michaelis 1608 (nicht 1607). Eine eingehende Beschreibung dieser Handschrift liegt vor bei Prinz, J.: Das Archiv des Paderborner Studienfonds. T.3: Handschriften. Münster 1960, S. 125f. 6 Zum Vergleich seien hier einige damals übliche Preise, die in Rubens Rechnungsbuch stehen, genannt: 1 Ochse = 12 1/2 Taler, 1 Schaf = 1 1/2 Taler, 1/2 Pfund Siegelwachs = 6 Schillinge, 1 Pfund Pfeffer = 26 Schillinge, 1 Brille = 1 Taler 7 Schillinge, 6 1/2 Pfund Olivenöl = 1 Taler, 1 Pfund Kabeljau = 9 Pfennige. 7 Die Bezeichnung "schwerer Schilling" ist nicht einleuchtend, da im Gegensatz zu den Paderborner Währungsverhältnissen sonst nur 20 Schillinge auf einen Taler gehen. 48 Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus hi z» fac -BiBLtoTMECfi £rx£ UTffW&A- QCTvlii -=J- C-rm ui'hUi *J' //m/ ~-(f-j>Jun/,nf&*J /**Uftf '/)tr//.jrtß' f tomffpji/ ,^~ i C ~^&f * /r ijr/s»S- c~*isfi/ ftn* r~***_ - tjjJ 1/ <7 - . ~i „ . ~ ~ ~. . . . . > J*jj» ~*£u - > — J fr tjtt/n Jil O Bon&si* & /»tat Jif*2&S 4 fr ijr/s»S- c»*rrf; mT j> i -*£r*i ■ y**z4r cjCs+i "2 <^i* ■ cäSuntf 7~i>"»»b x «/yj' CvnSmjh.-ri/tS -tv*,. t e* z r fi&/yßi/* -, a j**iefa Jfi*4»"~4£ cS-y^at^'. Ttf Ut'i (p'r/f--- /*>/iji^il-iti/i* j^^y,fj^ 1. •jvtünh *lJlr*jj iX.1t/iJ. Z !~^kti*iäL»u~9 #1 y "___ ft-iiriv fmpS'* V <" b*r»*t /«V :v •/fn/«v.."/ J^'^f T- -1 o 'S ' <' mu£V*St**t futfiZA (fjtUu n> f"' 1 * "f*-- •».-Tf.mrf-.-6 Uifl Ul l>*l'4ß hvm Cf«»>4' , r -r I l„ r U/ud~ Mi/f Jfiuivt'f - 7 ?i *I — J 2 1 "i ji II •\ 1 "i 5 .1 «T" '■x. y — 4- /tf f-i "X. '— 05 2 ? <5 J t er t> *~ % ? y H J ^- -h - f j s /' M -f i • 7 <^ *• . 4 4 , iT A Abb. 1: Eine Seite aus dem Rechnungsbuch Leonhard Rubens; oben die Eintragung vom 9.10.1606 mit dem Kaufvermerk über die von Pontanus gedruckten Titel. 49 Hermann-Josef Schmalor ner Taler und Frankfurter Gulden war so unterschiedlich, daß Rüben jeweils den gültigen Umrechnungskurs angibt. Neben den finanziellen Verhältnissen geben diese Aufzeichnungen auch ein einmaliges Bild vom Paderborner Buchgewerbe der damaligen Zeit, enthalten sie doch auch die Ausgaben "für die Bibliothek, Bücher, Papier, Tinte, Pergament, Wachs und Siegel" 8 . Hierdurch wissen wir außerdem überhaupt erst etwas über den ersten nachweisbaren gewerblichen Paderborner Buchbinder Matthias Dorbecker, bei dem Rüben viele der erworbenen Werke binden ließ 9 , über die Geschäfte die Rüben mit den Buchhändlern trieb, die Bücherpreise und Transportkosten, die Bindekosten, Widmungsgelder, Kosten für Pergament und Kleinmaterial, in einzelnen Fällen sind auch Notizen über die Verwendung der Bücher außerhalb der Bibliothek zu finden. Im Zusammenhang mit der Druckerei des Pontanus ist besonders beachtenswert eine Liste von Büchern, die Rüben am 9. Oktober 1606 bei Pontanus kaufte und bezahlte. Von diesen Büchern bemerkt Rüben, daß Pontanus sie gedruckt habe. Es handelt sich um 15 Titel, von denen einige noch heute existieren, andere aber auch verschollen sind. Die Bücher kosteten zwischen 2 und 20 Pfennige, insgesamt zahlte Rüben für alle zusammen 1/2 Taler, 2 Schillinge und 11 1/2 Pfennige 10 . Weiterhin erfahren wir aus den Aufzeichnungen Rubens, daß Pontanus neben der Druckerei und dem Buchhandel auch einen offensichtlich einträglichen Weinhandel betrieb. Im September 1607 lieferte er dem Abding- 8 In den Aufzeichnungen der Ausgaben nimmt der die Bibliothek und die literarischen Belange betreffende Titel, meist mit der Nummer XXI, einen nicht unerheblichen Teil in Anspruch. 