<£d«M KLEINE EITRA G E s c hi ichtlichen 'und ' natürlichen' Kennten ffs d e s FÜRSTEN THUM S LJPPE. L e in' g o in der a^Meye-rsphM^f^jje^naiürig .1816. Der Durchlauchtigsten Fürstin Pauline Christine Wilhelmine zur Lippe etc, gebornen Fürstin zu Anhalt - Bernburg etc. Vormünderin und Regentin ehrfurchtsvoll gewidmet von dem Verleger. Vo rbericht. Oie Aufsätze, welche diese Sammlung kleiner Beiträge zur geschichtlichen und natürlichen Kenntnifs des Fürstenthums Lippe enthält, sind schon früher einzeln in den Fürstlich Lippischen Intelligenzblättern erschienen, Sie Sie fanden so vielen Beifall, dafs ich midi entschlofs , den Wünschen mehrerer Vaterlandsfreunde nachzugeben, und einen besondern Abdruck derselben zu veranstalten. Ich übergebe diesen hiemit dem Publicum in der Ue- berzeugung, dafs auch viele auswärtige Leser durch •den interessanten Inhalt dieser Aufsätze werden angezogen werden. Ich habe die Erlaubnifs erhalten, den Verfasser derselben, der bisher unbekannt bleiben wollte, zu nennen. Es ist der Fürstlich Lippische Herr Archivrath Clostermeier zu Detmold, Möge mein Unternehmen etwas zu noch festerer Begründung und Erhöhung der Vaterlandsliebe meiner Mitbürger ger beitragen! Dies ist wenigstens mein warnaer Wunsch, und mein einziger Zweck bei jenem.. Unter den Stürmen einer verhängnisvollen Zeit hat die Weisheit unserer, von jedem treuen Lipp er hochverehrten, Durchlauchtigsten Fürstin, Vormünderin und Regent in das theure Vaterland dem uralten edlen und glorreichen' Stamme , dem es seit Jahrhunderten angehört, und dem Höchstdieselbe neue, zu den frohesten Erwartungen berechtigende, Blüthen gegeben hat, uns unversehrt erhalten, und unter einer, lange gewohnten thätigen, weisen und gerechten Regierung die Seegnungen der hoffentlich wiederkehrenden bessern Zeiten zu sichern. Der — VKI Der Lipper sey stolz auf das, mit ruhmvollen Alinea gesclimückte, Regentenhaus, das sein Vaterland so lange glück- . lieh gemacht hat! Er sey stolz auf den,, durch die Grosthaten seiner Vorfahren im grauesten Älterthume classisch gewordenen Boden, den er "bewohnt, und den sonst noch so viele natürliche. Merkwürdigkeiten auszeichnen? Lemgo den 25ten Febr. 181.6. der Verleger. ■" : : '( ' - k' r \~~ .-; ■ '•.**£-•'w s -*s^ lii-i ! « - ^■■■• Z H- '•: "■: ''t»-fH 1 ^ ' -~- »sjies tsia«wad ** ^ -*--» — *-. - ..... O %_< • » --i. . I. I Das Lied vom FaFkenberg, oder Braunschweigs Fehde gegen Lippe und Everstein um die Erwerbung der Eversteinischen Lande. Henninges von Rheden und seine Brüder Ernst, Dieterich, Otto und Friederich von Rheden wurden mit ihrem Lehnsherrn, dem Herzog Heinrich von Braunschweig im Jahr 1398 in eine Fehde verwickelt, in welcher sie bald genug der Uebermacht des Herzogs , der sie ihres Eigenthums entsetzte und aus seinem Lande vertrieb, weichen mufsten. In dieser Verlegenheit nahm sie Simon, Edler Herr zur Lippe, im Jahr 1403 gegen einen Vorschufs von 800 Goldgulden A al$ als Bnrgmanner in seinem Schlosse zu Varnholz auf, und erlaubte ihnen, sich aus demselben gegen den sie verfolgenden Herzog zu vertheidigeri. In eben diesem Jahre, am Pfingstfest halten Simon, Edler Herr zur'Lippe, der damals schon sehr alt und kränklich war, und sein Sohn Bernhard mit dem Grafen Hermann von Everstein eine Uebereinkunft getroffen, vermöge welcher sie ihre beiderseitigen Lande und Leute in eine Brüderschaft dergestalt vereinigten, dafs sie ewig beisammen bleiben , und beide Theile sich darin die Erhhuldigung wechselseitig leisten lassen sollten. Beide erbverbrüderte Landesherren nahmen nun Titel und Wappen des erbverbrüderten Landes an, Graf Hermann nannte sich Grafen zu Everstem und Lippe, und Simon und Bernhard nannten sich Edle Herren zur Lippe und Everstein. Da Graf Hermann keinen männlichen Erben, und sich verbindlich gemacht hatte, nicht mehr zu heirathen ; so erwarben sich die Edlen Herren zur Lippe die ganz nahe Hofnung •zum Besitz der Eversteinischen Lande. Diese grenzten an die Herrschaft Lippe, indem sie sich an beiden Seiten der Weser von Holzminden bis Hameln erstreckten , und vmter andern von den jetzigen Herzoglich Braunschweigischen Landen die Schlösser und Aemter Forst, Für-, s-tenberg, Ottenstein, und von den Churhannöverischen Landen die Aemter Polle, Bodenwerder, Gronde, Ohsen und Erzen in sich begriffen. Allein Allein die Herzoge von Braunschweig und Lüneburg hatten "bereits auch schon Absichten auf die ihnen so wohl gelegene Grafschaft Everstein gefafst, und waren sehr empfindlich darüber, solche vereitelt zu sehen. Sie warteten daher nur auf einen scheinbar gerechten Vorwand, sich desfalls an den Edlen Herren zur Lippe zu rächen. Diesen fand jetzt der Herzog Heinrich von Braunschweig, indem, seinen Feinden verliehenen, Schutze. Er. kündigte deswegen den Grafen Hermann von Everstein und Simon und Bernhard, Edlen Herren zur Lippe, seine Feindschaft an. Mit der ganzen Macht seines Hauses, welche damals nur zwischen ihm und seinem Bruder, Bernhard, Herzog von Lünebnrg, der ihn kräftigst unterstützte, getheilt war, rüstete er sich zu einem feindlichen Einfall in die Herrschaft Lippe, und war jetzt eben im Begriff, denselben auszuführen, als ihm schon Bernhard, Edler Herr zur Lippe, den angeerbte Tapferkeit und das Beispiel seines Vaters und seiner Vorr fahren zu glänzenden Thaten trieb, bei Hameln mit seinen Hauptleviten und Rittern Gerhard von Ense , Dieterich dem Ketteier, Johann dem Drosten und Friedrich von Brenken und seiner getreuen Lippischen Landesfolge muthig entgegen kam und am igten Nov. 1404 am Odernberg ein hitziges Treffen lieferte. Der Der Siegkrönte Bernhard, Edlen Herrn zur Lippe. Das Braunschweigische Heer wurde geschlagen, zerstreut und der Herzog selbst mit vielen seiner Vasallen gefangen genommen. Die Beute war unermefslich. Der Herzog mufste es sich gefallen lassen, die erste Nacht in einem Wartthurm, der vor diesem an der Burg in Barntrup stand, zuzubringen, den andern Tag bis Blomberg zu reiten und am dritten sich in das feste Bergschlofs Falkenberg im Lippischen Wald zubegeben, worinnen er in einer Kammer, welche von ihm nachher die Fürstenkammer hiefs, und die man noch im vorigen Jahrhundert unter den Ruinen des Schlosses zeigte, als Gefangener verwahret wurde. Das Andenken dieser Gefangenschaft des Herzogs im Schlosse Falkenberg überlieferten die Bewohner des Lippischen Waldes, nach uralter deutscher Sitte, ihren Nachkommen durch ein Volkslied, welches sich durch seinen Gegenstand, seine natürliche Einlalt und sein angenehmes , in Liedern dieser Art seltenes, Metrum vor andern vortheilbaft auszeichnet." Es fand sich unter den Papieren des seel. Amtmanns Küster, der zu seiner Zeit der eifrigste Liebhaber und vielleicht auch der gründlichste Kenner der vaterländischen Geschichte war, in drei Handschriften, unter welchen eine von seiner eigenen Hand die beigefügte Jahr zahl 1737 hat, in welchem Jahr das Lied also muth- miuhmarslicli äüs dem Munde der in der Nähe des Falkenbergs wohnenden Landleute zu Papier gebracht worden ist. Es folgt unten unverändert. Nur ist manches Wort, das nach der provinziellen Aussprache .des gemeinen Mannes niedergeschrieben worden war, in der niederdeutschen Schriftsprache ausgedrückt, und zur Wiederherstellung des Metrums, das durch die mehr als dreihundertjährige mündliche Fortpflanzung leicht etwas verunstaltet werden konnte, hie und da eine Sylbe weggeworfen, oder zugesetzt. Der Umstand, dafs die Herzogin von Braunschweig selbst zu Bernhard, Edlen Herrn zur Lippe, kam und die Befreiung ihres Gemahls von ihm erbath, würde ohne das Falkenbergische Lied, das sie mit jenem redend einführt, der Nachwelt nicht aufbehalten worden seyn, da alle gedruckte und geschriebene Nachrichten von der Braunschweig Lippischen Fehde ihn verschwiegen haben. Hier ist das Lied : Ik sag minen Heren van Falkenfteen To siner Borg op rieden. En Schild forte he beneven sik her, Blank Swerd an siner Sieden. „God gröte ju Heren vVri Falkensteen.' „Sy ji des Land's en Here? „Ei so gebet met wed'r den Gefang'nen min, „Um aller Jungfrou'n Ere! De De Gefangene, den ik gefangen hebb', De is mi worden suer, De ligt tom Falkensteen in dem Thoorn, Darin sal he vervulen. „Sal he dan tom Falkensteen in dem Thoorn, „Sal he darin vervulen? „Ei so wil ik Aval jegen de Müren treen, „Un helpen Leefken truren. Un as se wal jegen de Müren trat, Hört se fien Leefken d'rinne. „Sal ik ju helpen? dat ik nig kan, „Dat nünt mi Wit un Sinne. Na Hus , na Hus, mine Jungfroue,. zart, Un tröst jue arme Weysen. Nemt ju op dat Jar enen andern Man, > De ju kan helpen truren. „Nem ik op dat Jar enen andern Man, „By eme möst' ik slapen. „So leet ik dan ok jo min Truren nig, „Slög he mine arme Weysen., „Ei so wolt ik, dat ik enen Zelter *) hedd r ,,Und alle Jungfrou'n rieden,, „So wolt ik met Heren van Falkensteen, „Um min fien Leefken strieden. Oh ne, oli ne, mine Jungfrou zart? Des möst' ik dregen Schande, Nemt ji juen Leefken wal by de Hand, Trek ja met ut dem Lande. „Ut dinem Lande trek ik so nig, „Du gifst mi dan en Schriven, „Wen ik nu komme in fremde Land, „Dat ik darin kan bliven. As se wal in en grot heede kam, Wal lüde ward se sinken: O * „Nu kan ik den Heren van Falkensteen „Met minen Worden twingen. „Do ik dit nu nig hene seggen kan, „Do wil ik don hen scliriven, „Dat ik de Heren van Falkensteen „Met minen Worden kont twingen. In- *) Ein zum Ritterlichen Kampf geübtes und ausgerüstetes Pferd. Indefs wurde doch der Herzogin von Braunschweig die Befreiung ihres Gemahls aus seiner Gefangenschaft nicht so leicht, als das Lied vomEalkenberg , das noch jetzt von den Landleuten der Vogtei Falkenberg gesungen wird, vorstellt. Auch brachte diese Fehde, so glorreich sie sich für die Edlen Herren zur Lippe zu enden schien, ihr Haus an den Rand des gänzlichen Verderbens. Herzog Bernhard von Lüneburg verliefs feinen gefangenen Bruder nicht. Er erhob am Hofgericht