Sonder-Ab druck aus der Zeitschrift des Oesterreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines 1898, Nr. 35 u. 36. Beitrag zur Geschichte der Bruckluftgründung, insbesondere ihre Anwendung heim Bau der Eisenbahnbriicke üher den Rhein nächst Kehl (1859),*) Von A. Schmoll t. Eisemverth. Mit Vorträgen und Aufsätzen über pneumatische Fundirun- gen im Allgemeinen und über das beim Bau der ersten Kehler Rheinbrücke angewendete Druckluftverfahren im Besonderen ist die bautechnische Welt so reichlich bedacht worden, dass man glauben könnte, diese Themata seien erschöpft und den diesbezüglichen Veröffentlichungen sei nichts mehr hinzuzufügen. Bedauerlicher Weise leiden viele dieser Veröffentlichungen an Unge- nauigkeiten oder an der Wiedergabe von unzutreffenden Urtheilen, gefällt zum Theil durch Berichterstatter, die die betreffende Sache nicht selbst durchlebt, sondern nur flüchtig oder von einem ungünstigen Gesichtspunkte aus gesehen haben. Ich würde mich kaum dazu entschlossen haben, zu dem vielbesprochenen Gegenstande einen geschichtlichen Beitrag zu liefern, wenn mir nicht durch eine vor Jahren in dieser Zeitschrift erschienene übersichtliche Abhandlung über die „Entwicklung der pneumatischen Fundirungsmethode" dazu der Anstoß gegeben worden wäre.**) Dieser Abhandlung wende ich mich zunächst zu und erlaube mir, sie und die zu ihrer Bearbeitung als Unterlage benützten, den Bau der Kehler Eisenbahnbrücke behandelnden Werke durch folgende Bemerkungen theilweise zu ergänzen und richtig zu stellen. In der chronologischen Aufzählung derjenigen Männer, die sich während der vierzig Jahre von 1840 bis 1879 nm die Entwicklung der pneumatischen Fundirungsmethode, sei es im Bureau oder auf der Baustelle, besonders verdient gemacht haben, vermisse ich mehrere Namen. Ich bin der Meinung, dass dieselben umso mehr hätten erwähnt werden dürfen, als bei der Prioritätenvertheilung nicht nur die hervorragendsten, sondern auch minder wesentliche Unterscheidungsmerkmale zwischen den einzelnen Ausführungsmethoden berücksichtigt worden sind. Nur beispielsweise, und ohne dass ich damit die Liste als abgeschlossen betrachte, bringe ich hier einige solcher Namen in Erinnerung, deren Träger, wie mir scheint, an der Ausbildung der Druckluftgründungen mitgearbeitet haben, nämlich v. Weiler, H e r s e n t un,d L a i r. Der bactische Chef-Ingenieur v. Weiler in Heidelberg hat im Jahre 1852 für die Eisenbahnbrücke über den Rhein zwischen Mannheim und Ludwigshafen den Entwurf zu einem pneumatischen Gründungsverfahren ausgearbeitet. Dieses damals vorgeschlagene, aber nicht ausgeführte Gründungsverfahren hat mit dem im Jahre 1859 bei Kehl von Fleur Saint-Denis angewendeten eine gewisse Aehnlichkeit. H. H e r s e n t ist in der eingangs angeführten Abhandlung genannt, jedoch in Verbindung mit L a n g 1 o i s, wogegen verschiedene beachtenswerthe, derselben Epoche angehörige Neuerungen der alleinigen Initiative des, auch dem Oesterr. Ingenieur- und Architekten-Vereine sehr wohl bekannten H. Hersent (Paris) zu verdanken sind. Von diesen Neuerungen haben sich zwei meinem Gedächtnisse ganz besonders eingeprägt: Die Con- struction eines, seine sämmtlichen Betriebsmittel tragenden Taucher- *) Diesen Aufsatz hatte ich schon im Jahre 1880 in seinen Hauptumrissen fertig gestellt, aber zurückgelegt, ans Rücksichten, die unterdessen gegenstandslos geworden sind. **) „Entwicklung der pneumatischen Fundirungsmethode und Beschreibung der Pundirung der Elbebrücke bei Lauenburg" von E. Gaertner. Jahrgang XXXI (1879) der „Zeitschrift des Oesterr. Ingenieur- und Architekten-Vereines". kastens, und diejenige zweier mittels Schrauben luftdicht aufeinander befestigter Caissons. Beide Projecte stammen aus den Jahren 1865 und 1866. Der Taucherkasten — bedeutend größer als der im Jahre 1881 bei den Reparaturarbeiten am Sperrthor nächst Nussdorf-Wien in Thätigkeit gewesene — für die Ausführung diverser Arbeiten im Kriegshafen von Brest bestimmt, war daselbst in den Jahren 1878—-1880 bei Abtragung der submarinen Felsbank „La Rose" in Verwendung, *) Der zweistöckige Caisson, von 27"20 m Länge und 8/50 m Breite, kam 1867 in demselben Hafen bei Fundirung eines provisorischen Fangdammes zum Schutze einer Trockendock-Neuanlage zur Absenkung, u. zw. auf sehr unebenem, felsigem Untergrunde. Der untere, im Lichten 2 30 m hohe Caisson wurde nach beendigter Versenkung des Ganzen ausgemauert und verblieb als Thorschwelle in der Erde, wogegen der obere, unter Decke D80 m hohe Caisson nebst dem Fundirnngsmantel nach Vollendung des Trockendocks und nach Abtragung des auf ihm ruhenden, etwa 11 m hohen Theils des gemauerten Fangdammes von dem unteren getrennt und wieder gewonnen wurde. Der französische Bauführer L a i r hat bereits vor dem Jahre 1868 mehrere Gründungen von cy 1 in- d rischen Pfeilern mit vollkommen gemaue r- ten Fundamentkörpern ohne Blech hülle mit sehr leichter Schneide unter Anwendung des pneumatischen Verfahrens beim Bau einer Brücke über den Tet-Fluss auf der Eisenbahn von Narbonne nach Per- pignan ausgeführt. **) Vor näherem Eingehen auf den baugeschichtlichen Theil der Eisenbahnbriicke über den Rhein bei Kehl mag hier behufs richtiger Beurtheihmg meiner diesbezüglichen Ausführungen vorausgeschickt werden, dass ich damals als Bautechniker in Diensten der französischen Osteisenbahn-Gesellschaft stand und sowohl bei den Projectirungsarbeiten als auch bei der Ausführung des ge- sammten Brücken-Unterbaues mitzuwirken die Ehre hatte. Es war mir in Folge dessen und dadurch, dass mir alle erforderlichen Mittel und Behelfe stets zur Verfügung standen, die beste Gelegenheit geboten, die ganze Angelegenheit von Anbeginn an zu verfolgen, zu beobachten und sehr umfassende Daten darüber zu sammeln. Dank diesen günstigen Umständen und dem mir zu Gebote stehenden technischen Material bin ich in der Lage, manches aufzuklären. Trotzdem ich mir sehr wohl bewusst bin, dass ich der Welt damit nichts Neues bringe, fühle ich mich im Interesse der Sache dennoch verpflichtet, einige auf den Unterbau der genannten Brücke bezügliche irrige Auffassungen oder Darstellungen zu widerlegen, die sowohl in der eingangs (vergl. die zweite Note auf nebenstehender Spalte) citirten Abhandlung als auch in einigen anderweitigen enthalten sind. Meine Widerlegungen sollen jedoch den betreffenden Autoren keineswegs zum Vorwurfe gereichen, denn ich bin fest überzeugt, dass sie das Beste gewollt, *) Cloche ä derochement construite pour le derasement de la röche „La Rose" dans le port de Brest, par H. Hersent. Memoires et compte rendu des travaux de la societe des Ingenieurs civils. No- vembre 1880. **) Annales du genie civil, Avril 1868, und Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, XIII. Jahrgang (1869), S. 335 und Tafel X. Vergleiche auch: Deutsehe Bauzeitung 1867, S. 151 und 161 und L. Kla- s e n's „Handbuch der Pundirungsmethoden", S. 149. ^ / , f-' ■ ' J l und dass die Quellen, aus denen sie geschöpft, ihnen nichts Besseres geboten haben. Die Frage, ob die im Jahre 1850 zu Mainz von dem hessischen Architekten G. Pfann m ü 11 e r veröffentlichte Broschüre: „Plan zur Erbauung einer stehenden Brücke über den Rhein mittels Anwendung einer neuen Methode der Pfeilergründung" dem französischen Ingenieur Fleur Saint-Denis*) vor oder während der Verfassung seiner Pro- jecte zur Kenntnis gelangt war, glaube ich verneinen zu können. Ebenso halte ich es nicht für wahrscheinlich, dass Fleur Saint-Denis den v. Weile r'schen Entwurf für die Mannheimer Brücke vor Vollendung seines Projectes gekannt hat. Meine Gründe sind folgende: Die Projecte für den Unterbau der Kehler Eisenbahnbrücke wurden (1857 —1858) im Bahnhof- gebäude der französischen Osteisenbahnen zu Strassburg unter der persönlichen Leitung Fleur Saint-Denis' und des Chefs des Studienbureans, Ingenieurs Charles J o y a n t**), nach den Skizzen und mündlichen Angaben dieser beiden Herren, sowohl was die generellen, als auch die Detailpläne betrifft, inclusive Baust eilen-Anlagen, Pfeilergerüste, Dienstbrücke etc., durch mich ausgearbeitet. Wenn nun einer dieser beiden Herren, von denen keiner der deutschen Sprache kundig war, während der Projectirungsarbeiten Kenntnis von den Pfannmü 11 er'schen oder v. Weile r'schen Entwürfen, bezw. Broschüren erhalten hätte, so würden die betreffenden Veröffentlichungen doch wahrscheinlich behufs Uebersetzung ihres technischen Inhaltes in's Französische oder behufs Entnahme von Skizzen und Copien im Studienbureau aufgelegt und besprochen worden sein. Mir ist nichts derartiges zur Kenntnis gekommen. Ferner ist zu bemerken, dass mir auch von anderer Seite damals keinerlei Andeutungen darüber gemacht worden sind, dass bereits ähnliche Fundirungs- methoden für die Rheinbrücken bei Mainz und Mannheim oder überhaupt anderweits in Vorschlag gebracht worden waren; und doch hatte ich während der Bauausführung mit vielen die Baustelle besuchenden in- und ausländischen Ingenieuren, ferner mit Studirenden unter Führung ihrer Professoren zu verkehren, sowie mit den badischen Ingenieuren, welche die auf dem linken Rheinufer bewerkstelligte Ausführung der Eisenconstruction für diese Brücke und die der Eisenbahn-Anschlussbauten auf dem rechten Ufer überwachten. Wenn auch die obigen Darlegungen nicht beweiskräftig sind, so sprechen sie doch für die große Wahrscheinlichkeit, dass sowohl die P f ann mü 11 er'schen als auch die v. Wei- 1 e r'schen Ideen — auf welch' letztere weiter unten nochmals zurückgegriffen werden wird — eine relativ beschränkte Verbreitung, vielleicht nur in deutscher Sprache, gefunden hatten und bereits der Vergessenheit anheim gefallen waren, und dass Fleur Saint-Denis das bei Kehl angewendete Fundirungs- verfahren ganz selbständig, ohne Kenntnis von den diesbezüglichen Studien seiner deutschen Vorläufer, erfunden hat. Dieser Fall steht — wie ja auch die mehrfach erwähnte Abhandlung zeigt — nicht vereinzelt auf dem Gebiete der Erfindungen. Sehr müßig wäre es, darüber nachgrübeln oder Vermuthungen aussprechen zu wollen, auf welchem Wege Fleur Saint- Denis denn eigentlich zu seiner, in der Wasserbaukunst bahnbrechenden Idee gelangt ist,? Man wird aber in der Annahme nicht fehl gehen, dass, in die Notwendigkeit versetzt, die ihn fesselnde Aufgabe lösen zu müssen, bei seinen sorgfältigen Studien der in und außerhalb Frankreichs gewonnenen Erfahrungen mit den verschiedensten bis dahin bekannten und erprobten *) Edouard Fleur Saint-Denis, ancien Ingenieur des Ponts et Chaussees, Ingenieur principal de la 6'Sme Division des chemins de fer de l'Est, gestorben 1861. **) Charles J o y a n t, ancien eleve de l'ecole centrale, Ingenieur, später Ingenieur en chef adjoint attache ä la direction de la construc- tion de la Cie des chemins de fer de l'Est, gestorben zu Paris 1894. Dieser Ingenieur hat während der Projectverfassung die sämmtlichen Stabilitätsberechnungen zu den Caissons und Luftschleusen, sowie auch die Energieberechnungen zu den erforderlichen Gebläsemaschinen durchgeführt. Ihm war auch auf der (von