9 Schmalor (wie Anm. 1), S. 227f. Dorbecker war nachweislich von 1591 bis 1613 als gewerblicher Buchbinder in Paderborn tätig. - Buchbinder hatten in der damaligen Zeit noch eine andere Bedeutung als heute. Normalerweise wurden die Bücher ungebunden in Rohbögen gehandelt; der Käufer mußte dann dafür sorgen, daß diese Bögen gebunden wurden. So haben in buchbinderischer Hinsicht die damaligen Bücher eine jeweils sehr eigenständige Prägung. 10 Pa 39 (wie Anm. 5) Eintragung vom 9. Oktober 1606: "Eodem die (i.e. 9. Oktober 1606) accepi a pontano & solui sequentes a se impressos: catechismum parvum pro 2 den[ariis] (Pfennig), eundem cum cantu 2 den, cantiones in aduentu 2 1/2 den, psalmos ... 16 den, Euangelia 16 den, zungen zaum 5 den, Widerkerung der verfurten Christen 16 den, Weg zum Himmel 16 den, Widerlegung der Hussiten 17 1/2 den, conversio Wicharti 2 den, passional buch 5 den, weiber trost 9 1/2 den, Flagellum Iudaeorum 10 den, Selen Kraut- gartlin 17 den, Wegweiser zum himmel 14 den; facit 21 gros[sos] (Groschen) 2 1/2 den = 1/2 (Thaleri/Taler) 2 (Solidi/Schillinge) 11 1/2 (Denarii/Pfennige)" 50 Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus hofkloster 11 1/2 Ohm (also rund 17 Hektoliter) Wein für 117 Taler"; bereits ein Jahr zuvor hatte Pontanus dem Kloster 6 Nürnberger Kuchen geliefert 12 . Auch mit Tuchen handelte Pontanus. So besorgte er dem neuen Abt Rüben bereits 1598 den Stoff für die Absgewänder 13 . Für unsere Zwecke aber sehr aufschlußreich sind einige Notizen über die Veröffentlichung der Werke Rubens durch den Drucker Pontanus. Diese Bemerkungen sollen im folgenden näher dargestellt und untersucht werden, zumal dadurch ein einigermaßen gutes Bild über die damaligen Usancen des Druckgewerbes speziell in der Werkstatt des Pontanus gezeichnet werden kann. Für den schriftstellerisch tätigen Abt Rüben war die Anwesenheit des Pontanus in Paderborn ein besonderer Glücksfall. Die Geschäftsbeziehungen gestalteten sich durch die räumliche Nähe und die Verbindungen des Pontanus zum damaligen Buchhandel, insbesondere auch zur Frankfurter Messe 14 , sehr erff eulich und eröffneten auch eine Perspektive für den Vertrieb seiner Werke, wie der Abt es sich wünschte. Rubens Werke, die in Paderborn entstanden, wurden bis auf eine Ausnahme 15 alle bei Pontanus gedruckt; und Rüben war auch bereit, hohe Druckkostenzuschüsse zu investieren, die durch den Verkauf zwar nicht gedeckt werden konnten, jedoch eine "Hochachtung" für Kloster und Orden einbrachten 16 , wie Rüben nicht gerade bescheiden in seinem Rechnungsbuch vermerkt. 11 Pa 39 (wie Anm. 5), Lib. exp., Bl. 140v. 12 Pa 39 (wie Anm. 5), Lib. exp., Bl. 120v. 13 Pa 39 (wie Anm. 5), Lib. exp., Bl. 32r. 14 Von 1601 bis 1620 taucht der Name des Pontanus in den Frankfurter Meßkatalogen fast regelmäßig auf (außer 1603, 1604 und 1606) (vgl. Schwetschke, G.: Codex nundinarius Germaniae literatae bisecularis. Halle 1850). 15 Breviarium Bursfeldense. Mainz: Rivius 1607. - Das Brevier der Bursfelder Kongregation, das maßgeblich von deren Präsidenten Rüben gestaltet wurde, hatte für die Folgezeit wenig Bedeutung, da wegen des sehr schlechten Druckes schon bald das Brevier der St. Galler Benediktinerkongregation, das auch die römische Approbation erhalten hatte, auch für die Klöster im nördlichen Deutschland eingeführt wurde (vgl. Schmalor, wie Anm. 1, S. 242-244). 