des Römischen Königs B_uprecht (Churfürsten von der Pfalz) zu Heidelberg eine schwere Klage gegen Bernhard, Edlen Herrn zur Lippe, nicht nur wegen der Aufnahme der von Rheden als offenbarer Landfriedensbrecher in seine Schlösser, und des daraus den Braunschweigischen Landen mit Hülfe der Edlen Herren zur Lippe zugefügten grofsen Schadens, sondern auch wegen der Ueberziehung des Herzogs mit Krieg, dessen Gefangennehmung und Verwahrung im Schlosse Falkenberg. König Ruprecht befahl, in einem den aösten Febr. 1405 gegen Bernhard, Edlen Herrn zur Lippe, erkannten Mandat die unverzügliche Entlassung des gefangenen Herzogs, und setzte zugleich jenem einen Termin zur Verantwortung vor dem königlichen Hofgericht auf den i5ten März an. Ehe aber dieser noch eintrat, hatten die Edlen Herren zur Lippe durch die Vorstellung ihrer gerechten Beschwerden gegen die Herzoge von Braunschweig, als die Urheber des Kriege 5 , ges, den Römischen König Ruprecht schon vermocht, letztern eine freundliche Tagfatzung zur Verföhnung auf den Sonntag vor Pfingsten nach Frankfurt am Main zu bestimmen. Keiner der beiden Theile beschickte diesen Tag, und das königliche Hofgericht sprach die Acht gegen Bernhard, Edlen Herrn zur Lippe, aus. Aber der Schutzgeist der Gemahlin desselben waltete mit schirmender Hand über feinem Hause. Bernhards Gemahlin war die Tochter des Grafen Friedrichs von Mörs, und dessen Oheim, der Churfürst Friedrich' von Cöln, lebte noch. Dieser, dem Lippischen Hause höchst wohlwollende, Fürst, verwandte sich mit aller Kraft bei dem König Ruprecht für seinen Neffen, und bewirkte dadurch, dafs die Verkündigung" der Acht noch ausgesetzt, ja selbst dem Chur- fürsten der Auftrag, die Sache in der Güte zu schlichten, er- theilt wurde. Die Zeit, welche die Edlen Herren zur Lippe dadurch gewannen, benutzten sie zu unmittelbaren Verhandlungen mit den Herzogen von Braunschweig und Lüneburg. Am 22sten Junius 1405 kam ein Vertrag zum Stande. Herzog Heinrich gelobte ein Lösegeld von 100,000 Rheinischen Goldgulden, oder deren Werth in Silber in gewissen Terminen an Simon und Bernhard, Edle Herren zur Lippe, zu bezahlen, und desfalls zwei Landesherren und 26 ritterbürtige Männer zu Bürgen zu stellen. B Samt- Sämtliche Gefangene von beiden Seiten sollten entlassen werden, und zwischen den Braunschweigischen , Eversteinischen und Lippischen Landen alle Fehde für immer abgethan sein. Auch verpflichtete sich der Herzog noch insbesondere mittelst einer eidlichen Urfehde, das erlittene Gefängnifs nicht zu rächen, und beim Römischen König Ruprecht, die Aufhebung der gegen Lippe und Everstein erkannten Acht zu befördern. Auf diefe Bedingungen bekam der gefangene Herzog seine Freiheit wieder. Die Edlen Herren zur Lippe hielten nun die Sache für gänzlich geschlichtet, um so mehr, da die Herzoge Heinrich und Bernhard von Braunschweig und Lüneburg am i§ten August 1405 in Abschlag des Lösegeldes 22,000 Goldgulden anwiesen, welche auf Pfingsten über ein Jahr unter der Verbürguug von a5 ihrer Vasallen zu Lemgo ausgezahlt werden sollten; unterm 8ten September Königs Ruprecht Loszählung von der Acht einsandten, an eben diefem Tage mehrere gefangene Everstei- nische und Lippische Ritter und Vasallen von ihrer geleisteten Urfehde eiliefsen, und Herzog Bernhard noch insbesondere eine Urkunde ausstellte, und zu den Heiligen schwor, auch seiner Seits weder jemals Feind vonLippe und Everstein zu werden, noch die von seinem Bruder erduldete Gefangenschaft an irgend jemanden zu rächen. Aber bald darauf gereuete den Herzog Heinrich der Vergleich. Er vergafs Eide , Briefe und Siegel, und wandte sich an an das Königliche Hofgericht zu Heidelberg mit den heftigsten Beschwerden gegen Lippe und Everstein. Der Römische König Ruprecht erklärte am igtenDecbr. 1405 die Edlen Herren zur Lippe, den Grafen Hermann von Everstein, und die Hauptleute und Ritter Gerhard von Ense, Diedrich den Ketteier, Johann den Drosten und Friedrich von Brenke und alle ihre Mannen, Helfer, Diener und Theilneh- "mer an den Händeln gegen die Herzoge von Braunschweig förmlich in seine und des Heiligen Römischen Reichs Acht, und liefs das erkannte Achtsinandat an Bürgermeister, Rath und Bürgerschaft der Stadt Lemgo zur Vollziehung insinuiren. Den Geächteten wurde zur Last gelegt, dafs sie in beharrlichem Ungehorsam gegen die erkannten Mandate des Königlichen Hofgerichts, weder Verantwortung noch Entschuldigung vorgebracht, den Herzog seines Gefängnisses auch nicht entlassen, vielmehr selbst noch seine Haft mit unmenschlicher Leibesnoth und Pein, wie nicht gegen einen gemeinen Christen, geschweige einen Fürsten des Reichs, hätte geschehen sollen , geschärft, die ihm abgenommene Habe nicht zurück gegeben, eine ungebührliche Schätzung und Urfehde , ja sogar eine Verschreibung von demselben, selbst die Königliche Begnadigung seiner Feinde auszuwirken, erprefst hätten. Es läfst sich leicht erachten, dafs man von Seiten des Herzoges bei der Schilderung des Ungemachs, das derselbe in B % seiner - 12 - seiner Gefangenschaft zu erleiden hatte , die Farben etwas stark aufgetragen haben wird. Da die'getreue Stadt Lemgo weder den Willen, noch die Macht hatte, die Acht gegen ihren Landesherrn zu vollziehen, so hatte diese für jetzt noch keinen Erfolg. Der Herzog- Heinrich von Braunschweig wagte es noch nicht, wieder auf den Kampfplatz zu treten. Er war mit seinem Gewissen , das ihm Vorwürfe machte , noch nicht im Reinen. Er reisete erst nach Rom, und brachte es durch seine dringenden Vorstellungen dahin, dafs ihn der Pabst nicht nur von seinem geleisteten Eide entband, sondern auch sogar Bernhard, Edlen Herrn zur Lippe , in den geistlichen Bann that. Beruhigetin seinem Gewissen und hoch erfreuet darüber, auch die Ungnade des heiligen Vaters auf das Haupt seines Feindes geladen zu haben, kehrte der Herzog in sein Land zurück, und nahm seine weitern Maafsregeln zur Ausführung seiner Rache. Das Königliche Hofgericht zu Heidelberg kam den Wünschen des Herzogs entgegen. König Ruprecht erkannte am 21 sten Febr. 1407 gegen den Graf en Hermann von Everstein Und die Edlen Herren zur Lippe, Simon und Bernhard, Vater und Sohn und alle ihre Anhänger, weil sie über Jahr und Tag muthwillig, ungehorsam und freventlich ihm und dem Heiligen Reiche zur Schmach in des Reichs Acht / Acht gelegen hätten, und weil er darum ersticht, gemahnt und ernstlich angerufen worden sey, seine und des Reichs Überacht. Vermöge derselben nahm der Römische König den Aechtern und Oberächtern alle ihre Rechte und Freiheiten, gab ihre Lehngüter ihren Lehnsherren wieder zurück , und : erklarte ihr Eigenthum ihm und dem Reiche für heimgefallen. Niemand sollte die rechtslosen Frevler hausen, speisen, tränken , niemand die geringste Gemeinschaft mit denselben pflegen. In allen Gebiethen, Schlössern und Gerichten des Reichs zu Wasser und zu Lande sollten die Oberächter von des Römischen Königs und Reichs wegen angehalten, an ihrem Leibe und ihrer Habe angetastet, angegriffen und verkümmert werden , so lange bis sie in des Königs und des Reichs Gnade wieder an - und aufgenommen feyn würden. Auch dieses mal wurde der Oberachtsbrief wieder an Bürgermeister, Rath und Bürgerschaft der Stadt Lemgo gerichtet, zugleich aber auch allenthalben in den Städten Niedersachsens und Westphalens und im Hessenlande die Oberacht gegen Ever- stein und Lippe verkündiget. Es zog nun ein schwarzes, Unglück schwangeres Gewitter über dem Lippischen Lande auf. Fast ganz Niedersachsen und Westphalen griffen gegen Everstein und Lippe zu den Waffen, um eine schwere Rache für eine vermeinte, schimpfliche und unmenschliche Gefangenschaft zunehmen, welche ein Fürst des Reichs im Lippischen Lande hatte erdulden müssen. An An der Seite des Herzogs Heinrich von Braunschweig standen dessen Bruder, der Herzog Bernhard von Lüneburg und der Erzbischof Otto von Bremen, ferner der Landgraf Hermann von Hessen, Schwager vom Herzog Heinrich, der Bischof Willebrand von Minden, die Herzoge Otto von Geldern und Adolph von Berg, die Grafen von Hoya und Schaumburg und beinahe der ganze Niedersächsische Adel. • «~ ' I j '*"'• '-• ; Damit vereinigte sich noch der Bischof Wilhelm von Paderborn, der diese Gelegenheit für günstig ansah, einen lang- genährten Groll gegen das Lippische Land zu befriedigen, mit seiner ganzen Macht. Die Verbündeten brachten ein für die damaligen Zeiten ungewöhnlich zahlreiches wohlgerüstetes und furchtbares Heer zusammen. Wer hätte nicht glauben sollen , dafs Simon und Bernhard, Edle Herren zur Lippe, die von jedem mächtigen Beistande verlassen zu sein schienen, in diesem ungleichen Kampfe unterliegen, dafs ihre Lande zerrissen und die Beute ihrer Feinde werden würden. Aber es wurde nicht so! Wenn gleich in des Römischen Königes Acht und Oberacht, und unter dem Bannstrahl des Pabstes, allenthalben umringt von grofsen Feinden, verzagten Simon und Bernhard, Edle Herren zur Lippe, nicht. Ihre gerechte Sache gab ihnen Muth, und in der Treue ihrer Unter- — 15 — lerthanen fanden sie die Mittel zu ihrer Rettung. Sie trafen in und aus ihren festen Schlössern und Städten die zweckmä- Isigsten Vertheidigungsanstalten, den Feind in seinen Fortschritten überall zu hindern. Die Aufnahme der von Rheden in die Lippischen Schlösser, die harte Behandlung des Herzogs Heinrich in seiner Gefangenschaft auf dem Schlosse Falkenberg dienten nur als Vorwand ; die Eversteinischen Lande waren der Preis, um welchen Braunschweig in dieser Fehde rang. Daher eröfneten die Herzoge auch die Feindseligkeiten mit dem Ueberzuge dieser Lande. Das Schlofs Polle war der festeste Punct derselben. Sie warfen sich davor. In der Fast- nachts - Nacht schliefen die Wächter, und das Schlofs wurde erstiegen. Um Jacobi 1407 fiel das, Schrecken vor sich her verbrei- tende, Heer ins Lippische Land ein. Der Bischof Wilhelm von Paderborn — einer der unruhigsten und kriegslustigsten