Fleur Saint-Denis fast täglich besuchten) Baustelle die Oberleitung übertragen worden. Fundirungsmethoden unter Wasser, speciell mit der pneumatischen, auch dieser geniale und sehr erfahrene Ingenieur, eben so gut wie Pfannmüller oder v. Weiler, auf den Gedanken verfallen sein konnte, den Taucherkasten seinen Zwecken anzupassen oder dazu verwendbar zu machen. So angenehm es mir wäre, diese epochemachende Neuerung zu Gunsten meiner rheinischen Landsleute in Anspruch nehmen zu können, so muss ich doch meiner innersten Ueberzeugung entsprechend bekennen, dass ich das bei Kehl zur Ausführung gelangte Caisson-Gründungs verfahren von Anfang an für eine französische Erfindung gehalten habe und noch halte. Nebenbei sei übrigens bemerkt, dass diejenigen, welche Fleur Saint-Denis näher gekannt haben, gewiss mit mir darin übereinstimmen werden, dass er durchaus nicht der Mann war, in bewusster Weise eine ihm nicht gebührende Urheberschaft für sich in Anspruch zu nehmen. Das dem internationalen Uebereinkommen (vom Monat November 1857) zugrunde liegende Vorproject für eine zweigeleisige Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Kehl zeigte im Unterbau beide Land- und beide Portalpfeiler mit Pfahlfundirungen- Die Spitzen der Eichenpfähle sollten mindestens bis zu 12 m Tiefe unter dem niedrigsten bisher beobachteten Wasserstand reichen. *) Von dem 2 m unter Niedrigwasser anzulegenden Fundamentabsatz aufwärts bis unter die Eisenconstruction der Stromöffnungen sollten diese vier Pfeiler aus Mauerwerk mit Qnader- verkleidung hergestellt werden. Weiter zeigte das Vorproject noch zwei Mittelpfeiler, bestehend aus je drei gusseisernen Röhren oder Säulen von 3 m äußerem Durchmesser, in lichten Abständen von je 1*50 m. Für jeden dieser beiden Mittelpfeiler waren äußere horizontale Abmessungen von 3 X 12 m, dagegen für die beiden Portalpfeiler von 4'50X21m (oben, unter der Eisenconstruction) vorgeschrieben. Die Röhren der beiden Mittelpfeiler sollten mindestens bis zu 15 m unter Niedrigwasser hinabreichen. Sowohl die beiden Land- als auch die vier Strompfeiler sollten gegen Auskolkungen durch Steinschüttungen, die beiden Mittelpfeiler außerdem noch durch vorgeschobene Eisbrecher ans Eichenholz geschützt werden. Bei Inangriffnahme der definitiven Projecte fand man aber, dass die beiden schlanken Mittelpfeiler, von denen doch nur die über Wasser emporragenden Säulen sichtbar gewesen sein würden, neben den kräftig gehaltenen, massiven Portalpfeilern im Gesammt- bilde des Bauwerkes sehr unvortheilhaft wirken und unschön aussehen würden, und dass es daher besser wäre, dieselben durch Steinpfeiler zu ersetzen. Ueberdies erregten diese Rohrpfeiler und auch die im Vorproject gewählten Pfahlfundirungen große Bedenken sowohl betreffs ihrer Ausführbarkeit, als auch wegen ihrer fraglichen Standsicherheit gegen Unterwasehungen in der sehr veränderlichen Stromsohle. Die Einwände gegen die Ausführbarkeit von Röhrenfun- dirungen an dieser gefährlichen Stelle des Rheins mittels des (von dem französischen Berg-Ingenieur Triger 1841 erfundenen und schon im Jahre 1851 durch M. Cubitt bei zwei Pfeilern der Rochesterbrücke zur Anwendung gebrachten) Druckluftverfahrens gipfelten hauptsächlich in den, bei dem damaligen Stande dieses Verfahrens zu gewärtigenden sehr bedeutenden Schwierigkeiten bei Aufbringung der zum Absenken der Röhren erforderlichen mobilen Gegengewichte. **) Diese letzteren dienten bekanntlich dazu, die Reibung in der Erde zu überwinden und das Aufsteigen der Röhren zu verhindern, das in Folge des Auftriebes eintreten konnte. Mit Recht wiesen die mit der Verfassung der Projecte und der Ausführung des Unterbaues der Kehler Brücke betrauten Ingenieure auf die schon bedeutenden Schwierigkeiten hin, die sich vor Kurzem in dem Saone-Fluss — also in einem verhältnismäßig ruhigen Gewässer — und bei nur bis zu Tiefen von 10 bis 12 m ausge- *) Dieser Wasserstand = Niedrigwasser vom Jahr 1848 lag 0-719 m unter dem bei 134'758 m über dem Meeresspiegel situirten Null des französischen Rheinpegels bei Strassburg. **) Das Verfahren, um die Niederbringung der Röhren mit bleibender Belastung zu bewerkstelligen, war noch nicht erfunden. V* 3 führten Köhrenfundirungen ergeben hatten. Solche Schwierigkeiten und Hindernisse würden sich voraussichtlich in noch viel höherem Maße zeigen bei derartigen Fundamentirungen von 15 bis 20 m Tiefe (unter Niedrigwasser) in dem rapiden Rheinstrome mit seinen enormen Auskolkungen und bei einer Wassergeschwin- digkeit von 2'50 m in der Secunde. *) Diese Erwägungen führten zu dem Entschiasse, das für die generellen Dispositionen unter allen Umständen maßgebende Vor- project in Bezug auf die Constrnction der beiden Mittelpfeiler und aller in Aussicht genommener Fundirungsmetlioden zu verlassen und wo möglich etwas den Stromverhältnissen Entsprechenderes an dessen Stelle in Vorschlag zu bringen. Die hierauf abzielenden Entwürfe vun Fleur Saint- Denis hatten aber doch noch mannigfache Wandlungen durchzumachen, bevor einer derselben von ihm selbst als gut und ausführungswürdig befunden wurde. Einem dieser Entwürfe lag der Gedanke zugrunde, sowohl die beiden Land- oder Drehbrückenpfeiler als auch die vier Strompfeiler auf gusseiserne Röhren von 3 m äußerem Durchmesser zu fundiren, jedoch ohne Anwendung des pneumatischen Verfahrens. **) Diese Röhren waren den Land-, resp. Strompfeiler- Grundfläeheii entsprechend so gruppirt, dass bei deji ersteren je neun Stück in Abständen von 5 m, bei den letzteren je acht Stück in Abständen von 5 - 80 m (von Mitte zu Mitte) erforderlich gewesen wären. Sie sollten in das Flussbett eingeschraubt werden. Zu diesem Behufe sollten die aus einzelnen, wie bei den pneumatisch fnndirten Röhren auf einander befestigten Trommeln bestehenden, äußerlich glatten, gusseisernen Cylinder an der untersten Trommel durch eine aus dem Rohrinnern hervorgehende Spirale abgeschlossen werden, die mit ihrer centralen, circa 0'30 m starken konischen Kernspindel bei 2 m unter der Rohrschneide in einer schraubenförmigen Spitze endigte. Das Einschrauben sollte, unter gleichzeitiger innerer Ausbaggerung des aufsteigenden Erdmateriales (Kies mit Sand etc.), mittels specieller Baumaschinen von festen Gerüsten aus bewerkstelligt werden. Nach erfolgter Ausbetonirung und Abgleichung auf Niedrigwasser sollten die so gebildeten Säulen durch kleine, aus Quadern bestehende Kreuzgewölbchen untereinander verbunden werden, auf welche dann der massiv gedachte Pfeiler aufgemauert werden sollte. Etliche auf diesen Entwurf sich beziehende, von Fleur Saint-Denis' Hand mehr oder weniger flüchtig hingeworfene Skizzen sind noch in meinem Besitze. Einige Versuche mit Einschrauben von Modellröhren und Cylindern (darunter auch von 0'30 m starken, unten mit spe- ciellen gusseisernen Schraubenschuhen versehenen Gerüstpfälilen aus Tannenholz, die beim Eindringen bis kaum 3 m Tiefe in festgelagerten Kies und Geschiebe durch Torsion zwischen Angriffs- und WidersJ^ndsstelle in entsprechend dicke Strohseile verwandelt wurden) bewiesen zur Genüge, dass dieses Verfahren in Folge des beträchtlichen Reibungswiderstandes mit Schwierigkeiten verbunden sein würde, die einen ganz unberechenbaren Aufwand an Zeit und Geld im Gefolge haben könnten. Aus diesem Grunde und dann auch wegen seiner ausgesprochenen Abneigung gegen getheilte Fundamentkörper bei den an dieser Stelle des Rheins sehr schwierigen Strom- und Baugrundverhältnissen fand Fleur Saint-Denis an dem besprochenen Entwurf keine Befriedigung. Er ließ daher den demselben zugrunde liegenden Gedanken gänzlich fallen. Für die Gründung der beiden Landpfeiler wählte Fleur Saint-Denis dann die bereits bekannte, u. A. auch bei den Strompfeilern der „Saint Micliel"-Brücke über die Seine in *) Während des Herablassens der Caissons des rechtsseitigen Portalpfeilers vom Gerüstboden auf das Flussbett wurde letzteres an dieser Stelle um 4-30 m Tiefe ausgekolkt. Im Verlaufe der pneumatischen Versenkung derselben Caissons wurden (am 31. August 1859) in der Tiefe von 14'25 m unter Niedrigwasser verschiedene Gegenstände aufgefunden, z. B. Kettenstücke, große Nägel, ein zerbrochenes Messer, Hufeisen und Sense etc. **) Vergl.: „Pont de Neuville—sur—Sarth," par Bergeron. Journal des chemins de fer, Avril 1855. Paris *) im Monate August 1857 zur Anwendung gekommene Fundamentirung mittelst hölzernen Senkkastens. Letzterem gab er jedoch eine etwas abgeänderte Constrnction. Die Fundirung nach dieser Methode hatte jetzt aus je zwei, unten und oben offenen, hölzernen Kasten von 4'50 m Breite und 12 m Länge mit senkrechten, in drei Höhenzonen abgetheilten Wänden zu bestehen, die in einem horizontalen Abstände von 3 m auf den Grund der vorher (durch Schwimmbagger mit verticaler Eimerleiter) bis zu 12 m unter Niedrigwasser ausgeschachteten Baugrube versenkt und mit Cementbeton unter Wasser auf 9'40 m Höhe ausgefüllt werden. Die äußere Zuschüttung der Baugrube sollte mit der inneren Betonirung gleichen Schritt halten. Ueber Niedrigwasser sollten die beiden so beschaffenen Fundamentblöcke eines jeden der beiden Landpfeiler durch ein in der Brückenachse anzulegendes, halbkreisförmiges Gewölbe von 3'50 m Spannweite mit einander verbunden werden, um den aufgehenden, einheitlichen Mauerwerkskörper aufzunehmen. An die Stelle des letztbesprochenen Entwurfes mit zweitheiligen Fundamentkörpern für die Landpfeiler trat nachher ein weiterer, nach derselben Methode, aber mit nur einem hölzernen, ebenfalls dreizonigen Senkkasten von circa 12 X 15 wi Grundfläche, der auch zur Ausführ u n g k a m. Die drei, je 5 m hohen Zonen des Kastens waren aufeinander befestigt. Die beiden unteren waren zur Aufnahme des eigentlichen Fundamentblockes bestimmt, die obere bildete die Ummantelung des 4 m hohen Betonfangdammes, der dazu diente, das über Niedrigwasser aufsteigende Mauerwerk im Trockenen herstellen zu können. Dieser Fangdamm wurde zum größten Theile seines Volumens in den Block des aufgehenden Mauerwerkes einbezogen, dagegen an den später sichtbar bleibenden Stellen des Landpfeilers nachträglich bis auf l'60m unter Niedrigwasser abgetragen. Dieser 15 m hohe Kasten wurde auf dem Gelände unweit der betreffenden, nach beendigter Ausbaggerung durch eine Spundwand vom Rheine abgegrenzten, 15 - 50 m tiefen Baugrube fertig montirt und über eine schiefe Ebene in's Wasser geschoben. Behufs Einsenkung des schwimmenden Kastens war die obere Zone desselben außen mit einer balkonartigen Auskragung umgeben, zur Aufnahme der provisorischen Belastungsmaterialien (Steine und Eisenbahnschienen), die selbstverständlich erst aufgebracht wurden, nachdem der Kasten annähernd über seiner richtigen Stellung sich befand. Die genaue achsiale Einstellung dieser Kasten war, ihrer schlechten Stabilität im Wasser wegen, mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verbunden. Vor der Verwirklichung des oben besprochenen Projectes wurden aber noch darüber Berathungen gepflogen, ob es nicht besser wäre, auch die beiden Landpfeiler pneumatisch zu fundiren, und zwar mittelst vier dicht unter sich verbundener, eiserner Caissons von denselben Grundabmessungen wie die der Strompfeiler, von zusammen 11-60 X 14'00 m = 162'40 rrfi Bodenfläche. Diese Anordnung kam auch in einigen Projectsplänen zum Ausdrucke. Mit Rücksicht auf den Kostenpunkt und auf die — wegen der successiven Ausführung der Pf eil er tief bauten mit ein und denselben Apparaten — nicht zu umgehende Hinausschiebung des Bautermines nahm man später wieder Abstand von diesem Vorhaben. Nichtsdestoweniger sind in einer Beschreibung des Kehler Brückenbaues die beiden Landpfeiler als auf eisernen Senkkasten pneumatisch fundirt bezeichnet, und noch dazu mit unrichtiger Zeitangabe für die Gründungsarbeiten. **) Die Anwendung der Gründungsmethode mittelst offenen Senkkastens war unter Berücksichtigung der localen Verhältnisse bei den vier Strompfeilorn ganz ausgeschlossen; mithin musste ein anderes Verfahren erdacht werden. Bei dem rastlosen Bestreben Fleur Saint-Denis', massive, einheitliche Fundamentkörper zu *) Nouvelles Annales de la construction. Tom. 4, Annee 1858, PI. 3 et 4. **) „Zeitschrift für Bauwesen", X. Jahrgang (1860), Spalte 11, unten, und Tafel 5. 