16 "... aestimatio, quae monasterio et ordinis comparata est ..." (Pa 39, wie Anm. 5, Lib. exp., Bl. 54r). 51 Hermann-Josef Schmalor 7^4Hfr ß*-'*o6 4- TKtVEAEUPI VoMtMl {zo „ +rB ~ 9S--rvSoW&lA PJAAD1 IKvi&Vl SssZW&BWX'jJSz. iah/ C2Ä1W 0 ££mj;$zÄf Abb. 2: Titelblatt des Manuskripts von De falsis Prophetis von 1600. 52 Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus REVERENDI DOM. D. LEONARDI RVBENt SS. THEOLO* Gl AEILIGENTI ATI ABB ATIS ordtnis D. Ben e p rc t i Mo- nafterijSanftorum Afjoftolorum Pctri& Pauli AbdinckhoueriHs, in ciuitate Padibornenfi, L 1 B E 7{ Defalfis'Prophetis&iüpis tapacibus* P ADI BORN AE, Ex typis & officinä Matthxi Pontani. isfNI^O D. DC. Abb. 3: Titelblatt des Druckes von De falsis Prophetis von Hermann-Josef Schmalor 1. Das Buch über die falschen Propheten - 1600 (Uber de falsis prophetis) Die erste Schrift, die Rüben als Abt des Abdinghofklosters veröffentlichte, war der Liber de falsis prophetis et lupis rapacibus, der zu Beginn des Jahres 1600 von Pontanus gedruckt wurde. Dieses Werk wird zu Recht als das bedeutendste angesehen, das Rüben bekannt gemacht hat 17 . Es ist dem Paderborner Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg gewidmet. Im Vorwort nennt Rüben den Anlaß der Veröffentlichung: die Sorge um den in Sünde gefallenen Menschen und die Warnung vor den Propheten des Teufels. Jedoch ist für unsere Zwecke die inhaltliche Seite weniger interessant als der finanzielle Aspekt, die Frage nach der Verwendung der Exemplare und die illustratorische Ausstattung. Am 1. Januar 1600 schloß Rüben seine Vorrede an den Fürstbischof ab, am 1. April trug er die Rechnung für 100 Exemplare in sein Rechnungsbuch ein. In der Zwischenzeit wurde das Werk von Pontanus und seinem Gehilfen gesetzt und gedruckt. Es handelte sich um 28 Bogen, also 448 Seiten im Oktavformat. Für 100 Stück erhielt Pontanus von Rüben 16 Taler und 24 Groschen, 6 Groschen für jedes Stück 18 . Sein Gehilfe bekam einen halben Taler Trinkgeld, einen weiteren Taler erhielt ein P. Matthias für das Korrigieren 19 . Zu diesen gekauften 100 Exemplaren schenkte Pontanus dem Abt später noch 30 hinzu 20 . Im Laufe der Zeit kaufte Rüben dann noch 25 weitere Exemplare und zahlte dabei für jedes Exemplar ebenfalls 6 Groschen. Eine erste Lieferung von 19 Exemplaren war bereits am 25. März fertig, der Rest folgte Anfang April. Ein Teil der 100 gekauften Exemplare wurde von Matthias Dor- becker 21 gleich gebunden, und zwar wurden 12 Exemplare mit Gold versehen und kosteten fast 3 Taler, für 36 Pergamentexemplare bezahlte Rüben fast 17 Kramer (wie Anm. 1), S. 306. 18 Pa 39 (wie Anm. 5), Lib. exp., Bl. 54r: "Pro 100 exemplaribus libromm meorum de falsis prophetis solui M. Mattheo Pontano Typographo: pro quovis 6 grossos, facit summa 16 Thal, 24 grossos." 19 Ebd. Dieser P. Matthias kann durchaus ein Konventsmitglied gewesen sein, denn Rüben zahlte auch an seine Mitbriider Honorare, wie aus anderen Stellen hervorgeht. 20 Ebd.: „Superaddidit... Typographus postmodum dono adhuc 30 exemplaria." 21 Vgl. oben Anm. 7 54 Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus 3 l *. t.l j ' Mn- A^tf "t dZynjfc (Cf a**2ui( g fpiP' I_y-Jf>'/• uJJ*£JilfMT fyl/jniüT -yS. u/ttf- j?