Bibliographic Metadata
- TitleHochauflösende Röntgenabsorptionsspektroskopie an vierwertigen Seltene-Erdsystemen / vorgelegt von Jens Dumschat
- Author
- Published
- Institutional NotePaderborn, Univ., Diss., 2000
- LanguageGerman
- Document TypesDissertation (PhD)
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Deutsch
Ausgangspunkt für diese Arbeit waren die LIII,II–Kantenspektren von vierwertigen Seltene Erd (SE) Fluorid– und Oxidverbindungen, die in ihren typischen „Doppelstrukturen“ Informationen über die chemische Bindung und lokale Struktur der SE–Ionen enthalten sollten. Vierwertige SE–Verbindungen sind selten und nur für Ce, Pr, Nd, Tb und Dy bekannt, wobei der ungewöhnliche vierwertige Zustand durch kovalente Beimischungen der 4f– und 5d–Elektronen in die Bindungen mit den Fluorid– oder Sauerstoffliganden stabilisiert wird. Ziel der Arbeit war ein einheitlicher Ansatz für die Beschreibung dieser Kantenstrukturen von den SE–Fluoriden CeF4 bzw. TbF4 , dem Referenzsystem CeO2 und den oxidischen SE–Perowskiten BaCeO3 , BaPrO3 , BaTbO3 bzw. SrCeO3. Bei der Entwicklung einer einheitlichen Anpassung wurde deutlich, daß die Gesamtstruktur der SE–LIII,II Kantenspektren sich nicht nur aus zwei Komponenten A, B („Doppelstruktur“) zusammensetzt. Dies wird im Kurvenverlauf der entsprechenden zweiten Ableitungen besonders augenfällig, da dort zusätzliche Strukturen beobachtet werden. Deshalb wurde eine neue Methode entwickelt, die mit einer geeigneten Theoriefunktion nicht nur die Kantenspektren anpaßt, sondern auch die entsprechenden ersten und zweiten Ableitungen. Dieser „Derivative Edge Fit“ (DEF) zeichnet sich besonders dadurch aus, daß die „White Line“– und Kantenfunktionen entkoppelt, d.h. separat angepaßt werden können. Dies erhöht die Eindeutigkeit bzw. Interpretation der Kantenauswertung. Um die Informationstiefe weiter zu steigern wurde zusätzlich eine Entfaltungsmethode entwickelt, die Spektrometerauflösung und Lochlebensdauerverbreiterungen aus den Kantenspektren entfernt. Dadurch ließen sich wesentlich besser aufgelöste Spektren erzeugen, die mit der DEF–Analyse ausgewertet wurden. Diese neue Qualität bei der Auswertung wurde an den LIII,II–Kantenspektren von dreiwertigen SE–Fluoriden erprobt. Dabei konnten einerseits die 5d–Kristallfeldaufspaltungen von ca. 0.8(2) eV in den Endzuständen mit ihrer charakteristischen Variation zwischen den LIII– und LII–Kanten nachgewiesen werden. Darüber hinaus gelang der Nachweis einer schwachen Vorkantenstruktur und deren Zuordnung als 2p–4f Übergang. Dieser sogenannte Quadrupolübergang hat für jedes dreiwertige SE–Ion eine charakteristische Intensität und Struktur, die aufgelöst, ausgewertet und mit entsprechenden Strukturen in BIS–Spektren verglichen werden konnten. An den oben aufgeführten verschiedenen vierwertigen SE–Systemen wurden LIII,II–Röntgenabsorptionsmessungen (XANES und EXAFS), zum Teil auch unter hohem Druck, durchgeführt. Mit den neuen Methoden konnte ein einheitlicher Ansatz gefunden werden, der die komplexen Nahkantenstrukturen dieser Verbindungen beschreibt. Bei dieser detaillierten Anpassung der LIII,II–Kanten wurden frühere Untersuchungen an diesen Systemen bestätigt, bestehende Ergebnisse ergänzt, aber auch neue Informationen gewonnen. Die typischen „Doppelstrukturen“ A und B der vierwertigen LIII,II–Kantenspektren können einem vierwertigen 4fn5d bzw. einem formal dreiwertigen 4fn+15dL Endzustand zugeschrieben werden und stimmen in Bezug auf die Intensitätsverhältnisse mit früheren Ergebnissen überein. Neu sind die zusätzlichen Aufspaltungen in die Komponenten A1,2 und B1,2,3 , die entsprechend Symmetrie und Bindungsstärke widerspiegeln. Charakteristische Unterschiede in den Intensitäten von A1,2 bzw. B1,2,3 sind für die Interpretation der 5d–Kristallfeldaufspaltungen maßgebend. Bei den verzerrten Perowskiten BaCeO3 , BaPrO3 und SrCeO3 spaltet die Komponente A1 zusätzlich in zwei Subkomponenten A1.1 bzw. A1.2 auf. Diese Aufspaltung läßt sich auf die orthorhombische Verzerrung dieser Perowskitsysteme zurückführen. Eine weitere Fragestellung dieser Arbeit war die Interpretation der Struktur E, die in den vierwertigen oxidischen SE–Verbindungen als typische „Schulter“ in den LIII,II–Kantenspektren beobachten wird