4 schaffen und dieselben bis zu einer beliebig großen, außer dem Bereiche der Stromkolkungen oder Unterwaschungen reichenden Tiefe niederzubringen, war, wie mir scheint, der einzuschlagende Weg von dem Pluyette'schen eisernen Caisson-batardeau *) ausgehend, bis zu seinem Druckluft-Caisson schon so ziemlich gegeben durch Berücksichtigung des — wie schon weiter oben bemerkt — damals in Frankreich und auch anderweits bereits genügend bekannten und erfolgreich angewendeten Triger'schen Druckluftverfahrens**), ferner der durch J. K. Brunei jun. verbesserten, 1848 — 1854 bei der Saltashbrücke über den Tamar (Cornwallis) verwendeten Grüiidungsmethode und der mit dem Cave'schen Tauchersckiffe***) bei dem Nilwehr gewonnenen Erfahrungen. Noch während wir mit der Umarbeitung der besprochenen Entwürfe für die Laudpfeiler beschäftigt waren, brachte Fleur Saint-Denis seine ersten Skizzen betreffs des Caisson für die pneumatische Fundirung der Strompfeiler. Ursprünglich war für jedes der Portalpfeilerfundamente ein einheitlicher Caisson mit nur einem (centralen) För ders chachte in Aussicht genommen, allein in Folge der von einigen anderen Commissionsmitgliedern gegen diesen großen Caisson erhobenen Bedenken und auf Anratheu seitens der Ponts et Chaussees wurden die Caissons der Portal- pfeiler in vier, diejenigen der Mittelpfeiler in drei mit je einem Förder- und zwei Einsteigeschächten versehene Kammern getheilt, die aber gleichzeitig abgesenkt werden sollten. Für die beiden schwächeren Mittelpfeiler, die an ihrem Sockeluntersatze 4'56 m Dicke erhalten sollten, wäre unter Hinzurechnung der beiderseitigen, 0'47 m breiten Fundamentabsätze die Caissonbreite von 5"50 m genügend gewesen, nicht aber zur Aufnahme zweier Eiusteigeschächte und eines Förderschachtes bei der für die Portalpfeiler bereits beschlossenen Anordnung der genannten Schächte. Um nun die sämmtlichen Einrichtungen von den Portalpfeiler-Caissons ohne Weiteres auf die der Mittelpfeiler übertragen, und um alle erforderlichen Caissons nach ein und demselben Muster anfertigen zu können, einigte man sich dahin, auch den Mittelpfeiler-Caissons die Breite von 7 m zu geben. Die Pfeilerabmessungen über dem Fundamentabsatze blieben unverändert. Erst nachdem die Gesammt- und Detailpläne des definitiven Projectesf) fertig gestellt waren, die Zustimmung des Baudepartements in Karlsruhe und der Eisenbahndirection in Paris erhalten hatten und die Genehmigung der beiderseitigen staatlichen Behörden in Bälde zu gewärtigen war,ff) kam — gegen Ende März 1858 — der Großherzoglich badische Chef-Ingenieur v. Weiler nach Strassburg mit einem Gegenentwurfe betreffs der Pfeilerfundirungen auf Grund seiner schon im Jahre 1852 für die Mannheimer Brücke gemachten Vorschläge. Die Gründe, welche ihn zu diesem Schritte veranlasst hatten und weshalb er sich nicht zuerst an die ihm näher stehenden badischen Mitglieder der internationalen Brückenbau- *) Vergl.: Annales des Ponts et Chaussees, Sept. et Octobre 1856. **) Unter anderen waren nachbezeichnete Brücken mit guss- eisernen, pneumatisch fundirten Röhrenpfeilern bis 1858 ausgeführt worden: Pont de la Quarantaine ä Lyon; „ sur le Rhone ä Culoz; „ sur la Saone ä Mäcon ; „ sur l'Allier ä Moulins; „ sur le Cher ä Montlucon; Theissbrücke bei Szegedin. ***) Förster's „Allgemeine Bauzeitung", 1858, S. 109 und Tafel 188 und 189. f) Die gusseisernen gothischen Portale und die Thürmchen auf den Mittelpfeilern wurden nach den Entwürfen von Albert Haas (Strassburg), Architekt der französischen Osteisenbahn-Gesellschaft, ausgeführt. ff) Das Project hatte bereits den complicirteu Instanzenweg zwischen Paris und Karlsruhe glücklich durchlaufen. Am 12. August 1858 war die officielle Genehmigung zur Bauausführung ertheilt worden; deren Inangriffnahme erfolgte auch sofort. Commission*) in Karlsruhe wandte, oder, wenn er letzteres ge- than, warum dieselben sich ihm gegenüber ablehnend verhalten hatten, waren mir damals unbekannt, eben so die Einzelheiten seines Entwurfes. V. Weiler wandte sich zuerst an den mit der staatlichen Controle der im Baue begriffenen Eisenbahnstrecke Strassburg—Kehl betrauten Ober-Ingeuieur der Ponts et Chaussees, welcher ihn zu Fleur Saint-Denis begleitete. Es wurde nun constatirt, dass v. Weiler's Fundirungssystem prin- cipiell sich dem Fleur Saint-Denis'schen näherte, aber in den wesentlichsten Details von dem letzteren denn doch ganz bedeutend abwich. Unmittelbar nach seinen Besuchen in Strassburg adressirte v. Weiler direct an den Präsidenten des Verwaltungsrathes der französischen Osteisenbahn-Gesellschaft in Paris ein Schreiben nebst Zeichnungen, an deren Hand er das System, welches er in Vorschlag brachte, erläuterte. Dass er auch dort keinen Erfolg hatte, ist bekannt. Kein Wunder! Denn ein Blick auf v Weiler's Entwurf für die Mannheimer Brücke**) zeigt sofort, dass seine Fundirungsmethode kein Vertrauen erwecken konnte und durchaus keine Gewähr bot für die sichere Lösung einer so schwierigen Aufgabe. Die Caissonwände, die die Vertical- und Horizontaldrücke aufnehmen, haben nämlich keine festen consolartigeu Verbindungen mit der das Mauerwerk tragenden Decke. Ferner ist die Deckenbelastung in sehr unpraktischer Weise auf eine Menge hölzerner, den unteren Arbeitsraum beengender Stützen, Streben und Schwellen übertragen. Dazu sollten noch die Schwellen auf der fortwährend wechselnden Arbeitssohle gelagert werden. — Seine Idee war, im Gegensatze zu der in allen Details praktisch durchgearbeiteten und guten Erfolg versprechenden Fleur Saint-Denis'schen, nicht spruchreif; sie scheint damals zu manchen sehr berechtigten Zweifeln Veranlassung gegeben und keine gute Aufnahme gefunden zu haben. Dasselbe gilt auch für G. Pfannnüiller's Entwürfe für die Mainzer Rheinbrücke. Als die Einleitungsarbeiten zur Fundamentirung des ersten Strompfeilers der Kehler Brücke bereits im Zuge waren, unmittelbar vor Inangriffnahme der pneumatischen Arbeiten, verfiel Fleur Saint-Denis auf die Idee, die schon montirten Caissons nur als Werkzeuge zu benützen und sie nach ihrer Versenkung und während der ausschließlich in Druckluft bis über den Wasserspiegel herzustellenden Fundament- und Sockelmauerung successive zu heben und herauszuziehen, um sie bei den anderen Pfeilern in derselben Weise wieder zu verwenden. Er theilte diese Idee dem Chef-Ingenieur der französischen Osteisenbahn-Gesellschaft, E. Vuigner, bei dessen Anwesenheit auf der Baustelle (Februar 1859) mit.***) Obwohl nun Vuigner auch sehr für dieselbe eingenommen war, so ersuchte er dennoch Fleur Saint-Denis, in Anbetracht der möglicher Weise eintretenden Arbeitsverzögerungen und der Schwierigkeiten, welche die einzuholende internationale Genehmigung für diese principielle Abänderung des Projectes zur Folge haben könnten, vorerst von der Verwirklichung dieser Idee abzustehen, um sie vielleicht zu einem anderen, geeigneteren Zeitpunkte wieder aufzunehmen. In der That wurde auf den einstweilen zurückgelegten Plan nach Verlauf einiger Monate wieder zurückgegriffen. Während des Krieges Italiens mit Frankreich gegen Oesterreich (1859), trat nämlich eine, wenn auch nicht gerade officielle Arbeitseinstellung, so doch abwartende Haltung bei diesem internationalen Brückenbau ein. Zwischen Beendigung der Versenkungsarbeiten (Ende Mai) am linksseitigen und Beginn derselben am rechtsseitigen Portalpfeiler (Anfang August 1859) liegt eine *) Zu derselben gehörten als Vertreter der französischen Osteisenbahn-Gesellschaft : Aug. Perdonnet, Verwaltungsraths-Mitglied; E. V u i g n e r, Chef-Ingenieur; E. Fleur Saint-Denis, Ingenieur- Principal; als Vertreter des Großherzogl. badischen Brücken- und Straßenbau-Departements: Ministerialrath Josef B a e r und Oberbaurath Franz Keller, Professor der Technischen Hochschule. **) „Der Brückenbau bei Kehl", von J. G. Schwedler und Hipp. „Zeitschrift für Bauwesen" (1860), X. Jahrgang. S. 30 u. Bl. C. ***) Näheres hierüber in dem Werke: „Pont sur le Rhin ä Kehl" par E. Vuigner et Fleur Saint-Denis. Paris, 1861. Dnnod, editeur. 5 Pause von nahezu zwei Monaten. Auf Fleur Saint-Denis' Anordnung wurde dieselbe von Seiten des Baupersonales zum Theile dazu verwerthet, um die auf das Herausziehen der Caissons (beim zweitgenannten Pfeiler und deren Wiederverwendung bei den übrigen Strompfeilern) Bezug habenden Detailzeichnungen und Kostenüberschläge anzufertigen. Das Resultat der diesbezüglichen Studien war, obschon principiell nicht ungünstig, doch für dieses Bauwerk ein negatives. Die an den Caissons vorzunehmenden Adaptirungen wären verhältnismäßig geringfügig gewesen, allein die Kosten hätten, unter Berücksichtigung des augenblicklichen, vorgeschrittenen Baustadiums, eine wesentliche Beduction nicht mehr erfahren und der Vollendungstermin hätte voraussichtlich nicht können eingehalten werden. Aus diesen Gründen wurde diese interessante Studie beiseite gelegt. Uebrigens wäre das in Druckluft, wenn auch mit der peinlichsten Sorgfalt hergestellte Fundamentmauerwerk von zweifelhafter Qualität gewesen. In einem früheren Aufsatze habe ich mir gestattet, darauf aufmerksam zu machen, dass diese, schon im Jahre 1861 veröffentlichte*) — etwa zwei Decennien später durch L. Montagnier ausgebeutete — Idee eben so alt ist wie das Fleur Saint-Denis'sche Caisson-Fundirungs- system.