- Jt*, ~. 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Für rund 120 Ellen feines Leinengewebe (filum byssinum), das auch noch für die Bücher gebraucht wurde (die genaue Verwendung ist nicht bekannt), mußte er 4 Taler geben. Alles in allem kostete dem Kloster die Veröffentlichung und der Kauf der Druckstücke mit Einbänden 48 Taler. Bei dieser Summe machten die Preise für die fertigen Druckbögen nur etwa ein Drittel aus, so daß die äußere Ausstattung weit teurer war als der Druck und das Papier. Wie die Zahlen oben zeigen, war bereits ein Pergamenteinband fast so teuer wie die Rohbögen eines gedruckten Exemplars, ein Einband mit Goldschmuck, von denen Rüben mindestens 15 herstellen ließ, kostete mit 10 Schillingen dreimal soviel wie ein Pergamenteinband. Einen Teil der Bücher mit dem kostbaren Einband erhielt der Fürstbischof, dem Rüben das Werk gewidmet hatte. Bischof Dietrich war von dieser Widmung sehr angetan, denn er zeigte sich mit seiner Dedikationsgabe äußerst großzügig. Sein Geschenk erfüllte Rüben mit Stolz, denn er trug in sein Rechnungsbuch ein: Der Fürst selbst habe ihm einen goldenen Becher im Wert von 40 Talern geschenkt, als er ihm die Bücher übergeben habe, und er (der Fürst) habe diesen Becher auf Rubens Wohl als erster geleert 23 . Dabei ist der letzte Halbsatz durch Unterstreichung noch hervorgehoben. Die übrigen Exemplare wurden an bedeutende Männer in Paderborn und dem umliegenden Gebiet verteilt und an auswärtige Benediktinerklöster geschickt. Eine weitere gute Gelegenheit, die Schriften den Klöstern bekannt zu machen, bot das vom 3. bis 5. September 1600 im Paderborner Abdinghofkloster stattfindende Generalkapitel der Bursfelder Kongregation. Bemerkenswert ist die Art und Weise, wie sich die Beschenkten revanchierten: Neben verschiedenen Gegengaben erhielt Rüben auch Hammel, Schafe und Lämmer, insgesamt 40 Tiere für die Übersendung der Bücher 24 . Damit sei, schreibt Rüben, ebensoviel in das Kloster wieder hereingeflossen, wie es für die einzelnen Stücke mit Einbänden habe aufwenden müssen. 22 "pro compactura 12 in auro" (3 Taler); "36 in pergameno" (5 Taler). Pa 39, wie Anm. 5, Lib. exp.,Bl. 54r. 23 "Reverendissimus ipse princeps donavit poculum aureum 40 Thalerorum imperialium, cum i 11 i libros offerem, et totum pro mea salute ebibit prius. " (Ebd.) 24 "Alii donarunt varia, maxime verveces, oves et agnos, pene 40 in Universum, ut in indice ovium cellerarii..." (Ebd.) 56 Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus Abb. 5: Kupferstich aus De falsis Prophetis mit dem Wappen und den Insignien des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg, dem Rüben das Werk gewidmet hatte. Hermann-Josef Schmalor Rubens Uber de falsis prophetis enthält zwei Kupferstiche. Der eine befindet sich auf der Rückseite der kirchlichen Druckerlaubnis. Er zeigt Wappen und Insignien des Fürstbischofs. Dieser Stich wurde jedoch nicht in alle Exemplare gedruckt. Entweder wurde aus Kostengründen auf den in der Kupferstichtechnik begründeten zweiten Druckgang verzichtet - zumal der Stich ohnehin beim ersten Augenschein kaum auffällt -, oder er wurde vergessen 25 . Der andere Kupferstich befindet sich auf der Titelseite, 50 mm hoch und 40 mm breit. Die beiden Apostel Petrus und Paulus sind stehend auf beiden Seiten des Abdinghofer Wappens abgebildet. Um den Rand herum läuft eine Schrift "S. Petrus et Paulus Patroni Monasterii Abdinghovensis Ordinis Divi Bene- dicti Padibornensis". Die formale Gestaltung des Titelblattes mit einem solchen Kupferstich hat Rüben ganz offensichtlich von der Kölner Ausgabe seiner Schrift De idololatria aus dem Jahre 1597 übernommen. Hier ist auf dem Titelblatt das Emblem des Kölner Klosters Groß-St.