Männer seiner Zeit, der auch in der Folge den Bischofsstab mit dem Trauring vertauschte — leitete die Unternehmungen. Man gedachte sofort einen entscheidenden Streich auszuführen und die Stadt Horn zu überraschen. Man fand aber über alle Erwartung diese Stadt gegen jeden unvermutheten Ueberfall sicher und wohl befestiget, und ihre von alten Zeiten her wegen ihrer Tapferkeit berühmten Bürger widerstanden so ausdauernd männlich , dafs der Feind nach einer mehrere Wochen lang vergeblich lieh fortgesetzten Anstrengung die Belagerung mit Schimpf aufgeben mufste. Aufgebracht darüber durchstreifte der Feind nun das ganze Lippiscbe Land. Seine Fufsstapfen bezeichneten überall Mord , Raub und Plünderung, und die Flammen , welche die ruhigen Wohnungen des Landmannes verzehrten. Besonders wurde der Theil der Grafschaft Schwalenberg, welcher Lippe allein gehörte, verwüstet, das Klofter Falkenhagen rein abgebrannt, und das Dorf Rischenau, das früher Stadt genannt worden war, der Erde gleich gemächt. Während sich so der Feind seiner Rachlust hingab, hielten sich Simon und Bernhard, Edle Herren zur Lippe , sicher auf dem Schlosse zu Blomberg auf, geschützt von der getreuen Bürgerschaft der Stadt, welche den Feind, so oft er sich zeigte, abhielt. Auch liefsen es die Edlen Herren zur Lippe an. fleifsi- gen und strengen Anmabnen der Bürgen, zur Leistung ihrer Schuldigkeit nicht fehlen, und diejenigen darunter, denen ihr eidliches Angelöbnifs heilig war, zahlten, um sich los zu machen. Es sollen von den Bürgen wirklich 15 bis 20, 000 Goldgulden baar erleget worden seyn. • 1 ' Diese Gelder verwandten die Edlen Herren zur Lippe, welchen der Adel aus den Cölnischen und Münsterischen Landen den sehr zugethan war und ihnen gerne zuzog, zur Entschädigung derjenigen, welche in dieser Fehde Leib und Leben, Gut und Blut für sie wagten. Die Jahreszeit war verflossen, der Herzog Heinrich hatte zwar dem Lande einen überaus grofsen Schaden zugefügt j aber er hatte auch nicht einen haltbaren Platz gewonnen. Ermüdet von dem schlechten Erfolg seines Beginnens gegen das tapfere Lippische Volk führte er seine Truppen, für die es au- fserdem auch an Lebensmitteln fehlte, über die Weser zurück. Indefs hatte der Churfürst Friedrich von Cöln nicht aufgehört , die Edlen Herren zur Lippe am Hofe des Römischen Königs Ruprecht in seinen Schutz zn uehmen. Auf dessen Fürsprache ertheilte der König dem Grafen Hermann von Everstein, Simon und Bernhard, Edlen Herren zur Lippe und ihren Freunden am cjten Jenner 1408 sicheres Geleite, um entweder selbst in Person, oder durch Bevollmächtigte am königlichen Hofia- ger ihr Interesse wahrzunehmen, und das Notlüge dafür vorzustellen. Mit Braunschweig fiengen bereits Vergleichsunterhandlungen an. Der Bischof Wilhelm von Paderborn fand aber für gut, den Krieg für sich allein fortzusetzen. Er erschien 1408 vor dem, dem Hochstift Paderborn sowohl gelegenen, Schlosse Lipperode bei Lippstadt, um dasselbe förmlich zu belagern. Aber plötzlich eilte Bernhard, Edler Herr zur Lippe, zum Ersatz herbei, schlug den Bischof, und zwang ihn, seinen Vorsatz aufzugeben. C Diese I — i8 — Diese fehlgeschlagene TJnternehnmng schreckLe den Bischof nicht ab. Er both seine ganze Landfulge auf, besoldete 500 Lanzenträger und überzog damit, und noch mit mehreren andern Truppen, aufs neue -das Lippische Land. Er lagerte sich vor der Stadt Lemgo , und drohte derselben deii Untergang. Um sich dieses hartnäckigen und so gefährlichen Feindes zu entledigen, willigten die Edlen Herren zur Lippe ein, das Schlote Falkenberg und Schlofs und Stadt Hörn dem Hochstift Paderborn zu Lehen aufzutragen und von demselben wieder dazu zu empfangen. So unbedeutend im Wesentlichen dieses Opfer war, womit der Friede mit Paderborn erkauft wurde, so empfindlich war es doch. Denn die Edlen Herren zur Lippe hatten bis dahin die Herrschaft Lippe als ein völlig freies, uraltes Erbeigenthum besessen, und in Ansehung derselben weder Kaiser und Reich, noch einen geistlichen oder weltlichen Fürsten als Lehnsherrn anerkannt. Indessen hatte Graf Hermann von Everstein, ohne Theil- nahme seiner ihm erbverbrüderten Bundes-und Waffengenossen, der Edlen Herren zur Lippe mit den Herzogen Heinrich und Bernhard von Braunschweig und Lüneburg einen, jenen sehr nachtheiligen Vergleich am aoten Jenner 1408 eingegangen. Um aus des Romischen Königs Acht durch Braunschweigs Ver- mittelung zukommen, verlobte er nämlich seine Tochter Elisabeth an den Sohn des Herzogs Bernhard, dem Herzog Otto von Bräunschweig, und verschrieb derselben die Herrschaft Everstein zum Brautschatz, wodurch den Edlen Herren zur Lippe Lippe die Hofnungin die Nachfolge derselben, wofür sie soviel gethan hatten, für immer verlohren gieng. Es blieb ihnen also nichts anders übrig, als diesem Beispiel zu folgen und sich gleichfalls mit den Herzogen von Braunschweig und Lüneburg allein auszusöhnen, da sie sich von ihrem, einzigen Bundesgenossen verlassen, sahen. Nachdem sie die besondere Fehde mit dem Bischof Wilhelm von Paderborn ausgeglichen hatten, wurde auch der Friede zwischen Braunschweig und Lippe am Osterfest 1409 auf dem Schlosse zu Polle abgeschlossen. Unter andern übernahmen die Herzoge von Braunschweig und Lüneburg, auf ihre Kosten den Edlen Herren zur Lippe die Absolution des Pabstes vom geistlichen Banne zu verschaffen, und sich auch bei dem Römischen König Ruprecht dafür zu verwenden, dafs die gegen sie erkannte Acht und Oberacht wieder cas- siret würde. Dagegen leisteten die Edlen Herren zur Lippe Verzicht auf das vom Herzog Heinrich ihnen gelobte, noch nicht bezahlte, Lösegeld, so wie auf diejNachfolge in die Eversteinischen Lande, und machten sich die Herzoge von Braunschweig und Lüneburg verbindlich , den Grafen Hermann vonEverstein,'zur Aufgabe aller seiner Ansprüche aus der Erbverbrüderung an die Herrschaft Lippe und Ausantwortung aller Briefe und Siegel darüber zu vermögen. Alle Verbündete der Herzoge von Braunschweig und Lüneburg wurden in diesem Vertrag mit aufgenommen. C a * Letz* 20 Letztere machten von diesem Vorgange- Anzeige- bei dem Römischen Könige Ruprecht, und dieser hob die gegen die Edlen Herren zur Lippe und ihre Freunde erkannte Acht und Oberacht in einer, an seinem Hofgerichte am l^ten Jun. 1409 ausgefertigten, Urkunde wieder auf, indem er die Geächteten wieder zu desReichs Gehorsam und Gnade annahm, aus "den Unfrieden in des Reichsfrieden, und in alle ihre Rechte, Freiheilen, Lehne und eigenthümliche Besitzungen wieder einsetzte. So endete also die merkwürdigste Fehde, in welche das hohe Haus Lippe jemals verwickelt war. Es wurde Hochdemselben zwar der Preis, um den es galt, entrissen, die Aussicht zur Erwerbung der Eversteinischen Lande selbst durch denjenigen, der sie durch eine feierliche Uebereinkunft begründet hatte, vertragswidrig vernichtet 5 es gereichet aber den damaligen Regenten des Lippischen Landes nichts desto weniger zum unver- welklichem Ruhme , dafs sie sich in der so gefahrvollen Lage, in welcher ihr Haus sich befand, allein durch ihre eigene Kraft gegen eine ihnen weit überlegene Macht aufrecht erhielten, eben so tapfer das Schwert zu führen, als klug zu unterhandeln wufs- ten, wodurch sie ohne den geringsten Verlust an Landen und Leuten aus dem schwersten Kampf, den sie je kämpften, her- vorgiengen. Es gebühret aber auch ihren Vasallen und allen ihren Unterthanen, die sie darin muthig unterstützten, das gerechte Lob dafür, dafs sie ihren Landesherren in der Zeit einer harten Prüfung die treueste Anhänglichkeit bewährten. Uebri- 2 I Uebrigens wird noch bemerkt, dafs dieser Aufsatz sich hauptsächlich auf archivalische Urkunden und Nachrichten, zugleich aber auch auf die Erzählungen gründet, die bei den bekannten Chronikenschreibern des 14 und i5ten Jahrhunderts a ) von a) Diese sind : Albertus Krantz in Saxonia lib. X. cap. XXIV. in Metropoli lib. II. cap. VII. Bernardius Wittius in Historia veteris Saxoniae nunc Westphaliae lib. VII. pag. 485. 486. 487- In Meibomii Sciiptoribus lerum Germanicarum können nachgesehen werden : Gobelinus P e r s ona in C'osmodromii aetate VI. tom. I. pag- 5 2 5. Hermann us Lerbeeius in Chronico Comitum Scha- we'nburg. Ibid. pag. 520. Auetor veteris Chronici Sax. m anus cript i. Ibid. pag, 548. Er d win Erdmann in Chronica Osnabuigensium tom. II. pag. 241 et 242. In Leibnitii Scriptoiibus Brunsvicensia ilhistrantibns. Desgleichen.' Theod. Engelhusius in chronico. tom. II. pag. 1157. Auetor Chonici Luneburgici tom. III. p. 195. 