**) Dem Erbauer der Kehler Eisenbahnbrücke ist unter anderen Verdiensten um die Ausbildung des Verfahrens auch, und zwar mit Eecht, das zuerkannt worden, „die Ausführung des Fundamentmauerwerkes der Pfeiler ohne schützende Blechhülle" in's Auge gefasst zu haben. Da aber daraus gefolgert werden könnte, dass Fleur Saint-Denis von Hause aus beabsichtigt habe, die successive Aufmauerung über den Caissons ohne Zuhilfenahme einer schützenden Blech- oder Holzhülle auszuführen, oder dass ein Pfeiler ganz ohne schützende Hülle fundirt worden sei, so soll zur Würdigung des in Frage kommenden Verdienstes der Gegenstand hier einer Erörterung unterzogen werden. Laut Project sollten auf den eisernen (unter Decke 3 - 40 m hohen) Caissons und fest mit denselben verbunden, solche aus imprägnirtem Tannen- und Kiefernholz aufgebaut werden, und zwar bis unter die, mit ihrer Oberkante bei 2 m unter Niedrigwasser anzulegende erste Quaderschichte. Somit mussten bei der auf 20 m .unter Niedrigwasser festgesetzten Fundirungstiefe diese ebenfalls definitiven, wasserdichten Kasten die Höhe von 14*10 in erhalten. Gegen Keibung war für die der Berührung mit der Erde ausgesetzten Außenflächen eine Panzerung aus 3 mm dickem Eisenbleche vorgesehen. Das Gerippe und die verticale Bohlenverkleidung waren stark genug bemessen, dass die Kasten, auch für den Fall, dass sie nicht sogleich ausgemauert oder mit Beton ausgefüllt, sondern während der Absenkung vielleicht theilweise leer stünden, gegen den äußeren Erd- und Wasserdruck voraussichtlich genügende Sicherheit bieten konnten. Auf diese Kasten, von denen für die Portalpfeiler je vier, für die Mittelpfeiler je drei wasserdicht nebeneinander zu reihen waren, sollte ein einheitlicher, 6 - 20 m hoher, wasserdichter, abnehmbarer Schutzmantel oder Fangdamm aufgesetzt werden, damit der zwischen dem ersten Fundamentabsatze und dem jeweiligen Wasserspiegel situirte Theil des Pfeilers erst nach beendigter Caissonversenkung ausgeführt werden könnte. Der 2 m unter Niedrigwasser eintauchende Theil des Fundamentkörpers sollte Quaderverkleidung erhalten, und zwar an den geraden Seitenflächen aus Vogesensandstein, an den spitzbogenförmigen Pfeilerköpfen aus Granit. ***) Mit Ausnahme dieser 2 m hohen Quaderverkleidung war für die Fundamentblöcke ausschließlich Cementbeton in Aussicht genommen. Die Funda- mentirung des linksseitigen Portalpfeilers entspricht auch nahezu diesen Anordnungen. Im Verlaufe der pneumatischen Absenkung des eben genannten Pfeilers machte sich der Mangel an Verbindungs- *) Siehe letzte Fußnote auf S. 4, zweite Spalte. **) „Fundirung mittelst comprimirter Luft unter Wiederverwendung der Caissons." „Wochenschrift des Oesterreichisehen Ingenieur- und Architekten-Vereines", Heft 16, April 1883. ***) Granit de la vallee de St. Amarin. | Öffnungen in den Trennungswänden zwischen den vier Kammern des Caissons in sehr unliebsamer Weise bemerkbar. Vermittelst der angebrachten Sprachrohre und Signalapparate war es wohl möglich, sich mit den Leuten in der Naehbarkammer zu verständigen, allein zur Besichtigung der sämmtlichen Arbeitsräume unter Wasser oder zur Ueberwachung gewisser Arbeiten in denselben, wie z. B. der Versteifung der verbogenen Caissonwände, der sorgfältigen Auswölbung zwischen den Trägern und Streben, der Ausbetonirung der Kammern etc., war das Baupersonal oft genöthigt, viermal hintereinander durch die Luftschleusen ein- und auszufahren, was besonders gegen Schluss, bei einer Steighöhe von beiläufig 30 m und bei einem absoluten Luftdruck von etwa 3Vio ^-tm. nicht nur sehr beschwerlich, sondern geradezu aufreibend war. Ferner gaben die Construction und die verwickelte, umständliche Moutirung der vier sehr kostspieligen Holzkasten auf den Caissons Anlass zu verschiedentlichen, hier nicht alle aufzählbaren Unannehmlichkeiten und Arbeitsverzögerungen. Die erwähnte Kastenpanzerung wurde nur auf 2*80 m Höhe ausgeführt. Die hiedurch beabsichtigten Zeit- und Geldersparnisse waren leider nur scheinbar, denn in Wirklichkeit verursachte das Fehlen einer glatten Blechhaut in Folge des jetzt auftretenden größeren Beibungswiderstandes (Kiefernholz auf Schotter und Sand) eine merkliche Verzögerung der Caissonversenkung resp. Vermehrung der diesbezüglichen Kosten. Die vier Kastengerippe mit ihren zahlreichen Stiel- und Biegelhölzern, Ankerstangen etc. überragten zeitweise sogar den (bei 7'83 m über Niedrigwasser situirten) oberen Gerüstboden, erschwerten die Manipulationen der Caissonführung, die Zu- und Abfuhr der Maurer- und Baggermaterialien, sowie die Aufbringung des Betons. Durch das Hinabfallen von Holzstücken in die Baggerschächte wurde der Betrieb der letzteren wiederholt gestört. Eine wesentliche Besserung dieser Uebelstände trat ein — gleichzeitig wurde auch eine unmittelbare Ersparnis erzielt — in Folge Fortlassung der Stoßwände an den Berührungsseiten der vier, übrigens schon längst fest mit einander verbundenen Holzkasten, nachdem die genannten Wände 8 m Höhe erreicht hatten. Von diesen, bei 11*40 m über Caissonunterkante (-Schneide) situirten Stellen nach aufwärts bildet die Betonschicht innerhalb der Ummantelung eine, durch verticale Zwischenwände nicht mehr getrennte Masse. Aus den an dieser ersten Caissonfundirung gemachten, sehr lehrreichen Erfahrungen Nutzen ziehend, beschloss die Bauleitung, das nunmehr als durchaus bewährt zu betrachtende System in Bezug auf die Communicationen zwischen den einzelnen Caissons und auf die Ummantelung des Fundamentblocks abzuändern und den Förderschächten statt des kreisförmigen einen elliptischen (mit Ziegelstein einzufassenden) Querschnitt zu geben. Demnach sollten bei den drei anderen, noch zu fundirenden Pfeilern die Caisson-Zwischenwände durchbrochen, d. h. mit je einer kreisförmigen Durchgangsöffnung (von etwa 1 m im Durchmesser) versehen, und die Holzkasten durch Quaderverkleidungen ersetzt werden. Die noch zum Theil vorräthigen, zur Panzerung bestimmt gewesenen Eisenbleche und auch der abnehmbare Schutzmantel (nach seiner Freiwerdung beim ersten Pfeiler) sollten bei den anderen Pfeilern verwendet werden. Auf Grund obiger Abänderungen gestalteten sich die Fundamentirungen der drei anderen Strompfeiler im Wesentlichen wie folgt: Der Beton-Fundamentblock des rechtsseitigen Portalpfeilers ist bis zu 3 i7i über der Caissondecke mit einem Blechmantel, von da ab, auf 11*60 m Höhe, mit rauh bearbeiteten Sandsteinquadern von 0*50 m mittlerer Eingreiftiefe verkleidet. Die Fundamentblöcke der beiden Mittelpfeiler sind ohne Blechmäntel von den Caissondecken bis zu 2'00 m unter Niedrigwasser, d. i. auf 14*60 m Höhe, ebenfalls mit rauh bearbeiteten Sandsteinquadern umhüllt. Zu bemerken ist, dass unmittelbar vor Beginn der Versenkungsarbeiten beim letzten dieser beiden Pfeiler das Mauerwerk auf der Caissondecke, unter vorläufiger Fortlassung des Betonkerns, in Form eines 2 m hohen und 1 m starken, geschlossenen Fangdammes ausgeführt wurde, um die 6 Absenkung der Caissons vom Wasserspiegel auf die Stromsohle möglichst zu beschleunigen und um einer übermäßigen Belastung der Führungsgestänge und der Gerüste vorzubeugen. Dieser Nothbehelf, der auch bei späteren, anderweits ausgeführten Caissonfundirungen Wiederholung gefunden hat, wird nur deswegen hier erwähnt, weil er mit Eücksicht auf die zweifelhafte Güte des Verbandes zwischen dem zuerst hergestellten Mantel- Mauerwerk mit der nachträglichen Betonfüllung nicht empfehlens- werth ist. Eine weitere unmittelbare Folge des Fehlens eines vollständigen Fundirungsmantels bei diesen drei Pfeilern war die, dass der bis 2'00 m unter Niedrigwasser eintauchende Theil des Mauerwerks eine wesentliche Verbreiterung, resp. Vermehrung erfahren und unter Verzichtleistung auf seine, den Pfeilermitteln entsprechende, genaue Anlage schon während der pneumatischen Versenkung ausgeführt werden musste. Selbstversändlich ist bei eintretendem außergewöhnlich niederem Wasserstande (wie im Jahre 1848) die sehr unregelmäßige Breite des oberen Fundamentabsatzes sichtbar. Auf diesen Fundmentabsatz, und zwar ebenfalls während der Caissonversenknng, wurde zwecks Herstellung des aufgehenden Pfeilermauerwerks von der Sockelunterkante (bei 0'719?n unter dem Nullpunkt des Pegels) bis über den jeweiligen Wasserspiegel der mehrmals erwähnte abnehmbare, auf 3'60 m Höhe re- duzirte Schutzmantel aufgesetzt. Diese kostspielige Arbeit nahm gewöhnlich eine Woche in Anspruch. Trotz der auf die wasserdichte Aufstellung dieses Schutzmantels verwendeten Sorgfalt mussten bei allen Pfeilern mehrere durch Dampfmaschinen betriebene Letestu-Pumpen angewendet werden, um während der Ausführung dieses Theiles des Pfeilerschaftes das Wasser auszuschöpfen. Durch die Fortlassung des hölzernen Fundirungsmantels und trotz der dadurch bedingten Vermehrung des Mauerwerks wurden bei dem zwischen Caissondecke und Sockeluntersatz liegenden Theil des zweiten Pfeiler-Fundamentblocks directe, ausschließlich in der abgeänderten Materialverwendung begründete Ersparnisse im beiläufigen Betrage von 20.000 Francs erzielt gegenüber den diesbezüglichen Kosten beim erstfundirten Pfeiler. Dabei sind die in der Beschleunigung der Gründungsarbeiten gefundenen pecuniären Vortheile nicht in Betracht gezogen. Hätte man beim zweiten Pfeiler die ohnehin bis zu 3m über Caissondecke angewendete Bauart — Betonblock o h neQ u ade r Verkleidung, aber mit Blee h hülle — beibehalten, so wäre eine weitere Ersparnis von etwa 5000 Francs erzielt worden, ohne dass man an dem genehmigten Pfeilerproject sonstige Aenderungen hätte vornehmen müssen. Nebstbei wären alsdann die aus dem Fehlen eines mit dem Caisson zusammenhängenden Fundirungsmantels entstandenen Nachtheile und Unkosten vermieden worden. Dazu gehören z. B. die wegen Mangels an Mauerwerk über dem äußern Wasserspiegel eingetretene dreitägige Unterbrechung des Versenkungsbetriebes und der größere Theil der Kosten für die Wasserhaltung (etwa 5000 Francs) während der Herstellung des Sockeluntersatzes. Natürlich hätte bei den Fundirimgen der zwei Mittelpfeiler dieselbe Bauart in Anwendung gebracht werden und zu ähnlichen Baukostenverminderungen führen können. *) Der etwaige Einwand, dass in diesem Falle die besagten Fundamentblöcke ohne Quaderverkleidung geblieben wären, wird — auch wenn man keinen Nachdruck auf die Thatsache legen wollte, dass der erstfundirte Pfeiler doch nur eine Holzverkleidung besitzt und dass übrigens alle Pfeiler durch Steinschüttungen *) Allerdings hätten diese verhältnismäßig geringen Ersparnisse auf das Endresultat der Baukosten keinen nennenswerthen Einftuss ausgeübt. Dieselben betragen: a) für den Brücken-Unterbau (2 Land- und 4 Strompfeiler) =.................. 5,250.000 Frcs. b) für den Brücken-Oberbau, inclusive Portale und Thürmchen =.............. . . 1,750.000 „ Zusammen incl. Bauführung . . . 