-Martin eingedruckt, zu dessen Konvent Rüben zur Zeit Veröffentlichung gehörte. Über die Entstehung des Paderborner Kupferstichs gibt Rüben in seinem Rechnungsbuch eine interessante Information. Unter dem 10. Dezember 1599 schreibt er, er habe dem Johannes Smid für den Kupferstich der heiligen Petrus und Paulus mit den Insignien des Klosters, der dem Buch über die falschen Propheten vorangestellt sei, 2 Taler, 2 Schillinge und 4 Pfennige bezahlt. 26 Johannes Schmidt (Smid) war also ein Paderborner Kupferstecher, über den keine weiteren Nachrichten bekannt sind. Auch Rohrbach nennt in seiner Paderborner Bürgerliste lediglich diesen Namen und dazu das Jahr 1600 27 . Ob Schmidt das Bild nur gestochen oder auch am Entwurf mitgewirkt hat, geht aus Rubens Notiz nicht hervor. Thieme und Becker kennen keinen Johannes Schmidt (auch nicht in der latinisierten Namensform), der zeitlich und räumlich in den von Rüben gegebenen Rahmen paßt. Es kann daher an dieser Stelle nur auf 25 Von den beiden in der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek noch vorhandenen Exemplaren findet sich der Stich (77 mm hoch und 58 mm breit) nur in einem vor. 26 "Ioanni smid pro imagine sanctorum petri et pauli sculpta in aere cum insigniis Monasterii, quae praefixa sunt libro nostro de falsis prophetis aedito 2(Taler) 2(Schillinge) 4(Pfennige)." Pa 39 (wie Anm. 5), Lib. exp., Bl. 48r. 27 Rohrbach, J.: Paderborner Bürgerliste, in: Beiträge zur Westfälischen Familienforschung 1 (1938), S. 133. - Ob der Kupferstecher und der hier genannte Paderbomer Bürger tatsächlich identisch sind, läßt sich letztlich nicht beweisen. 58 Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus einen Paderborner Künstler hingewiesen werden, der das Kupferstecherhandwerk betrieb und den Rüben für seine erste Publikation in Paderborn bei dem Drucker Pontanus als Illustrator in Anspruch nahm. 2. Die Verteidigungsschrift -1601 (Apologia libri de falsis prophetis) Rubens Schrift über die falschen Propheten hatte einiges Aufsehen erregt, besonders beim Bürgermeister von Rostock, Heinrich Stallmeister, der aus Paderborn stammte und dort viele Freunde hatte. Er veranlaßte einen Theologieprofessor der Rostocker Universtität, Gottfried Florinus, das Ruben'sche Werk zu widerlegen. Es entstand das Tyrocinium velitatorium, das 1601 bei Christoph Reusner in Rostock erschien und dem Abdinghofer Abt allerhand wenig schmeichelhafte Eigenschaften unterstellte 28 . Diese Gegenschrift blieb nicht unbeantwortet. Noch im gleichen Jahr druckte Pontanus die Apologia libri de falsis prophetis, von der Rüben 200 Exemplare für rund 14 1/2 Taler erwarb, die er "unter die Mitbrüder und guten Freunde" verteilte 29 . Das ist eigentlich schon alles, was Rüben zur Veröffentlichung dieser Schrift sagt. Seine Aufzeichnungen geben an anderer Stelle - nicht beim