200. Herrn. Kofncrus in chronica. Ibid. p. 200: Conr. Botho in Chronico Brunsvicensium picturato. Ibid. 305, 2Z von den Streithändeln der Herzoge von Braunschweig und Lüneburg mit den Edlen Herren zur Lippe vorkommen. Jene stimmen alle darin mit einander überein, dafs der Krieg, den Braunschweig gegen Lippe führte, ein Krieg der leidenschaftlichsten Rache war , in welchem Feuer und Schwert im ganzen Lippischen Lande wütheten b ), um Genugthuung für die harte und schmählige Gefangenschaft zu nehmen, in welcher der Herzog Heinrich auf dem Schlosse Falkenberg gehalten worden war c ) , sind aber sonst sehr unvollständig. Keiner kennt den Umstand, dafs die Aufnahme der von Rheden als angeblicher Landfriedensbrecher in dieLippischen Schlösser den Herzogen von Braunschweig und Lüneburg die erste Veranlassung zu Feindseligkeiten gegen Lippe gab ; keiner weifs, dafs Graf Hermann von Everstein d ) , der kaum erwähnt wird, eine Hauptperson bei der b) Herrn. Körner schreibt am angez. Orte : Hertoghe Hin ri ck, de toch to Rome vnde leyt sick van dem eyd absolveren , vnde tochin des Greven van der Lippe lant, vnde brende reyn äff dat do was, dar wart nicht vele gerovet. c) Botho 1. c. anno domini 1404 do wart Hinrick van Lune- borch gefangen van Her Bernde van der Lippe vnde wart gefort up den Valkenberg, dar helt en de Hcre Strenglicken ein jar umb, dat he na up Krücken moste gan, do he los wart. d) Die Genealogie der Grafen von Everstein findet sich in I. Chr. Hahrenbergii historia ecclesiae Gandershemensis, Pag. 1401 sqq. der Fehde war, und noch weniger, ahndet ein Chronikenschreiber, dafs es sich dabei zwischen Braünschweig und Lippe um den künftigen Besitz der Eversteinischen Lande handelte. Schon zwei gründlichen Geschichtsforschern, Meibom e ) und Schaten f ) fiel es auf, dafs kein älterer Schriftsteller über die Veranlassung und den Zweck einer zu ihrer Zeit so berüchtigten Fehde Aufschlufs gegeben hat. Die zwischen Lippe und Everstein errichtete Erb Verbrüderung, von welcher auch, die Acten am Hofgericht des Römischen Königs Ruprecht schwiegen, ist für alle in ein undurchdringliches Dunkel verhüllt geblieben. e) in Script, rer. Germ. t. I. p. 54g. f) In annalium Poderbornensium. tom. II. p. 478. IL IL Der Königsberg bei Heiligenkirchen, Dieser Berg liegt eine gute halbe Stunde von Detmold an der seit einigen Jahren verlassenen, uralten Strafse nach Paderborn, die sich über seinen Fufs in das Dorf Heiligenkirchen herabziehet. Dem Detmqldischen Publicum, das mit Recht das so reizend liegende Dorf Heiligenkirchen, besonders an Sonn- und Festtagen, sich zlu einem angenehmen ländlichen Vereinigungspunkt gewählet hat, und zahlreich durch das paradiesische Thal der Berlebecke , das Flufsbette eines vor Jahrtausenden mächtigen Strohmes , dahin lustwandelt, scheint er nicht bekannt genug zu seyn. Und doch ist jener Berg in mehreren Rücksichten höchst interessant, und biethet insbesondere allen denjenigen, welche der Anblick der schönen Natur ergetzt, reiche Genüsse dar, Genüsse, welche in der schönen Jahrszeit reichlich für die Augenblicke entschädigen können, welche man dem gesellschaftlichen, durch Spiel, Musik und Tanz er- höheten, Vergnügen bei Herrn Wend entzieht. Das Das ringsum über Fruchtfelder sich erhebende, mit nie- 1 drigem Buschwerke bekränzte, Haupt des Königsberges enthält eine ungefähr 500 Schritt lange Fläche, welche wegen ihres steinigenund unfruchtbaren Bodens ihren Eigenthümern, den Colonen Peter und Klöpper zu Heiligenkirchen, als Hude wenig Nutzen bringt, aber dagegen so mannigfaltig abwechselnde Aussichten dem Freunde schöner Naturgemähide gestattet, dafs dieser wohl nirgends mehr Befriedigung erhalten kann, als hier. Zwar reicht der Blick von den beiden kahlen Platten der viel höhern Grotenburg viel weiter; aber vom Königsberg sieht man auf einem und denselben Standpunkte nach allen Himmelsgegenden frei hin. Viele Gegenftände sind dem Auge näher , und verlieren sich unter einander nicht so sehr in verworrenen Massen. Es bilden sich mehrere einzelne, deutlich von einander zu unterscheidende, Parthien, an deren malerischen Beschreibung der Jüngling von ästhetischem Sinn sich treflich üben könnte. Schade, dafs nicht auf dem Gipfel des Königsberges den Anschauer der reitzenden Umgebung ein hoher dickbelaubter Baum in den kühlen Schatten seiner Aeste. aufnimmt. Wer das Glück gehabt hat, die Schweitz zu bereisen, wird lebhaft an die Bilder wieder erinnert werden, welche sich in den Vorgebirgen derselben seinem Gedächtnisse eingeprägt haben, wenn er vom Königsberg in das in ruhiger Anmuth vor ihm liegende Thal herabsieht, in welchem sich der vom Extern- D stein 26 «tem herfliefsende Bach , die Lichtheupte genannt, mit der unter dem Falkenberg hervorquillenden Eerlebecke vereiniget. Mit dichten Wäldern bekleidete Berge von mancherlei Formen schliefsen das schöne Thal ein. Schatten und Licht, dunkeles und helleres Giün wechselt darin nach der Verschiedenheit der Ferne und Nähe dieser Berge und ihrer besondern Lage gpgcn einander. An ihren Abhängen zeigen sich Wiesen, Weiden und Kornfelder in buntem Gemische. Links das Dorf, Hornoldendorf, rechts noch tiefer im Thale herab das Dorf Heiligenkirchen mit seiner sich so romantisch darstellenden Kirche, deren, wenngleich ziemlich hoher, Thurm noch weit unter dem Standpunkte des Sehers bleibt. Noch mehr rechts unter der Grotenburg der Meierhof Wantrup; gerade nach dem Walde hin die zerstreut an . den Bergen hängenden Häuser der Bauerschaft Berlebecke, welche gröfstentheils von harmlosen ileifsigen Arbeitern , Maurern und Zimmerleuten bewohnet ■werden. Leben und Wohlstand herrscht in dem Thale unter dem Königsberge. Keine verfallene Hütten, keine verödete Felder, keine abgezehrte Menschengestalten in zerrissenen, kaum ihre Blöfse bedeckenden, Lumpen —--doch wo, in welchem Winkel des glücklichen Lippischen Landes stiefse man auf Erscheinungen dieser Art unter Paulinens weiser und wohl- thätiger Regierung?---regen Erinnerungen an menschliches Elend auf. Wo das Auge hinblickt, fällt es auf heitere, freundliche, wohlthuende Bilder, auf grünende Wälder, Wiesen sen imd Weiden, reifende Saaten, wohlunterhaltene Gebäude. Hier gesunde blühende Hirtenjungen mit ihrem Viehe, die sich, wenn gleich weit von einander entfernt, mit ihrem weitschallenden Hirtengesang, den sie verstehen, mit einander unterhalten. Dort gutgekleidete Landleute von einem kräftigen wohlgenährten Menschenschlag, die auf ihrenFeldern arbeiten* oder auf ihren Hofen sich beschäftigen. Die Chaussee, die sich aus dem Dorfe Heiligenkirchen über den Fufs des Hahmberges hinschlängelt und dem hohen Walde zueilt, trägt das Ihrige zur Lebendigkeit des Ganzen mit bei. Erhebt sich der Blick aus diesem Thale, um sich mehr links gegen Südosten zu wenden, so stellt sich eine neue liebliche Landschaft dar. i : * • ■ Der mit lachendem Grün geschmückte Remmighauser Berg scheint sich dem Auge nähern zu wollen. Rechts von ihm ab wallen hügeliche Anhöhen immer niedriger nach dem Holzhauser Berge zu, der sich an das Waldgebirge lehnt und herrliche Fruchtfelder trägt. Hinter diesem Berge ragen in einer langen Reihe die Dächer der Stadt Horn mit ihrem Kirch- thurme hervor, und ziehet besonders die höher liegende Herrschaftliche Burg den Blick an sich. Nach dem Walde hin schimmern die grauen Felsen der Extersteine durch das dunkele Grün der Wälder. Ein scharfes Auge erkennt an ihrem Fufse das Krughaus. Der hohe Bellenberg und andere noch weiter entfernte Gebirge schliefsen den Horizont. D 2 Gegen Gegen Osten entfalten sich Reitze einer andern Art in einem Gemälde von viel greiserem Umfange. Der Beobachter überschaut.hier eine ausgebreitete Kornflur , welche ein weiter halber Zirkel sich an einander reichender Berge vom Aufsteigen des Leistrupper Waldes bis zum Fufse des Rothenberges umringt. Kleine Gehölze linterbrechen mit ihrem Grün die gelben Saaten. Hier bezeichnen Johannettenthal, Sporck, Eichholz und Remmighausen, von hohen Eichen umgeben, die Strafse nach Meinberg. Dort laden die Alleen des Falkenkruges , und weiter hin der viralte Hain, welcher Herberhausen beschattet, das Auge zu angenehmen Rullepunkten ein. Vergebens sucht man in diesem Thale die Stadt Detmold, welche der Büchenberg verbirgt. Nur die weiter entlegenen Gebäude des Herrschaftlichen Gartens werden noch sichtbar. Hinter den Bergen , welche dieses Amphitheater einschliefsen, erheben sich gegen Osten bedeutendere, schon in bläuliche Dunstkreise eingehölte Gebirge. Viel höher, als der Leistrupper Wald, durch dessen Grün der helle Sonnenschein die ro- then Dächer der friedlichen Hütten seiner Bewohner hervorstrahlen läfst, und auf dessen Fufs das Dorf Diestelbruch ruht, strebt der Windelstein im Amte Blomberg empor. Hinter der Hohenwarte steigen buschige Anhöhen, aus welchen der Kirchthurm des Dorfes Cappel hervorragt, bis zu den Barntrupper Bergen hinauf. Nahe an denselben hält die glänzende weifse Kuhle bei Sonneborn mit ihrer Windmühle den Blick fest, und nicht weit von ihr schaut der hohe Teudt bei Alverdissen nach der der Grotenburg herüber. Die waldigen Berge des Amts Sternberg, die sich mit der Lerrigoischen Mark verbinden, vollenden den Zug dieser Gebirge, in so weit sie das Auge verfolgen kann. Noch einen anderen, nicht weniger anziehenden Prospekt hat man in der Richtung nach Nordwesten» Den kräftigen Vordergrund macht der Abhang der Grotenburg und der sich an dieselbe schliefsende Büchenberg. Hinter jenem öfnet sich ein langes und weites Thal j links erstreckt sich das Lippische "Waldgebirge bis zum langen Tönsberg, der dasselbe mit den ferneren Ravensbergischen Bergen zu verbinden scheint. Rechts brechen hinter dem Rothenberge die aus dem Amte Brake in das Amt Schötmar über Leese, Papenhausen, Volkhausen fortstreichenden Anhöhen hervor, und vereinigen sich mit den Bergen der Wüste, den Vierenberg, Langenberg und Obernberg. AmFufse der Grotenburg breiten sich die einzeln liegenden Häuser der Bauerschaft Hiddesen aus, und bilden mit den Hecken und Bäumen, die sie umgeben , mannigfaltige , durch buntes Farbenspiel sich hebende, Gruppen. An der andern Seite, unter dem Rothenberg, weilet der Blick gern auf dem weit herum sichtbaren weifsen Thurm des Dorfes Heiden. Das forschende, zumal bewafnete, Auge findet eine Menge einzelner Höfe, den Flecken Lage , das Dorf Schötmar und die Städte Ufeln und Herford in diesem, an mannigfaltigen Abwechselungen reichen, Thale, das sich in einer unabsehbaren Ferne verliert, und dadurch von den übrigen durch Gebirge begrenz- I *t p< -mm begrenzten Thälern, die man vom Kunigsberge übersiehet, sich sehr unterscheidet. So sehr auch der Anblick so Tieler Naturschönheiten -weiche sich um den Königsberg vereinigen, die Seele mit den angenehmsten Empfindungen überströmt: so können doch auch diejenigen, welchen bei der Betrachtung einer schönen Gebirgsgegend das sinnliche Vergnügen der äufsern Eindrücke nicht genügt welche sich zugleich auch über die Entstehung, Natur und Verkettung der Berge, die sie vor sich sehen, unterrichten -wollen., keinen Instructivern Standpunct wählen, um das Lippische Waldgebirge in dieser Hinsicht näher kennen zu lernen und .gleichsam mit einem Blicke zu überschauen und selbst in sein Inneres einsudringen, als