7,000.000 Eres. geschützt sind — schon durch den Hinweis darauf entkräftet, dass der zu den Fundirungsarbeiten dieser Brücke verwendete vorzügliche Cementbeton an Härte und Frostbeständigkeit dem Sandsteinmaterial nicht nachsteht,*) er entspricht vollkommen allen Anforderungen, die in Bezug auf Güte und Dauerhaftigkeit an die Bestandtheile eines derartigen Bauwerks gestellt werden müssen, und es war daher eine Steinverkleidung unter Niedrigwasser nicht unbedingt erforderlich, besonders da keine ästhetischen Rücksichten zu nehmen waren. Fleur Saint-Denis war jeden Falls anderer Meinung. Es war ihm nicht um die etwaigen Ersparnisse, sondern vielmehr darum zu thun, den durch den successiven Aufbau des Holzmantels verursachten Unannehmlichkeiten und Arbeitsverzögerungen einen Riegel vorzuschieben und gleichzeitig möglichst solide, allen zerstörenden elementaren Einwirkungen dauernd Trotz bietende Fundamentblöcke herzustellen. Diesen letzteren Zweck hatte eiserner Ansicht nach bei dem zuerst fundirten, linksseitigen Portalpfeiler nur unvollkommen erreicht, da er den Betonblock, in dem ungefähr 170 m 3 Tannenholz (die äußere Bohlenverkleidung nicht mitgerechnet) eingebettet blieben, nur mit einer Holzhülle umgeben hatte, die einer mehr oder weniger baldigen Zerstörung unterworfen ist Um ganz sicher zu gehen, verkleidete er nun die Fundamentblöcke bei den drei anderen Strompfeilern mit Quadern. Dadurch wurde der Fun- dirungsmantel t h eilweise entbehrlich. Dass übrigens Fleur Saint-Denis bei der Ausführung dieses Bauwerkes keine ängstliche Sparsamkeit entfaltete, geht schon zur Genüge hervor aus der in diesem Maße selten vorkommenden geradezu reichen Ausstattung der Baustelle. Ich erinnere nur beispielsweise an die (mit zwei Normalgeleisen versehene) 363 m lange Dienstbrücke, die ringsum abgeschlossenen, überdeckten Pfeilergerüste, die elektrische Beleuchtung, Feuerwehr- Organisation, Arbeiterverpflegungs-Einrichtungen u. s. w. Für ihn existirte der Baukosten-Voranschlag nur „ä titre de renseig- nement". Die Solidität des Bauwerks, die unbedingte Sicherung des guten Erfolges und die Einhaltung des vereinbarten Vollen- dungstermines waren die Ziele, auf die er unentwegt lossteuerte. Zur Erreichung derselben erschien ihm das Beste gerade gut genug. Diese Ziele verfolgte der leider kränkliche Mann mit einem Muth, einer Zähigkeit und Ausdauer, die bewunderungswürdig sind. **) Nebenbei verstand er es, das absolute Vertrauen zu seinem Fundirungsverfahren, ohne Aufhebens davon zu machen oder Worte zu verlieren, auf seine ganze Umgebung, sowohl auf seine Vorgesetzten als auch auf seine Untergebenen, zu übertragen. Seiner vornehmen Persönlichkeit ist es zu verdanken, dass seine Idee sofort zu einem segensreichen Gemeingut geworden ist, an dem wahrscheinlich noch lange gezehrt werden wird. Nach dieser Abschweifung sei es mir gestattet, nochmals auf den Fundirungsmantel zurückzukommen. Bekanntlich soll derselbe nicht nur dazu dienen, um während der Pfeilerversenkung die Reibung abzuschwächen und um das Abreißen des meist noch frischen Mauerwerks unter der Stromsohle hintan zu halten,***) sondern auch, um zu ermöglichen, dass die *) Die Cemente (schnell erhärtender zur Verwendung in freier Luit, langsam erhärtender zur Verwendung in Druckluft) wurden bezogen aus der Fabrik des M. Carandal zu Sentheim bei Beifort. Die Mischungsverhältnisse waren: a) für den Beton in freier Luft: 0-40 ms Sand, 0'28 m3 Cement, 0-75 v# Eheinkies; b) für den Beton in Druckluft: 0-39 mV Sand, 0-38 ms Cement, 0'64 m3 Rheinkies; Die Maßtheile des Cementes verstehen sich im gesiebten, losen Zustande des Materials. Der Wasserzusatz betrug etwa die Hälfte des Sandvolumens. Sand und Schotter waren gesiebt und gewaschen, letzterer zum Theil zerschlagen. **) Eines unheilbaren Brustleidens halber war ihm der Aufenthalt in comprimirter Luft versagt. Meines Wissens war Fleur Saint- Denis nur ein Mal versuchsweise in der Luftschleuse, aber niemals in den Caissons. ***) Das Abreißen des Mauerwerks kann unter gewissen Umständen auch durch Einlegung einer entsprechenden Anzahl verticaler, mit dem Caisson verbundener Anker verhindert werden. 7 Arbeitssohle des Belastungsmauerwerks im Bedarfsfalle unter dem äußeren Wasserspiegel gehalten und dass nach beendigter Versenkung die weitere Aufmauerung ohne besondere Abdämmung und ohne Wasserhaltung bis über diesen ausgeführt werden kann. Wenn nun auch bei Kehl die Pfeilerfundiruugen zum T h e i 1 ohne schützende Holz- der Blechhülle gemacht worden sind, so ist doch aus den obigen Schilderungen des thatsächlichen Vorganges unschwer zu entnehmen, dass man sich dort bei allen Pfeilern behufs Aufmauerung bis zum äußeren Wa sserspiegel der Zuhilfenahme eines das Mauerwerk gegen Wasser andrang schützenden Mantels nicht entschlagen konnte. Die theilweise Fortlassung der direct mit den Caissons verbundenen, bis über den Wasserspiegel reichenden Hülle hatte außer einigen schon namhaft gemachten Nachtheilen noch zur unmittelbaren Folge, dass die Oberfläche des Fundamentmauerwerks während der Caissonversenkung stets um 1 bis 3 m über den jeweiligen Wasserspiegel gehalten werden musste, um eventuellen Ueberfluthungen durch plötzliches Sinken der Caissons oder durch schnelles Anschwellen des Stromes vorzubeugen. Dadurch kam der Schwerpunkt der Masse des in Versenkung stehenden Pfeilers zu weit nach oben zu liegen, in Folge dessen der letztere unlenkbar wurde. Dieser Uebelstand hat sich besonders bei den Gründungsarbeiten der beiden Mittelpfeiler fühlbar gemacht. Diese beiden, durch einseitige Auskolkungen ohnehin aus ihrer Bichtung gedrängten Fundamentkörper stellten sich unter dem Einfluss der hohen Schwerpunktslage schief. Die obere Abweichung ist am linksseitigen Mittelpfeiler gegen das linke, am rechtsseitigen Mittelpfeiler gegen das rechte Ufer gerichtet. Ans Anlass dieser nicht mehr ganz zu beseitigen gewesenen Abweichungen von der Verticalen geriethen die Baggerapparate in Unordnung, weil die bei 2'20 m über dem oberen Gerüstboden (durch einen allen vier Förderschächten gemeinschaftlichen Lagerbock) fest mit dem Pfeilergerüst verbundenen Baggergetriebe den schiefen Pfeilerstellungen nicht folgen konnten. Beim linksseitigen Mittelpfeiler wurde überdies, ungeachtet aller Arbeitsbeschleunigung, das Fundamentmauerwerk in der Zeit vom 1. bis 6. November 1859 während der Versenkungsarbeiten, und noch bevor der Schutzmantel aufgesetzt war, durch ein rapides Steigen des Kheins von 1-18 m bis auf 4'00m über Niedrigwasser um P20 m überfluthet. Erwähnt mag hier noch sein, dass nach den bisherigen Erfahrungen wesentliche Ersparnisse durch das Weglassen des Fundirungsmantels nicht erzielt werden. Derselbe bietet namentlich bei der Absenkung von Strompfeilern viele nicht zu unterschätzende Vortheile, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden kann. Ich gestatte mir jedoch zur Bestätigung des hierüber Gesagten eine diesbezügliche, etwa 20 Jahre nach Vollendung des Unterbaues der Kehler Eisenbahnbrücke brieflich an mich gerichtete Bemerkung theilweise anzuführen. Ihr Verfasser ist der in der Einleitung dieses Aufsatzes schon einmal genannte Bauunternehmer H. Hersent, der in Frankreich durch seine großen Verdienste um die Verbesserung und Verallgemeinerung der pneumatischen Fundirungsmethode, sowie durch die großartigen Quai- und Hafenbauten rühmlichst bekannt geworden ist und sich auch in Oesterreich durch die in Gemeinschaft mit A. Ca st or*) und Couvreux ausgeführte Donau- regulirung bei Wien einen Namen erworben hat. In's Deutsche übersetzt lautet die Stelle etwa so: „ . . . Die bei Kehl gemachte Erfahrung betreffend die Weglassung der Blechhülle war ausschlaggebend; mir ist seither nie eingefallen, den Blechmantel sparen zu wollen, und ich kenne gewisse Leute, welche die *) A. Castor, geb. 1811 (nicht zu Düsseldorf, sondern) zu Treis a. d. Mosel, gestorben 1874 zu Monaco. Wiederholung des bei Kehl gemachten Experiments theuer bezahlen mussten." Es ist nicht richtig, dass Fleur Sain t-D e n i s zuerst versuchte, die vier Kammern (des linksseitigen Portalpfeilers der Kehler Eisenbahnbrücke) separat zu versenken und erst später dieselben fest miteinander verschrauben und dann gleichzeitig versenken ließ. Die nachträgliche Verbindung der vier Kammern im Laufe der Absenkung wäre nicht wohl ausführbar gewesen. Zur Weiterverbreitung dieser irrigen Annahme hat wahrscheinlich die allerdings sehr interessante, aber neben vielem Zutreffenden auch manches Unrichtige enthaltende Beschreibung des Kehler Brückenbaues von J. G. Schwedler & Hipp in- direct beigetragen. In dieser Beschreibung heißt es unter Anderem wörtlich: *) — — ■— „Die vielen Bedenken, welche sich gegen die Versenkung eines Kastens von so großen Dimensionen, wie solche in den Projecten von Pfannmüller und von v. Weiler angenommen, aufdrängen, waren wahrscheinlich Veranlassung, den Fundamentblock des Brückenpfeilers in mehrere einzelne Theile zu zerlegen und diese nebeneinander zugleich zu versenken" .... Und weiter : „ Die Senkung der vier Taucherkasten geschah so gleichmäßig, dass man es, nachdem eine pptr. 4 m dicke Betonschicht auf jeden einzelnen Kasten aufgebracht worden war, glaubte wagen zu können, sämmtliche vier Kasten mit einander zu verbinden. Man hatte daher, die Holzkasten über alle vier Taucherkasten hinweg zu einem einzigen verbunden, ohne dass in Folge dessen auch nur die geringsten Risse in dem Beton entstanden wären." Nun, es war nicht das Verschulden dieser beiden Herren, dass sie während ihres Besuches auf der Baustelle nicht Alles zu sehen bekamen. So bemerkten sie auch nichts davon, dass gerade während ihrer Anwesenheit (26. bis 30. April 1859) sich an den Caissonwänden starke Verbiegungen zeigten, und dass deshalb die Caissons durch im Innern der Kammern angebrachte Verzimmerungen versteift werden mussten**); ferner, dass wiederholt an der Betonschicht in diagonaler Eichtung feine Bisse auftraten (die wahrscheinlich dadurch entstanden, dass die vier äußersten Ecken der zu schwachen Caissonschneide sich nicht mehr genau in einer Ebene befanden, sondern im Verlaufe der Versenkung eine etwas windschiefe Lage angenommen hatten). Diese Risse wurden sofort mit flüssigem Cementmörtel ausgegossen und die Betonschicht regelrecht geebnet. Die That- sache nun, dass solche schwerwiegende Uebelstände und ihre Beseitigung den beiden Herren verborgen bleiben konnten, mag es glaubhaft machen, dass sie über die Art, wie die vier Taucherkasten verbunden und versenkt wurden, nicht das Richtige in Erfahrung gebracht haben. Die vier Kammern des ersten Pfeilers wurden sofort bei ihrer Montirnng mit Schrauben untereinanderverbunden, an die man im unteren Arbeitsraume gelangen konnte und die während der Versenkung jederzeit lösbar waren. In diesem Zustande wurden die Taucherkasten von dem Gerüste herabgelassen und ohne vorherige Versuche gleichzeitig versenkt. Durch die vorgesehene Möglichkeit, die vier Kammern eventuell trennen zu können, trug Fleur Saint- Denis den Bedenken der Baucommission Rechnung. Er wollte sich aber erst dann zur Trennung der Kammern herbeilassen, wenn die Absenkung des jetzt ein Ganzes bildenden Caissons in der Ausführung sich als unmöglich herausstellen sollte, was jedoch nicht der Fall war. Bei den drei anderen Pfeilern wurden die Kammern nicht mehr provisorisch, sondern gleich dauernd miteinander verbunden. Die Trennungswände zwischen den einzelnen Kammern waren, wie bereits erwähnt, durchbrochen. Die Anbringung des Förderschachtes mit dem im Innern *) „Zeitschrift für Bauwesen." Jahrgang X, 1860. Spalte 31 und 45. **) „Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure." Bd. XXI, 1877, Spalte 441—442 und Blatt 11, Fig. 2. 