Bibliothekstitel, sondern bei der Aufzeichnung der Personalkosten - jedoch einen interessanten Hinweis auf die Verfasserschaft der Apologie. Bisher wurde selbstverständlich angenommen, diese Schrift stamme von Theodor Moller von Hagen, der auf dem Titelblatt als Verfasser genannt wird. Kramer begründet die Tatsache, daß sehr viele Einzelheiten aus Rubens Leben verarbeitet wurden, damit, daß Moller ein Vertrauter Rubens gewesen sei und solche Einzelheiten habe wissen können 30 . Folgende Notiz Rubens zeigt jedoch, daß der Abt selbst der Verfasser ist: "[Ich zahlte] dem Theodor von Hagen bezüglich der Apologie, die unter seinem Namen herausgegeben wurde und zum Neid der anderen beitragen sollte, die aber dennoch von mir selbst zusammengestellt wurde, 28 Dazu vgl. Kramer (wie Anm. 1), S. 314f. - Ein Exemplar dieser Schrift ist in der Universitätsbibliothek Rostock noch vorhanden, in der Akademischen Bibliothek befindet sich davon ein Mikrofilm. 29 Pa 39 (wie Anm. 5), Lib. exp., Bl. 65v. 30 Kramer (wie Anm. 1), S. 318. 59 Hermann-Josef Schmalor t /bofop'A h St» 4 fyM f & fy u Y* = /duf /L-J)- ^v^AvJi' /CwXvw /tUrt^it fiyjt'nfjt£i/**n fU Qj/rrZA —pyit>fi'»i'u/» ueC^UUum a/ij&r/n—" A fen'Jzpn'Jt' p/ai,'^,- in srfiy/a. -j-fa&^i'/iL p>0/£ßt*fi yfuf^-u -rf-uJviv -/VLe/lC^y «,/ /fapn s^rm/Zwli^^f. jrhi- & V*uU' utJf* ßll,„fK^ß »> Cih'^Cty«£ ßflrurtß' * J'tnrUl'Jjf' lE/lBMiye- v/il- ^jfiu/mt/b d'nkj Jyütoty w Ju**tr£j ttX Somit,' t/£y> »KHjLn'»>» JJUrA^i 4/?1 ßowJE 7y/>i vßtti»*. MAr*§y j>o/it*j>i A7»>* M ■ Abb. 6: Handschriftliche Druckvorlage mit Erscheinungsvermerk für die Apologie 1601. 60 Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus A P Ö L O G I A LIBRI DE JFALSTS PJtOPHE- TI S ET LVPIS RAPACI- BVS R. D. LEOMÄRDt RV. bcni Abbatis Abdinckhoucnfis. Co tt T K A TrROClNirjlt FELlTAtOXL mm & Aitfcrt)wr#, vtlnuijU aßntnwn,-Cjodefridt Fitrtnt, in Schola Thettugicü Rojtoi ihtenß. tsfVCTORE THEO D O R ö MOLLE RÖ, AB Hagen, eidem Moriä'frerio SS, Petri 8c Pauli vulgo Abdinkhoffdtäi in Ciuttate PadU bornenli ä fcruitijs. Ievemiae vi li. veMü8. QuomoJo Jicitü Sifientts rus-fumuijek Domini nohifcii e ff f Vtri ttittliidim operatm eff ftyluf mendäx fcrihtrmn. Cvtfzfi patptfienttt, ptrterriti & etfti fimt: Ytrhwm tum DominiproiecrruntyCf fifientU nuüi etl M tu. Cum licentta Supcrtoris. P A D 1$ O R tiiA. Ex tjpit & oßciti* t&Ctttbdi PontiaL 2**- M. PCI. Abb. 7: Titelblatt der von Pontanus gedruckten Apologie. Hermann-Josef Schmalor 3 Königstaler." 31 Rüben hielt es wohl für unpassend sich unter seinem eigenen Namen öffentlich selber so überschwänglich zu loben, wie das in der Apologie geschieht. Neben den 200 erwähnten Exemplaren kaufte Rüben später noch einige Stüke der Apologie nach, interessanterweise auch drei Exemplare vom Buchbinder Matthias Dorbecker, gleich gebundenen und mit Goldschmuck versehen 32 . 