den Königsberg. Dieses Gebirge, Im gemeinen Leben der Lippische Wald genannt, ist ein Theil der grofsen Gebirgskette, welche das Thal der Dierrrel bei Stadtbergen von den südlichem Gebirgen des Herzogthums Westphalen trennt, von Süden nach Norden unter dem Namen der Egge das ehemalige Fürstenthum Paderborn durchstreicht, bei Veldrom ins Fürstenthum Lippe eintritt, und in der Richtung aus Südosten nach Nordwesten durch dasselbe, und sodann über Bielefeld, Halle, Borgholzhausen, Dissen, Iburg, Lengerich und Tecklenburg , also durch die ehemaligenGebiethe von Ravensberg, Osnabrück und Tecklenburg fortsetzt, und sich in der Gegend vom Rheine an derEmse in der weiten Ebene verliert, die sich nach der Nordsee herabsenkt. An - An Höhe, Länge und Breite, und an majestätischem Ansehn Übertrift dieses mächtige, 24 Meilen lange, Gebirge alle andere Gebirge, welche das alte Westphalen zwischen der Weser und Emse durchziehen.. Bei den Schriftstellern und in .den Urkunden des mittlem Zeitalters heifst diese Gebirgskette .der Osning, welche Benennung im engern Sinne vorzüglich demjenigen Theil derselben eigen war ,, welcher jetzt das Lippische Waldgebirge ausmacht a ).. Dieses Gebirge steigt zwischen Paderborn und Detmold aus der bekannten Senne auf,, und fällt auf der andern Seite in das Thal herab, durch welches der hinter Meinberg entspringende Werreflufs, der alle aus dem Lippischen Walde herabkommende Bäche aufnimmt,, zur Vereinigung, mit der Weser bei Reme hinfliefst.. Das Lippische Waldgebirge gehört zwar weder seiner äufsern wellenförmigen Gestalt nach , noch in Ansehung der innern Beschaffenheit seiner Steinarten zu denjenigen Gebirgen, welche in der Orognosie nramfängliche ,• oder Grundgebirge genannt werden. Auch läfst sich dasselbe zu den Ganggebirgen nicht zählen r weil es weder thonartige Steine, noch Erzgänge enthält. Es behauptet aber darum doch unter den Elötzgebirgen einen hohen Rang. Seine Neuere Schriftsteller sind durch Schaten's Beispiel verleitet worden , dem alten Osning den Namen des Teutonüchen Gebirge* sehr unrichtig beizulegen. Seine drei parallel neben einander fortlaufenden , sowohl durch ihre äufsere Form, als ihre innere Substanz sich deutlich von einander unterscheidenden, Bergreihen bestehen, in so weit man ohne Bergbau, in Steinbrüchen und an zufälligerweise von der Dammerde entblösten Stellen ihr Inneres beobachten kann, aus mehr oder weniger irregulären Lagen einer imd derselben Steinmassen. Die mittlere oder Central - Reihe des Lippischen Waldgebirges zeichnet sich durch ihre Höhe und ihr imposantes Ansehen vor den andern beiden Reihen sehr merklich aus. Auch macht sie auf ein viel höheres Alter Anspruch. Denn letzlere haben sich an jene^ wie der Augenschein deutlich zeigt, erst angeleget, nachdem die Central - Reihe bereits lange unter dem alten Ocean ihr Daseyn erhalten hatte. Grölstentheils halb kugelförmig gestaltete, bestimmt von einander sich absondernde, kühn empor strebende Berge folgen sich einander in dieser Reihe. In ihrem Innern wechseln wild und regellos über einander aufgethürmte, und gerade senkrecht-aufstehende Felsen mit siark gegen den Horizont einschliefsenden Lagen und Bänken von verschiedener Mächtigkeit. Ihre Steinart ist meistentheils ein sehr feinkörniger, durch einen zarten eisenartigen Kitt verbundener, sehr fester Sandstein von weifser, oder ins Gelblichtweifse übergehender, Farbe. Dieser Sandstein ist, wenn man die mit zu vielen Eisenadern durchzogenen Stellen ausnimmt, zu jeder Steinhauer- ■ arbeit arbeit geschickt, und wird auch sehr häufig zu behauenen Bausteinen, Quadersteinen, Trügen, Krippen, Kumpenverarbeitet. Auch selbst zu architeclonischen Verzierungen, Säulen, Leisten, Gesimsen und überhaupt zu jeder Bildhauerarbeit kann dieser Sandstein nützlich gebraucht werden. Man gewinnt ihn oft in ungeheuren Blöcken. Die südliche jüngere, und nicht völlig gleich hohe Bergreihe erhebt sich sanft ansteigend aus der Senne. Die Berge derselben verliehren sich von dieser Seite unmerklich in einander und dehnen sich in langen Bergrücken aus. Gegen die Central - Reihe fallen sie. steil herab und trennen sich von einander nur durch tiefe und enge Schluchten. Sie enthalten eine ungeheure Masse von gleichsam los über einander aufgeschichteten gröfsern und kleinern Geschieben eines dichten lichtgrauen Kalksteins von sehr feinem Gewebe und muscheligem Bruche. Doch finden sich auch Stellen, wo der Kalkstein in mehr oder weniger starken horizontalen, oder gegen den Horizont geneigten , Lagen über einander ruhet. Versteinerungen sucht man in dieser Bergreihe, so wie in der Central - Reihe vergeblich. Die Kalkbrennereien werden im Lippischen Walde auf jenen Kalkstein getrieben und liefern den so treflich bindenden Waldkalk. Die nördliche, bei weitem die jüngste und niedrigste > gröfstentheils auch nicht mit Wald, sondern angebaueten Fruchtfeldern bedeckteBergreihe, verflächet sich sanft sowohl gegen das E Wer- —• 34 — Werrethal, als gegen die Central-Reihe. Der Zusammenhang ihrer Berge wird gröfstentheils durch Bäche unterbrochen, welche in dem Innern der Gebirge entspringen, und sich durch dieselben den Weg nach der Werre gebahnet haben. Die Berge, dieser Reihe führen einen in horizontalen Schichten, die eine dünne Lage von Thon von einander scheidet, übereinander liegenden gröfstentheils aschgrauen Muschelkalkstein, der wegen seiner Harte Politur annimmt, und auch als Mauer-und Pflasterstein gebraucht wird t> ). Die A r ersteirierungen meist Ostraciten einer Art, womit dieser Kalkstein durchdrungen ist, zeugen für seine spätere Entstehung in einem mit Seethieren bereits angefüllten Meere. Hie und da findet sich die horizontale Lage der Steinlager gewaltsam zerstört. An der Chaussee nach Heiligenkirchen zwischen dem Chausseehause und dem Tödtehof, wo theils der alte Strom der Berlebecke den Berg, an den ersieh hier lehnte, angegriffen hat, theils Steine aus demselben Behuf des Chaussee-Baues gebrochen worden sind, kann man solche durch den Einsturz unterirdischer Hohlen, oder durch Erdstöfse von unten herauf aus ihrer natürlichen Lage gebrachte Steinsehichten wahrnehmen. Auf Ii) Die Camine auf den Herrschaftlichen Schlössern zu Detmold und Brake , auf der Friedamadolphsburg zu Detmold und dem Lippehof zu Lemgo sind mit Marmor aus dem Büchenberg bei Detmold belegt. — 35 — Auf dem Königsberg, zu dem wir zurückkehren, befindet man sich auf einer der höchsten Kuppen der nördlichen Bergreihe, ungefähr 2 bis 500 Fufs über Detmold. Die zusammengedrängte Masse so vieler in der Richtnng nach Süden ins Auge springender Berge, welche auf den ersten Anblick vom Ungefähr planlos zusammengewälzt zu seyn scheinen, macht auf jeden Beobachter, dessen Gefühle für das Grofse in der Natur empfänglich sind, einen höchstfeierlichen Eindruck, Staunen und Entzücken erhebt ihn über sich selbst, und versetzt ihn in die fernen Zeiten zurück, in welcher die Natur durch mächtige Revolutionen in den Urstoffen des Erdballs, den wir bewohnen , seine Oberfläche ausbildete. Bald erkennt aber der mit der Natur und ihren Wirkungen vertrautere Seher, wenn er die vielen Gegenstände, die ihn beim ersten Anblick überraschten, einzeln näher betrachtet, und unter sich vergleicht, auch hier die weise Hand , mit der die Natur alles nach dem vom allmächtigen Schöpfer dem Weltall vorgeschriebenen unwandelbaren Gesetzen geordnet und Harmonie und Regelmäfsigkeit auch in die Gebirge, die er überschaut, gebracht hat. Es enthüllt sich ihm in dem Thale der Berlebecke, das die zwei nördlichen Bergreihen durchschneidet und offen vor ihm liegt, der ganze äufsere Bau des Lippischen Waldgebirges. Am nächsten rechts steiget in der Central - Reihe majestätisch die Grotenburg empor, und scheint den Kern auszumachen, um den sich hier das ganze Gebirge herumgelagert hat. Ihre Scheiteln sind kahl, aber ihre Seitenwände sind mit Holz bewachsen. Auf sie folgt der Hahmberg, der aus seinem Schoofse einen rauschenden Bach E % in — 56 — in das Dorf Heiligenkirchen herabfallen läfst. Dieser Berg ist gröfstentheils angebauet. So wie derselbe an das linke Ufer der Berlebecks sich stützt: so erhebt sich wieder vom rechten Ufer derselben der prächtige Stemberg , der mit einem dichten Walde bedeckt ist, und breitet sich weit nach dem Dorfe Holzhau- sen hin aus. Es fällt auf, wie einander so ähnlich diese hohen Sandsteinberge gestaltet sind. Hinter den mitin die Central - Reihe gehörigen Externsteinen zeigt sich in noch Aveiterer Ferne das hoch über alle andere Berge des Lippischen Waldes erhobene Haupt des ehrwürdigen Velmerstot. Mit dem heilern, mehr von "der Sonne erleuchteten, Gründer Sandsteinberge in der Central-Reihe contrastirt das dunklere Grün der hinter jenen fortstreichenden Kalksteinberge der südlichen Reihe. Ihre jähen Abhänge tragen in den sich daran herunter ziehenden Schluchten die unverkennbaren Spuren an sich, dafs sich einst ungeheure Wassermassen über dieselben herabgestürzet haben.' Dies wird besonders an der Ho- heneide recht sichtbar, an deren hohen Wand die herabstrüh- menden Wasserfluthen mehrere neue Berge und Hügel gebildet haben. Damals — man denke sich mehrere tausende von Jahren zurück —■ mögen nur erst die höchsten Gipfel der Sandsteinberge der Central - Reihe aus dem Meere, welches das nordwestliche Deutschland bedeckte, hervorgeragt haben. Die Gewässer zogen sich in das tiefere Bassin der Nordsee zurück, und unsere Gebirge erhoben sich nach und nach aus den Fluthen, die ihnen ihre gegenwärtige Gestalt gaben. In ihren gewaltigen gen Fortstrühmen haben jene Finthen, wie dieses besonders nahe bei Detmold in der Allee zwischen dem Büchenberg und Weinberg deutlich zu sehen ist, die Berge der nördlichen Reihe zerrissen und die kleinen Bache zurückgelassen, welche jetzt ihre T häler bewässern. Diese Veränderungen, von welchen auch die Externsteine zeugen, erfolgten