8 desselben unter dem atmosphärischen Drucke functionirenden senkrechten Baggerapparate hat von mehreren — nur nicht von den bei seiner ersten Anwendung betheiligt gewesenen — Seiten eine abfällige Beurtheilung erfahren. Bs wurde behauptet, dass sich bei der Ausführung mannigfache Schwierigkeiten und Bedenken gegen diese Disposition zeigten, dass es nur mit Zuhilfenahme langwieriger Taucherarbeiten möglich gewesen sei, die durch Reißen der Baggerkette und durch sonstige Brüche des Geräthes erforderlichen Reparaturen auszuführen, dass in Folge dessen der geförderte Aushub weitaus nicht das erwartete, der maschinellen Leistungsfähigkeit des Apparates entsprechende Eesultat ergeben habe, und dass überdies mit dieser Disposition die Gefahr von Explosionen verbunden sei. Bei den Fundirungsarbeiten der Kehler Eisenbahnbrücke hat, meines Wissens, die in Eede stehende Disposition keinen Anlass zu solchen schwerwiegenden Bedenken gegeben. Die vorgekommenen Schwierigkeiten gingen nicht über den Rahmen solcher bei fast allen derartigen Bauausführungen hinaus; sie hatten nicht die Bedeutung, dass ihretwegen eine Disposition, die sich übrigens vortrefflich bewährt hat, verworfen werden sollte. Weder ernstliche Unfälle, noch Verluste an Menschenleben, ja nicht einmal leichte Verletzungen sind während dieser schwierigen Gründungsarbeiten in Folge dieser Disposition vorgekommen. Zunächst möge beachtet werden, dass der Baggermechanismus nicht neu und auch nicht eigens für diesen Zweck construirt war. Die wesentlichsten Bestandteile desselben (die Gall'schen Ketten und Eimer) stammten von alten, verticalen Schiffsbaggern her. Dass der Apparat, und namentlich sein Antrieb, bei einer Neuconstruction bedeutend verbessert werden könnte, ist keine Frage. Größere Betriebsunterbrechungen durch Mitreißen der im Innern und am oberen Rande des Förderschachtes angebrachten Führungs- und Schutzvorrichtungen, durch Abreißen und Verwirren der Eimerkette, Versandung des Baggergatters u. s. w. kamen, laut der sich in meinen Händen befindlichen Abschrift des Versenkungs-Journals, im ganzen sechs Mal vor; darunter je zwei Mal beim ersten und vierten und je ein Mal beim zweiten und dritten Pfeiler. Zur Beseitigung von einigen dieser Betriebsunterbrechungen kamen die beiden auf der Baustelle vorhandenen G a b i r o l'schen Taucherapparate zur Verwendung. Die gesammten, in Folge Schadhaftwerdens der Baggerapparate entstandenen Zeitverluste betrugen 146 Stunden oder 8'55°/ 0 von der effectiven Betriebszeit. Davon entfielen 3"75°/ 0 auf den ersten, 0'67°/o auf den zweiten, 0 - 53% auf den dritten und 3'60% auf den vierten Pfeiler. Bei dem letzteren wurde der hohe Procentsatz durch die bereits erwähnte schiefe Stellung des Fundamentkörpers hervorgerufen. Da die Caissons der beiden Portalpfeiler mit je 4, diejenigen der beiden Mittelpfeiler mit je 3 Förderschächten ausgestattet waren, die nach einer geringfügigen Aenderung an der Transmission zwischen den Motoren und den Baggerapparaten auch einzeln, d. i. unabhängig von einander hätten betrieben werden können, so wäre der Pereentsatz der Betriebsunterbrechungen bedeutend herabgemindert worden, wenn die Caissons nicht in 4, bezw. 3 Kammern abgetheilt gewesen wären. Ohne diese Abtheilungen, und wenn nicht noch andere Ursachen auf die Versenkungsarbeit sehr verzögernd eingewirkt hätten, wäre sogar ein einziger derartiger Baggerapparat, trotz der ihm anhaftenden Mängel, genügend gewesen, um einen einheitlichen Portalpfeiler- Caissonin etwa 27, oder einen Mittelpfeiler- Caisson in 23 Arbeitstagen (zu 24 Stunden) fertig zu versenken. Die wahrscheinlich dem C a s t o r'schen Werke *) entnommenen Daten bezüglich des Baggerapparates, woraus der *) Recueil d'appareils ä vapeur par A. Castor. Didot Freres, Fils & C i e. Rue Jacob 56 ä Paris. Schluss gezogen wurde, dass der geförderte Aushub weitaus nicht das erwartete und der maschinellen Leistungsfähigkeit des Apparates entsprechende Resultat ergab, und zwar anstatt 40-32 m 3 per Stunde für vier Bagger nur im Mittel 15 m 3 betrug, bedürfen einer bedeutenden Berichtigung. Aus den folgenden Darlegungen wird erhellen, dass von den Baggerapparaten eine so hohe Leistung nicht erwartet wurde und auch nicht zu erwarten war, weil sie nicht derselben entsprechend eingerichtet waren, und dass sie, auch wenn sie dies gewesen wären, doch nicht voll ausgenützt hätten werden können. Dass die Beschleunigung der Gründungsarbeiten nicht von der Bodenbeförderung allein, sondern viel mehr von den Maurerarbeiten abhängig ist, und dass man einen Fundamentblock von etwa 2400 m 3 nicht wohl innerhalb 8 bis 10 Tagen herstellen kann, das wusste man an leitender Stelle auch schon damals. Ueberdies hatte die Bauleitung — wie aus der vor Abschluss des Vertrages mit der betreffenden Unternehmung aufgestellten Preisanalyse hervorgeht — nur auf eine mittlere Förderleistung von 100 m 3 in 24 Arbeitsstunden gerechnet. Dieses erwartete Resultat ist nicht nur erreicht, sondern weit über troffen worden. Die angeblich erwarteten 40'32 m 3 Fördermaterial würden, auf das durch die Caissons verdrängte Volumen reducirt 40'32 : 1"63*) = 24'75 m 3 Aushub, im Abtrag gemessen, re- präsentirt haben, zu deren Abgrabung etwa 36 Arbeiter (statt 16) in den Caissons erforderlich gewesen wären. Unter der Voraussetzung, dass nur die Hälfte des 24stündigen Tages zur Baggerung, resp. zur Versenkung verwendet worden wäre, hätte die Absenkung (innerhalb 12 Stunden) 1*82 m erreicht. In diesem vorausgesetzten Falle hätten durchschnittlich in jedem Arbeitstag ungefähr 260 m 3 Fundamentmauerwerk, worunter etwa 54 m 3 Quader, hergestellt werden müssen, um der Caissonversenkung nur nachzukommen. Es bedarf wohl keiner weiteren Beweisführung, dass, ganz abgesehen von der gleichzeitigen Herstellung der Strebenausmauerung in comprimirter Luft (nahezu 200 m 3 Ziegeige wölb chen für einen Pfeiler) und von anderen mit der pneumatischen Versenkung eng verbundenen Manipulationen eine derartige Leistung auf der sehr beschränkten, durch allerlei Gerüste sowie durch die vier Bagger- und acht Einsteigeschächte obstruirten Caissonarbeitsfläche (beim rechtsseitigen Portalpfeiler circa 143 m 2 abzüglich der Schachtaussparungen) absolut unmöglich gewesen wäre, auch dann, wenn man ununterbrochen Tag und Nacht gearbeitet hätte. Selbst bei der erheblich geringeren Leistung der Baggerapparate konnte die Herstellung des Fundamentblocks nicht gleichen Schritt halten mit der Versenkung. Es ist dies sehr leicht nachweisbar an der Hand des folgenden, dem thatsäc h liehen Arbeitsvorgang beim zweit- fundirten Pfeiler entnommenen typischen Beispiels. Zu Beginn der Arbeit in comprimirter Luft, am 9. August 1859, befand sich die Caissonschneide bei 4'96 m (verglichener Tiefe) unter dem Niedrigwasser, dagegen hatte das Belastungsmauerwerk auf der Caissondecke die Höhe von 4'62 m erreicht und überragte den Wasserspiegel um l - 45 m. Obgleich fortwährend gemauert wurde, musste schon am dritten Tage und nach kaum 24stündiger Baggerung (in drei Tagesschichten von 12, resp. 5 und 7 Stunden) dieselbe wegen Mangel an Mauerwerk über dem äußern Wasserspiegel unterbrochen werden. Die höchste, bei diesem Pfeiler nur ein Mal erreichte Tagesleistung an Fundamentmauerung betrug 124 m 3 . **) Die oben erwähnte maschinelle Leistungsfähigkeit von 40 - 32 m 3 per Stunde für vier Bagger beruht auf einem Irrthum. *) l - 63 = Vermehrungsfactor = Verhältnis des gelockerten zum gewachsenen Boden bei Kehl. **) Nur in einem vereinzelten Falle, und zwar beim vierten Pfeiler, wurden innerhalb 24 Stunden 183 ms Beton mit rauher Quaderverkleidung hergestellt. 9 Obwohl man bei Eröffnung der Versenkungsarbeiten über die zweckmäßigste Geschwindigkeit der Eimerkette, bezw. Entfernung der Eimer noch nicht orientirt sein konnte, so war man sich dessen doch wohl bewusst, dass diese beiden Factoren nicht ohne Weiteres von verticalen Schiffsbaggeru auf die Caissonbagger übertragbar seien. Man versuchte es mit einer Kettengeschwindigkeit von 17 - 50ra in der Minute bei Eimerabständen von circa 4'40 m bis 4 75 m. Da hierbei die Eimer meistens nur halbgefüllt zutage kamen, so ging man nach und nach bis zur Hälfte dieser Geschwindigkeit herab, rückte aber die Eimer bis auf etwa 4 m mittlere Entfernung zusammen. Bezüglich der dann eingetretenen Stetigkeit im Betriebe der Baggerapparate führen meine an Ort und Stelle genommenen, mit denjenigen meiner damaligen Collegen übereinstimmenden Notizen zu folgenden Ergebnissen: Die Triebwellen der Motore machten durchschnittlich in der Minute 56 Umdrehungen; d.s Uebersetzungsverhältnis der Transmission war , folglich machte die obere Daumen- 12 trommel des Baggerapparates, die per Umdrehung 8 Kettenglieder von je 0T75 m umfasste, 6" 11 Umdrehungen in der Minute, woraus sich für die Eimerkette die Geschwindigkeit von 8*554 in in derselben Zeit ergibt. *) Gegen Schluss der pneumatischen Versenkung hatte die Eimerkette die abgewickelte Länge von 60'20m; es hingen 8 auf- und 8 abwärts gehende, also im Ganzen 16 Eimer daran. Folglich war deren mittlere Entfernung = ^ ^ = 3 763 m und nicht 2"50 m, 16 wie das 0 a s t o r'sche Werk irrthümlich angibt. Da die Eimer, gestrichen voll gemessen, einen Fassungsraum von 50 Liter hatten, so war die mittlere ideelle Leistung per Schacht und Stunde 8'554 X 60 X 3-763 X 50 = 6*82 to 3 oder für die 4 Bagger eines Portal- p fe i 1 er s = 27-28 m 3 , anstatt der in dem genannten Werke irrthümlich angegebenen 40 m s . Die Durchschnittsleistung der Bagger von 4 Pfeilern war per Schacht und Stunde 2'663 m 3 oder circa 39% der ideellen Leistung, wogegen sich aber als Durchschnittsleistung für den er st f undirt en Pfeiler nur 2172%' dagegen für den zweiten 48 4 /5°/o 1111 ^ für die beiden Mittelpfeiler über 70% ergaben. Die zahlreichen kleineren Unterbrechungen, wie z. B. in Folge der öfteren Verlängerung der Eimerkette, des häutigen Abfallens oder Zerreißens der Transmissions-Drahtseile u. s. w., sind ganz unberücksichtigt geblieben. Die Baggerapparate dienten — abgesehen von der Vor- baggernng des Sumpfes unter jedem Förderschacht — eigentlich doch nur als Aufzüge für das Erdmaterial, welches durch die in comprimirter Luft beschäftigten. Arbeiter abgegraben und durch Schanfelwurf den Schächten zugebracht wurde. War die pneumatische Versenkung wegen Herstellung der Ziegelgewölbchen in den Arbeitskammern, oder wegen Eeparaturen an den letzteren, oder wegen Mangels an Belastungsmauerwerk über der Caissondecke, oder aus anderen Ursachen zeitweilig unterbrochen, so war auch unterdessen die Baggerung eingestellt. Die Bagger förderten nur soviel Aushubmaterial zu Tage, als ihnen durch die Caissonarbeiter zugeführt wurde, und diesem Umstände ist es auch zuzuschreiben, dass die Baggereimer nicht stets voll heraufkamen. Allerdings kamen sie auch zeitweise übervoll zu Tage, und in diesem Falle war das volummetrische Güteverhältiiis des Baggerapparates über 100%. *) Die Kettengeschwindigkeit von 8-554 m in der Minute kann als gering, dagegen die Eimerentfernung von 3'50—4 - 00 m als groß bezeichnet werden. Bei verticalen Schiffsbaggern erreicht die Kettengeschwindigkeit nicht selten 40 m in der Minute bei einer mittleren Eimerentfernüng von 1-60—2 00 m. Jedenfalls könnte die Leistungsfähigkeit des Schachtbagger?, ohne die Kettengeschwindigkeit zu steigern, nur durch Keduction des Eimerabstandes bedeutend gehoben werden. Zur Förderung von etwa 16.885 m 3 ausgehobenem Erdmaterial waren — mit Einbezug des erstfundirten Pfeilers — die Baggerapparate während 1750 Stunden in Betrieb; da nun die Versenkung der Caissons für die 4 Strompfeiler, inclusive Herstellung der Ziegelgewölbchen in Druckluft, 134 effective Arbeitstage oder 3216 Stunden dauerte, so entfallen per 1 Arbeitstag durchschnittlich 13 06 und nach Ausscheidung des ersten Pfeilers nur 10"80 Betriebsstunden auf die Baggerung, respective Hebung des Erdmaterials. Diese beanspruchte also im Mittel kaum die Hälfte der zur Pfeilergründung erforderlich gewesenen Arbeitszeit. Anschaulicher wird die Sache, wenn man die thatsächliche Durchschnittsleistuug des Fleur Sain t-D eni s'schen Fördersystems mit der eines anderen, unter annähernd ähnlichen Gründungsverhältnissen verwendeten, wahlverwandten Fördersystems vergleicht. Zu diesem Behufe habe ich das mir sehr bekannte Fördersystem meiner früheren Bauunternehmung (Gebr. Klein, A. Schmoll & E. Gaertner, Wien) herangezogen.