3. Aurea gemma Christianorum - 1604 Nachdem Rüben seinen Thesaurus biblicus 33 fertiggestellt hatte, sich dieser aber für einen Druck als zu umfangreich und zu teuer erwies, zog er alle Stellen heraus, die sich auf Christus beziehen und stellte damit die Aurea gemma Christianorum zusammen. Das Buch war gedacht für Pfarrer und Prediger, denen es in der Seelsorge behilflich sein sollte 34 . Im September 1604 rechnete Rüben mit Pontanus die Unkosten ab. Anders als bei seiner Schrift über die falschen Propheten scheint Rüben in diesem Fall die gesamte Auflage von 290 Exemplaren für 1/4 Taler pro Stück gekauft zu haben. Das läßt sowohl der Wortlaut der Eintragung 35 wie auch die Tatsache vermuten, daß nach Verteilung der Schriften noch 51 Restexemplare übrigblieben, die im Kloster gelagert werden mußten. Zu diesen 51 Restexemplaren gingen noch weitere 20 voll zu Lasten des Klosters, die Rüben innerhalb des Konvents großzügig verteilte. Nur 60 Exemplare konnten an verschiedene Klöster gegen Geld abgegeben werden für durchschnittlich 6 Schillinge pro Stück, also etwas teurer als zum Selbstkostenpreis. So gingen in das Kloster nach Gera 14 Exemplare für 4 Taler, nach Liesborn 10 Exemplare für 3 Taler, nach Mari- 31 "(Sc. Dedi) Theodoro ab Hagen ratione apologiae suo nomine aeditae ad invidiam aliorum ferendam a me tarnen compositae 3 Regios." Pa 39 (wie Anm. 5), Lib. exp., Bl. 77v. 32 Ebd. Bl. 79r. 33 Archiv des Paderborner Studienfonds, Handschrift Ba 41. 34 Zum Inhalt vgl. auch Kramer (wie Anm. 1), S. 323. 35 "Accepi a Typographo pontano 290 exemplaria quodlibet omnibus aliis sumptibus et expensis computatis valet 1/4 Thal., faciunt 72 1/2 Thaleri." Pa 39 (wie Anm. 5), Lib. exp., Bl. 99r. - Mit den "aliis sumptibus et expensis" könnten Bindekosten gemeint sein, da sonst keine Ausgaben für die Einbände aufgeführt werden. 62 Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus C AVREA GEMMA CHRI- f 17 STIANORV Mi DIVINITATIS ET HVMANITATIS IESV CHRISTI FIGVRAS, PROPHE- tias, & Euangelicas vcritate&librisfeptern ~ continens. OPVS OMN.IBVS CHRlSTIAtflS/ET jjrzcipuc Concionatoribu3fvtilifsimum. ß: : : tritk^ rJ- ('■ J- neAM' Ci ^. f}\ Jjjr - > ■ f'f r . i *" v** v. •■ ^ C^" Päd ibornae» ExTypis& Officina MatthatiPontanL %SM. DC. Fit. Abb. 11: Titelblatt der Paraenesis, der Ermahnung an die Benediktineräbte in Venedig von 1607. 71 Hermann-Josef Schmalor hat 56 . Die Tatsache, daß die Drucke an hohe kirchliche Würdenträger gelangen sollten, veranlaßte Pontanus offensichtlich, sich besonders anzustrengen. Die Bücher zeichnen sich durch gutes, helles Papier und klaren, regelmäßigen Druck aus, der insbesondre durch genaues Registerhalten (die Satzspiegel auf den Vorder- und Rückseiten müssen genau übereinander liegen) in weiten Teilen des Buches erreicht wurde. Die Druckqualität wurde gegenüber den früheren Drucken, besonders gegenüber Rubens selbstverlegtem Werk, der Lingua aurea, deutlich gesteigert. 6. Sonstige Werke von Rüben, die Pontanus gedruckt haben soll In der Bibliotheca classica von Georg Draudius 57 tauchen außer den soeben behandelten Werken von Leonhard Rüben noch weitere Titel auf. Zum Jahr 1599 soll demnach bereits eine Ausgabe des Liber de falsis Prophetis erschienen sein. Diese Ausgabe gibt es sicher nicht 58 . Auch nennt Draudius von der Lingua aurea Christianorum neben den Ausgaben von 1606 und 1608 noch eine weitere von 1609. In Rubens Rechnungsbuch findet sich jedoch auf eine solche Publikation keinerlei Hinweis. Weiterhin nennt Draudius zwei heute als Druck nicht mehr vorhandene Werke Rubens: den Gloriosus Triumphus Christi de Judaeis..., Paderborn 1604 59 , und ein Werk mit dem Titel De divina vocatione libri 3, onmibus Christianis, imprimis religiosis pernecessarii, Paderborn 1607 60 . Das erste Werk ist völlig verschollen, von