höchstwahrscheinlich in eben der Epoche, in welcher die Weser bei Hausbergen das Gebirge durchbrach, die bekannte westphälische Pforte bildete und sich ihr Flufsbette nach der Nordsee hin grub. An die Hoheneide schliefst sich der .Hangstein und an diesem der Helberg, hinter welchem das berühmte Winfeld liegt. Im hintersten Grunde des Thals verhindert der Ravensberg das Auge weiter zu dringen. Vom Königsberge rechts ab schweift der Blick auf der nördlichen Bergreihe über- den Büchenberg, Schanzenberg,' Hiddeserberg bis an den Settling. Rechts zeichnen sich die ganz angebauten Berge dieser Reihe weniger aus, und verlieh- ren sich mit dem Holzhauserberg für das Auge, Obgleich die drei Bergreihen des Lippischen Waldgebirges, deutlich von einander unterschieden, fortstreichen ; so sind sie doch selbst wieder unter einander durch Zwischenberge verbunden, welche aus denThälern, die sie bilden, aufsteigen. Es läfst sich vom Königsberg deutlich bemerken, dafs die nördliche liehe Reihe mit der Central-Reihe durch den Waldberg hinter Hornoldendorf, und die Central-Reihe mit der südlichen Reihe sowohl durch den Sprengersberg zwischen der Grotenburg und dem Petersstieg, von welchem sich die tiefe Schlucht, worin die Häuser vor dem Schlinge liegen, nach Heiligenkirchen herabzieht , als durch den Falkenberg zwischen dem Stemberg und dem Ravensberg zusammenhängt. Noch ist es merkwürdig, dafs gerade der Königsberg den Punkt auszumachen scheint, an welchem sich das Gestein der Bergreihe, wozu er gehört, verändert. Bis an denselben von Abend her bestehet jenes, wie schon gedacht, aus einem aschgrauen, politurfähigen Kalkstein, der durch und durch mit Ostraciten angefüllt ist. Nach den Geschieben aber zu urthei- len , welche man um und auf dem Königsberge findet, ist die Masse desselben ein gleich harter rother Kalkstein, welcher statt der Ostraciten Trochiten von schmutzig weifsgelber Farbe enthält. Vielleicht würde sich die Mühe des nähern Nachforschens durch die Entdeckung eines zu Prachtstücken tauglichen rothen Marmors mit gelben Adern , oder Versteinerungen belohnen. Wenigstens bricht weiter nach Horn und den Externstein hin suverlässig ein dunkelgelber Kalkstein von politurfähiger Härte mit und ohne Dendriten. jjt .. . .. ■ -: v : ;v- ' i- Sicher wird es keinen Freund der Natur je gereuen, den Königsberg besuchet zu haben. Vielleicht wirft aber auch der Freund Freund der Geschichte noch gerne von demselben einen Blickin die geschichtliche graue Vorzeit seines Vaterlandes zurück. Der Name Königsberg ist bedeutend, und es verlohnt sich wohl noch der Mühe , nachzuforschen , woher dieser Berg , welcher in keiner Rücksicht im Waldgebirge als König der umliegenden Berge sich auszeichnet, seine Benennung erhalten haben könne. Pyrmonts dankbare Einwohner gaben ihrem Oesberge den Namen Königsberg , weil König Friedrich II. von Preufsen bei seinem Aufenthalt zu Pyrmont im Jahr 1746 jenen Berg seiner herrlichen Aussichten wegen öfters besucht hat. Sollte der Königsberg bei Heiligenkirchen nicht auch seinen Namen irgend einem Aveltberühmten Könige verdanken ? Und dieses ist wirklich der Fall. Die vaterländische Geschichte sagt es uns. Stolz kann der Königsberg darauf seyn, dafs sein Name von einem König herrührt, der in seinem Zeitalter über alle Herrscher der Erde hoch emporragte, einem Könige, dessen Andenken durch die Thaten des Helden, der über unser Zeitalter gebiethet, so oft wieder erneuert wird c ). Wan- c) Auch im Amte Schwalenberg zwischen Lothe und Brakelsiek hefindet sich ein Berg, welcher schon im i/j,ten Jahrhundert der Königsberg genannt worden ist. Zweifelsohne hat man diesem Berge jenen Namen deswegen beigelegt , weil die alten Grafen von Schwalenberg auf diesem Berge unter Königsbann , wie man sich in alten Zeiten ausdrückte, Gericht gehalten haben. Wanderer, der du den Königsberg besteigest, du stehest da auch auf classischem Boden! Der Königsberg sah vor 18 Jahrhunderten die Legionen des Römischen Kaisers August, und 8 Jahrhunderte später die Heerschaaren der Franken durch den Osning über seinen Fufs nach der Weser hin, und von derselben wieder nach der Lippe zurückziehen, und hat dem Könige der letztern, Carl demGro- fsen , eine bequeme Lagerstätte dargeboten. Es war im Frühling des Jahrs 772 nach der Geburt Christi, als Carl, König der Franken, auf einem zu Worms gehaltenen Reichstag den Krieg gegen die Sachsen — so hiei'sen. die Völker, welche damals Engern, Ost- und Westphalen bewohnten, — beschlofs. Der Zweck dieses Krieges sprach sich auf dem Reichstag zu Düren im Jahr 775 deutlich aus. Er war Vertilgung, oder Bekehrung der Sachsen zum Christentimme. Carl glaubte auf dem Reichstag, den er im Frühjahr 777 zu Paderborn hielt, den Krieg beendiget. Er sah die Sachsen als seine Unterthanen an, führte das Christenthum unter ihnen ein und liefs ihnen Kirchen bauen. Kaum hatte sich aber Carl entfernt, um einen Feldzug über die Pyrenäen in Spanien zu thun, so vergafsen die Sachsen den angelobten Gehorsam. Wittichind, einer ihrer ersten Fürsten und Heerführer, fiel in Franken ein und drang bis an den Rhein vor. Die Sachsen wurden jedoch geschlagen und unterwarfen sich dem König. Carl, der im Frühjahr 780 selbst wieder bis über die Weser vor- vorgedrungen war, aufs neue. Die Sachsen willigten ein, sich durch Fränkische Grafen nach Fränkischen Gesetzen regieren zu lassen, und das Christenthum anzunehmen. Es wurden der Kirchen noch mehrere gebauet und 8 Bifsthümer gestiftet. Carl verliefs sich jetzt auf die Treue der Sachsen. Er gab denselben im Jahr .782 auf, zu dem Fränkischen Heere zu stofsen , das die Soraben,, welche zwischen der Elbe und Saale wohnten, aus dem Sächsischen Gebiete, in welches sie eingefallen waren, zurücktreiben sollte. Unter dem Anscheine, diesem Befehle zu gehorchen., versammleten sich die Sachsen nicht weit von der Weser am Gebirge Süntal bei Minden. Statt aber sich mit den Franken zu vereinigen., überfielen sie dieselben, die sich dessen gar nicht versahen, und rieben sie beinahe völlig auf. Viele Grafen und edle Männer der Franken fanden hier ihren Tod, Aufgebracht über diese Treulosigkeit eilte Carl mit einem starken Heerhaufen wieder in Sachsenland, und überwältigte alles vor sich her. Er forderte alle Theilnehmer an dem verrä- therischen Aufstande in sein Lager bei Verden an der Aller. .4500 Sachsen wurden ihm ausgeliefert,- und Carl liefs sie alle an einem Tage enthaupten. Diese nicht erwartete Strenge entflammte die Rache al-; ler Sächsischen Volker. Zahlreicher und einiger als je erhoben sich alle Sächsischen Stämme. Es galt jetzt alles, was ihnen theuer war, ihr Vaterland, die Gebräuche, den Glauben ihrer Vater, ihre ganze F Ex*-. Existenz. Die Ebene bei Detmold im Thal der Werre unter dem Walde war der Sammelplatz. Plier stunden Ostphalen, Westphalen und Engerer unter Wittichinds Anführung gerüstet zum grofsen Kampf. Carl hatte den Winter zu Thionville zugebracht. Er brach auf, als er die Fvüstungen der Sachsen vernommen hatte, zog nach Westphalen und schlug den Weg über Paderborn ein. Er hatte nur einen Theil seines Heeres bei sich, und wollte den andern nicht erwarten, um den Sachsen nicht Zeit zu lassen, angrifsweise zu gehen. Carl hatte zwar schon oft das Land der Sachsen, selbst bis an die Elbe, durchzogen; in eigener Person hatte er aber noch nie gegen die Sachsen gefochten. Diesmal führte Carl seine Truppen zum erstenmal selbst gegen dieselben zum Streit. Als der grofse Feldherr über den Osning marsehirt war, fand er den Ausweg aus denselben, den engen Pafs, der bei Heiligenkirchen über den Königsberg nach der Ebene von Detmold führt, von den Sachsen besetzt. Hier begann der Kampf, das Terrain begünstigte die Sachsen. Schwierig war die Lage der Franken. Letztere riefen in ihrer Verlegenheit die Heiligen um Hülfe an. Das feste Vertrauen auf den gewissen Beistand derselben gegen ein vom Christenthum abtrünniges Volk erhöhete ihren Muth, stärkte ihren Arm, die Sachsen wichen endlich, und die Franken wurden Meister des Passes. Carl wählte sein Lager auf der Höhe des Berges, der den Pafs beherrscht, und von welchem er die Ebene, worauf die Sachsen stun- stunden, übersehen konnte. Zum Andenken dieser Begebenheit nannten die Bewohner der Gegend diesen Berg den Königsberg. Carl, dankbar für die Hülfe der Heiligen , die er hier so kräftig erfahren zu haben glaubte, gelobte denselben eine Kirche. Diese Kirche , welche anfangs oben auf dem Berge erbauet , in der Folge aber ins Thal herab verlegt worden seyn kann, wurde der Heiligen Kirche genannt. Carl gieng weiter. Er traf bei Detmold auf dem Bruche das Heer der Sachsen in Schlachtordnung an. Auf beiden Seiten wurde ritterlich gefochten, und es entstand eine grofse Niederlage. Carl kehrte nach Paderborn zurück, und die Sachsen behielten das Schlachtfeld. Sie verbrannten nach der Weise ihrer Väter, die ihnen Carl bei der Annahme des Christenthums bei Todesstrafe verbothen hatte, die Leichen ihrer gefallenen Helden, sammelten die Ueberreste ihrer Gebeine in Todtento- pfe, und verscharrten diese in den Sandhügeln der Waldheide,. die gleich hinter dem Dorfe Heidenoldendorf liegt, wo man seit Jahrhunderten so manche davon wieder herausgegraben hat. Nun zogen sich auch die Sachsen vom Schlachtfelde zurück, und setzten sich wieder an der Hase im Osnabrückischen. Nachdem Carl zu Paderborn die Truppen, die er noch erwartete, an sich gezogen hatte, folgte er den Sachsen nach und erreichte sie. Beide Helden, Carl und Wittichind, lieferten sich eine neue blutige Schlacht, welche jedoch den Krieg mit den Sachsen auch noch nicht endigte. Den Den Weg, den Carl von Paderborn ins Osnabri'rckischei nahm, konnte kein anderer seyn, als die Stralse, welche vo» 'S ädert orn über Detmold, nach Herford, führt. Vermuthlieh liefs Carl' auf diesem Marsche bei Schötmar «ine Brücke über die Bega schlagen, da, wo noch jetzt die