*) Beide Systeme haben nämlich insoferne eine gewisse Aehnlichkeit miteinander, als sie die continuirliche Förderung mittelst Nonas oder Baggerwerken gemein haben, nur mit dem Unterschiede, dass bei dem Fleur Saint-Deni s'schen die Eimerkette sich im Wasser, respective in freier Luft, dagegen bei dem zum Vergleich herangezogenen, ausschließlich in Druckluft bewegt. Der erstfundirte Pfeiler beider zu vergleichenden Gründungs- arbeiten wurde — mit Rücksicht auf die dabei mit den Förder- apparaten durchgemachten Kinderkrankheiten — von dem Vergleiche ausgeschieden. Das durch die Fuudamentkörper verdrängte, d. i. im Abtrag bemessene Volumen des Aushubs in comprimirter Luft zur Fundirung der Strompfeiler II, III und IV der Kehler Eisen- bahnbrücke betrug rund 7250 m 3 . Es waren hierzu erforderlich im Ganzen 2940 B etr i e b ss tun d en eines Baggerschachtes; folglich war die mittlere Leistung per 1 Schacht und Stunde = 2'46 7 m s und der volummetrische Wirkungsgrad wirkliche Leistung: 2'467 war / Ideelle Leistung : 6 - 82 = 0-590. \Vermehrungfactor : 1-63 Das ebenfalls im Abtrag bemessene Volumen des Aushubs in comprimirter Luft zur Versenkung der 4 Strompfeiler der Nordwestbahn-Donaubrücke bei Wien betrug 4068 m 3 und es waren zu dessen Bewältigung erforderlich circa 4783 Betriebsstunden einer Luftschleuse ; daher war hier die mittlere Leistung per 1 Förderschleuse und Stunde = 0'851 m 3 . Auch betreffs dieser Luftschleuse ließe sich mit demselben Rechte behaupten, dass der geförderte Aushub weitaus nicht das erwartete und der maschinellen Leistungsfähigkeit des Apparates entsprechende Resultat ergeben habe. Denn der Construction dieses (von mir im Jahre 1868 während der Fundirungsarbeiten an der Wien-Stadlauer-Donaubrücke erdachten, aber erst im Jahre 1869 unter Beihilfe meiner damaligen Mitarbeiter zur Ausführung gelangten) Apparates lag die ursprüngliche Annahme zu Grunde, mit demselben unter normalen Verhältnissen eventuell einen Caisson von 72 38 m 2 (Stadlauer-Brücke) alle 24 Stunden um 0'50 m absenken, beziehungsweise 36 rrfi Erdmaterial, in festem Zustande gemessen, fördern zu können. Hierbei waren vorausgesetzt: Eimer von 10 l Fassungsraum; Füllungsverhält- nis = 0 - 60; Eimerabstand = P68 m; Kettengeschwindigkeit == 12 m in der Minute; Betriebs-, respective Zeitverluste beim Postenwechsel = 12'/2 ü /o ot * er 3 Stunden auf 24; Vermehrungs- factor, herrührend von der Bodenaufquellung etc., d. i. Fördervolumen ■ A .„ , 1. „ „ , -———---= 1'50. Gewiß könnte dieses ideelle Resultat Aushubvolumen leicht erzielt werden, wenn dem Becherwerk stets genügend Aushubmaterial zugebracht würde, und wenn nicht eine Menge unberechenbarer, die Bodenförderung beeinträchtigender Umstände mit im Spiele wären. *) „Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure", Bd. XV, 1871, S. 631—635 und Tafel XXI und XXII. 10 Wir haben soeben gesehen, dass ■ die in Eede stehende Luftschleuse per Stunde durchschnittlich 0'851 m 3 förderte, das macht in 24 Stunden 20'42 m 3 . Unter Mitberücksichtigung aller obiger Factoren ergibt die durchgeführte Berechnung als volummetrischen Wirkungsgrad: thatsächliche Leistung für gelockertes Material: 0 851 X P50 ideelle Leistung für gelockertes Material: 4-286 = 0-298. Das Ausmaß von 20 - 42 m 2 , im Abtrag gemessen, ist als gutes Durchsohnittsresultat zu betrachten; auch bei vielen anderen mit Luftschleusen dieses bewährten Systemes ausgeführten Absenkungen ist dieses Eesultat selten überschritten, in gewissen Fällen nicht einmal erzielt worden. Dass trotz dieses anscheinend ungünstigen Ergebnisses die Bauunternehmung dabei ihre Rechnung gefunden hat, dürfte schon dadurch bewiesen sein, dass diese Apparate noch jetzt im Gebrauche stehen. Der weitere Vergleich in Bezug auf die Selbstkosten fällt ebenfalls weitaus zu Gunsten des Fleur Saint-Denis'schen Förderungssystems aus, denn laut meinen — in jeder Beziehung auf gleicher Basis der Preise für Löhne und Verbrauchsmaterialien stehenden — Berechnungen kostete bei den Gründungsarbeiten der Wiener Nordwestbahn-Donaubrücke ein Cubikmeter faktischen Aushubs in comprimirter Luft l - 84 mal mehr als bei der Kehler Eisenbahnbrücke. Hinsichtlich der liier verglichenen Arbeitsleistungen und Selbstkosten ist noch zu bemerken, dass bei Kehl die Caissons bis zur erreichten, projectmäßigen Fundirungstiefe von 20 m unter Niedrigwasser an den Führungsgestängen (für jeden Portalpfeiler 32 und für jeden Mittelpfeiler 24 Schraubenspindeln) gehalten wurden, wodurch an und für sich bedeutende Mehrausgaben, aber auch außerdem eine abnorme Vermehrung (im Mittel 1-63: P00) des Aushubs — durch Hereinrutschen des Erdmaterials von außen unter die untergrabene Caissonschneide — hervorgerufen wurden. Berücksichtigt man diesen Umstand bei dem Vergleiche der beiderseitigen Selbstkosten, so sinken die letzteren für den offenen Baggerschacht unter die Hälfte derjenigen für die besprochene Einsteige- und Förderschleuse mit Baggerung in comprimirter Luft. Die bei Kehl mit den Caissonversenkungsarbeiten betraut gewesenen Bauunternehmer haben in pecuniärer Beziehung ein sehr befriedigendes Resultat erzielt und haben sich, soweit meine Erinnerungen zurückreichen, niemals dahin ausgesprochen, dass die Baggerapparate den gehegten Erwartungen nicht entsprochen haben. Wenn in dem C a s t o r'schen Werke gesagt ist, dass die praktischen Resultate des Schachtbaggers weit hinter der ideellen Leistung desselben zurückgeblieben sind, so bezieht sich dieser Ausspruch sinngemäß nicht nur auf diesen, sondern auf alle von ihm beschriebenen Baggerapparate, denn keiner derselben überschreitet das volummetrisclie Güteverhältnis von 60°/ 0 . Es erübrigt mir noch die Besprechung der Ansicht, dass dem Fleur Saint-Denis'schen Förderschachte eine Explosionsgefahr anhafte. Diese ist in der Eingangs genannten Abhandlung wiederholt ausgesprochen und scheint in die Fachliteratur übergegangen zu sein.*) Der an seinen beiden Enden offene, in dem unter den äußeren Wasserspiegel reichenden Theil mit Wasser gefüllte Förderschaft bietet die erforderliche Sicherheit gegen Explosionsgefahr unter folgenden Voraussetzungen: 1. Der Untergrund muss aus durchlässigem Erdmaterial bestehen. 2. Der Ueberschuss an Druckluft muss entweder durch den Förderschacht, respective unter den Caissonwänden hindurch oder durch (die auf den Einsteigeschleusen angebrachte'i) Sicherheitsventile entweichen können. 3. Der Schacht muss durch stetige Vorbaggerung eines genügend tiefen Wassersumpfes vor Versandung geschützt, mit seiner unteren — tiefer als die Caissonwände reichenden *) Vergl. z. B. L. Brenneck e's Vortrag, gehalten 1880 im St. Petersburger Polyt. Verein: „Ueber die Methode der pneumatischen Fuudirungen", Capitel IV. (St. Petersburg, bei Oscar Kranz) und Handbuch der Ingenieurwissensehaften, 1890, IV. Bd. Die Baumaschinen, Cap. XII, S. 44. — Oeffnung um mindestens 0'30 m in das Grundwasser eintauchen und stets mit dem den Caisson umgebenden Wasser in Communication, respective in gleichem Niveau bleiben. Rathsam ist es ferner, dass der betreffende Caisson nur durch Belasiung, d. i. niemals durch Druckverminderung oder künstliche Luftausströmung zum Sinken gebracht wird, und dass die Gründungsarbeiten auch während des Schleusenwechsels oder während der Verlängerung der Einsteigeschächfe, Einsetzung der Beton- maschino u. s. w., ununterbrochen, ohne Abstellung der Com- pressoren, zu Ende geführt werden. Sind die sub 1, 2 und 3 genannten Bedingungen erfüllt, so hält die Wassersäule in dem Förderschachte dem Luftdruck im Caisson stets das Gleichgewicht. Ein Herausschleudern der Wassersäule aus dem Förderschacht ist bei umsichtigem Betriebe weder während der Versenkung, noch während der Betonirung des Caissons zu befürchten. L. Brennecke meint, dass eine Explosion, resp. ein Herausschleudern der Wassersäule aus dem Förderschacht dadurch hervorgerufen werden könne, dass während des Baggerns von den Eimern stets etwas Wasser dem Schachte entführt wird, so dass dadurch die Druckhöhe im Schachte geringer wird als die Druckhöhe des Wassers um den Pfeiler herum. Es sei daher noth- wendig, während des Baggerns fortwährend den Wasserverlust im Schachte zu ersetzen. Für Bodenverhältnisse, wie sie bei der Pregelbrücke zu Königsberg und bei der East River-Brücke vorgefunden wurden und wo der offene Baggerschacht wegen der damit verbundenen Explosionsgefahr sich nicht bewährt haben soll, mag die obige Anschauungsweise gelten, für die Boden- und Betriebsverhältiiisse, wie dieselben beim Kehler Brückenbau bestanden, ist sie jedoch ganz unzutreffend. Die geringe Wassermenge, die dem Schachte durch die Baggerarbeit etwa entführt worden war, hatte genügend Zeit um wieder zurückzuträufeln, bevor die durchlöcherten Baggereimer zur Entleerungsstelle gelangten. Dadurch konnte das hydrostatische Gleichgewicht nicht gestört werden. Im Uebrigen bildete bei dem dortigen durchlässigen Untergrund der Schacht mit dem den Caisson umgebenden Wasser eine communicirende Röhre. Das Ausschöpfen derselben oder auch nur eine, wenn auch noch so geringe Senkung ihres Wasserspiegels war unter den geschilderten Verhältnissen unmöglich. Beide Wasserspiegel, im Schacht und um den Pfeiler herum, standen stets in gleicher Höhe. Ich lasse es dahin gestellt sein, ob die für den Rhein sehr passende Methode des offenen Förderschachtes für den Pregel überhaupt geeignet war. Wenn die Methode dort und anderweitig den Erwartungen nicht entsprochen oder sich nicht bewährt hat, so dürften die Ursachen vielleicht weniger in dem System selbst, als in der Detailconstruction desselben, oder vielmehr in der Unerfahrenheit der Bedienungsmannschaft und vor Allem in den ungeeigneten Bodenverhältnissen zu suchen sein. Uebrigens