und vielfach einer dreiwertigen Verunreinigungen zugeordnet wurde. Dagegen stehen die Ergebnisse der Kantenauswertungen in dieser Arbeit, unterstützt durch die Untersuchungen der entsprechenden Hochdruckspektren. Demnach ist die Intensität der Struktur E zumindest in den hier untersuchten Perowskiten zusätzlich mit der lokalen Struktur bzw. Verzerrung korreliert, was einer reinen dreiwertigen Verunreinigung widerspricht. Die Anzahl, Form und Lagen der Kanten wurden mit Hilfe der DEF–Analyse separat bestimmt und zeigen, daß alle hier untersuchten vierwertigen LIII,II–Kantenspektren mit zwei Kanten S1 und S2, angepaßt werden konnten. S1 und S2 sind um ca. 10–12 eV bei den Tb–Systemen bzw. Ce– und Pr–Systemen entsprechend der Kovalenz getrennt und können eindeutig einem formal dreiwertigen 4fn+1L und einem vierwertigen 4fn Endzustand zugeordnet werden. Wie bei den LIII,II–Kantenspektren der dreiwertigen SE–Fluoride sind bei den vierwertigen Kanten je eine Vorkantenstruktur D1 bzw. D2 zu beobachten. Sie variieren in ihrer Intensität mit dem entsprechenden Kantenhub. Sie haben Ähnlichkeit mit den bei den dreiwertigen SE–Fluoriden und SE–Oxyden beobachteten Quadrupolübergängen, sind aber wesentlich intensiver. Sie werden hier als Übergänge in unbesetzte Ligandenorbitale mit 4f/5d–Beimischungen des vierwertigen SE–Ions interpretiert. Zusammenfassend lassen sich alle LIII,II–Kantenspektren der hier untersuchten vierwertigen SE–Verbindungen in einen formal dreiwertigen Anteil (4fn+1L Kante mit 4fn+15dL Endzustand) und in einen entsprechenden vierwertigen Anteil mit (4fn Kante mit 4fn5d Endzustand) einteilen, wobei deren relative Intensität gut mit der Stabilität bzw. mit der Kovalenz der vierwertigen SE–Systeme verknüpft ist. Dabei zeigt TbF4 und BaTbO3 die größten vierwertigen Komponenten, während die dreiwertigen Anteile der Pr– und Ce–Oxide am stärksten ausgeprägt sind. Die Ergebnisse werden durch die entsprechenden Hochdruckuntersuchungen bestätigt, die die Zunahme der Kovalenz bzw. Kristallfeldaufspaltungen zeigen. Diese Ergebnisse der Kantenauswertungen beeinflussen auch insofern den LIII–EXAFS Bereich der Röntgenabsorptionsspektren, da zwei verschiedene „Wertigkeiten“ im Endzustand sich auch durch zwei verschiedene E0–Werte unterscheiden sollten (analog zu den Kanten S1 und S2). Die entsprechenden Analysen der LIII–EXAFS Spektren von CeF4, CeO2 und TbF4 zeigten eindeutig, daß nur eine Auswertung mit einem „Doppel–E0“ die Anzahl und Abstände der nächsten Nachbarn korrekt wiedergeben kann. Die Auswertungen ergaben für die E0–Werte und die relativen 4fn+1 und 4fn–Anteile eine erstaunliche Übereinstimmung mit den Kantenauswertungen. Dies ist eine wichtige neue Information für die EXAFS–Analyse von 4f–Systemen mit korrelierten 4f–Elektronen, wie sie bei den hier untersuchten vierwertigen SE–Systemen, aber auch bei gemischt–valenten und Schweren–Fermionen Systemen vorliegen. Auch hier spiegeln die EXAFS–Spektren unter hohem Druck die lokalen Änderungen wider, wie auch die reduzierten Verzerrungen in den Perowskitstrukturen. In diesem Zusammenhang soll noch die EXAFS–Auswertung (mit zwei E0–Werten) von CeO2 angesprochen werden. Aufgrund der sehr guten EXAFS–Ergebnisse kann bei CeO2 eine 11%-ige dreiwertige Verunreinigung (Struktur E) ausgeschlossen werden, da sich eine so hohe Beimischung in Koordination und den Ce–O Abständen bemerkbar machen würde. Resümee: Mit den hier erstmals vorgestellten neuen Kantenauswertungsmethoden (DEF–Analyse und Entfaltung) konnte ein einheitlicher Ansatz gefunden werden, der die LIII,II–Kantenspektren von vierwertigen SE–Systemen vollständig beschreibt. Dabei lieferten die durch die Entfaltung entstandenen „hochaufgelösten“ Kantenspektren eine Informationstiefe, die wesentlich zu der hier vorgestellten Beschreibung beitrug. Weiterhin konnten erstmals direkt übereinstimmende Ergebnisse aus Kanten– und entsprechenden EXAFS–Auswertungen erzielt werden. Dies „verbindet“ beide Bereiche des Röntgenabsorptionsprozeß, aus dem Kantenstrukturen und EXAFS–Oszillationen erst hervorgehen. Es zeigt die Konsistenz der gemachten Annahmen und verknüpft die Informationen, die aus Kanten- und EXAFS-Auswertung gewonnen werden.
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