sogenannte Königsbrüoke mit. der daran liegenden Königswiese ? ■worauf er sein Lager aufgeschlagen haben kann, sich findet. Diese Brücke und diese Wiese theilen also aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Königsberge bei Heiligenkirchen die Ehre , in einer der thatenreiclisten Zeiten der ältesten vaterländischen Geschichte von dem gröfsten König seiner Zeit ihre Benennung erhalten zu haben.. Gleichzeitige Schriftsteller haben uns die Schlachten^, welche Carl' bei Detmold'und'an der Hase den Sachsen geliefert hat, erzählt 0 ).. Dieses ist zwar, der Fall, nicht, in Ansehung des* Ge~ &a0mmm**^~^m^m^~m- 3) Monaohus Eg«lismea-ji ; » ad ann. 785: in vita Garoli Fran» cor um Regia-& Imperatoris in Kulpisii script. rer. Germanicorv. f. 51. Iterum rebellante Saxones & domnns Rex Carolus supe» eos ad T h &o t mal I i veBii< Ibi- Saxones praeparaverunt se ad pugnam in cam.po. Sed vitiliter D.omno Carolo pugnante. Saxones rerga vertunt & Franci vicftores existunt, ceciditque ibi anultitudo Saxonum. Inde gloriösus Rex venit ad Faderb'run- a.en. Ibi. itftium canjunxit exercitum iuum & su- pes. •*• 45 — GefechtesBei Heiligenkirchen e ). Indefs hat sich doch davon eine münd- per Saxones pergit ad flüvium, qui dicitur Häsa. Ubi hello inito plus quam sex raillia Saxonum cecideruat & Franci victoret exti« leruni; Noch viele andere fränkische Annalisten erzählen die Sachs auf die nämliche Art, z. W. Eginha rdus in, annalibus Francorum ad annum 783, in Reuberi scriptoribus rer. Germanicar. p. 46. Carolus in Saxo- niam, sicut disposuerat, duxit exerchum. Cumque Saxones in. eoloco, qui Thietmelle vocatur, ad pugnam se praeparare eognovisset, ad eos summa celeritate eontendit-, commissoque cum eis praelio, tanta eoj caede prostravit ut de innumerabili oorum multitudine perpauci'evasisse dicuntur. Gumque de loco praelii ad Paderbrunnam se cum exercitu recepisset-, atque ibi oastris positis partem exercitus, quae ad huc de Francia venire de- huerat.,,.opperiretur,. audivit saxones in finibus Westphalorum ad. Hasam ad hoc congregari ,, ut ibi cum.eo ai. venis*et, acie con* iligerent. Eginhard»s in vita- Caroli Magni apnd Reuberum pv 14. Hoc bellum licet per multum temporia spacium traheretur,. äpse non amplius quam bis acie conflixit; semel.juxta.montem, qai Os.negge dicitur in loco Thietmelle nominato.., & ite« mm apud Asam fluviam; & hoc uno mens« paucis quoque in'.ei» positis diebus. — e) Dafs Garls schwer eiföchtener Sieg in der ersten Schlacht am Osning einer besondern göttlichen Hülfe rusgechrieben wurde,, davon Mfc — 46 — mündliche Ueberlieferung fortgepflanzt, welche Krantz , ein berühmter Schriftsteller , der am Ende des i5ten Jahrhunderts schrieb, 'Obgleich entstellt, uns schriftlich aufbehalten hat f ). Zwar wird dabei ran dem der Localität unkundigen Verfasser weder des Königsberges, noch des Dorfes Heiligenkirchen erwähnt } die Umstände der Zeit und des Orts bestärken aber die Wahrheit der Begebenheit, so wie sie oben erzählet worden ist. Das hohe Alter jenes Dorfes, das seinen Ursprung der von Kaiser Carl dem-Grofsen daselbst gestifteten Kirche verdankt, gehet schon aus einer Urkunde -des Bischofs Mein werk von Paderborn vom Jahr 1036 hervor. Vermöge dieser Urkunde schenckte ist ein gleichzeitiges Zeugnifs auf uns gekommen. Der Poeta a n o.ny in u s S ax o: apud Kulpisium pag. II. schreibt ad annüm 785. vom ersten Schlachttag : Sed tandem Carolus Divino munere virftor Caesis innumeris reliquos exinde fugavit. f) Albertus Krantz in Saxonia libror. II. c. IV, Hoc autem bellum licet tarn diu protaheretur, ipse tarnen Rex non ainpliut quam bis acie conflixit cum hoste, semel juxta montem, qui Os- neggi dicitur, inloco Thietmelli nominato. Ita scribunt Galli proprieiatem iinguae nostrae non tenentes. Ego montem accipio, in quo a memoria Caroli erecfta est capella divini auxilii nomi- nata, hoc referens posteris, quod propter caeleste praesidium in eo missum memoria ibi magni miraculi consecrata est. Laici vo- cant montem sancTi adjutorii. sehenkte gedachter Bischof den Zehnten von seinem Herrnhof daselbst und den dazu gehörigen Vorwerken zu Oldendorf und Berntrup dem von ihm gestifteten Collegiatstifte Bustorf zu Paderborn S). Dafs damals dieses Dorf schon beträchtlich ange- bauet gewesen seyn müsse, beweisen die Schenkungen, welche um diese Zeit verschiedene seiner Einwohner der Domkirche zu Paderborn gemacht haben h ). Selbst der Name Heiligenkir- ehen ist Zeuge dafür, dafs dieser Ort im Jahr 1036 schon eine den Heiligen geweihete Kirche gehabt haben müsse. Und welche Begebenheit könnte wohl die Weihung dieser Kirche eher befördert haben, als die Züge Carl des Grofsen über die Gebirge und die Gefechte, die er darin durch die angerufene Hülfe der Heiligen siegreich mit den Sachsen bestand? Scha- g) Senaten in Annalium Paderb. T. I. ad annurn 1036. p. 498. h) Vita Meinwerci Episcopi Paderb. in Leibnitii seriptoribus rerum Brunswicentium Tom I. p. 554. Duo Fratres Liudric & Becelin nominati cum Wicelino quidquid proprietatis in Halo- gokircan habuerunt cum voluntate domnue Helmburgae here- dis justissimae , ad ecclesiam dederunt & IV jibras den. a venera- tili episcopo pro mercede aeeeperunt p. 536. quidam pauper vir de Halogokircan cum sua contectali I. aleam & XX agres episcopo Meinwerco dedit & ab hoc episcopo ateam I. pernam I. tal. I. den. V. malder frumenti Sc II. laneos pannos aeeepit. — 48 == * * - > ■> * ■ * Schaten, ein Schriftsteller des 17 ten Jahrhunderts, Ver^ setzt die zum Andenken des Sieges der Franken über die Sachsen erbauten Kirche .auf den Tönsberg, der bekanntlich im Amte Oerlinghausen bei dem Dorfe dieses Namens liegt. .Das Mauerwerk einer alten .verfallenen Kirche, welches sich auf jenem Berge befindet, hat >den Senaten zu diesem Irrthume verleitet. Carl kam von .Paderborn, -um die Sachsen jenseits des Osnings in der Ebene -bs-i -Detmold ,aufzusuchen. Sein nächster Weg war die von .der Natur selbst durch das Gebirge geöfnet«, schon van den »Römern gefundene, Strafse von Paderborn nach Detmold dusch .das Thal der Berlebeck«. Warum sollte Carl erst einen Umweg über den Tönsberg von 7 bis 8 Stunden nehmen, „um in. die .Ebene bei Detmold zu kommen? 'Senaten kannte.die Lage.des Tönsbefges nicht. Er giebt diese zwischen Oesterholz und Detmold an 1 ), und bekennt dadurch selbst seinen Irrthum. Zwischen Oesterholz und'Detmold, wo Schatendie Kirche zu Heiligenhülfe sucht, liegt nicht .der 4 Stunden davon gegen Abend entfernte Tönsberg, wohl aber Heiligenkirchen und der Königsberg. Und also gebührt diesem und nicht jenem die Ehre, Kaiser Carls des Gröfsen Thaten gesehen zu haben; und nicht die verfallene Clause des II. Antonius auf dem von ihm genannten Tönsberge bei Oerlinghansen, •son- i) In Annäl. Padeifb. T. I. p. 15. ad annnm 783. Aedes sacra, quae •in monte s. Arrtonii inter D etmo 1 diam & Oesterholtiuin monstratur, collapsa nil nisi rudera exhibetv sondern die noch bestehende Kirche zu Heiligenkirchen unter dem Königsberge ist das dauernde dankbare Denkmal, das Carl der Grofse den Heiligen , welche ihm hier .gegen die Sachsen halfen, gestiftet hat. Vorzüge, welche man selten zusammentritt, zeichnen den Königsberg aus. Er entzückt und belehrt durch die malerischen und unterrichtenden Ansichten, die er gewährt, und weckt zu gleicher Zeit auch herzerhebende Erinnerungen an die Grofsthaten der Völker, welche den vaterländischen Boden tausend Jahre vor uns bewohnten. G III. III. Die Granitgeschiebe im Fürstenthum Lippe. Ein Beitrag zur physicalischen Kermtnifs desselben. §• *• In jedem, auch nur etwas bedeutenden, Striche Landes finden sich sprechende Denkmale der Wirkungen, durch welche die mächtige Hand der Natur in fernen Jahrtausenden seine Oberfläche ausbildete; aber sie offenbaren sich nur demjenigen, der sie zu erkennen und aufzufassen verstehet. S- Mancher Landmann geht so oft bei einem Haufen von Feldsteinen vorüber, welche er selbst, oder ein anderer von seinem Acker auflesen liefs , ohne zu ahnden, dafs fast jeder dieser Steine als Urkunde einer grofsen Naturrevolution zu betrachten ist, welche das nördliche Europa einst erfahren hat. §• 3- Es ist hier nicht von den Steinen die Rede, welche von, den eigenen Bergen des Lippischen Landes durch mancherlei Zufälle herum gestreut worden sind. Man unterscheidet jene leicht an ihrer allgemein bekannten kalk-Sandstein-oder mergel? artigen innern Masse sowol, als an ihrer äufsern Gestalt, welche rneistentheils platte und scharfkantige Stücke mit rauher Oberflache darbietet. §> 4- Die abgerundeten Geschiebe fremdartiger Steine, welche man im gemeinen Leben, aber unrichtig, Kiesel zu nennen pflegt, sind der Gegenstand dieses Aufsatzes. Sie werden von der Gröfse einer Bohne bis zu ungeheuren Blöcken gefunden. Ihre Aufsenseite ist mehr, oder weniger verwittert, ihr Kern aber von ganz frischem Ansehen und natürlicher Härte. Sie liegen auf dem Erdboden theils los, theils scheinen sie, zumal wenn sie von beträchtlicher Gröfse sind, in das Erdreich eingesenkt zu seyn. Am häufigsten triftman sie in Hohlwegen, nicht selten auch auf Anhöhen und mäfsigen Bergen an. Selbst in den, aus- Leimen, Sand und Schutt von den einheimischen Bergen aufgeschlemmten, Hügeln und sogar in schon tief aus- gefahrnen Mergelgruben kommen sie vor. §■5. Diese Geschiebe bestehen aus Granit, Gneufs, Porphyr^. Trapp, Grünstein und andern Wacken von Grund-oder uran4 fänglichen Gebirgen. Die Geschiebe von Granit sind die zahlreichsten. G 2 §,6. % 6. Bekanntlieh ist der Granit eine Gebirgsart, welche ein regelloses Gemenge von Feldspat, Quarz und Glimmer in einem körnigen Gefüge enthält. Der Feldspat ist gemeiniglich vorherrschend , den geringsten Theil nimmt der Glimmer ein. Man hat aber überaus viele Abänderungen von Granit in Ansehung der verschiedenen Mischung seiner Bestandthei-le sowol, als ihrer mancherlei Farben und ungleichen Härte