gilt auch hier das Wort; „Wenn Zwei dasselbe thun, so ist es nicht dasselbe." Bei den Gründungsarbeiten zu Kehl ist allerdings in einem der offenen Förderschächte eine Explosion, übrigens ohne die geringste schädliche Folge für das in den Caissons beschäftigt gewesene Arbeiter- und Aufsichtspersonal gehabt zu haben, vorgekommen, aber nicht während der Versenkung oder Baggerung, sondern während der Betonirung der Luftkammern, u. zw. beim linksseitigen Mittelpfeiler in der Nacht vom 23. auf den 24. November 1859. Die Veranlassung zu diesem Zwischenfall war der Umstand, dass man im unteren Arbeitsraum eine Lage Beton derartig eingebracht hatte, dass der zufällig durch nachlässige Ueberwachung des Gebläsebetriebes entstandene Ueberschuss an Druckluft nach keiner Seite hin entweichen konnte. Nachdem die Spannung im Caisson ohne Zweifel bedeutend stärker geworden war als der Gegendruck des Wassers plus der Widerstandsfähigkeit der den unteren Rand des Förderschachtes umschließenden dünnen und noch frischen Betonlage, wurde diese zertrümmert und theilweise, sammt einem schaumigen Gemische, bestehend aus Druck- 11 luft und Wasser, darcli den Schacht hinaufgeschleudert. In den Caissons erloschen plötzlich die Kerzen und das Grundwasser stieg, jedoch nur langsam, so dass die Arbeiter Zeit fanden, sich in die Einsteigeschächte zurückziehen zu können. Wenn auf den Luftschleusen Sicherheitsventile angebracht gewesen wären, und wenn zuerst die Bagger-, resp. Förderschächte und nachher die Luftkammern mit Beton ausgefüllt worden wären, so hätte keine Explosion stattfinden k ö n ne n. Zur Verhütung von ähnlichen Zwischenfällen wurde nun angeordnet, vor der Ausbetonirung der Luft- kammern in denselben um die Förderschächte herum einige Sicher- heitsröhren aufzustellen, welche, die Betonschicht durchdringend, die Verbindung zwischen dem Luftraum des Caissons und der Wassersäule im Förderschacht offen halten, bezw. die Entweichung des überschüssigen Luftdruckes durch den Schacht ermöglichen sollten. Diese einfache Vorsichtsmaßregel bewährte sich vollkommen. *) Die Explosionsgefahr, oder richtiger gesagt: Die Möglichkeit eines p 1 ö tz Ii c h e n L uf tdur ch b r u c he s unter der Schneide hindurch, während der Absenkung in undurchlässigen Lehm-, Schlick- oder Thonschichten, oder auch während der Betonirung, besteht auch bei den Röhrenfun- dirungen und sogenannten modernen Caissons ; sie kann eben nur durch Anbringung von Sicherheitsventilen und durch andere, oben angedeutete Vorsichts- und Schutzmaßregeln verhütet werden. Als Beleg dafür, dass der offene Förderseil acht sich nicht bewährt habe, sagt L. Brennecke im Laufe seiner an demselben geübten Kritik: „Castor, der diese Methode bei Kehl zuerst anwendete, hat sie bei seinen späteren Bauten niemals wiederholt." Bei diesem Anlasse erlaube ich mir zu betonen, dass nicht Castor, sondern Fleur Saint-Denis diese (Schacht-) Methode zuerst anwendete. Die Bauunternehmung A. Castor & Jacquelot (Paris et Lyon), der das ihr gebührende Verdienst, statt der beabsichtigten Kübelförderung in dem (unverändert gebliebenen) Schacht diejenige mittelst Noria in Vorschlag gebracht und durchgeführt zu haben, nicht im Geringsten geschmälert werden soll, war neben mehreren anderen bedeutenden Firmen**) allerdings in hervorragender Weise am Bau der Kehler Eisenbahnbrücke betheiligt, der übrigens zu einem großen Theil durch die Bauverwaltung der französischen Osteisenbahn-Gesellschaft in eigener Begie ausgeführt wurde. Bei den dortigen Drnckluftgründungen waren der genannten Firma die Caisson- baggerungen von Seiten der Bauleitung übertragen worden gegen eine Vergütung von 27 Frcs. für den Cubikmeter zu Tage gefördertes, in geaichten Kippkasten (von 2 bis 2V 2 ni3 ) gemessenes Erdmaterial. Gegen diese Vergütung hatte die Unternehmung zu stellen: Die Baggergeräthe nebst den beiden zu ihrem Betriebe erforderlichen Dampfmaschinen (von je 10 PS) ; ferner die Ge- räthe und Mittel zum Transport des geförderten Aushubmaterials ; die Bedienungsmannschaften zum Betriebe der genannten *) Bei allen später durch die Bauunternehmung A. Castor ausgeführten Röhrenfundirungen wurden stets vor Beginn der Betonirung in comprimiiter Luft alte eiserne Siede- oder Gasröhren von etwa 6 cm Lichtweite in Stücken von beiläufig 2 25 m Länge im Innern der Arbeitskammer so aufgestellt, dass der etwaige überschüssige Luftdruck ungehindert unter der Schneide hindurch entweichen konnte. Gleichzeitig wurde dadurch einem eventuellen (auch stattgefundenen) Wassereinbruch von außen nach innen, so lange die Betonlage nicht mächtig oder widerstandsfähig genug war, um dem Auftrieb das Gleichgewicht zu halten, vorgebeugt. Die Sicherheitsröhren wurden nachträglich mit flüssigem Cementmörtel ausgefüllt. **) Görner, Andre & Berthrand (Strassbnrg): Dienstbrücke, Pfeilergerüste, Schuppen, Verwaltungsgebäude, Magazine, hölzerne Senkkasten etc. Wenger & Co. (Strassburg): Erd- und Maurerarbeiten in freier Luft, Steinmaterialien. Castor & Jacquelot (Paris et Lyon): Caissonbaggerung und Baggererarbeiten zur Gewinnung von Anschüttungsmaterial. Maschinenbau-Gesellschaft Grafenstaden (bei Strassburg): Lieferung der eisernen Caissons und der beiden Drehbrücken. Gebr. Benckieser (Pforzheim): Eisen- construetion über den drei Stromöffnungen. Alles nach Einheitspreisen. Außer diesen Firmen standen noch zahlreiche Lieferanten in directer Verbindung mit der Bauleitung. Geräthe und Motoren, sowie zur Handhabung der Caisson-Füli- rungsspindeln, und schließlich die zum Erdaushub in Druckluft benöthigten Arbeiter. Die Bauverwaltnng ihrerseits stellte die Gerüste, Caissons sammt Führnngsgostänge, Laufkrahne zum Heben der Schachtrohre und Luftschleusen etc., besorgte den Betrieb der fünf Gebläsemasch inen, sowie die successive Verlängerung der Einsteige- und Fürderschächte, die Strebenauswöl- bung in comprimirter Luft, die Betonirung in und auf den Caissons, die Gerüst- und Caissonbelenchtung, die Taucherarbeiten, die ärztliche Verpflegung des Arbeiterpersonales und noch manches Andere. Die Thatsache muss zugegeben werden, dass Castor den Fleur S ai n t - D e n is'schen Förderschacht bei seinen späteren (wenigstens bis zum Jahr 1880 ausgeführten) Bauten nicht anwendete. *) Da ich unmittelbar nach Fertigstellung der Pfeilerbauten bei Kehl von der französischen Osteisenbahn zu A. Castor übertrat und während einer Reihe von Jahren als Bauleiter in seinen Diensten stand, so bin ich, gestützt auf meine Wahrnehmungen, in der Lage, auch zur Aufhellung dieses Gegenstandes etwas beizutragen. Die günstige Conjunctur rechtzeitig benützend, übernahm A. Castor — nach seiner im Jahr 1860 erfolgten Trennung von Jacquelot — neben Flussregulirungon und Hafenbauten nun auch solche Bauten, bei denen Druckluftgründungen vorkamen. Während der ersten Jahre seiner diesbezüglichen Thätig- keit hatte er ausschließlich mit Röhrenfundirungen (nächst Argentenil, Orival, Elbeut) zu thun, bei denen die Anwendung des offenen Baggerschachtes schon mit Rücksicht auf die beschränkten Raumverhältnisse ausgeschlossen war. Bei seinen erst später (ab 1865) unternommenen Caissonfundirungen für Brücken- und Quaimauern (zu St. Gilles, Arles, Rovigo, Bone, Brest etc.) wäre der Baggerschacht höchstens in einigen vereinzelten Fällen, bei den Quai- und Hafenbauten aber keinen Falls wegen des schlammigen oder thonigen Baugrundes verwendbar gewesen. Um die Specialität rentabel zu gestalten, musste Castor — ebenso auch seine späteren Concnrrenten — sich mit solchen Apparaten ausrüsten, die nicht nur in Ausnahmefällen, sondern voraussichtlich allgemein Verwendung finden und in möglichst kurzer Zeit amortisirt werden konnten. Die Einsteige- und zugleich Förderschleuse —■ einerlei ob mit Kübelförderung oder mit Becherwerk u. s. w. — entspricht diesen Anforderungen am Besten, denn sie kann sowohl auf dem kleinsten wie auch auf dem größten Caisson (bei letzterem eventuell in mehreren Exemplaren nebeneinander) und unter den schwierigsten Boden- und Betriebsverhältnissen verwendet werden. In der Einleitung zu diesem Abschnitt wurde schon angedeutet, dass der offene Baggerschacht vorwiegend bei Fundirungen in sandigem, luft- und wasserdurchlässigem Baugrund und, wenn die Einrichtung ausgenützt werden soll, nur für größere Caissons, d. i. für solche von mindestens 120 m 2 Bodenfläche, empfehlens- werth ist. Nur für solchen Baugrund, der sich für die Vertical- baggerung überhaupt eignen würde — also klebende, zähe oder felsige Bodengattungen ausgeschlossen — eignet sich im Allgemeinen auch die Anwendung des offenen Förderschachtes. Caissons von der genannten Größe kamen damals in Frankreich (und auch in Oesterreich) selten vor. Häufiger begegnen wir solchen von 75 m 2 abwärts, ja sogar bis zu 10 m 2 . Die durchschnittliche Caissonbodenfläche bei Brückenpfeilern wird 50 m 2 kaum überschreiten. Soll das System des offenen Förderschachtes voll ausgenützt werden, so ist ununterbrochener Luftdruckbetrieb (so wie er bei der Kehler Eisenbahnbrücke thatsächlich stattgefunden hat) erforderlich. Zu diesem gehören außer dem Förderschacht zwei (unter der Caissondecke abschließbare) Einsteigeschächte, die alle drei zusammen eine im Mauerwerk provisorisch auszusparende Querschnittfläche von mindestens 510 m beanspruchen. Dabei *) Wenn ich nicht irre, hat die Firma G o uin & Co., Paris, diese Fördermethode angewendet; vergl. z. B. „Pont tubulaire de Mez- zana-Corti, sur le Pö. 1 ' Nouvelles Annales de la Construction, 18ß4 12 ist noch zu beachten, dass die Schachtachsen mit Rücksicht auf die Luftschleusen wenigstens 2 m von einander entfernt sein müssen. Dass diese Dispositionen bei kleinen Caissons unzulässig sind, liegt auf der Hand. Selbst bei mittelgroßen Caissons, wobei vielleicht nur ein paar Hundert m 3 Erdmaterial zu fördern sind, erscheint es daher — auch mit dem Hinweis auf die zur Herstellung des Mauerwerkes erforderliche Zeit — nicht lohnend, Apparate zu verwenden, deren Leistungsfähigkeit und Bedienungsmannschaften bei Weitem nicht ausgenützt werden könnten. Dies dürften die Gründe gewesen sein, die den ganz besonders im Raggerwesen sehr erfahrenen Bauunternehmer Castor bewogen haben, den offenen Förderschacht nicht anzuwenden. Aehnliclie Erwägungen haben auch mich, obwohl ich hier als Vertheidiger des Fleur S a i nt-D e n is'schen Förderschachtes auftrete, bei Gründung meiner früheren Rauunternehmung (1869) bestimmt, die Einführung der besprochenen Einsteige- und Förderschleuse zu befürworten. Gegebenen Falls und bei Retriebsverhältnissen und Caissongrößen, die dem offenen Förderschachte entsprechen (wie solche z. R. an den nächst Worms und Düsseldorf gegenwärtig in Rau begriffenen Rogenbrücken mit ihren mächtigen Ufer- und Strompfeilern vorliegen), würde ich keinen Anstand nehmen, auf die Fleur S aint-D enis'sche Methode zurückzugreifen und dieselbe nach einigen daran vorzunehmenden Verbesserungen anzuwenden. Darmstadt, December 1897. -<$^m$ss%^>—^ Im Selbstverlage des Verfassers. — Druck von ß. Spies & Co. in Wien.