dem zweiten gibt es jedoch noch das Manuskript, das Rüben offensichtlich für den Druck vorbereitet hatte 61 , mit Titelblatt, Widmungsrede und einem sauber geschriebenen Index. Es ist jedoch 56 Vgl. Kramer (wie Anm. 1, S. 329). Kramer schreibt hier auch, es sei ungewiß, "ob die Schrift Rubens einen Einfluß auf die Haltung der venetianischen Prälaten ausgeübt hat". Die Schrift konnte jedoch keinen Einfluß mehr nehmen, da sie erst im April 1607 fertig wurde, gleichzeitig mit der Schlichtung des Streites. 57 Draud[ius], Georg: Biblitheca classica sive Catalogus officinalis... (in 2 Teilen). Frankfurt a. Main 1625. 58 Vgl. Schmalor (wie Anm. 1), S. 236f. 59 Draudius (wie Anm. 56), S. 350. 60 Ebd. S. 647. 61 Archiv des Paderborner Studoenfonds, Hs. Ba 32. 72 Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus De, Divina yoca^ TSTIONL LIBRITRE5 £UOlu/n S dßif dz triu/fi'ß>6't Uencifiow i/ru/ia c3(^ucm do ad JOi^r» utj/Tzn^rrt noS £dJ?W ch£*rm*J' U T14i* acsxAentf» <>6~. Ji t4»A f /r ' ' y ^lVCTORE . K V- \$MaiIo %uhriQ Bmzdr'ffjno ss-ii/?-- X*i Abb. 12: Handschriftliches Titelblatt der von Rüben offensichtlich schon für den Druck vorbereiteten Schrift De divina vocatione. 73 Hermann-Josef Schmalor sehr fraglich, ob diese beiden letztgenannten Werke von Rüben überhaupt gedruckt worden sind. Draudius hatte seine Bibliotheca nach den Meßkatalogen aus Frankfurt zusammengestellt 62 , in denen durchaus auch Bücher auftauchen, die zunächst nur angekündigt, aber dann doch nicht gedruckt worden sind. Ein weiteres Indiz dafür, daß Pontanus die heute nur noch durch Draudius bekannten Bücher gar nicht gedruckt hat, ist auch die Tatsache, daß im Rechnungsbuch von Rüben kein Wort davon erwähnt wird, was zu erwarten wäre, wenn er tatsächlich Pontanus mit einem Druck beauftragt hätte. Wie oben bereits deutlich geworden ist, hat Rüben mit einer fast pedantischen Exaktheit alle finanziellen Vorgänge notiert. Es ist kaum vorstellbar, daß solch aufwendige Unternehmungen wie der Druck eines Buches gar keinen Niederschlag in einem Rechnungsbuch gefunden hätten. Schluß Zum Schluß sei noch darauf hingewiesen, daß Abt Leonhard Rüben nicht nur auf dem Gebiet der Buchproduktion mit dem Drucker Pontanus zusammenarbeitete, sondern von ihm auch die meisten Bücher für die Abdinghofer Bibliothek kaufte, nämlich 353 von ingesamt 875 Bänden, die er während seiner Amtszeit angeschafft hatte 63 . Rüben sicherte also zumindest teilweise mit seinen Druck- und Lieferaufträgen die wirtschaftliche Basis der Pontanus- Werkstatt; Pontanus seinerseits war für Rüben der ideale Partner für die Publikation der eigenen Schriften ebenso wie der Buchlieferant für die Klosterbibliothek, vor allem mit seinen Verbindungen zur Frankfurter Messe. So führte gerade die Zusammenarbeit von Abt Rüben und Matthäus Pontanus, also von Autor und Drucker, von Bibliothekar und Buchhändler zu Beginn des 17. Jahrhunderts das Paderborner Buchwesen zu einer Blüte, wie sie auf lange Zeit hinaus nicht mehr erreicht wurde. 62 Vgl. Heischmann, G.: Draud (Draudius), Georg, in: Lexikon des gesamten Buchwesens, 2. Aufl., Bd. 2(1989), S. 353f. 63 Schmalor (wie Anm. 1), S. 229. 74 Abt Leonhard Rüben und Matthäus Pontanus PADIBORNA, ExOfficina Matthsei Pontani« 1607, Abb. 13 .: Druckermarke des Matthäus Pontanus am Ende seiner Paraenesis.