und Feinheit des Korns. Hornblende, Schörl und Granaten sind zufällig beigemischt, oder ersetzen auch einen fehlenden, Hauptbestandteil. §• 7- In den Granitgesehieben des Lippischen Landes ist-der Granit meistentheils roth, oder röthlich, der Quarz weifs, oder gräulich und van;fettigem Ansehen, der Glimmer theils derb und schwarz , theils blätterig und von metallischem, gold- oder silberfarbigem Glänze. Auch Stücke mit Hornblende und Gra-- »aten giebtes.. % 8- Freunde von Mineralien - Sammlungen können sich aus diesen Granitgeschieben mit leichter Mühe eine zahlreiche Col*- , lectien der mannigfaltigsten Granitarten verschaffen , da oft auf einer Stelle von wenigen Schritten im Umkreise dergleichen Steine in grofser Menge und von solcher Verschiedenheit beisammen liegen t wie man sie vielleicht selbst auf Reisen durch weis —' 55 -* •weit von einander entfernte Granitgebirge nicht antreffen wird. Sie nehmen, je nachdem ihr Gefüge fester oder lockerer ist, eine mehr ©der weniger vollkommene Politur an. Aus den gröfsern Blöcken liefsen sich Platten zu herrlichen Prachtstücken herausarbeiten. Der Granit der berühmten ägyptischen Pyramiden und Obelisken und mancher anderer Seltenheiten der alten Baukunst in Rom unterscheidet skh von den Granitgeschieben des Lippischem Landes wahrscheinlich ,nur durch die Schönheit und Vollkommenheit, welche den Naiurerzeugnis- sen der wärmeren Climate eigen sind» §• f- Man hat bei uns vielfältigen Gebrauch von den Geschieben der uranfänglichen Bergarten gemacht , die gröfsern Blöcke zu Uferbefestigungen, Grenz-und Ecksteinen, und' die kleinern zum Bauen und vorzüglich zum Strafsenpflaster verwandt. Durch die Länge der Zeit glatt- geworden, zeichnen sie sich, wenn ein vorüber gegangener Regen das- Strafsenpflaster abge*- spület hat, in demselben vor den übrigen Steinen durch die Lebhaftigkeit ihrer Farben und gleichsam wie polirt aus. Dennoch giebt es noch eine ungeheure Menge? unbenutzter Granitgeschiebe». §• ro; r In der Nahe von Detmold findet man an allen Landstr»- Isen mehrere bedeutende Granitblöcke. Die gröfsten aber,. welche — 34 — welche Das dem Lippischen Lande am nächsten liegende Granitgebirge macht der 12 Meilen weit vom rechten Ufer der Weser entfernte höchste Punkt des Harzes, der 5486 Fufs über die Meeresfläche emporragende, Brocken mit den ihn in einem Umkreise von 5 bis 4 Stunden umlagernden Bergen aus e ). Von denselben können aber keine Geschiebe auf die Anhöhen und in die Thäler des Lippischen Landes herabgetrieben worden seyn. Denn die Weser schneidet mit den dieselbe auf beiden Ufern begleitenden Gebirgen jede natürliche Verbindung der Thaler des Lippischen Landes mit dem Harze und seinen Ge- birgsäsLen ab. Die am nördlichen Fufs des Harzes entspringen den Flüsse, die Ocker und Innerste, und die bei Einbeck durchbrechende Leine bezeichnen die Richtung der Thäler, durch welche die Gewässer vom Harze abflössen, die Aller erreichten und in derselben sich mit der Weser vereinigten. Aufserdem können auch Geschiebe von so verschiedenen Arten von Grundgebirgen, wie man sie im Lippischen findet, noch aus einer andern Ursache nicht vom Brocken herrühren. Denn der Granit desselben hat weifsen oder gelblich weifsen Feldspat ; ha den hiesigen Granitgeschieben ist hingegen der Feldspat rnei- stentheils von schöner röther Farbe. H 2 §. i&. e) De la richesse minerale, ou considerations sur les mines, usi- nes et salines de differents dtats et particulierement de Royau- me de Westphalie, par Mr. de Villefosse. Allgemeine Litte- ratur- Zeitung 1812. Nr. 175. §• i8. Noch weniger kann das Lippische Land seine Geschiebe nranfänglii her Gebirgsarten von der südlichen Seite her erhalten haben. Ein mächtiges Flötzgebirge scheidet hier dasselbe von den dahinter liegenden Ebenen. Die Alten nannten dieses 24 Meilen lange Gebirge den Osning. Es hängt mit den Gebirgen des Hcrzogthnms "YVestphalen zusammen, theilt von demThale der Diemel an das Fiirstenthum Paderborn beinahe in z\vei gleiche Hälften, tritt hinter der Stadt Horn ins Lippische, gehet ins Ravensbergische und Osnabrückische über und verliert sich bei Bewergen in der Grafschaft Tecklenburg nicht weit von der Emse , in der Gegend von Rheine. Man hat keine Nachricht, dafs irgendwo in diesem Flötzgebirge unter den aufgesetzten Bergen Granit, oder eine andere uranfängliche Gebirgsart zum Vorschein käme. | ig- Der Lippische Wald, ein Theil des Osnings, bestehet aus einer enge zusammengedrängten Gebirgsmasse, welche sich jedoch in drei mit einander in der Hauptrichtung parallel fortstreichende Reihen von Bergen absondert. Die südliche Reihe enthältKalk ohne, oderdoch nurmitsehr selten vorkommenden, Versteinerungen, die mittlere und höchste echten Felssandstein, und die dritte und niedrigste Muschelkalkstein von beträchtlicher Härte. Keine fremdartigen Schichten unterbrechen die Lager der genannten Bergarten. Die Felssandstein - Reihe ist unstreitig die älteste, an welche sich die beiden andern. dem, in verschiedenen Perioden, die südliche früher, die nördliche später, wie jeden der Augenschein überzeugen kann, angelegt haben. Kein Flufs durchschneidet das Lippische Waldgebirge, wol aber entspringen an beiden Seiten desselben mehrere Flüsse, welche nach allen Himmels - Gegenden hin ihren Lauf nehmen , und sich theils in die Weser, wie die Emmex und Werre, theils in den Rhein, wie die Lippe, theils unmittelbar in die Nordsee 7 wie die Emse ergiefsen. Das Lippische Waldgebirge enthält also in einem beträchtlichen Umfange die höchsten Bergrücken, welche, nachdem der alte Ocean sie einmal verlassen halte, nie wieder mit Gewässern bedeckt worden sind. Nie.können -von fremden weit entlegenen Granitgebirgen her über den Osning den Thälern des Lippischen Landes Geschiebe zugebracht worden seyn. Vergeblich sucht man auch in der Senne, oder zwischen den Bergen und in den Schluchten desLippisehen Waldes Bruchstücke uranfänglicher Gebirgsarten. %■ 20. Das Lippisehe Land hat nur zwei , der Richtung der Gebirge folgende Hauptthäler. Jedes macht das Gebiethe eines eigenen Flusses aus , der die zwischen den Bergen und Hügeln zu beiden Seiten sich durchwindenden kleinern Bäche aufnimmt und der Weser zuführt. Die Werre durchströmt das eine, die Bege das andere Thal. §. 21. — 6s — $. 2U Das Thal der Werre, welche hinter dein Schanzenberg bei Meinberg in dem Dorfe Wehren entspringt, wird auf der ehien Seite durch die nördliche Bergreihe des Lippischen Waldgebirges, und auf der andern Seite durch eine Kette von Berken begrenzt, w .tU .äfcji jao<^S -xot*MWtJ: aBi»ax»$iä. rath — 74 — rath Meiners m ) fand solche auf einer Reise von Gottingen nach Cuxhaven in den niedern Heidegegenden in einer unbeschreiblichen Mannigfaltigkeit von Formen und Farben ausgestreuet. Er nimmt mit Recht an, dafs sie in nicht zu bestimmenden Zeiten von Bergen in einer vielleicht mehrere hundert Meilen weiten Entfernung abgebrochen sind. Von Rotenburg bis Cadenberge, schreibt er, sind fast alle Kirchhöfe, viele Höfe von Bauern und die Gärten von reichen Privatpersonen mit Mauern von gröfsern und kleinern Granitblöcken eingefafst. Die Elbdämme bei Cuxhaven sind von Granitmassen aufgeführt. In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts haben die Holländer ganze Schifsladungen von gesprengten Granitstücken weggeholt, lind mehrere Heidedörfer in der Nachbarschaft des Amts Ritze- büttel sind durch das Sprengen und Verfahren von Granitmassen wohlhabend geworden. An der Preufsischen Küste der Ostsee findet man grofse Granitblöcke, welche in die Sandschich* ten hereingerollt zu seyn scheinen; und auch auf den Feldern trift man dort viele Granitgeschiebe an n ). §• 38- jn) Bemerkungen auf einer Reise ron Göttingen nach Cuxhan en , im Gö t tingi s ch e n Historischen Magazin von G. Meiners und L. T. Spittler II Bde» 5tes St. S. 499. 501. ») Abhandlung über die Produkte des Mineral- xeichs in den Königl. Preufsischen Staaten, Allgemeine Litteratur - Zeitung 1786. Nr. 1275. S. 316, 38. Die Freunde der deutschen Alterthümer denken vielleicht an die Denkmäler, die man unter dem Namen der Hünengräber, Ptiesenbetten, Steinhäuser kennt, und von denen man behauptet, dafs die alten Vorfahren dieser Länder ihre Helden darunter begraben haben °). Sie bestehen meistenteils aus einem ungewöhnlich grofsen Granitblock, der auf sechs kleinem> die in die Hölie gerichtet sind, ruhet, und. um welche sich ein Creisindie Runde gesetzter Granitstücke ziehet. Man bewundert die zum Theil unglaublich grofsen Steinmassen, aus welchen, ohne künstliche Maschinen mit Kräften , die man jetzt für übermenschlich hält, diese rohen Denkmäler auf Hügel oder Anhöhen aufgef ührt sind. Von besonderer Merkwürdigkeit werden dergleichen im Fürstenthum Osnabrück P), in den Herzoglich Anhaltischen Ländern l) und auf dem Corneliusberg bei Helmstädt, und weniger ausgezeichnet in allen jenseits der Gebirge seewärts liegenden Ländern r ) gefunden. Im mittlem und südlichen Deutschland trift man solche Steinhäuser nicht an. K 2 Denn o) Arnkiel Cimbrisches Heidenthum. Th. I. S. 171. Th. III. S. 216. und. ff. p) Lo dt mann Monumenta O s n ab rügen sia XII. p. 101. sqq. q) Beckmann Anhaltische Historie. Th. I. S. 25. ff. r) Eccardus de origine Germaniae Lib. I. §. XXXI. p. 60. - ?6 - Denn man hatte das dazu erforderliche Materlale, die grofsen Granitmassen nicht. Dagegen sind die Hünengräber in denjenigen Ländern am häufigsten, welche unmittelbar an der Nord- und Ostsee liegen , als in Holstein, Dänemark, Norwegen, Schweden, Friesland und England, weil in diesen Ländern sich die meisten und gröfsten Granitblocke finden s ). Und so dient selbst das Daseyn jener Reste der hohen Achtung, welche die Urbewohner des Europäischen Nordens für ihre Verstorbenen hegten, mit zum Beweis, dafs die dazu benutzten Steinmassen aus den Meeren des Nordens zu uns gekommen sind. " **ff~' ;.;. ir/ ^%